OGH 13Os87/10h

OGH13Os87/10h7.4.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Georg B***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG über den Einspruch und die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Privatbeteiligten A***** KEG gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 17. März 2010, GZ 38 Hv 97/09p‑140, weiters über die Beschwerde des Angeklagten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Erteilung einer Weisung, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Einspruch und die Nichtigkeitsbeschwerde werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und über die Beschwerde des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Georg B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg B***** mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt als handelsrechtlicher - oder als faktischer (US 16) - Geschäftsführer der A***** KEG (im Folgenden kurz A***** KEG) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem abgesondert verfolgten Bekir V***** als faktischer Geschäftsführer der A***** KEG vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch verspätete Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen, für die Monate Juni bis November 2006 (Juni 2006: 25.690,03 Euro, Juli 2006: 111.579,42 Euro, August 2006: [gemeint, S 109/IV] 133.865,13 Euro, September 2006: 336.355,22 Euro, Oktober 2006: 92.526,97 Euro, November 2006: 526,51 Euro) und Jänner bis Mai 2007 (Jänner 2007: 9.213,36 Euro, Februar 2007: 319.482,03 Euro, März 2007: 1.326.977,74 Euro, April 2007: 890.044,14 Euro, Mai 2007: 2.060.648,50 Euro) eine Verkürzung von Umsatzsteuer von insgesamt 5.306.909,05 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, wobei es ihm jeweils darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Zum Einspruch:

Der zunächst durch einen Wahlverteidiger vertretene Angeklagte Georg B***** (ON 111, 120) wurde zur Fortsetzung der vertagten Hauptverhandlung für 17. März 2010 zu eigenen Handen geladen (S 1v des Antrags- und Verfügungsbogens). Mit einem am 15. März 2010 beim Landesgericht Salzburg eingelangten Schreiben teilte er mit, dass er seinem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S***** die Vollmacht entzogen habe „und mangels Verteidiger bei der für den 17.03.2010 anberaumten Verhandlung, zu welcher Anwaltszwang besteht, nicht erscheinen“ könne (ON 135). Mit Telefax vom 17. März 2010 an den Vorsitzenden gab er bekannt, dass er „ins Ausland verreist und daher an der Teilnahme an der heutigen Verhandlung verhindert“ sei (ON 137). Am 17. März 2010 wurde die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt, der dabei von einem zum Amtsverteidiger bestellten Rechtsanwalt vertreten wurde (ON 139, 143).

Indem der Angeklagte in seinem Einspruch gegen das Abwesenheitsurteil auf das solcherart zustande gekommene Fernbleiben von der Hauptverhandlung Bezug nimmt, weist er keineswegs nach, dass er durch ein unabwendbares Hindernis abgehalten wurde, in der Hauptverhandlung zu erscheinen. Im Nachweis der Hinderung liegt jedoch der einzige Einspruchsgrund (§ 427 Abs 3 dritter Satz StPO; RIS-Justiz RS0101596; Bauer/Jerabek, WK-StPO § 427 Rz 19, 21). Der Einspruch ist daher nicht berechtigt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Die vom Angeklagten gegen das Urteil aus Z 1, 1a, 3, 4, 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die unter Z 1 reklamierte Ausgeschlossenheit des Vorsitzenden wurde entgegen der Beschwerde nicht dadurch begründet, dass dieser den Angeklagten während des Ermittlungsverfahrens über Antrag der Staatsanwaltschaft „gegen gelindere Mittel nach § 173 Abs 5 StPO enthaftet“ hat (S 423a/I; RIS-Justiz RS0109313; Lässig in WK-StPO § 43 Rz 21).

Soweit der Angeklagte Befangenheit des Vorsitzenden geltend macht, dazu undifferenziert auf dessen „gesamte Vorgangsweise“ Bezug nimmt und ohne nähere Konkretisierung „fehlerhafte und rechtswidrige Bestellung des Amtsverteidigers, Fehlen einer meritorischen Auseinandersetzung mit den Anklagebeträgen unter Hinweis auf angeblich rechtskräftige Bescheide des Finanzamts Salzburg-Stadt, Abweisung eines Antrags auf Beiziehung eines Buchsachverständigen etc“ ins Treffen führen will, verfehlt er das Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 132). Gründe, die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Vorsitzenden in Zweifel zu ziehen (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO), werden solcherart nicht aufgezeigt.

