OGH 10Ob8/11s

OGH10Ob8/11s1.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei T***** T***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 40.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. November 2010, GZ 3 R 153/10f-34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Beim Kaufvertrag entstammt die Pflicht zur Aufklärung über mögliche Gefahren der schon vor Vertragsabschluss bestehenden Interessenwahrnehmungs-pflicht. Art und Ausmaß der Aufklärungspflicht richten sich nach der Beschaffenheit und Funktionsweise des Kaufgegenstands und nach dem vorauszusetzenden Wissensstand des Käufers, somit nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0048335; RS0111165). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Aufklärungspflicht des Verkäufers insbesondere beim Gattungskauf im Vergleich zu den Aufklärungspflichten eines Werkunternehmers gegenüber einem nicht fachkundigen Besteller nur eingeschränkter Natur, sodass bei Umsatzgeschäften ohne besondere Treu- und Vertrauensbande an den Umfang der Aufklärungspflichten nur geringe Anforderungen zu stellen sind (6 Ob 27/05x; 10 Ob 65/07t; RIS-Justiz RS0048335). Insbesondere darf beim Gattungskauf bei Unterlassung der Aufklärung nicht ohne weiteres eine schlüssige Zusage über eine bestimmte Eigenschaft angenommen werden, wenn der Erwerber keine Auskünfte oder Belehrungen verlangt (1 Ob 564/95). Den Verkäufer einer Ware trifft nur dann eine besondere Aufklärungs- und Warnpflicht, wenn diese Pflicht vertraglich übernommen wurde oder wenn sich diese Pflicht gemäß der Verkehrssitte oder aufgrund eines Handelsbrauchs als nötig erweist (RIS-Justiz RS0014836). Beispielsweise ist die Aufklärungspflicht dann zu bejahen, wenn der Käufer beim Vertragsgespräch auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legte oder der Verkäufer aufgrund seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich auch beratend tätig wurde (10 Ob 65/07t mwN; RIS-Justiz RS0014836). Eine Verpflichtung des Verkäufers zur Aufklärung des Käufers ist dann zu verneinen, wenn Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Interessen des Vertragspartners bei objektiver Betrachtung nicht zu erkennen sind (1 Ob 564/95; 10 Ob 65/07t).

Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung nach den besonderen Umständen des Falls vertretbar. Wenngleich nicht feststeht, dass die Käuferin besonderen Wert auf die Qualität des Edelstahls legte, und davon auszugehen ist, dass beide Streitteile im Bereich der Metallverarbeitung in etwa die gleiche Sachkunde haben, so musste die Beklagte aufgrund der Besichtigung der Baustelle durch den Vertreter doch um die Anforderungen an das Material wissen. Sie kannte den Aufstellungsort des aus dem Material zu fertigenden Geländers in unmittelbarer Nähe zu einer Bundesstraße. Dass auf Bundesstraßen gestreutes Salz auf die Umgebung einwirkt, ist allgemein bekannt. Die Beklagte kannte auch die Eigenschaften der von ihr vertriebenen Produkte. Ihr hätte daher auffallen müssen, dass das gewählte Material für den Einsatzort ungeeignet ist.

Die Haftung für das Verschulden des Gehilfen nach § 1313a ABGB ist so zu verstehen, dass sein Verhalten schuldhaft wäre, wenn es der Geschäftsherr selbst gesetzt hätte (RIS-Justiz RS0028655). Es ist zu prüfen, ob das Verhalten des Gehilfen den Schuldner ersatzpflichtig gemacht hätte, hätte es von diesem selbst hergerührt (RIS-Justiz RS0028655 [T2]). Setzt der Geschäftsherr für die Übernahme eines Geschäfts, das bestimmte Fähigkeiten voraussetzt, einen diese Fähigkeiten und Kenntnisse nicht besitzenden Gehilfen ein, so haftet er (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1313a Rz 13). Die Beklagte kann sich daher nicht damit entlasten, dass der von ihr entsandte Vertreter nicht über das erforderliche Fachwissen verfügt.

Stichworte