Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im angefochtenen Umfang - nämlich in der Stattgebung des Klagebegehrens im Umfang von 17.837,24 EUR netto sA (Sonderzahlungen, Lohndifferenz) und im Kostenpunkt - aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der für das Revisionsverfahren noch maßgebliche Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die 1933 geborene und am 1. 3. 2008 verstorbene, zuletzt pflegebedürftige Lebensgefährtin des nunmehr Beklagten (ihres Erben) hatte bereits im Jahr 2003 ihren ersten Schlaganfall. Sie (in der Folge: die Erblasserin) fand im Anschluss daran im Rahmen der Betreuung in einem Sanatorium eine Pflegerin, die sie zuerst nur stundenweise, später aber „im 24‑Stunden‑Rhythmus“ beschäftigte. Als Entgelt wurden 100 EUR pro 24‑Stunden‑Dienst vereinbart. Da dieser Pflegerin die alleinige Pflege zu umfangreich wurde, wurde in weiterer Folge auch ihre Zwillingsschwester, die nunmehrige Klägerin, zu diesen Konditionen beschäftigt. Beide gaben während der Betreuung ihre eigenen Wohnungen nicht auf. Um den Schwestern das Wochenende teilweise freizuhalten, wurden in weiterer Folge auch noch andere von diesen ausgewählte Pflegepersonen beschäftigt, sodass die Schwestern jeweils eine Woche im Winter und im Sommer auf Urlaub fahren konnten. Über eine Ausbildung zur Krankenpflegerin oder zur Altenbetreuerin verfügen beide Schwestern nicht. Wann genau die 24‑Stunden‑Pflege einsetzte, konnte nicht mehr festgestellt werden, jedenfalls aber im November 2003. Während eines 24‑Stunden‑Dienstes richteten die Schwestern das Frühstück, wuschen die Erblasserin und begleiteten diese auch bei Besorgungen oder Spaziergängen. Das Mittagessen wurde in einem vis‑a‑vis gelegenen Gasthaus gemeinsam eingenommen. Am Abend wurde eine Kleinigkeit gekocht oder ein kaltes Nachtmahl eingenommen. Die Schwestern wurden im Haushalt der Erblasserin voll verköstigt. Sie versorgten auch die Wäsche der Erblasserin, wobei nach einem zweiten Schlaganfall im Herbst 2005 zumeist nur noch Nachtgewänder und Bettwäsche anfielen. Die Erblasserin beschäftigte zusätzlich noch eine Bedienerin, die einmal pro Woche drei bis vier Stunden die geräumige Dreizimmerwohnung mit Nebenräumen gründlich reinigte, während im Übrigen die kleinen Reinigungsverrichtungen von den Schwestern erledigt wurden. Nach dem zweiten Schlaganfall im Jahr 2005 wurde die Erblasserin immobil und sprach schlechter. Es setzte eine Demenzerkrankung mit einer gewissen „Kaufwut“ ein. Der Hausarzt kam unter der Woche täglich und verabreichte Spritzen. Einmal pro Woche kam eine Friseurin, die der Erblasserin die Haare wusch und Pediküre verrichtete. Die Erblasserin hielt sich sehr viel im Bett auf, teilweise aber auch im Aufenthaltsraum. Die Pflegepersonen konnten auf einer Couch im Aufenthaltsraum schlafen. Als die Erblasserin zunehmend inkontinent wurde, wurde der Einsatz von Windeln notwendig. Die Erblasserin verlangte öfters als notwendig einen Windelwechsel, was von der Klägerin als schikanös empfunden wurde. Außerdem bestand die Erblasserin, obwohl sie alleine essen konnte, manchmal darauf, gefüttert zu werden.
Gelegentlich - solang dies noch möglich war - fuhr die Erblasserin im Herbst mit ihrem Lebensgefährten für ca zehn bis vierzehn Tage auf Kur und nahm eine der Pflegepersonen mit. Für diesen Zeitraum wurde eine Entlohnung von „ca 20 EUR“ vereinbart. Für Tage, an denen die Erblasserin in das Krankenhaus ging oder aus dem Krankenhaus zurückkehrte, wurde eine herabgesetzte Entlohnung von 50 EUR vereinbart. In der Zeit stationärer Krankenhausaufenthalte von etwa drei bis vier Wochen im Jahr wurden keine Pflegeleistungen erbracht, jedoch besuchten die Schwestern teilweise die Erblasserin und brachten dabei von ihr benötigte Gegenstände mit, wie etwa ein Ladegerät für ein Handy.
