Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kevin S***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 142 Abs 1 StGB (1) sowie der Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (2), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (3), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (4) und des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (5) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - am 25. Februar 2011 in Steyr
- mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz der Invaliditätspensionistin Juliane W***** mit gegen ihre Person gerichteter Gewalt 40 Euro Bargeld weggenommen, indem er ihr ihre Handtasche, welche sie an zwei Riemen über ihrer rechten Schulter getragen und unter ihrem Arm festgehalten hatte, gewaltsam entriss;
(2) bis (4) durch die eben beschriebene Tat die Handtasche der Juliane W***** aus deren Gewahrsam dauernd entzogen, ohne sie sich oder einem Dritten zuzueignen (2), eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den ÖBB-Ausweis der Juliane W*****, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde (3), und weiters ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die Bankomatkarte der Juliane W*****, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt (4), indem er diese Gegenstände nach erfolgtem Raub in einen Mülleimer warf.
Rechtliche Beurteilung
Ausschließlich gegen den Schuldspruch 1 richtet sich die auf Z 10 gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Indem sie nämlich die Forderung nach einer Verurteilung bloß wegen des Verbrechens nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB und die dazu angestellten rechtlichen Überlegungen zur Anwendung nicht erheblicher Gewalt und unbedeutender Folgen der Tat nicht an die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichts knüpft, verfehlt sie eine an der Prozessordnung orientierte Darstellung der Subsumtionsrüge (Z 10), deren Gegenstand ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581; RIS-Justiz RS0099810).
Nach den insoweit zentralen - von der Beschwerde teils bestrittenen, teils ignorierten - Konstatierungen des Erstgerichts war das Raubopfer nämlich Invaliditätspensionistin, aufgrund einer Arthrose, einer Wirbelsäulenverkrümmung, eines Bandscheibenvorfalls an der Hals- und Lendenwirbelsäule und der daraus resultierenden Schmerzen in ihrer Beweglichkeit und der Kraftausübung durch die Hände eingeschränkt, wurde durch den Gewalteinsatz des Angeklagten nach vorne gezogen und wäre - wenn sie ihre Handtasche nicht rechtzeitig losgelassen hätte - von der Bank, auf der sie saß, gestürzt, erlitt dadurch eine mit Schmerzen über einige Wochen verbundene Zerrung der rechten Schulter und psychische Beeinträchtigungen in Form von Schlafstörungen und Angstzuständen, die ihr Ausflüge in die Stadt ohne Begleitung seither unmöglich machen, und ging letztlich ihrer Handtasche, ihres ÖBB-Ausweises und ihrer Bankomatkarte verlustig (US 5 f).
Der Vollständigkeit halber bleibt festzuhalten, dass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 Satz 2 StPO keinerlei Veranlassung bestand, weil - ausgehend von diesen Feststellungen - die kumulativen Voraussetzungen des § 142 Abs 2 StGB nicht vorliegen (vgl zum Ganzen: Eder-Rieder in WK² § 142 Rz 55 ff; zu nicht unerheblicher Gewalt: RIS-Justiz RS0094440, RS0094427, dort vor allem T9; zum Erfordernis der Anlegung eines objektiv-individualisierenden Maßstabes auch Kienapfel/Schroll BT15 § 105 Rz 10, 30, Fabrizy StGB10 § 142 Rz 7 und SSt 59/70; zu den Verletzungsfolgen jenseits der Folgen des § 88 Abs 2 Z 3 StGB als nicht unbedeutend: SSt 60/46, zuletzt 12 Os 38/07s; zur Einbeziehung aller tatbestandlichen und außertatbestandlichen negativen Auswirkungen der Tat als Kriterien für das Vorliegen [un-]bedeutender Folgen sowie zum Verlust wichtiger Dokumente als fühlbare Beeinträchtigung des Tatopfers vgl RIS-Justiz RS0094501 und RS0094494; SSt 61/21, zuletzt 15 Os 44/09y).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 Satz 4StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)