OGH 2Ob200/98w

OGH2Ob200/98w15.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aloisia T*****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Marianne W*****, vertreten durch Dr. Hermann Gaigg, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 303.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Mai 1998, GZ 17 R 62/98g-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Jänner 1998, GZ 9 Cg 245/95f-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Der Sohn der Klägerin und die Beklagte unterhielten bis Ende Mai 1995 eine Lebensgemeinschaft. Zur Anschaffung einer im Wohnungseigentum stehenden Doppelhaushälfte sagten die Klägerin ihrem Sohn und der Vater der Beklagten seiner Tochter, zu, sie finanziell zu unterstützen. Sowohl die Klägerin als auch der Vater der Beklagten übernahmen die Haftung für den Kredit, der zur Anschaffung des Hauses aufgenommen worden war. Die Klägerin leistete im Zeitraum September 1992 bis Mai 1995 von den monatlichen Rückzahlungen von S 20.000 jeweils ein Viertel, also S 5.000, insgesamt S 165.000. Zur Anzahlung leistete sie einen Betrag von S 134.000. Sie brachte vor, diese Leistungen sowie S 4.000 für Waschbetonplatten nur unter der Voraussetzung des weiteren Bestehens der Lebensgemeinschaft zwischen ihrem Sohn und der Beklagten und der Tatsache, daß die Wohnung ihrem Sohn künftig zugute kommen werde, zur Verfügung gestellt zu haben. Mit Ende der Lebensgemeinschaft zwischen ihrem Sohn und der Beklagten sei die Geschäftsgrundlage weggefallen, weshalb die Beklagte die erbrachten Leistungen zurückzuerstatten habe.

Die Beklagte wendete ein, die Klägerin, deren Sohn, ihr Vater und sie selbst hätten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, deren Zweck die Anschaffung des Hauses gewesen sei. Am 23. 3. 1995 sei das Problem der Auflösung dieser Gesellschaft erörtert worden, weil der Sohn der Klägerin mitgeteilt habe, daß er die Lebensgemeinschaft nicht mehr aufrecht erhalten und ausziehen wolle. An diesem Tag sei vereinbart worden, das gemeinschaftlich erworbene Haus zu verkaufen und mit dem Erlös die aushaftenden Verbindlichkeiten abzudecken, wobei für den Fall, daß der Verkaufserlös zur Abdeckung der Verbindlichkeiten nicht ausreichen sollte, vorgesehen gewesen sei, daß die restlichen Schulden anteilig geteilt werden. In der Folge habe sie sich bemüht, Käufer für das Haus zu finden, doch sei ein Verkauf daran gescheitert, daß ein zu erzielender Kaufpreis bei weitem nicht ausgereicht hätte, die aushaftenden Schulden abzudecken. Derzeit könne noch nicht abschließend beurteilt werden, welchem Gesellschafter allenfalls Ausgleichszahlungsansprüche an die Mitgesellschafter zustünden. Ein Anspruch nach § 1215 ABGB sei erst nach Verrechnung der jeweiligen Ansprüche der Gesellschafter untereinander zur Zahlung fällig. Die Beklagte erhob eine Gegenforderung in der Höhe von S 661.309,22, wozu sie vorbrachte, daß sie selbst S 666.063,80 aufgewendet habe. Bei der Berechnung eines Verlustes der Gesellschaft werde auch der Umstand einzubeziehen sein, daß sie ab 1. 6. 1995 die Kapitaltilgung allein vorgenommen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen noch folgende Feststellungen traf:

Da die Doppelhaushälfte im Wohnungseigentum stand, war es nicht möglich, die Beklagte und den Sohn der Klägerin, ihren Lebensgefährten, als Miteigentümer im Grundbuch einzutragen. Der Vater der Beklagten wollte diese, die Klägerin wollte ihren Sohn bei der Anschaffung des Hauses finanziell unterstützen. Die Klägerin und der Vater der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Lebensgemeinschaft unterhielten, die 1995 beendet wurde, hatten geplant, möglicherweise zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt in das Haus einzuziehen. Jedenfalls wurde ihnen die Benützung eines von ihnen möblierten Zimmers in diesem Haus eingeräumt. Sie benützten es auch zur Nächtigung zu Weihnachten und anderen Feiertagen. Es war zwischen den vier Personen vereinbart, daß jeder zu einem Viertel zu den Kreditkosten beitragen solle. Nachdem bereits 1994 eine Krise in der Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und dem Sohn der Klägerin eingetreten war, trafen die vier oben angeführten Personen am 23. 3. 1995 folgende Vereinbarung:

"Da beabsichtigt ist, die Lebensgemeinschaft zwischen ... (Beklagte)

und ... (Sohn der Klägerin) aufzulösen, wollen sie nun in den

nächsten Monaten versuchen, das Haus zu verkaufen und mit dem Erlös

die bestehenden Darlehen abzudecken. ..... Sollte der Erlös geringer

sein als die derzeitigen Schulden, muß die bestehende Summe ausfinanziert werden.

