Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 8.124,86 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 2.570,70 EUR Barauslagen, 935,69 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Parteien streiten über das von der beklagten Gemeinde für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 31. März 2005 zu leistende Entgelt für die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten iSv § 10 Abs 1 Tiermaterialiengesetz - TMG (BGBl I 141/2003, idF TMG) iVm Art 4, 5 und 6 der VO (EG) Nr. 1774/2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl 2002 vom 3. Oktober 2002 L 273/1). Im Rekursverfahren strittig sind nur mehr die Kosten für die Entsorgung jenes Tiermaterials, das die Klägerin aus öffentlichen Sammelstellen der beklagten Gemeinde abgeführt hat.
Die Klägerin war aufgrund eines im Jahr 1986 mit dem Land Kärnten auf 25 Jahre geschlossenen Vertrags ausschließlich berechtigt und verpflichtet, die in Kärnten anfallenden tierischen Nebenprodukte zu entsorgen. Insbesondere hatte sie sich nach dem Vertrag verpflichtet, die Abfälle von kommunalen Sammelstellen abzuholen. Im Gegenzug hatte sich das Land Kärnten vertraglich verpflichtet, „die Tarifregelung derart durchzuführen, dass der Gesamtaufwand gedeckt wird oder Abgänge durch Zuschüsse auszugleichen“.
Die beklagte Gemeinde hatte zwei Sammelstellen eingerichtet, in die Schlachtbetriebe unter 100 Großvieheinheiten ihre tierischen Abfälle einbrachten. Die Klägerin holte die Abfälle dort ab. Bis Ende Juni 2004 erfolgte die Abrechnung nach der Verordnung des Landeshauptmannes von Kärnten vom 2 .Dezember 1986, Zl. 10R-12/60/1986, über die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (LGBl 90/1986, zuletzt in der Fassung der VO des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. November 2001, LGBl 1/2002, idF TKVO 1986). Grundlage dieser Verordnung war die im Gesetzesrang stehende Vollzugsanweisung des Staatsamts für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung vom 19. April 1919, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (StGBl 241/1919, zuletzt geändert mit dem BG BGBl I 95/2002; idF Vollzugsanweisung). Die beklagte Gemeinde zahlte daher nach dem Bestand an Haustieren, die unmittelbar bei der Klägerin einliefernden Betriebe nach der Anzahl von Schlachtungen. Da diese Tarife nicht kostendeckend waren, gewährte das Land der Klägerin aufgrund des Vertrags Zuschüsse.
Wie sich aus einer im Zuge des vorliegenden Verfahrens ergangenen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ergibt, trat der Entgelttarif der TKVO 1986 wegen des Inkrafttretens des TMG (spätestens) mit Ende Juni 2004 außer Kraft. Dennoch holte die Klägerin das Tiermaterial weiter bei den Sammelstellen der Beklagten ab. Für die Zeit von Juli 2004 bis März 2005 verrechnete sie ihr kostendeckende Entgelte für die Abholung des Tiermaterials aus den Sammelstellen und für die Einzelabholungen von „Falltieren“ bei Bauernhöfen.
