OGH 6Ob198/10a

OGH6Ob198/10a11.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei R***** C*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei ***** S***** F*****, vertreten durch Dr. Gabriele Vana-Kowarzik, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. August 2010, GZ 44 R 394/10g-32, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 5. Juli 2010, GZ 10 C 13/10d-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag des Klägers, seine frühere Ehefrau zur Zahlung einstweiligen Unterhalts (§ 382 Abs 1 Z 8 lit a EO; § 69 Abs 3 EheG) zu verpflichten ab, weil der Kläger - ausgehend von den getroffenen Negativfeststellungen - weder einen Unterhaltsbedarf nach den Kriterien des § 69 Abs 3 EheG, noch eine Unterhaltsverletzung durch die Beklagte bescheinigt habe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Kläger habe seine Unfähigkeit nicht bescheinigt, aus eigenen Mitteln für seinen notwendigen Unterhalt zu sorgen. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Intensität der Bescheinigungslast abwesender Unterhaltsberechtigter oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat (RIS-Justiz RS0037797; RS0109832). Dies gilt auch - wie der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat - im Unterhaltsprozess und im Verfahren zur Festsetzung einstweiligen Unterhalts nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO (1 Ob 190/06g; 3 Ob 109/97v). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn im Einzelfall der Nachweis schwierig oder gar nicht möglich ist (RIS-Justiz RS0037694 [T7]). Deshalb sind die Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nach den Bestimmungen des Ehegesetzes vom Unterhaltskläger zu behaupten und zu beweisen (1 Ob 190/06g), im Provisorialverfahren zu behaupten und zu bescheinigen (3 Ob 109/97v).

Eine Verschiebung der Beweislast (Bescheinigungslast) ist nach ständiger Rechtsprechung auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die „Nähe zum Beweis“ - im Einzelfall - den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast (Bescheinigungslast) gibt; etwa dann, wenn Tatfragen zu klären sind, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführen“ (10 Ob 21/08y; RIS-Justiz RS0013491; RS0121528). Voraussetzung dafür ist aber immer, dass derjenige, den die Beweislast (Bescheinigungslast) nach der allgemeinen Regel trifft, seiner Beweispflicht (Bescheinigungspflicht) in dem ihm zumutbaren Ausmaß nachkommt (10 Ob 21/08y mwN; 4 Ob 217/09d). Zu einer Verschiebung der Beweislast kommt es - in der dargelegten Situation - also (nur) dann, wenn für die eine Partei mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten bestehen, während der anderen Partei diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihr nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben; allein durch einen Beweisnotstand wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ist eine Verschiebung der Beweislast hingegen nicht gerechtfertigt (10 Ob 21/08y; RIS-Justiz RS0039939 [T31]). Im Anlassfall scheiterte aber eine Bejahung des behaupteten Unterhaltsanspruchs daran, dass der Kläger tatsächliche Anspruchsvoraussetzungen, die nur von ihm bescheinigt werden können, nicht bescheinigte.

Der im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss nicht gerügte (angebliche) Verfahrensmangel des Verfahrens erster Instanz kann mit Revisionsrekurs nicht geltend gemacht werden (4 Ob 31/91 ua).

Verfehlt ist die Behauptung des Rechtsmittelwerbers der Anwendbarkeit des § 273 ZPO schon deshalb, weil der Grund des Anspruchs nicht feststeht.

Damit bringt der Revisionsrekurs aber keine Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass dieser zurückzuweisen war. Die Entscheidung konnte sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Kostenersatz für die Revisionsrekursbeantwortung war nicht zuzusprechen, weil die beklagte Partei nicht auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hinwies.

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