Nichtigkeit nach Z 1a liegt vor, wenn der Angeklagte nicht während der ganzen Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten war, obwohl dies zwingend vorgeschrieben war. Verteidiger im Sinn dieser Bestimmung ist nach der Legaldefinition des § 48 Abs 1 Z 4 StPO „eine zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft, eine sonst gesetzlich zur Vertretung im Strafverfahren berechtigte oder eine Person, die an einer inländischen Universität die Lehrbefugnis für Strafrecht und Strafprozessrecht erworben hat“, sowie eine „bei Gericht tätige, zum Richteramt befähigte Person“, welche nach § 62 StPO als Rechtsbeistand des Angeklagten (§ 48 Abs 2 StPO) bestellt werden kann. Nur darauf, nicht auf den Akt der Bevollmächtigung oder Bestellung kommt es an (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 146).

Daran geht der Einwand vorbei, der Angeklagte sei in der Hauptverhandlung am 17. März 2010 durch einen gesetzwidrig bestellten Amtsverteidiger - einen von der Salzburger Rechtsanwaltskammer nominierten Rechtsanwalt - vertreten worden, er habe Anspruch auf Verfahrenshilfe gehabt.

Nichtigkeit nach Z 3 des § 281 Abs 1 StPO setzt einen Verstoß gegen eine der in dieser Bestimmung taxativ aufgezählten Vorschriften voraus (RIS-Justiz RS0099118).

Indem der Angeklagte auf „§§ 140 und 166 StPO“ sowie „das Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 StPO“ rekurriert, bezieht er sich teils gar nicht auf solche Vorschriften (§ 166 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 227). Im Übrigen macht er nicht deutlich (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO), welche Ergebnisse im Sinn des § 140 Abs 1 StPO gemeint sind und welche amtlichen Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen oder Mitbeschuldigten festgehalten worden sind, unzulässig (vgl § 252 Abs 1 Z 1 bis Z 4 StPO) an Stelle der Vernehmung jener Personen in der Hauptverhandlung verlesen worden seien. Nur eine als Ersatz für die grundsätzlich persönlich und unmittelbar durch das Gericht in der Hauptverhandlung vorzunehmende Vernehmung von Zeugen vorgenommene Verlesung von außerhalb der Hauptverhandlung aufgenommenen Protokollen ist Gegenstand der Regelung des § 252 Abs 1 StPO, die eine solche Verlesung nur unter den dort angeführten Bedingungen ausnahmsweise zulässt (RIS-Justiz RS0107792; Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 10).

Auf Passagen in den Urteilsgründen zu verweisen, um eine unzulässige Verlesung darzutun, geht schon im Ansatz fehl. Weshalb „die Verlesung der Aussage des Zeugen Ramazan K***** als nichtig“ erfolgt sein soll, legt die Beschwerde nicht dar.

Offen bleibt auch, an welchen Voraussetzungen für ein Abwesenheitsurteil (§ 427 StPO) es gefehlt haben soll (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 243).

Mit der Bezugnahme auf §§ 252 Abs 3, 255, 271 Abs 6 letzter Satz und 427 Abs 1 zweiter Satz StPO sowie dem Vorbringen, der Angeklagte hätte zu den Ausführungen des Privatbeteiligtenvertreters befragt werden müssen, spricht die Beschwerde keine Bestimmung an, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet. Nur auf solche Vorschriften stellt Z 3 jedoch ab.

Im Fall der Fortsetzung einer Hauptverhandlung im folgenden Jahr (siehe ON 111, 120) bedarf es keiner neuerlichen Beeidigung der in diesem Verfahren bereits tätigen Laienrichter (RIS-Justiz RS0098270 [T3, T10, T11]; Danek, WK‑StPO § 240a Rz 1), weshalb der reklamierte Verstoß gegen § 240a StPO nicht vorliegt.

Der aus Z 4 geforderten „Beachtung all jener Beweisanträge, die - obschon erst - in der Rechtsmittelschrift (oder in der Berufungsverhandlung) sinnvoll und durchführbar angeboten werden“ steht das Neuerungsverbot im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde entgegen (RIS‑Justiz RS0099117; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 15).