Die Beklagte beanstandete die Rechnungen als überhöht und zahlte zunächst weiterhin jene Entgelte, die sich aus dem Tarif der TKVO 1986 ergaben. In weiterer Folge leistete sie zusätzlich jenen Betrag, der sich für die Abholung von kommunalen Sammelstellen aus dem an sich erst ab dem 1. April 2005 geltenden Tarif der (neuen) TKVO 2005 ergab. Diese Vorgangsweise beruhte auf einer „Vereinbarung“ zwischen dem Land Kärnten und dem Kärntner Gemeindebund sowie dem Österreichischen Städtebund, wonach dieser Tarif „rückwirkend“ ab 1. Juli 2004 angewendet werden sollte. In der TKVO 2005 fand das jedoch keinen Ausdruck. Einen weiteren Teil des Entgelts zahlte das Land Kärnten der Klägerin in Form einer (formal) der beklagten Gemeinde gewährten „Subvention“.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin 40.823,79 EUR sA als noch offenen Teil des von ihr für den Zeitraum Juli 2004 bis März 2005 verrechneten Entgelts. Die TKVO 1986 habe ab dem 1. Juli 2004 nach der Herzog-Mantel-Theorie nur mit jenen Teilen weiter gegolten, für die § 12 TMG eine ausreichende Deckung geboten habe. Aufrecht geblieben seien daher das kommunale Sammelsystem und die Verpflichtung der Klägerin, die abgelieferten Gegenstände abzuholen, nicht jedoch der Tarif. Für den strittigen Zeitraum schulde die Beklagte ein kostendeckendes Entgelt. Denn sie sei durch die Einrichtung von Sammelstellen Verwahrer iSv § 10 Abs 1 TMG geworden und daher zur Ablieferung verpflichtet gewesen. Durch die Fortsetzung der Abholungen durch die Klägerin und die unbeanstandete Inanspruchnahme und Teilzahlungen durch die Beklagte sei ein konkludenter Vertrag zustande gekommen. Der Anspruch sei auch bereicherungsrechtlich begründet, da die Klägerin Leistungen für die Beklagte erbracht habe, auf welche die Beklagte gegenüber der Klägerin kein Recht gehabt habe. Es bestehe daher zumindest ein Anspruch auf einen angemessenen Lohn für den verschafften Nutzen. Um ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen zu können, hätte sich die Beklagte sonst eines anderen Betriebs bedienen müssen. Das von der Beklagten eingewendete Verursacherprinzip bedeute nur, dass die Kosten der Entsorgung letztlich von jenem Betrieb zu tragen seien, in dem die ablieferungspflichtigen tierischen Nebenprodukte angefallen seien. Davon sei die Frage zu trennen, gegen wen die Klägerin einen Anspruch habe. Allfällige Regressansprüche der Beklagten seien dadurch nicht ausgeschlossen. Eine allfällige Einigung zwischen dem Land Kärnten und den Interessenvertretungen der Gemeinden, die in der TKVO 2005 keinen Niederschlag gefunden habe, könne keinen Einfluss auf privatrechtliche Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten haben.
Die beklagte Gemeinde bestreitet eine Zahlungspflicht. Sie sei weder Verursacher noch Verwahrer iSd § 10 Abs 1 TMG. Nach § 10 Abs 5 TMG habe der Bürgermeister die erforderlichen Maßnahmen erst dann unmittelbar anzuordnen, wenn der Verpflichtete nach § 10 Abs 1 TMG nicht feststellbar sei, also etwa nach einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Da es sich dabei um Maßnahmen im übertragenen Wirkungsbereich handle, würden die diesbezüglichen Kosten als Zweckaufwand vom Bund getragen. Die Schaffung von kommunalen Sammelstellen gründe sich auf eine Anordnung des Landes, auch diesbezüglich agiere die Beklagte nur im übertragenen Wirkungsbereich. Die Klägerin habe den Inhabern von Schlachtbetrieben, die ihre ablieferungspflichtigen Gegenstände in die öffentlichen Sammelstellen eingebracht hätten, keine Entgelte vorgeschrieben. Das falle nicht der Beklagten zur Last. Aufgrund einer „Einigung“ zwischen dem Land Kärnten und den Interessenvertretungen der Gemeinden sei der Tarif der TKVO 2005 „rückwirkend“ mit 1. Juli 2004 anzuwenden. Die Beklagte habe die Leistungen der Klägerin nach diesem Tarif bezahlt. Ein weiterer Entgeltanspruch bestehe nicht, weil die Beklagte in keinem Vertragsverhältnis mit der Klägerin gestanden sei. Deren Verpflichtung zur Beseitigung von tierischen Abfällen gründe sich auf ihren Vertrag mit dem Land.