Ab 2005 war die Erblasserin besachwaltert. Die Sachwalterschaft wurde für die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungen und privaten Vertragspartnern bei Rechtsgeschäften, die über die Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, sowie für die Handhabung der finanziellen Angelegenheiten und die Verwaltung des Vermögens sowie für medizinische Fragestellungen und den Aufenthalt angeordnet.
Den Einkünften der Erblasserin von 3.214,90 EUR standen Ausgaben von 5.196 EUR, unter anderem für die 24‑Stunden‑Pflege, aber auch für andere Besorgungen gegenüber. Die Schwestern erhielten fallweise „Sonderzahlungen“ im Sinne von Geldgeschenken. Vom 1. 11. 2003 bis 21. 7. 2007 waren sie nach der Feststellung der Versicherungspflicht als Arbeiterinnen gemeldet. In weiterer Folge wurde nur eine der beiden Zwillingsschwestern gemeldet, „da wegen ihrer Ähnlichkeit ohnehin beide die e‑Card bei Kontrollen vorweisen konnten“.
Der Sachwalter meldete die Klägerin schließlich am 25. 2. 2008 mit 1. 1. 2008 rückwirkend zur Sozialversicherung an. Mit der Klägerin wurde ein Personenbetreuungsvertrag geschlossen. Vereinbarungsgemäß sollte § 2 A Z 6 des Mindestlohntarifs für im Haushalt Beschäftigte zur Anwendung kommen. Als Bezahlung wurden ca 1000 EUR zuzüglich 402,90 EUR und Zuzahlungen festgehalten. Auch die volle Verpflegung und ein Wohnraum sollten zur Verfügung gestellt werden. Zufolge § 10 dieses Vertrags endet dieser durch den Tod der pflegebedürftigen Person. Der Sachwalter hat das Dienstverhältnis jedoch bis 31. 3. 2008 „aufrecht gelassen und es dann einvernehmlich beendet“. „Die ursprüngliche Entlohnungsvereinbarung von 100 EUR netto pro 24‑Stunden‑Dienst wurde aufrecht erhalten.“ Es sollte nur zusätzlich eine sozialversicherungsrechtliche Anmeldung und Legalisierung erfolgen. Zusätzlich wurden noch am 15. 2. 2008 1.059,42 EUR und im Jänner 2008 weitere 300 EUR bzw im Februar weitere 750 EUR geleistet. Beim Begräbnis der Erblasserin am 15. 3. 2008 wurden der Klägerin 500 EUR netto bezahlt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage an Sonderzahlungen für die Zeit vom 1. 1. 2005 bis 31. 3. 2008 14.625 EUR netto und eine Lohndifferenz für die Zeit der Spitals‑ und Kuraufenthalte der Erblasserin im Ausmaß von 4.120,58 EUR netto. Die darüber hinaus begehrte Urlaubsersatzleistung für 72,5 Werktage in Höhe von 4.535,25 EUR netto wurde bereits rechtskräftig abgewiesen. Die Klägerin stützt sich zusammengefasst darauf, dass sie nicht in den Haushalt der Erblasserin aufgenommen gewesen sei und daher § 2 B des Mindestlohntarifs zur Anwendung komme. Daraus errechne sich ein monatlicher Entgeltanspruch einschließlich der Nachtbetreuung und der Zuschläge für Mehrleistungen von 3.314,63 EUR brutto für die Jahre 2005 und 2006 sowie von 3.504,92 EUR brutto für 2007 bzw bei Anwendung des Hausbetreuungsgesetzes für das Jahr 2008 von 2.959,97 EUR brutto. Die Klägerin begehre vorweg aber nur die Sonderzahlungen für diese Zeiträume. Den Anspruch auf Urlaubszuschuss in Höhe des Zweifachen des Geldbezugs stützt die Klägerin auf § 9 Abs 2 des Hausgehilfengesetzes und jenen auf die Weihnachtsremuneration auf § 5 des Mindestlohntarifs. Zur Entgeltreduktion während der Spitals-und Kuraufenthalte brachte die Klägerin vor, dass es insoweit zu keiner Urlaubsvereinbarung gekommen sei. Ausgehend von durchschnittlich vier Wochen Spitals‑ und Kuraufenthalten pro Jahr für die letzten drei Jahre errechne sich daraus ein Entgeltanspruch von 3.900 EUR, abzüglich einer Zahlung von letztlich 1.059,52 EUR errechne sich der geltend