Weiters wurde vereinbart, daß Sorge getragen wird, daß bis zum Verkauf des Hauses die volle Rate bezahlt wird."

Der Verkehrswert der Doppelhaushäfte betrug für den Zeitraum Frühjahr 1995 bis März 1997 S 2,950.000. Für die Anschaffung des Hauses wurden Darlehen aufgenommen, der Gesamtaufwand zur Finanzierung betrug S 4,643.087,40.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, es könne dahingestellt bleiben, ob eine GesbR gegründet worden sei und ob der Klägerin ein Bereicherungsanspruch zustehe, weil sich aus der Vereinbarung vom März 1995 ergebe, daß sie für den Fall, daß die Passiva die Aktiva übersteigen, ein Viertel dieses Betrages zu tragen habe. Da dieser Betrag höher sei als der Klagsbetrag, sei die Klage abzuweisen.

Das dagegen von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Es vertrat die Ansicht, die Klägerin könne sich nicht darauf stützen, sie hätte Leistungen in der Erwartung des Bestehens der Lebensgemeinschaft erbracht, weil die Vereinbarung vom 23. 3. 1995 zu einem Zeitpunkt getroffen worden sei, als das Ende der Lebensgemeinschaft zwischen ihrem Sohn und der Beklagten bevorstand. Die Klägerin habe sich verpflichtet, einen allfälligen Schuldenüberhang nach dem Verkauf des Hauses anteilsmäßig, also zu einem Viertel, zu tragen. Bei Gegenüberstellung des erwarteten Verkaufserlöses von S 2,950.000 und den vom Erstgericht festgestellten restlichen Schulden ergebe sich, daß ein positiver Saldo auf keinen Fall zu erwarten sei. Dies bedeute, daß die Klägerin keinesfalls Anspruch auf Ersatz der von ihr bereits getätigten Aufwendungen habe, wobei die Vereinbarung vom 23. 3. 1995 nicht einem besonderen Vertragstyp unterstellt werden müsse.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagte hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - wesentliche Grundsätze des Bereicherungsrechtes nicht beachtet hat, sie ist im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wurde geprüft, er ist allerdings nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Klägerin geltend, die Vereinbarung vom 23. 3. 1995 regle nur, was zu geschehen habe, wenn das Haus verkauft werde. Sie könne nicht auch für den Fall gelten, wenn der Verkauf nicht erfolge. Es hätte daher keinesfalls ein Viertel der Differenz des Schuldenüberhanges der Klägerin zugerechnet werden dürfen. Vielmehr hätte das Erstgericht zu prüfen gehabt, ob zwischen der Klägerin und der Beklagten eine GesbR gegründet worden sei, was aber nicht der Fall sei, weil keine Gemeinschaftsorganisation vorliege. Ob nun die Klägerin einen Rückforderungsanspruch aus dem Rechtsgrund der condictio causa data, causa non secuta habe, hätten die Vorinstanzen nicht näher untersucht.

Hiezu wurde erwogen:

Richtig ist, daß - wie in der Revisionsbeantwortung der beklagten Partei ausgeführt wird - das Berufungsgericht den von der Klägerin geltend gemachten Bereicherungsanspruch mit der Begründung abgewiesen hat, sie könne sich nicht darauf stützen, Leistungen in der Erwartung des Bestehens der Lebensgemeinschaft erbracht zu haben, weil die Vereinbarung vom 23. 3. 1995 zu einem Zeitpunkt getroffen worden sei, als das Ende der Lebensgemeinschaft zwischen ihrem Sohn und der Beklagten bevorstand. Weshalb dieser Umstand allerdings der Geltendmachung eines Kondiktionsanspruches hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen durch die Klägerin entgegenstehen soll, hat das Berufungsgericht nicht dargelegt.

Wie die Klägerin in ihrer Revision zutreffend ausführt, regelt die Vereinbarung vom 23. 3. 1995 nur, was zu geschehen hat, falls das Haus verkauft wird. Sie enthält aber keine Vereinbarung für den Fall, daß dies nicht geschieht. Eine Vereinbarung für den Fall des Verkaufes kann wohl nicht so verstanden werden, daß sie auch dann gilt, wenn nicht verkauft wird und die Beklagte Alleineigentümerin bleibt; noch dazu, wo die Beklagte allein die Möglichkeit des Verkaufes hatte und noch immer hat.