Das Land Kärnten trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei. Landesgesetzliche Verordnungen seien bis 1. Juli 2004 dem TMG anzupassen gewesen. Das sei nicht erfolgt, weswegen die TKVO 1986 zumindest in jenen Teilen, die sich auf das Entgelt für die Leistungen der Klägerin bezogen hätten, außer Kraft getreten sei. Solange keine Verordnung nach § 12 Abs 2 Z 1 TMG bestanden habe, sei die Klägerin berechtigt gewesen, den Gemeinden kostendeckende Entgelte zu verrechnen. Die Gemeinden hätten dann bei den Verursachern Rückgriff nehmen müssen. Die Beklagte hätte ab dem Wegfall des Entgelttarifs der TKVO 1986 für die Nutzung des Sammelsystems kostendeckende Gebühren oder ein kostendeckendes privatrechtliches Entgelt vorschreiben können.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Mit 1. Juli 2004 sei „aufgrund des neu eingeführten Verursacherprinzips“ zwar der Entgelttarif der TKVO 1986 außer Kraft getreten, im Übrigen habe die Verordnung aber weiter gegolten. Die Bürgermeister seien zwar nach § 10 Abs 4 TMG für die Organisation der Ablieferung und Weiterleitung zuständig. Die Gemeinden seien aber nicht Verursacher der Abfälle und daher nicht zahlungspflichtig. Vielmehr seien diese Kosten nach § 10 Abs 6 TMG „direkt“ vom Verursacher zu tragen. Die Klägerin sei aufgrund ihres mit dem Land Kärnten abgeschlossenen Vertrags tätig geworden. Nach diesem Vertrag sei das Land verpflichtet gewesen, kostendeckende Entgelte für die Entsorgungsleistungen festzusetzen und allfällige Lücken durch Zuschüsse abzudecken. Es könne nicht der Beklagten angelastet werden, dass der rückwirkend in Kraft gesetzte Tarif nach der TKVO 2005 nicht kostendeckend gewesen sei und dass es die Klägerin verabsäumt habe, mit den Verursachern Vereinbarungen abzuschließen.
Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Der Entgelttarif der TKVO 1986 habe ab dem 1. Juli 2004 nicht mehr gegolten, jener der TKVO 2005 erst ab dem 1. April 2005. Der Anspruch der Klägerin sei daher allein nach dem TMG „und der EG-Verordnung“ zu beurteilen. Die Beklagte sei Verwahrer der in die Sammelstellen eingebrachten Abfälle gewesen. Daher sei sie nach § 10 Abs 2 TMG verpflichtet gewesen, mit einem zugelassenen Betrieb eine schriftliche Vereinbarung über die Abholung abzuschließen. Das sei zwar nicht erfolgt. Die Klägerin habe aber die Abfälle auch im strittigen Zeitraum - wie zuvor - abgeholt. Dadurch sei ein Vertragsverhältnis begründet worden. Mangels vereinbarter Unentgeltlichkeit schulde die Beklagte nach § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt. Hingegen seien die Kosten für die Einzelabholungen nach § 12 Abs 3 TMG von den jeweiligen Tierbesitzern zu tragen. Dass die Beklagte der Klägerin die abzuholenden Tierkadaver gemeldet habe, reiche für die Begründung eines Vertragsverhältnisses nicht aus. Da Feststellungen zur Frage fehlten, welcher Teil des Entgelts auf die Abholung von den Sammelstellen entfalle, sei die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Rekurs sei zuzulassen, weil Rechtsprechung zu den maßgebenden Bestimmungen des TMG fehle.
Die Klägerin und das Land Kärnten ließen diesen Beschluss unbekämpft. Die Beklagte strebt mit ihrem Rekurs die Wiederherstellung des abweisenden Urteils des Erstgerichts an. Gegenstand des Rekursverfahrens ist daher ausschließlich die vom Berufungsgericht dem Grunde nach angenommene Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin für den Abtransport von Tiermaterial aus den gemeindeeigenen Sammelbehältern ein kostendeckendes Entgelt zu zahlen. Nicht mehr strittig ist demgegenüber, dass die Beklagte für die Kosten der Abholung von Falltieren nicht haftet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
1. Mit Beschluss vom 8. Juli 2008, 4 Ob 54/08g, stellte der Oberste Gerichtshof den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass § 8 TKVO 1986 sowie der Entgelttarif dieser VO ab dem 1. Juli 2004 gesetzwidrig gewesen seien. Der Verfassungsgerichtshof wies diesen Antrag mit Beschluss vom 3. Dezember 2009, GZ V 439/08-8, mit der Begründung zurück, dass der Entgelttarif nach der Herzog-Mantel-Theorie wegen Aufhebung der Vollzugsanweisung ipso iure außer Kraft getreten sei. Diese Auffassung ist der vorliegenden Entscheidung zugrunde zu legen.
2. Aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs steht fest, dass im strittigen Zeitraum kein Tarif gegolten hat. Es ist daher zu prüfen, ob die Beklagte auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage zur Zahlung eines kostendeckenden Entgelts verpflichtet ist.
2.1. Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser Frage ist § 10 TMG:
§ 10. (1) Die Erzeuger von
1. tierischen Nebenprodukten oder Materialien der Kategorie 1 und 2 (ausgenommen Gülle, Magen- und Darminhalt) der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 ,
2. tierischen Nebenprodukten oder Materialien der Kategorie 3, welche nicht gemäß Artikel 6 Abs. 2 lit. c bis e der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 anderweitig verwendet werden,
sowie sonstige Personen die solche Nebenprodukte und Materialien in Verwahrung haben, sind verpflichtet, diese unverzüglich an einen geeigneten, gemäß § 3 zugelassenen Betrieb oder, sofern hierfür die Zustimmung des Bestimmungsmitgliedstaates vorliegt, an einen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zugelassenen Betrieb in einem anderen Mitgliedstaat abzuliefern.
(2) Verpflichtete gemäß Abs. 1 haben mit zugelassenen Betrieben über die Ablieferung eine rechtsgültige schriftliche Vereinbarung, die insbesondere auch alle näheren Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Kennzeichnung, Lagerung, Abholung, Beförderung und die Art der weiteren Be- oder Verarbeitung enthalten muss, abzuschließen. Die Vereinbarungen sind für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten abzuschließen und hinsichtlich der in Abs. 1 Z 1 genannten Materialien unverzüglich nach Abschluss, hinsichtlich der in Abs. 1 Z 2 genannten Materialien nur über Aufforderung dem Landeshauptmann vorzulegen. Sonstige gemäß §§ 12 und 13 erlassenen Vorschriften sind einzuhalten.
(3) Ausgenommen von den Bestimmungen über eine schriftliche Vereinbarung gemäß Abs. 2 ist die Entsorgung von
1. verendeten (Falltieren) oder getöteten Tieren im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 , sofern sich diese nicht in einem Schlachthof befinden und
2. Siedlungsabfällen im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes.
(4) Sofern in den nach § 12 Abs. 1 erlassenen Bestimmungen für ablieferungspflichtige tierische Nebenprodukte oder Materialien keine andere Regelung getroffen wurde, ist für die Organisation der Ablieferung und Weiterleitung an den zugelassenen Betrieb der Bürgermeister zuständig. Diesfalls hat der Bürgermeister Regelungen im Sinne des § 12 Abs. 1 für das Gemeindegebiet festzulegen.
(5) Ist der nach Abs. 1 Verpflichtete vorerst nicht feststellbar oder zur Erfüllung seiner Verpflichtung rechtlich oder faktisch nicht imstande, so hat der örtlich zuständige Bürgermeister die erforderlichen Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen späteren Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.
(6) Die durch die Ablieferung, Übernahme und weitere Behandlung der in Abs. 1 genannten Nebenprodukte entstehenden Kosten sind vom Verpflichteten („Verursacher“) direkt zu tragen und dürfen bei der Abrechnung gegenüber dem landwirtschaftlichen Tierproduzenten oder dem gewerblichen Lieferanten nicht gesondert auf der Rechnung angeführt werden.