gemachte Betrag von 2.840,58 EUR netto. Für die Zeit der Begleitung während der zweiwöchentlichen Kuraufenthalte im Jahr sei ein weiterer Differenzbetrag von 480 EUR netto bzw insgesamt 800 EUR netto anzusetzen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass die Ansprüche aus dem Jahr 2005 bereits verjährt seien. Auch seien die Sonderzahlungen mit dem bezahlten Entgelt mitabgegolten worden. Es sei der Mindestlohntarif für in den Haushalt aufgenommene Pflegerinnen anzuwenden. Im besonderen Betreuungsvertrag sei auch ausdrücklich volle Verpflegung vereinbart und geleistet worden. Mit den geleisteten Zahlungen seien die Sonderzahlungen mitabgegolten worden. Im Ergebnis sei für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Hausbetreuungsgesetzes gar kein Mindestlohntarif anzuwenden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Das vereinbarte Entgelt von 100 EUR pro Tag sei bezahlt worden. Der Arbeitsvertrag habe auch gewisse Merkmale eines Werkvertrags, da sich die Klägerin habe vertreten lassen können. Die tatsächliche Arbeitsleistung der Klägerin sei schwer nachvollziehbar, der genaue Arbeitsumfang nicht dokumentiert. Die Herabsetzung des Lohns für die Zeit der Auslandsaufenthalte sei einvernehmlich erfolgt, wie auch die sonstige Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Klägerin, die ja auch über keine Ausländer-Beschäftigungsbewilligung verfügt habe. Die Anwendung des Hausgehilfengesetzes und des Mindestlohntarifs scheitere daran, dass dies von den Beteiligten nicht beabsichtigt gewesen und daher die nunmehrige Berufung darauf sittenwidrig sei. Durch die Bestimmungen des Pflege‑Übergangsgesetzes seien auch allfällige Strafbestimmungen des Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetzes sowie des AÜG bzw des ASVG ausgesetzt worden. Im Übrigen habe die Klägerin zuletzt, obwohl das Rechtsverhältnis vertragsgemäß bereits mit dem Tod der Erblasserin am 1. 3. 2008 aufgelöst worden sei, weitere Entgelte enthalten, sodass insgesamt die Ansprüche aus dem Vertrag als erfüllt anzusehen seien. Dies habe die Klägerin bei der Abrechnung auch bestätigt. Auch das Pflegschaftsgericht habe den so durchgeführten Arbeitsvertrag genehmigt. Eine Einstufung der Klägerin als Angestellte komme schon wegen der einfachen Tätigkeiten nicht in Betracht.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte es dahin ab, dass es 17.837,24 EUR netto sA an restlichen Sonderzahlungen und Entgelten zusprach, aber den Anspruch auf weitere Zahlungen, insbesondere Urlaubsersatzleistung, (rechtskräftig) abwies. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts, insbesondere auch zur Frage der Verpflegung und Zurverfügungstellung eines Wohnraums (AS 11, 12, 13 des Berufungsurteils). Es vertrat die Rechtsauffassung, dass das Rechtsverhältnis vor und nach dem Inkrafttreten des Hausbetreuungsgesetzes als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sei. Daran ändere auch die sogenannte „Pflegeamnestie“ nichts. Daher sei vorweg das Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz und der Mindestlohntarif anzuwenden. Dabei sei von jenem Ansatz des Mindestlohntarifs auszugehen, der für nicht in die Hausgemeinschaft aufgenommene Hausgehilfen und Hausangestellten gelte. Die Klägerin habe in der Nacht nur eine Couch benutzt und sei auch nur während ihrer Dienste verköstigt worden. Außerhalb ihrer Dienste habe sie ihre eigene Wohnung gehabt. Bei Anwendung des Mindestlohntarifs von 8,65 EUR pro Stunde zuzüglich eines Nachtzuschlags von 20 EUR pro Nacht errechne sich jedenfalls ein Nettolohnanspruch, der