Es ist nun zu prüfen, ob zwischen den Streitteilen, dem Sohn der Klägerin und dem Vater der Beklagten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet wurde. Wenngleich für den wirksamen Abschluß des Gesellschaftsvertrages im allgemeinen keine besondere Form erforderlich ist und er auch schlüssig geschehen kann (RIS-Justiz RS0022210), ist für die Annahme eines schlüssigen Abschlusses stets sorgfältig zu prüfen, ob mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund zu zweifeln übrig bleibt, daß eine Gesellschaft vereinbart werden soll (Jabornegg/Resch in Schwimann**2 Rz 8 zu § 1175 mwN). Ob durch das Zusammenwirken zweier oder mehrerer Personen schlüssig eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet wurde, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden, wobei keine allzu strengen Maßstäbe an den gemeinschaftlich

verfolgten Zweck der Gesellschaft anzulegen sind (ecolex 1991, 536 =

GesRZ 1991, 219 = JBl 1991, 645 = RdW 1991, 261 = WBl 1991, 176). Es

genügt aber nicht, daß mehrere Personen an dem Eintritt eines bestimmten Erfolges interessiert sind und daß sie miteinander in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen; es muß vielmehr eine - wenn auch lose - Gemeinschaftsorganisation vereinbart sein, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gibt, somit die gemeinsame Entscheidung über das wichtige oder die wichtigen Vorhaben der Gesellschaft (SZ 62/71; 1 Ob 2342/96k; 2 Ob 197/98d uva); die Aussicht, später Mitbewohner eines zu erwerbenden Hauses zu werden, genügt nicht (SZ 46/62). Nach den Feststellungen wollte die Klägerin ihren Sohn und der Vater der Beklagten seine Tochter bei der Anschaffung des Hauses finanziell unterstützen und möglicherweise zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt in dieses Haus einziehen. Sie standen untereinander in einfacher Rechtsgemeinschaft, eine - wenn auch nur lose - Gemeinschaftsorganisation war nicht vereinbart. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist daher auch nicht durch schlüssige Vereinbarung zustandegekommen.

Nach § 1435 ABGB kann der Geber von dem Empfänger auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, zurückfordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat. Nach ständiger Rechtsprechung wird § 1435 ABGB über seinen Wortlaut hinaus als Grundlage für die Anerkennung einer Kondiktion wegen Wegfalls des Grundes oder Nichteintritt des erwarteten Erfolges verwendet (condictio causa data, causa non secuta; SZ 69/89 mwN). Der Anwendungsbereich dieser Kondiktion erstreckt sich auf alle jene Fälle, in denen eine Leistung in der Erwartung erbracht wird, daß der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung erbringt, zu der er sich aber nicht verbindlich verpflichten kann oder nicht verpflichten will. Ein solcher Zweck kann der weitere Bestand der Lebensgemeinschaft oder auch die gemeinsame Nutzung eines gemeinsam gebauten Hauses sein (Meissel/Preslmayr, Die Abgeltung von Leistungen in der Lebensgemeinschaft in Harrer/Zitta, Familie und Recht 515 [536] mwN). Gleiches gilt auch dann, wenn die Leistungen von Verwandten eines Lebensgefährten im Hinblick darauf erbracht werden, daß die Lebensgefährten künftig in dem erbauten Haus gemeinsam wohnen (Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft4 Rz 254).

Im vorliegenden Fall hat nun die Klägerin die klagsgegenständlichen Leistungen in der Erwartung erbracht, daß die Lebensgemeinschaft ihres Sohnes mit der Beklagten weiterbestehen werde und ihr Sohn auf Dauer in dem unter Zuhilfenahme ihrer Mittel von der Beklagten erworbenen Haus wohnen könne. Dieser Zweck wurde aber nur teilweise erreicht, weil die Beklagte und der Sohn der Klägerin nur vorübergehend gemeinsam dort wohnten, weshalb ein Bereicherungsanspruch der Klägerin grundsätzlich zu bejahen ist. Allerdings hat die Klägerin einen Teil der klagsgegenständlichen Leistungen zu einem Zeitpunkt erbracht, da sie wußte, daß die Zweckerreichung ausgeschlossen ist. Für die Leistungen, die sie nach diesem Zeitpunkt erbracht hat, hat sie keinen Kondiktionsanspruch (Meissel/Preslmayr, Die Abgeltung von Leistungen in der Lebensgemeinschaft 536 mwN). Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Frage, welche Leistungen die Klägerin nach dem Zeitpunkt erbracht hat, zu dem sie wußte, daß der angestrebte Zweck nicht erreicht werden kann, mit den Parteien zu erörtern und darüber Feststellungen zu treffen haben.

Es waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und es wird das Erstgericht das Verfahren im oben aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO.

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