2.2. Zwar scheint § 10 Abs 4 TMG dem Bürgermeister nur die Pflicht aufzuerlegen, die Ablieferung und Weiterleitung des Tiermaterials zu organisieren. Erfolgt das aber durch Einrichtung eines kommunalen Sammelsystems, wird die dieses System betreibende Gemeinde zum Verwahrer des Tiermaterials. Daher hat sie nach § 10 Abs 2 TMG einen schriftlichen Vertrag mit einem befugten Entsorgungsunternehmen zu schließen (so ausdrücklich die EB zur RV des TMG, 314 BlgNR 22. GP, zu § 10 TMG). Dieser Auslegung scheint zwar entgegenzustehen, dass nach § 10 Abs 6 TMG der „Verpflichtete (Verursacher)“ die Kosten der Entsorgung „direkt“ zu tragen hat. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Begriff des „Verpflichteten“ in diesem Absatz - wie auch der Klammerausdruck „Verursacher“ zeigt - in einem engeren Sinn zu verstehen ist als zuvor. Es handelt sich dabei „nach dem Verursacherprinzip“ um jenen Betrieb, „wo die ablieferungspflichtigen tierischen Nebenprodukte anfallen“ (EB zur RV des TMG, 314 BlgNR 22. GP, zu § 10 TMG).
Daraus wird zwar abzuleiten sein, dass die Kosten letztlich auf den Verursacher zu überwälzen sind. An der Verpflichtung der Gemeinde, als Verwahrer für die Abfuhr zu sorgen und zu diesem Zweck einen schriftlichen Vertrag mit einem Entsorgungsunternehmen abzuschließen, ändert das aber nichts. Umgekehrt kann § 10 Abs 5 TMG aber auch nicht als Grundlage für einen (gesetzlichen) Anspruch gegen die Gemeinde herangezogen werden.
3. Einen schriftlichen Vertrag zwischen den Parteien gab es unstrittig nicht. Zur Begründung seiner Auffassung musste das Berufungsgericht daher einen konkludenten Vertragsabschluss annehmen. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.
3.1. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, Aufträge zur Abfuhr von gesammeltem Tiermaterial unter den Begriff der laufenden Verwaltung iSv § 71 Abs 4 Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung (K-AGO) zu subsumieren, sodass die in § 71 Abs 1 und 2 K-AGO vorgesehenen Formerfordernisse (Schriftlichkeit, Fertigung durch den Bürgermeister und ein weiteres Mitglied des Gemeindevorstands) nicht eingreifen. Damit ist auch ein konkludenter Vertragsabschluss grundsätzlich möglich. Voraussetzung dafür wäre aber, dass das zur Erklärung des rechtsgeschäftlichen Willens berufene Organ der Gemeinde - hier bei Annahme eines Geschäfts der laufenden Verwaltung nach § 69 Abs 3 K-AGO der Bürgermeister - jenes Verhalten gesetzt hat, das den Voraussetzungen des § 863 ABGB entspricht (RIS-Justiz RS0033775).
3.2. Nach § 863 ABGB kann eine Willenserklärung auch stillschweigend durch solche Handlungen erfolgen, die „mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen“. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0014146, RS0014157); maßgebend ist, welche Schlüsse der Vertragspartner aus dem Verhalten nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war (RIS-Justiz RS0014159).
3.3. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ab Juli 2004 gelegten Rechnungen der Klägerin beanstandet und (zunächst) nur das nach der früheren Rechtslage gebührende Entgelt bezahlt. Weiters wurden, was der Klägerin offenkundig bekannt war, im Rahmen des bundesstaatlichen „Konsultationsmechanismus“ Verhandlungen über die Neugestaltung des Tarifs geführt. Damit ist es ausgeschlossen, in der (offenkundigen) Duldung der Abholung durch den Bürgermeister die schlüssige Annahme eines von der Klägerin durch Rechnungslegung schlüssig gestellten Angebots zu sehen, das Tiermaterial nun auf vertraglicher Grundlage und zu kostendeckenden Preisen abzuholen.