über den bezahlten 100 EUR pro geleistetem Dienst liege. Daraus folge aber, dass die Klägerin jedenfalls die nach § 9 Abs 2 Hausgehilfengesetz gebührenden Urlaubszuschüsse für die letzten vier Dienstjahre in Höhe von insgesamt 10.400 EUR netto geltend machen könne. Auch die Weihnachtsremuneration stehe der Klägerin nach § 5 des anzuwendenden Mindestlohntarifs für die Jahre 2005 bis 2007 zur Gänze und für das Jahr 2008 aliquot zu. Dies gelte ferner für die Entgeltdifferenzen für die Zeit der Spitalsaufenthalte bzw Kuraufenthalte. Im Hinblick auf das Ende des Dienstverhältnisses mit 1. 3. 2008 sei jedoch der geltend gemachte Lohnanspruch für März 2008 unberechtigt.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da der Beurteilung des Vertragsverhältnisses, insbesondere im Hinblick auf das Inkrafttreten des Hausbetreuungsgesetzes, und der Berechnung des Urlaubszuschusses nach § 9 Hausgehilfengesetz grundsätzliche Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Beklagten ist zulässig und auch berechtigt. Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, inwieweit durch das Inkrafttreten des Hausbetreuungsgesetzes eine Änderung in der Abgrenzung der Qualifikation von Arbeitsverhältnissen eingetreten ist, liegt nicht vor.
Das Berufungsgericht hat sich sehr umfassend und ausführlich mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Abgrenzung des Arbeitsvertrags von anderen Vertragstypen, insbesondere dem Werkvertrag, aber auch dem freien Dienstvertrag, auseinandergesetzt (vgl dazu allgemein etwa RIS‑Justiz RS0021332, RS0021306, RS0021518). Nach dieser ist jeweils nach den Umständen des Falls zu prüfen, ob von persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten (Weisungsgebundenheit betreffend Arbeitsort, Arbeitsablauf etc), von persönlicher, auf Zeit abgestellter Arbeitspflicht, Fremdbestimmtheit, und von funktioneller Einbindung in das betriebliche Weisungsgefüge auszugehen ist (zuletzt ausführlich 8 ObA 55/07g mzwN).
Nach seinem § 1 Abs 1 gilt das Hausbetreuungsgesetz (HBeG) für die Betreuung von Personen in deren Privathaushalt, „wobei die Betreuung im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgen kann“. Zufolge Abs 2 des § 1 gelten die Bestimmungen des zweiten Abschnitts nur unter näher aufgezählten Voraussetzungen, die insbesondere auf die Pflegebedürftigkeit der Person, aber auch auf eine bestimmte Intensität und Dichte des Arbeitseinsatzes abstellen. Der zweite Abschnitt enthält verschiedene arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen, insbesondere zur Arbeitszeitgestaltung. Der dritte Abschnitt befasst sich allgemein mit der Qualitätssicherung in der Betreuung.
Im Sinne der Inkrafttretensbestimmungen des vierten Abschnitts sind diese Regelungen auch auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden, deren vertraglich vereinbarter Beginn vor dem 1. 7. 2007 liegt, wenn dies schriftlich vereinbart wird. Mit dem hier abgeschlossenen Personenbetreuungsvertrag sollte dies offensichtlich bewirkt werden.
Der hier zu beurteilende Vertrag nahm nun ausdrücklich auf den Mindestlohntarif in einer unselbständigen Beschäftigung Bezug.
Grundsätzlich werden auch nach Inkrafttreten des Hausbetreuungsgesetzes drei verschiedene Arten der 24‑Stunden‑Betreuung als zulässig angesehen, und zwar die Anstellung eines Betreuers im Rahmen einer unselbständigen Tätigkeit, die Betreuung durch Träger von Organisationen oder auch ein Selbständigenmodell (vgl etwa Aubauer/Neumann, Betreuung daheim, taxlex 2007, 391; Binder/Fürstl‑Grasser, Hausbetreuungsgesetz, 18 f).