Der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellte Antrag auf Vernehmung der Zeugen Josef F*****, der bekunden sollte, dass Geldgeschäfte „ausschließlich nicht von Georg B***** vorgenommen wurden“ und diese ihm als Bankdirektor kaum bekannt waren, und Josef Peter Sch***** zum Beweis dafür, dass „keinerlei Verträge“ mit bestimmten Gesellschaften seitens des Angeklagten abgeschlossen wurden, insbesondere dass dieser keine Preise festgesetzt hat (S 157 f/V), ließ kein für die Beurteilung des Tatverdachts ‑ Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen ‑ bedeutsames Beweisthema erkennen (§ 55 Abs 2 Z 1 StPO; vgl US 20).

Die weiters beantragte „Beiziehung eines Sachverständigen aus der Buchhaltungsbilanz und Finanzwesen“ zum Beweis dafür, „dass die in der Anklage dargelegten Außenstände, welche dem Angeklagten zur Last gelegt werden, nicht stimmen“, verbunden mit dem Hinweis auf „die Aussage des Zeugen K***** in der letzten HV“ sowie „die heute vorgelegten Unterlagen“ (S 203/V), lief auf eine unzulässige Erkundung hinaus: Der Zeuge Ludwig K***** hatte angegeben, als „erfahrener Betriebsprüfer“ die abgabenrechtliche und finanzstrafrechtliche Bearbeitung des vorliegenden Falls übernommen zu haben. Über irgend welche Unstimmigkeiten der Ergebnisse (s zu den Resultaten den Abschlussbericht ON 85, der dem Urteil zugrunde liegt) hatte er nichts berichtet, sondern betont, dass vom Finanzamt in Anschlag gebrachte Verspätungszuschläge bei Berechnung der strafbestimmenden Wertbeträge ausgeklammert blieben (S 120 ff, insbesondere 126/V). Die erwähnten Unterlagen enthalten diverse Auflistungen (Beilage ./A zu ON 120), zu denen der Verteidiger anlässlich der Antragstellung nichts die strafrechtlich relevanten Ergebnisse der Betriebsprüfung erkennbar Berührendes vorbrachte (S 202 f/V). Unklar blieb zudem, in welchem Zusammenhang damit sein anlässlich der Antragstellung erstattetes Vorbringen stehen soll, das einen - von ihm einer nicht näher bezeichneten Schätzung des Finanzamts entnommenen - Gewinn einer „nicht genehmigten Verlust- und Gewinnrechnung des Herrn E*****“ gegenüber stellt und daran Erwägungen zur subjektiven Tatseite in Betreff der Mineralölgeschäfte und der korrespondierenden Umsatzsteuerverkürzung knüpft (S 203/V; vgl US 7, 11).

Überdies kommt rechtskräftigen (S 113/IV; US 8) Abgabenbescheiden nach ständiger Judikatur die dem Resultat eines fachspezifischen Ermittlungsverfahrens inhärente Bedeutung einer qualifizierten Vorprüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des jeweils aktuellen Finanzvergehens zu, womit es einer weiteren Überprüfung durch einen Sachverständigen nur dann bedarf, wenn im Beweisverfahren unausgeräumt gebliebene Mängel aus konkreten Details der Tatsachengrundlagen der Bescheide abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0087030), was fallbezogen nicht erfolgt ist.

Daher wurde der Antrag ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten abgewiesen.

Dieselben Erwägungen gelten in Betreff der zum selben Beweisthema wie das Gutachten begehrten Zeugenvernehmung des Mag. Wolfgang P***** (S 203/V), der als Sachbearbeiter des Finanzamts den erwähnten Schlussbericht verfasst hat (ON 85).

Was zu diesen Anträgen in der Beschwerde nachgetragen wurde, ist prozessual verspätet (RIS-Justiz RS0099117).

Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) auf Unterlagen Bezug nimmt, die der Verteidiger dem Gericht übergeben, jedoch wieder zurück erhalten habe (S 207/V), rekurriert sie nicht auf einen diesbezüglichen Antrag. Unabdingbare Voraussetzung einer erfolgversprechenden Rüge aus Z 4 ist jedoch stets ein in der Hauptverhandlung gestellter Antrag oder ein nach Art von Anträgen substantiierter Widerspruch (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302, 309, 315).

