OGH 14Os96/11s

OGH14Os96/11s30.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Steinbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Milorad Z***** wegen des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Mai 2010, GZ 073 Hv 23/11b-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlass, wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Taten auch nach § 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die auf die Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde bezogenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Milorad Z***** des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Stevan D***** und Aleksandar D***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer Mitglieder dieser Vereinigung mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen an Gegenständen, deren Wert 3.000 Euro übersteigt, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Gewahrsamsträgern der B***** GmbH von 19. bis 21. November 2010 ein Zugfahrzeug im Wert von etwa 90.000 Euro samt Sattelaufleger, 87 Euro-Paletten und zwölf E2-Transportkisten im Wert von 78.000 Euro weggenommen (A) und von 12. bis 14. November 2011 ein Zugfahrzeug samt Sattelaufleger im Wert von etwa 100.000 Euro wegzunehmen versucht (B).

Dagegen richtet sich die aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof zunächst von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) vom Vorliegen einer dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) in Ansehung der Diebstahlsqualifikation nach § 130 zweiter Fall StGB.

Gemäß § 278 Abs 2 StGB setzt eine kriminelle Vereinigung unter anderem voraus, dass der Zusammenschluss auf längere Zeit angelegt und auf Begehung zumindest einer der näher definierten strafbaren Handlungen, vorliegend etwa nicht nur geringfügiger Diebstähle, durch eines oder mehrere Mitglieder ausgerichtet ist (RIS-Justiz RS0125232; Plöchl in WK² § 278 Rz 8 und 19). Die - zudem unbegründete - Urteilsannahme, wonach Dragan D***** „zum Zwecke der Begehung von Diebstählen in Österreich …. ausgehend von Serbien eine Gruppe von großteils serbisch stämmigen Männern“ gründete, die sich besonders auf den Diebstahl von LKWs spezialisierte (US 4), trägt daher schon mit Blick auf das zeitliche Element die Deliktsqualifikation des § 130 zweiter Fall StGB nicht.

Teilweise im Recht ist auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Sie zeigt nämlich im Ergebnis zutreffend auf, dass auch die - gerade noch deutlich genug getroffenen - Feststellungen, wonach der Angeklagte in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren und durch Einbruch begangenen Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 6 und 8 iVm US 1), gänzlich unbegründet geblieben sind (Z 5 vierter Fall).

Diese Mängel erfordern die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits in nichtöffentlicher Sitzung und insoweit die Verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Im Übrigen verfehlt die Nichtigkeitsbeschwerde ihr Ziel.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) zunächst „das angefochtene Urteil“ pauschal als undeutlich, widersprüchlich, offenbar unzureichend begründet und aktenwidrig bezeichnet, entspricht sie nicht dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Mit dem der Sache nach erhobenen Vorwurf undeutlicher Feststellungen zum Schuldspruch B nimmt die - lediglich auf eine einzelne Urteilspassage rekurrierende - Beschwerde nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl US 5 f, 8, woraus im Übrigen sehr wohl auch hervorgeht, dass der Angeklagte bei der Tathandlung in den Tatplan eingeweiht war) und verfehlt damit den gerade darin gelegenen Bezugspunkt sowohl der Mängelrüge als auch materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419; RIS-Justiz RS0116504, RS0119370; RS0099810, RS0099671; zur Undeutlichkeit als Gegenstand der Z 5 und Z 9 lit a: vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 570 f).

Gleiches gilt für den den Schuldspruch A betreffenden Einwand fehlender „entsprechender Feststellungen“ (der Sache nach Z 9 lit a), bei dem die Rüge die diesbezüglichen - zureichenden - Urteilsannahmen (US 6, 8) zur Gänze ignoriert und nicht darlegt, welche darüber hinausgehenden Konstatierungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich gewesen wären.

Weshalb die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, die die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe angenommen an der legalen Überstellung von Lastkraftwagen mitzuwirken, im Wesentlichen aufgrund seiner - entgegen dem Beschwerdestandpunkt aktenkonform insbesonders aus den Angaben des Zeugen Branislav T***** (ON 17 S 227, ON 50 S 10 ff) abgeleiteten - Beteiligung an den „Erkundungsfahrten“ zur Auffindung von Tatobjekten und dabei geführten Gesprächen zwischen den Beteiligten als reine Schutzbehauptung verwarfen (US 6 f), gegen Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungswerte verstoßen (vgl RIS-Justiz RS0116732) und die Feststellungen zur subjektiven Tatseite der §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB nicht tragen sollten, sagt die insofern offenbar unzureichende (Schein-)Begründung monierende Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht. Indem sie auf Basis eigener Plausibilitätserwägungen aus vermeintlichen - nicht näher bezeichneten - Verfahrensergebnissen für den Angeklagten günstigere Schlüsse zieht als die des Erstgerichts, bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Soweit mit der Kritik an unterlassener „Feststellung“ und Auseinandersetzung mit den Umständen, dass der Beschwerdeführer „selbst in Serbien eine Anzeige gegen die Diebe eingebracht hat“ und dass er - wie nach dem unbegründeten Beschwerdestandpunkt „aus dem Akteninhalt ebenfalls hervorgeht“ - der Ansicht war, „der LKW, den er überstellt hat, wäre der selbe gewesen, den er schon einmal gesehen hat (Versuchsfaktum)“, Unvollständigkeit der Begründung (Z 5 zweiter Fall) geltend gemacht werden soll, unterlässt die Beschwerde die gebotene deutliche und bestimmte Bezeichnung der als übergangen reklamierten Ergebnisse des Beweisverfahrens samt Angabe der Fundstelle in den (umfangreichen) Akten (RIS-Justiz RS0118316 [T5], RS0124172).

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) wird mit dem Vergleich von Urteilsfeststellungen mit Beweisergebnissen nicht dargetan (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467 f).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt schließlich mit der Behauptung fehlender Feststellungen, die „ein strafbares Verhalten des Angeklagten indizieren, … dies insbesonders im Hinblick auf die subjektive Tatseite“ ein weiteres Mal die deutliche und bestimmte, auf Grundlage der Urteilsfeststellungen argumentierende Bezeichnung des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (§ 285a Z 2 StPO) und damit die Ausrichtung am Verfahrensrecht.

Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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