Tomandl (Was ist selbständige Personenbetreuung, ZAS 2007/32) hat nach ausführlicher Analyse der Rechtsprechung im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass es nach den bisher ergangenen Entscheidungen kaum möglich erscheine, die persönliche Betreuung pflegebedürftiger Personen in ihrer Wohnung als selbständige Tätigkeit aufzufassen. Er hat daraus geschlossen, dass bei der Abgrenzung in besonderer Weise auf die „Sachzwänge“ bei der Pflege Bezug genommen werden müsse und daher der sich daraus ergebenden Unselbständigkeit der Pflegepersonen kein Gewicht im Sinne einer Zuordnung zum Vertragstypus als Arbeitsverhältnis zukomme. Im Ergebnis geht er davon aus, dass bei Vorliegen der in § 1 Abs 2 genannten Kriterien in der Regel ein selbständiges Betreuungsverhältnis vorliegen werde, da es sich ausnahmslos um Fälle mit hohem Betreuungsaufwand und Rund‑um‑die‑Uhr‑Betreuung handle, bei denen die Tätigkeit im Wesentlichen durch Sachzwänge und nicht durch Weisungen bestimmt werde.
Auch Mazal (Hausbetreuung ‑ kritische Aspekte, ecolex 2007, 580) setzt sich mit diesem Abgrenzungsproblem auseinander. Mazal kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass unter Anwendung der bis zum Inkrafttreten maßgeblichen Kriterien bei dieser Art der Pflege Selbständigkeit schwer vorstellbar ist. Er warnt allerdings davor, bei der Beurteilung der Hausbetreuungstätigkeit nur punktuell andere Maßstäbe für die Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und anderen Vertragstypen anzulegen.
Gleichzeitig mit dem Hausbetreuungsgesetz wurde auch die Gewerbeordnung adaptiert und eine die Betreuung umfassende selbständige Erwerbstätigkeit geregelt.
Die §§ 159, 160 GewO haben folgenden Wortlaut:
„Personenbetreuung
§ 159. Gewerbetreibende, die das Gewerbe der Personenbetreuung ausüben, sind berechtigt, betreuungsbedürftige Personen zu unterstützen. Dies umfasst insbesondere folgende Tätigkeiten:
1. Haushaltsnahe Dienstleistungen insbesondere:
a) Zubereitung von Mahlzeiten
b) Vornahme von Besorgungen
c) Reinigungstätigkeiten
d) Durchführung von Hausarbeiten
e) Durchführung von Botengängen
f) Sorgetragung für ein gesundes Raumklima
g) Betreuung von Pflanzen und Tieren
h) Wäscheversorgung (Waschen, Bügeln, Ausbessern)
2. Unterstützung bei der Lebensführung insbesondere:
a) Gestaltung des Tagesablaufs
b) Hilfestellung bei alltäglichen Verrichtungen
3. Gesellschafterfunktion insbesondere:
a) Gesellschaft leisten
b) Führen von Konversation
c) Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Kontakte
d) Begleitung bei diversen Aktivitäten
4. Führung des Haushaltsbuches mit Aufzeichnungen über für die betreute Person getätigte Ausgaben
5. praktische Vorbereitung der betreuungsbedürftigen Person auf einen Ortswechsel
6. Organisation von Personenbetreuung.
Qualitätssicherung für die Personenbetreuung
§ 160. (1) … (Verschwiegenheit)
(2) Die im § 159 genannten Gewerbetreibenden haben
1. mit der betreuungsbedürftigen Person oder deren gesetzlichem Vertreter eine Vereinbarung betreffend Handlungsleitlinien für den Alltag und den Notfall abzuschließen, insbesondere über die Verständigung bzw. Beiziehung von Angehörigen, Ärzten oder Einrichtungen, die mobile Dienste anbieten, im Falle erkennbarer Verschlechterung des Zustandsbildes und
2. das Haushaltsbuch zu führen und samt der Belegsammlung über einen Zeitraum von zwei Jahren aufzubewahren.“
Diese Bestimmungen der GewO zeigen nun einerseits, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Betreuungstätigkeiten auch in gewerblicher Form - selbständig - ausgeübt werden können, andererseits aber auch, dass der Gesetzgeber dann besondere Schutzmaßnahmen zugunsten der betreuten Personen festlegt, selbst wenn sie nicht Vertragspartner sein sollten.