Daran fehlt es auch dem Beschwerdevorbringen, das Verstöße gegen §§ 248 Abs 3 und 252 Abs 3 StPO sowie § 226 Abs 1 StPO (in Ansehung eines in der Beschwerde als Vertagungsantrag gedeuteten Verhaltens des Angeklagten außerhalb der Hauptverhandlung) reklamiert.

Der im Rahmen der Verfahrensrüge erhobene Einwand von Unrichtigkeit und Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) von Feststellungen des Erstgerichts nimmt nicht an den Anfechtungskategorien der Mängelrüge Maß (vgl zB Fabrizy StPO10 § 281 Rz 41 bis 47).

Das nominell schon aus Z 4, überdies aus Z 5 und neuerlich aus Z 11 (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) erstattete Vorbringen, das Erstgericht habe eine Erörterung der beide Punkte des Schuldspruchs „betreffenden Belegstellen des Umsatzsteuerakts“ unterlassen, entspricht nicht dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; RIS‑Justiz RS0124172).

Die Mängelrüge (Z 5) verfehlt auch im Übrigen ihr Ziel. Sie ermöglicht die Urteilsanfechtung nach Maßgabe folgender Kriterien:

Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn - nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht - nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, mithin sowohl für den Beschwerdeführer als auch das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder auch aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist.

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil genau dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ.

Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen können. Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen.

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.

Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419, 421, 437 f, 444, 467).

Gesetzmäßige Darlegung einer Nichtigkeit nach Z 5 erfordert die Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394, 455; RIS-Justiz RS0119370, RS0116504).

An diesen Kriterien geht das Vorbringen der Mängelrüge vorbei, das

- sich mit den gestellten Beweisanträgen befasst (BS 34 unten f bis 37 vierter Absatz),

- Fehlen von Feststellungen einwendet (BS 37 letzter Absatz bis 39 erster Absatz),

- einen Widerspruch zwischen einer getroffenen und einer gerade nicht getroffenen Feststellung behauptet (BS 43 Mitte),

- einen Widerspruch von Feststellungen und rechtlicher Beurteilung reklamiert (BS 43 f; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 436),

- auf den Grundsatz in dubio pro reo rekurriert (BS 45; RIS-Justiz RS0102162),

- die für die Frage nach Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht entscheidende Tatsache anspricht, ob der Angeklagte noch zur Zeit der späteren Zustellung von Abgabenbescheiden Geschäftsführer der A***** KEG war (BS 47),

- Feststellungen als „unrichtig und aktenwidrig“ rügt (BS 48, 50 f; RIS-Justiz RS0099431),

- auf die angesichts festgestellter faktischer Geschäftsführerschaft des Angeklagten Georg B***** und der ihm oblegenen Vertretung des Unternehmens gegenüber dem Finanzamt (US 5, 16) nicht entscheidende Frage (13 Os 116/10y) abstellt, ob er in den betreffenden Zeiträumen auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der A***** KEG war (BS 48 ff),

- einwendet, „Inhalte der Aussage“ eines Zeugen seien im Urteil „nicht wiedergegeben“ worden (BS 49 f),

- dem Erstgericht eine andere als die tatsächlich vorliegende Argumentation unterstellt (BS 52 ff; vgl US 11 zweiter Absatz),

- sich auf die bei Beurteilung des Vorliegens strafbarer Handlungen nicht entscheidende Frage nach teilweiser Schadensgutmachung bezieht (BS 52 unten) und den dafür ebenso wenig relevanten Aspekt erörtert, ob ein Abwesenheitsurteil gegeben ist (BS 54 unten f).

An Deutlichkeit (Z 5 erster Fall) lassen weder die durch - zulässigen (RIS-Justiz RS0119090 [T4]) - Verweis auf den Urteilsspruch getroffenen Feststellungen zu den Verkürzungsbeträgen (US 11 iVm 2) noch die zu Grunde liegende Beweiswürdigung zu wünschen übrig (US 12; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 579).

Gleiches gilt für die Konstatierungen zum aus abgaben- und damit hier auch aus finanzstrafrechtlicher Sicht maßgebenden Tatgeschehen (US 6: Geltendmachung von Vorsteuern ohne entsprechende Lieferungen, US 7 f: Nichtentrichtung von Umsatzsteuer aus dem Verkauf von Mineralölen).

