OGH 5Ob59/11d

OGH5Ob59/11d26.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Thomas H*****, vertreten durch Dr. Walter Hausberger, Dr. Katharina Moritz, Dr. Alfred Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die Antragsgegner 1. mj Maria R*****, 2. mj Romina R*****, ebendort, 3. Angelika R*****, ebendort, 1. und 2. Antragsgegner vertreten durch die 3. Antragsgegnerin, alle Antragsgegner vertreten durch Dr. Christian Kurz, Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwälte in Innsbruck, sowie der weiteren Verfahrensbeteiligten 1. Maria L*****, 2. Inge L*****, ebendort, 3. Katja H*****, ebendort, und 4. Oliver F*****, ebendort, wegen § 52 Abs 1 Z 2 iVm § 16 Abs 2 WEG, infolge der Revisionsrekurse des Antragstellers und der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 28. Jänner 2011, GZ 3 R 318/10a-54, mit dem infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss (richtig: Sachbeschluss) des Bezirksgerichts Rattenberg vom 8. September 2010, GZ 1 Msch 6/06w-50, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortungen werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Der Antragsteller, der im Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Verfahrens nach § 16 Abs 2 WEG (Duldung der Errichtung einer Kaminabzugsanlage an allgemeinen Teilen der Liegenschaft) noch Wohnungseigentümer war, veräußerte während des Verfahrens seinen Miteigentumsanteil, sodass er im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung (im zwischenzeitlich bereits dritten Rechtsgang) nicht mehr über Wohnungseigentumsrechte verfügte.

Die Käufer traten dem Antragsteller ihnen zukommende Änderungsansprüche nach § 16 Abs 2 WEG ab.

Das Erstgericht wies daraufhin das Änderungsbegehren des Antragstellers mit der Begründung zurück, der Antragsteller habe seine materielle Parteistellung und damit seine Sachlegitimation zur Durchsetzung des Änderungsbegehrens verloren. Die Befugnis zur Antragstellung nach § 16 WEG sei untrennbar mit dem bücherlichen Wohnungseigentum verbunden. Eine Abtretung solcher Ansprüche der nunmehr Legitimierten an den Antragsteller sei rechtsunwirksam.

Das Rekursgericht hob diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Im Verfahren nach § 52 Abs 1 WEG sei die Parteistellung an das aufrechte bücherliche Eigentum geknüpft, maßgeblich sei der jeweilige Buchstand. Bei einer Eigentumsübertragung scheide der frühere Eigentümer aus dem Verfahren aus und der Erwerber trete in dieses ein. Eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 234 ZPO auf wohnrechtliche Außerstreitverfahren komme nicht in Betracht. Es sei daher zutreffend, dass der Antragsteller seine Legitimation verloren habe. Dennoch führe dies nicht zur Abweisung eines von ihm gestellten Antrags. Das Erstgericht habe im außerstreitigen Wohnrechtsverfahren alle jeweiligen Mit- und Wohnungseigentümer dem Verfahren beizuziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, den Antrag aufrecht zu erhalten. Das Erstgericht werde das Verfahren daher unter Beiziehung der nunmehrigen Eigentümer der Wohnungseigentumsanteile des Antragstellers fortzusetzen haben.

Eine Abtretung von Rechten nach § 16 WEG sei nicht zulässig, weil solche Rechte untrennbar mit dem Eigentumsrecht verbunden seien. Darüber hinaus fehle es im vorliegenden Fall an einem gültigen Grundgeschäft. Der Antragsteller könne sich daher nicht auf ein Fortbestehen seiner Sachlegitimation stützen.