In den - unerledigt gebliebenen - Beweisrügen ihrer Berufungen haben die Klägerin und das Land Kärnten zwar die Ersatzfeststellung begehrt, dass die Beklagte die Rechnungen nicht „unverzüglich“ beanstandet habe. Dabei handelt es sich aber um eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Auf der Tatsachenebene steht - teilweise durch Verweis auf Urkunden - fest,
- dass die Klägerin noch am 21. September 2004 nach dem alten Tarif abgerechnet hatte (Beilage ./2),
- dass sie eine Rechnung mit einem kostendeckenden Entgelt erstmals am 17.November2004 legte, und
- dass die Beklagte schon mit Schreiben vom 19.November2004 unter Hinweis auf „mangelnde gesetzliche Grundlagen“ um die „Stornierung“ dieser Rechnung „ersuchte“ (Beilage ./6).
Damit war für die Klägerin ab der ersten Rechnungslegung erkennbar, dass die Beklagte mit den neuen Abrechnungsmodalitäten nicht einverstanden war. Vielmehr war offenkundig, dass die Beklagte die Praxis vor dem - zum damaligen Zeitpunkt zwar von der Klägerin behaupteten, von der Beklagten aber bestrittenen - Außerkrafttreten des alten Tarifs weiterlaufen lassen wollte. Auf dieser Grundlage konnte die Klägerin nicht annehmen, dass die Beklagte mit ihr einen Vertrag iSv § 10 Abs 2 TMG schließen wollte. Die Voraussetzungen des § 863 ABGB waren daher nicht erfüllt.
3.4. Ein Vertrag zwischen den Parteien kam daher schon wegen des Fehlens einer konkludenten Willenserklärung der Beklagten nicht zustande. Es kann daher offen bleiben, ob sich aus § 10 Abs 2 TMG („... rechtsgültige schriftliche Vereinbarung …“) nicht ohnehin ein Schriftformerfordernis ergibt, das unter Berücksichtigung seines Zwecks (RIS-Justiz RS0017203, RS0033421) der Annahme einer konkludenten Willenserklärung von vornherein entgegengestanden wäre (7 Ob 688/88 = SZ 61/241; RIS-Justiz RS0014353).
4. Der Anspruch der Klägerin lässt sich auch nicht aus dem Bereicherungsrecht ableiten.
4.1. Zwar gewährt die Rechtsprechung in Analogie zu § 1435 ABGB eine Kondiktion wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolgs (condictio causa data, causa non secuta: 6 Ob 252/71 = SZ 44/192; RIS-Justiz RS0033952). Sie erfasst insbesondere Leistungen in (erkennbarer) Erwartung eines noch abzuschließenden Vertrags (4 Ob 532/88 = SZ 61/136; RIS-Justiz RS0014052 [T1]; Koziol in KBB2 § 1435 Rz 3; Rummel in Rummel 3 § 1435 Rz 8). Der Nutzen der Beklagten läge im vorliegenden Fall darin, dass sie sich die Aufwendungen aufgrund eines nach § 10 Abs 2 TMG geschlossenen Vertrags ersparte. Dies könnte für Leistungen ab Erkennbarkeit der Erwartung (RIS-Justiz RS0033606, RS0021813), also ab Legen der ersten Rechnung mit kostendeckenden Preisen, zu einem Anspruch führen. Zu prüfen bliebe allerdings, ob nicht die für die Klägerin erkennbare Weigerung der Beklagten, ein kostendeckendes Entgelt zu zahlen, einem solchen Anspruch von vornherein entgegensteht. Denn Leistungen im Wissen, dass die Zweckerreichung ausgeschlossen ist, können keinen Anspruch nach § 1435 ABGB begründen (2 Ob 200/98w = NZ 2000, 19; Rummel in Rummel 3 § 1435 Rz 4).
4.2. Voraussetzung für einen Bereicherungsanspruch ist allerdings jedenfalls das Fehlen eines Rechtsgrundes für die Vermögensverschiebung (Rummel in Rummel 3 vor § 1431 Rz 5; Mader in Schwimann 3 vor §§ 1431 ff Rz 8). Eine Leistung kann jedenfalls dann nicht zurückgefordert werden, wenn sie in Erfüllung eines gültigen Schuldverhältnisses erfolgte (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13 [2007] 273).