Als vom Schöffengericht übergangen reklamierte Beweisergebnisse (Z 5 zweiter Fall) werden in der Beschwerde teils nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; RIS-Justiz RS0124172).

Sie lässt zudem offen, inwiefern sich die Tatrichter mit den „Berechnungsmethoden des Finanzamts Salzburg-Stadt, der Anzeige, den der Anklage zu Grunde liegenden Feststellungsbescheiden, der Aussage des Zeugen K*****“ und einem in der Beschwerde unsubstanziiert behaupteten „Widerspruch zur Schätzung im Schlussbericht“ sowie den in der Beschwerde pauschal genannten Aussagen von Zeugen über die vorliegende Beweiswürdigung hinaus hätten befassen sollen. Unklar bleibt auch, weshalb - in der Beschwerde nicht konkret bezeichnete - Gutschriften „in der Finanzbuchhaltung“ der A***** KEG und „Diskrepanzen zwischen Beilage ./A dem Kontoblatt“ der A***** KEG „sowie den inkriminierten Betrag laut Anklageschrift“ einer vertieften Erörterung im Urteil bedurft hätten (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 421).

Ebenso wenig konkret ist der Vorwurf, das Erstgericht habe „sämtliche für den Angeklagten sprechende Beweistatsachen mit Stillschweigen übergangen“ (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Inwiefern Beilage ./A zu ON 120 und ein in der Beschwerde ohne Fundstelle angeführtes „Kontoblatt“ der A***** KEG (RIS-Justiz RS0124172) erörterungsbedürftig gewesen sein sollen, bleibt unklar.

Worin ein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen dem Referat der entscheidenden Tatsachen im Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und den Feststellungen (in den Entscheidungsgründen, vgl US 5 f, 11) hinsichtlich der Abgabe von - im Urteil stets als unrichtig bezeichneten - Umsatzsteuervoranmeldungen für Juli und August 2006 bestehen soll, legt die Beschwerde nicht dar.

Die Aussage des Zeugen Ludwig K***** wurde vom Schöffengericht keineswegs willkürlich, sondern auf Basis einer bewertenden Argumentation herangezogen, die unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (US 14 ff; Z 5 vierter Fall).

Der weiters kritisierte Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ist rechtsstaatlich vertretbar (RIS-Justiz RS0116882).

Die Beweiswürdigung in Betreff der inneren Tatseite, auch zur Frage der Gewerbsmäßigkeit, findet sich auf US 18. Von fehlender oder offenbar unzureichender Begründung kann demnach auch insoweit keine Rede sein (Z 5 vierter Fall). Weshalb diesbezüglich von Bedeutung sein soll, ob der Angeklagte tatsächlich für sich selbst Mittel verwendet hat, die durch Abgabenhinterziehung lukriert wurden, wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet (vgl Jerabek in WK² § 70 Rz 13).

Die den Feststellungen zu Grunde gelegten (US 14 f) Aussagen der Zeugen Margit H***** und Horst E***** kamen gar wohl in der Hauptverhandlung vor (S 132 ff/V, 141 ff/V).

Mit der Verantwortung des Angeklagten zur Zielsetzung bei den Mineralölgeschäften haben sich die Tatrichter hinreichend befasst (US 13 ff).

Weshalb die in der Hauptverhandlung am 2. Dezember 2009 nach einer Reihe von Beweisaufnahmen beschlossene Ausscheidung des Verfahrens gegen den Angeklagten Georg B***** (S 159/V) - welche die gesonderte Aburteilung des Angeklagten Bekir V***** ermöglichte (S 162/V) ‑ die Verlesung der ohnedies bereits aufgenommenen Beweise (vgl § 258 Abs 1 StPO) in der betreffend B***** am 20. Jänner 2010 fortgesetzten Hauptverhandlung (ON 120) erfordert hätte, wird in der Beschwerde (auch aus Z 5 vierter Fall) nicht deutlich gemacht.

Letzteres trifft auch auf das weitere - allgemein gehaltene - Vorbringen zu, wonach dem Urteil ein Begründungsdefizit im Sinn der Z 5 dann anhafte, wenn sich das Erstgericht auf finanzbehördliche Ermittlungsergebnisse beziehe, welche ihrerseits wesentlich auf der Annahme fehlender detaillierter Unterlagen beruhen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Aus Z 5a das Fehlen von Feststellungen zu reklamieren (die übrigens gar wohl vorliegen: vgl US 6, 11), geht an den Anfechtungskriterien dieses Nichtigkeitsgrundes vorbei. Denn Gegenstand der Tatsachenrüge (Z 5a) sind Feststellungen, angesichts derer gemessen an allgemeinen Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt, die somit schlechterdings unerträglich sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 391, 490).