Vergleichbares kommt aber auch bei anderen selbständigen Tätigkeiten vor, ist kein Anlass von den in der Rechtsprechung für die Abgrenzung des Arbeitsvertrags entwickelten Kriterien abzugehen und bedeutet nicht, dass sich nicht der Vertragspartner selbst die Gestaltung der Pflege auch nach seinen Vorstellungen im Rahmen eines unselbständigen Arbeitsverhältnisses vorbehalten könnte.
Es hat grundsätzlich bei der allgemein vom Obersten Gerichtshof judizierten Abgrenzung der in Betracht kommenden Vertragstypen zu verbleiben. Dieser liegt ohnedies zu Grunde, dass auf die Besonderheiten der jeweiligen Berufe abzustellen ist und bei manchen Berufen eine selbständige Tätigkeit genauso in Betracht kommt wie eine unselbständige Tätigkeit. Nach der Struktur des Hausbetreuungsgesetzes ist dieses auch nicht bloß auf eine 24‑Stunden‑Pflege, sondern allgemein anzuwenden. Schon deshalb ist in der Bestimmung des § 1 Abs 1 zweiter Satzteil, - „wobei die Betreuung im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgen kann“ - keine Anordnung einer geänderten Abgrenzung des Vertragstypus des Arbeitsvertrags zu sehen. Es ist nicht zweifelhaft, dass einzelne Betreuungsleistungen auch in Privathaushalten im Rahmen von selbständigen Tätigkeiten angeboten werden können. Zutreffend ist zwar, dass es durch die starke persönliche Komponente der Pflege häufig der gepflegten Person - falls diese überhaupt der Vertragspartner ist - ein Anliegen sein wird, die Pflege genau nach ihren Wünschen zu gestalten und sich die für das Dienstverhältnis typischen Weisungsbefugnisse vorzubehalten. Es kann aber keineswegs ausgeschlossen werden, dass zunehmend allgemein definierte Leistungen auch in diesem Zusammenhang im Rahmen von eigenen Gewerbebetrieben angeboten werden.
Im vorliegenden Fall war aber ganz offensichtlich eine ausschließliche Ausrichtung der Betreuung an den subjektiven Wünschen der Erblasserin beabsichtigt. Die zeigt sich auch daraus, dass die Abwicklung der Betreuung in vielfacher Weise nicht rein an den sachlichen Erfordernissen orientiert war, sondern auch völlig unsachliche Anliegen der Pflegebedürftigen „weisungsgemäß“ ‑ etwa das Füttern, auch ohne dass dies erforderlich gewesen wäre ‑ durchgeführt wurden. Es besteht daher kein Anlass von der übereinstimmenden Einschätzung der Vertragspartner, hier einen Arbeitsvertrag abschließen zu wollen, abzuweichen (vgl dazu die ausschließlich als „Arbeitsvertrag“ bezeichnete Beil ./B).
Dementsprechend ist das Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz und nach dessen Inkrafttreten das Hausbetreuungsgesetz anzuwenden. Die Erblasserin hatte Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 3, die Betreuerinnen wechselten sich regelmäßig ab, die vereinbarte Arbeitszeit hat offensichtlich mehr als 48 Stunden pro Woche betragen und die Betreuungskraft wurde auch für die Dauer der Arbeitsperiode in die Hausgemeinschaft der zu betreuenden Person aufgenommen (vgl § 1 Abs 2 Hausbetreuungsgesetz).
Nach § 3 Abs 1 des Hausbetreuungsgesetzes ist auch auf diese Betreuungsverhältnisse das Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz mit Ausnahme der §§ 5 und 6 Abs 1 bis 3 (Arbeitszeit, Freizeit) anzuwenden.
Die für die Sonderzahlungen maßgebliche Regelung des § 9 Abs 2 Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz legt fest, dass dem Dienstnehmer während des Urlaubs unter anderem ein Urlaubszuschuss zu zahlen ist, der bei einer für den Urlaubsanspruch anrechenbaren Dienstzeit von weniger als zwanzig Jahren das Zweifache und nach Vollendung des zwanzigsten Jahres das Zweieinhalbfache der monatlichen Geldbezüge ausmacht.
§ 5 des Mindestlohntarifs für im Haushalt Beschäftigte in der ab 1. 1. 2005 geltenden Fassung, aber auch der ab 1. 1. 2007 in Kraft getretene Tarif, sieht eine sogenannte Weihnachtsremuneration in Höhe eines Monatsbezugs vor.
Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass es zulässig ist, zu vereinbaren, dass mit einer über dem Mindestentgelt liegenden monatlichen Entgeltzahlung auch die sogenannten Sonderzahlungen abgegolten werden (RIS‑Justiz RS0051019). Davon ist auch hier auszugehen.
Allerdings kann eine solche Vereinbarung nur dann wirksam sein, wenn das vereinbarte Entgelt um so viel über dem durch den Mindestlohntarif festgelegten Mindestentgelt liegt, dass damit auch die Sonderzahlungen abgedeckt sind. Damit stellt sich die Frage, welches Mindestentgelt hier anzunehmen ist.
Der hier maßgebliche Mindestlohntarif für im Haushalt Beschäftigte im Rahmen des Bundeslandes Wien legt zwei verschiedene Gruppen fest:
In Punkt A des § 2 werden Hausgehilfen und Hausangestellte „mit Wohnung und Verpflegung beim Arbeitgeber“ erfasst und für 238 Stunden entsprechend der gesetzlichen Arbeitszeit gemäß § 5 Abs 1 Z 1 lit b Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz jeweils ein monatlicher Mindestbruttolohn bestimmt. Nach § 5 Abs 1 Z 1 lit b leg cit darf die Arbeitszeit einschließlich der Zeit, während der sich der Dienstnehmer zur Erbringung seiner Dienstleistung bereit halten muss, in zwei Kalenderwochen nicht 110 Stunden überschreiten. Daraus errechnen sich dann offensichtlich für 4,33 Wochen die 238 Stunden.
In Punkt B des § 2 dieses Mindestlohntarifs werden die Hausgehilfen und Hausangestellten, die nicht in die Hausgemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen sind, erfasst. Dort werden entsprechend den Berufsjahren jeweils Bruttostundenlöhne bestimmt.
Das Berufungsgericht hat nun die Anwendbarkeit des monatlichen (niedrigeren) Ansatzes für die in die Hausgemeinschaft aufgenommenen Arbeitnehmer im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass die Klägerin nur während ihrer Dienste im Haushalt der Erblasserin, außerhalb ihrer Dienste aber in einer eigenen Wohnung wohnte. Darauf, dass die Klägerin in der Nacht nur eine Couch im Wohnzimmer nutzen konnte, wird weiter unten einzugehen sein, ebenso auf die Frage, ob dieser Raum den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz entsprach, wonach die Schlafstelle den gesundheits-, bau‑ und feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechen muss, die Sittlichkeit nicht gefährden darf, beheizbar und absperrbar sein muss und über einen versperrbaren Kasten verfügen soll.
Vorweg ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu prüfen, dass generell nur die während des gesamten Arbeitsverhältnisses in die Hausgemeinschaft aufgenommenen Hausangestellten, nicht aber die nur während der - auch längeren geschlossenen - (Arbeits‑)phasen in die Hausgemeinschaft aufgenommenen Hausangestellten von Punkt A des Mindestlohntarifs erfasst werden.
Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden.
Der Mindestlohntarif erläutert seine Abgrenzung nach dem Kriterium „mit Wohnung und Verpflegung beim Arbeitgeber“ nicht näher. Im Hinblick auf die Bezugnahme auf das Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz in anderem Zusammenhang bietet es sich aber an, dieses für das Verständnis der Bestimmungen des Mindestlohntarifs mitzuberücksichtigen.