Im vorliegenden Fall war die Klägerin nach dem von ihr mit dem Land Kärnten geschlossenen Vertrag verpflichtet, alle in Kärnten anfallenden tierischen Abfälle abzuführen, zu beseitigen oder zu verwerten. Zu ihren Pflichten gehörte insbesondere die Abholung aus kommunalen Sammelstellen. Im Gegenzug hatte sich das Land verpflichtet, „die Tarifregelung derart durchzuführen, dass der Gesamtaufwand gedeckt wird oder Abgänge durch Zuschüsse auszugleichen“. Zwar konnte das Land eine bestimmte Gestaltung des Tarifs durch den Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung nicht verbindlich zusagen. Die Vereinbarung kann aber ohne weiteres als Verwendungszusage verstanden werden, die mit einer Erfolgsgarantie (Abdeckung der Abgänge) verbunden war.
Dass dieser Vertrag nichtig wäre oder dass ihn das Land aus wichtigem Grund - etwa wegen der Änderung der Rechtslage - gekündigt hätte, haben die Parteien nicht behauptet; auch in den Rekursbeantwortungen setzen sowohl die Klägerin als auch das Land Kärnten dessen Geltung voraus. Diese Frage ist daher nicht weiter zu prüfen.
Aus dem Vertrag ergab sich die Verpflichtung der Klägerin zur Abholung des Tiermaterials aus den kommunalen Sammelstellen der Beklagten. Diese Verpflichtung bestand nach der Zweifelsregel des § 881 Abs 2 ABGB (auch) gegenüber der Beklagten, war sie doch als Verwahrer des Materials zur Organisation des Abtransports verpflichtet. Die Leistung der Klägerin war daher durch eine vertragliche Verpflichtung gedeckt. Ein allfälliger Mangel im - wohl öffentlich-rechtlichen - Valutaverhältnis zwischen dem Land und der Beklagten kann keinesfalls zu einem Rückforderungsanspruch der Klägerin führen (Mader in Schwimann 3 vor §§ 1431 ABGB Rz 35; Koziol in KBB2 vor §§ 1431 - 1437 Rz 7).
Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin ist daher wegen eines aufrechten Deckungsverhältnisses ausgeschlossen. Gegen wen sie bei einem Mangel in diesem Verhältnis vorgehen könnte, kann unter diesen Umständen offen bleiben (vgl dazu Mader und Koziol aaO mwN).
5. Die vom Berufungsgericht nicht erledigten Beweisrügen der Klägerin und des Landes Kärnten betreffen zum überwiegenden Teil Rechtsausführungen des Erstgerichts, die dieses in seine Feststellungen aufgenommen hatte. Im Übrigen beziehen sie sich einerseits auf die im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr strittige Abholung von „Falltieren“, andererseits auf die für das Bestehen des geltend gemachten Entgeltanspruchs unerhebliche Verletzung von veterinärrechtlichen Pflichten. Zur begehrten Ersatzfeststellung, dass die Rechnungen nicht „unverzüglich“ beanstandet worden wären, wurde bereits Stellung genommen. Andere Rechtsgründe für ihren Anspruch macht die Klägerin nicht geltend. Das Verfahren ist damit spruchreif. Der angefochtene Beschluss ist aufgrund des Rekurses der Beklagten aufzuheben, und es ist in der Sache das abweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat zu den Berufungen der Gegenseite getrennte Berufungsbeantwortungen eingebracht, obwohl bei Erstattung der ersten Berufungsbeantwortung schon beide Rechtsmittel zugestellt waren; sie hat nicht vorgebracht, weshalb dennoch - ausnahmsweise - keine Verbindung möglich gewesen wäre. Die zweite Berufungsbeantwortung ist daher nicht gesondert zu honorieren (2 Ob 60/08z mwN; RIS-Justiz RS0036159 [T1]).
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