Soweit die Tatsachenrüge Konstatierungen beanstandet, fehlt es großteils an der gebotenen Bezugnahme auf konkrete Beweismittel (RIS-Justiz RS0117446).

Die Hinweise auf die Beilagen ./A und ./B zu ON 111 sowie auf die Schlussbesprechung beim Finanzamt nach der abgabenbehördlichen Prüfung wecken keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.

Mängel der Sachverhaltsermittlung können aus Z 5a nur mit der Behauptung gerügt werden, dass der Beschwerdeführer an einer darauf abzielenden Antragstellung (Z 4) gehindert war (RIS-Justiz RS0115823). Das insoweit in Bezug auf „13 maschingeschriebene Seiten“ erstattete Vorbringen lässt eine derartige Hinderung nicht erkennen.

Entgegen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) sind die für den Schuldspruch erforderlichen Konstatierungen den Entscheidungsgründen in deren Gesamtheit - zum Ausmaß der jeweils bewirkten Abgabenverkürzung durch (zulässigen, vgl 12 Os 137/07z) Verweis auf den insofern eindeutigen Urteilstenor (US 11 iVm US 2) ‑ durchaus hinreichend klar (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) zu entnehmen (US 5 ff): Betreffend die Voranmeldungszeiträume Juni bis November 2006 ging das Erstgericht von der Geltendmachung von Vorsteuern für in Wahrheit nicht erbrachte Lieferungen aus (US 6). Hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 2007 legte es dem Schuldspruch zugrunde, dass die auf den Verkauf von Treibstoffen entfallende Umsatzsteuer nicht abgeführt wurde (US 7). Die vom Angeklagten vermissten Feststellungen zu seinem Wissen um das Bewirken einer Abgabenverkürzung (vgl § 33 Abs 2 lit a FinStrG) finden sich auf US 11 iVm US 7 unten.

Ebenso wenig prozessordnungskonform sind die Einwände aus Z 9 lit b und 10: Rechtsfehler sind auf Grundlage der im Urteil getroffenen Feststellungen darzulegen (RIS-Justiz RS0099810). Ein Feststellungsmangel wird demgegenüber geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580).

Nicht daran ausgerichtet ist die Argumentation betreffend „einen Schuldausschließungsgrund“, das über die konstatierte jedenfalls zumindest faktische Geschäftsführung durch Georg B***** und dessen Betrauung mit der Vertretung des Unternehmens gegenüber dem Finanzamt (US 5, 16) hinweggeht und auf urteilsfremder Basis - die Feststellungen zur inneren Tatseite ignorierend (US 11) ‑ einen „Verbotsirrtum (§ 9 FinStrG)“ behauptet.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die zur Gewerbsmäßigkeit getroffenen Feststellungen, wonach es dem Angeklagten darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Abgabenverkürzungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 11 iVm 2; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 580). Sie leitet zudem nicht aus dem Gesetz ab, weshalb es darauf ankommen soll, ob der Angeklagte „auch nur einen minimalen Betrag an Einnahmen sich verschaffte“ (vgl Jerabek in WK² § 70 Rz 13).

Zur von der Beschwerde vermissten Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrags (nominell auch Z 10, der Sache nach nur Z 11 erster Fall, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 667) hat das Schöffengericht durchaus zulässig auf den Abschlussbericht des Finanzamts verwiesen (ON 85, dort insbesondere Beilagen 49 und 50). Ein Begründungsdefizit (Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) zeigt der Angeklagte diesbezüglich nicht auf (US 12, 14 ff).

Warum die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe von neun Monaten (US 2) Nichtigkeit begründen soll, wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Dieses hat zudem über die vom Angeklagten im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde der Sache nach erhobene Beschwerde (vgl ON 176 S 34, 57, 81, 84) gegen die mit Beschluss erteilte ‑ ohne Rechtsgrundlage zugleich mit dem Urteil ausgefertigte - Weisung (US 3) zu entscheiden.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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