Aus der Struktur des Mindestlohntarifs und auch des Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetzes lässt sich nun ableiten, dass es nicht nur um die „Einrechnung“ der Sachleistungen „Wohnung und Verpflegung“ geht, sondern auch darum, dass sich der Arbeitsablauf von in den Haushalt aufgenommenen Dienstnehmern anders darstellt, wird doch bei diesen nicht nur die zulässige Arbeitszeit länger angesetzt (vgl § 5 AZG) und pauschal ein Monatslohn festgelegt, während bei den nicht im Haushalt aufgenommenen Dienstnehmern ein Stundenlohn festgelegt und ganz auf die konkrete Arbeitsleistung abgestellt wird (vgl etwa zu den Nachtzuschlägen Z 6 des § 2 B). Der Sachbezugswert der freien Station beträgt ca 200 EUR (vgl die Sachbezugswertverordnung, aber auch § 3 Abs 2 Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz sowie § 50 ASVG) bzw nach den Anrechnungsvorschriften des Mindestlohntarifs ca 450 EUR (vgl § 3 des Mindestlohntarifs ca 15 EUR pro Tag). Die Differenz zwischen dem Ansatz für den Monatslohn der aufgenommenen Dienstnehmer von ca 1.000 EUR und dem hochgerechneten Monatslohn ausgehend vom Stundenlohn (8,65 EUR) für die dem Monatslohn zugrundegelegten 238 Monatsstunden von über 2.000 EUR lässt sich aus der Sachleistung „Wohnen und Verpflegung“ daher nicht erklären. Vielmehr liegt dieser Differenz offensichtlich auch die unterschiedliche Struktur und Qualität der Erbringung der Arbeitsleistung und deren Nachfrage zugrunde, also auch eine unterschiedliche Art der Arbeit.
Es ist auch der ersichtliche Ansatz des Hausbetreuungsgesetzes, dass es längere Freizeitphasen voraussetzt. Dazu wird auch vertreten, dass ein wesentliches Abgrenzungskriterium darin liegt, dass nach dem Hausbetreuungsgesetz die Hausgemeinschaft nur während der Arbeitsperioden und nicht während der Freizeitperioden bestehen muss. Ausdrücklich festgehalten wird aber auch, dass es keine Voraussetzung für das Vorliegen einer Hausgemeinschaft im Sinn des Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetzes ist, dass die Arbeitnehmer sonst keine Wohnmöglichkeit haben (Binder in Binder/Fürstl‑Grasser aaO; zur Anwendung des Mindestlohntarifs für die in die Hausgemeinschaft aufgenommenen Arbeitnehmer vertreten Binder aaO, 110).
Gerade bei den typischen „Radldiensten“ liegt es häufig auch im Interesse der Arbeitnehmer, während ihrer Freizeitphasen im eigenen Haushalt zu sein. Die Art der Arbeit bei diesem Modell einer „geblockten“ Arbeitszeit mit langen Freizeitphasen entspricht nun eindeutig jener der in den Haushalt aufgenommenen Arbeitnehmer. Für die unterschiedliche monatsbezogene Sachleistung „freie Station“ findet sich im Mindestlohntarif aber ohnehin eine Regelung. So sieht § 3 vor, dass einem in die Hausgemeinschaft aufgenommenen Arbeitnehmer, wenn er aus bestimmten Gründen (ua Verzicht auf die Arbeitsleistung während der Kündigungsfrist) nicht in der Lage ist, die „freie Station“ zu konsumieren, gewisse Abgeltungen zustehen.
Da also insgesamt diese Art der Arbeitserbringung klar dem Typus der Arbeit von in den Haushalt aufgenommenen Arbeitnehmern entspricht und im Mindestlohn die mangelnde Konsumation des „Restmonats“ in ähnlichen Fällen mitbedacht wurde, kann von der Anwendbarkeit der Ansätze des § 2 lit A des Mindestlohntarifs ausgegangen werden. Allerdings besteht für die „Resttage“ in dem jeweiligen Monat, in denen die Klägerin nicht arbeitete und keine „Wohnung und Verpflegung“ erhielt, ein Anspruch auf Abgeltung dieser „Naturalbezüge“ unter Heranziehung der Werte des § 3 des Mindestlohntarifs. Ein Anspruch nach § 3 des Mindestlohntarifs wird auch dann bestehen, wenn bei der Erbringung eines in den Haushalt aufgenommenen Dienstnehmer diese „Naturalbezüge“ Mängel aufweisen, etwa weil der Wohn(‑schlaf‑(raum) nicht den Erfordernissen des § 4 Abs 2 Hausgehilfen‑ und Hausangestelltengesetz entspricht.
Die konkrete Ausgestaltung der Wohnmöglichkeit und die Berechnung der Ansprüche der Klägerin ausgehend von dem Ansatz des § 2 A des Mindestlohntarifs sowie dessen § 3 wurde jedoch bisher nicht erörtert. Sie ist auch für die dem Grunde nach sonst nicht weiter bestrittenen sonstigen Ansprüche maßgeblich.
Aus diesem Grund war die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
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