Das Rekursgericht erklärte den Rechtszug gegen seine aufhebende Entscheidung für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Möglichkeit einer Abtretung von Ansprüchen nach § 16 WEG vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts erweisen sich beide Revisionsrekurse als nicht zulässig. Es werden darin nämlich keine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigenden Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG):

Im Verfahren nach § 52 Abs 1 WEG steht Wohnungseigentümern nur insoweit Parteistellung zu, als ihre Interessen durch die Entscheidung über den Antrag unmittelbar berührt werden können (§ 52 Abs 2 Z 1 WEG). Die Auslegung dieser Bestimmung durch das Rekursgericht steht mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang, die eine Parteistellung im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren jeweils an das aufrechte bücherliche Eigentum knüpft (RIS-Justiz RS0083100; RS0083106; RS0083185; RS0083224; RS0083019 [T1]; RS0107160; RS0082917 [T1]; RS0106059; RS0106061). Bei Eigentumsübergang scheidet der frühere Eigentümer aus dem Verfahren aus und tritt der Erwerber ein.

Unmittelbar beeinflusst iSd § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG ist eine Person nur dann, wenn die in Aussicht genommene Entscheidung Rechte oder Pflichten dieser Person ändert, ohne dass noch eine andere Entscheidung gefällt werden muss. Es kommt vor allem darauf an, wer bzw wessen Stellung durch das jeweilige Verfahren geschützt werden soll (RIS-Justiz RS0123028 [T2]). Dass der Verkäufer von Wohnungseigentum Gefahr laufen könnte, gegenüber Dritten eingegangene vertragliche Verpflichtungen nicht einhalten zu können, ist eine bloße Reflexwirkung, die die Voraussetzung für die Parteistellung nach § 2 Abs 1 AußStrG nicht bewirkt, weil der Eingriff zu einer unmittelbaren Beeinflussung der rechtlichen Stellung des Einschreiters führen muss (5 Ob 238/09z = EvBl LS 2010/160 = Zak 2010/721, 414 = immolex 2011/28, 92 [Pfiel]).

Zutreffend hat das Rekursgericht auch erkannt, dass der Außerstreitrichter im Verfahren nach § 52 WEG verpflichtet ist, von Amts wegen alle jeweiligen Mit- und Wohnungseigentümer beizuziehen, sodass den Käufern des Miteigentumsanteils des Antragstellers, der sein Antragsrecht verloren hat, durch Beiziehung zum Verfahren die Möglichkeit zu geben ist, den Antrag aufrecht zu erhalten (vgl RIS-Justiz RS0083185; RS0083106; RS0126080).

Es trifft auch zu, dass § 234 ZPO im außerstreitigen Verfahren, konkret auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht anwendbar ist (vgl RIS-Justiz RS0005786; RS0005764; zuletzt 5 Ob 155/10w = wobl 2011/50).

Gemäß § 16 Abs 2 erster Halbsatz WEG ist der Wohnungseigentümer zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Dieser auf Änderung seines sachenrechtlichen Nutzungsrechts am Wohnungseigentumsobjekt gerichtete Anspruch ist akzessorisch zum Wohnungseigentum und haftet an diesem. Deshalb kann ein solcher Änderungsanspruch nur zusammen mit der Veräußerung des Wohnungseigentums als ein zum Hauptrecht akzessorisches Recht (vgl Wolff in Klang² VI, 295) gültig abgetreten bzw über ihn verfügt werden. Ebensowenig ist ein Zurückbehalten dieses akzessorischen Anspruchs nach Veräußerung des Wohnungseigentums, wie dies durch die Abtretungskonstruktion bewirkt werden sollte, rechtlich möglich (vgl 5 Ob 245/06z = wobl 2007/58 [Call] = Zak 2007/201, 116 = immolex 2007/54 [Prader]; RIS-Justiz RS0032651).

In der Frage, ob das Änderungsrecht des Wohnungseigentümers von seiner sachenrechtlichen Hauptposition trennbar ist, liegt entgegen der Ansicht des Rekursgerichts keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG begründet. Dass eine gesonderte Verfügung über ein dem Wohnungseigentum anhaftendes Recht nicht in Betracht kommt, ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung, insbesondere die Entscheidung 5 Ob 245/06z, geklärt.

Beide Revisionsrekurse waren daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Beide Rechtsmittelwerber haben auf die Unzulässigkeit jeweils des Rechtsmittels der Gegenseite hingewiesen, weshalb ihnen gegenseitig ein identer Kostenersatzanspruch zusteht.

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