Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 447,99 EUR (darin enthalten 74,67 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Eine Versicherungsnehmerin schloss im Jahr 2005 mit der beklagten Versicherungsmaklergesellschaft einen „Beratungs- Abschluss- und Betreuungsauftrag". In dem Vertrag findet sich unter anderem folgender Satz:
„Bei Nichteinlösung oder ersatzloser Kündigung bzw Storno der Polizze vor Ablauf des 10. Versicherungsjahres gleichgültig aus welchem Grund, und bei Ablehnung aus oa Gründen wird eine Aufwandsentschädigung in Höhe des Courtage-Entganges in Rechnung gestellt und vom Auftraggeber anerkannt."
Bei Abschluss dieses Vertrags wurde über ein Beratungshonorar nicht gesprochen.
Die von der beklagten Versicherungsmaklergesellschaft in weiterer Folge vermittelten Haushaltsversicherungs- und Unfallversicherungsverträge wurden von der Versicherungsnehmerin storniert. Dies wurde auch von der Versicherungsgesellschaft bestätigt. Der Rechtsgrund dafür konnte nicht festgestellt werden.
Die beklagte Versicherungsmaklergesellschaft verlangte daraufhin von der Versicherungsnehmerin 361,62 EUR, die diese unter dem „Vorbehalt der weiteren rechtlichen Klärung und Rückforderung" überwies. In weiterer Folge hat die Versicherungsnehmerin den Rückforderungsanspruch an den klagenden Verein für Konsumenteninformation (§ 29 KSchG) abgetreten. In einem anderen Verfahren hat sich die beklagte Versicherungsmaklerin gegenüber dem klagenden Verein verpflichtet, die Verwendung von Klauseln wie der oben dargestellten oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen und sich auch nicht auf diese zu berufen.
Der klagende Verein begehrte die Rückzahlung der von der Versicherungsnehmerin ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten 361,62 EUR. Die Klausel, wonach der Provisionsanspruch unabhängig von den Gründen des Wegfalls des Vertrags bestehen solle, verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB sowie § 138 Abs 1 GewO. Die Beklagte habe sich auch verpflichtet, sich nicht auf diese Klausel zu berufen. Das gesetzliche Rücktrittsrecht dürfe durch Honorarvereinbarungen nicht erschwert werden. Die im Ergebnis rechtsgrundlos gezahlte Leistung könne daher zurückgefordert werden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass sich die von der Versicherungsnehmerin geleistete Zahlung auf die Bestimmungen des Maklergesetzes und des Schadenersatzrechts gründe. Die Beklagte beziehe sich nicht auf die beanstandete Klausel. Sie habe die Versicherungsnehmerin optimal beraten. Ein anderes Maklerbüro habe aber Sonderkonditionen geboten. Deshalb sei die Stornierung erfolgt. Der § 138 GewO sei nicht anzuwenden; jedenfalls sei ihm nicht zu entnehmen, dass kein Entgelt verlangt werden könne, wenn ein Versicherungsvertrag wegfalle. Die Versicherungsnehmerin sei zur Stornierung des Versicherungsvertrags nicht berechtigt gewesen. Nach § 6 MaklerG sei der Auftraggeber zur Zahlung einer Provision im Falle des Zustandekommens des Vertrags verpflichtet, so eben hier die Versicherungsnehmerin. Bei Rücktritt vom Vertrag stehe dem Makler Anspruch auf Ersatz des durch die verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens zu. Der Versicherungsnehmerin habe nach § 1004 ABGB klar sein müssen, dass die Beauftragung eines Versicherungsmaklers mit Kostenfolgen verbunden sei. Die Versicherungsnehmerin sei im Hinblick auf die Stornierung schadenersatzpflichtig. Es sei von der Entgeltlichkeit der Tätigkeit der Beklagten auszugehen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Auftraggeber sei zwar nach § 6 Abs 1 MaklerG zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die verdienstliche Tätigkeit des Maklers zustande gekommen ist. § 30 Abs 1 erster Satz MaklerG sehe aber vor, dass dem Versicherungsmakler aus dem Maklervertrag gegenüber dem Versicherungsnehmer keine Provision zustehe, wenn nicht ausdrücklich und schriftlich etwas abweichendes vereinbart sei. Die dargestellte Klausel über die Verpflichtung zur Leistung einer Aufwandsentschädigung in Höhe des Courtage-Entgangs im Rahmen des Vertragsformblatts sei zufolge § 879 Abs 3 ABGB unwirksam. Sie schränke die Wahrnehmung der gesetzlichen Rücktrittsrechte ein. Sie sei auch betragsmäßig nicht konkretisiert und verstoße somit gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Mangels wirksamer vertraglicher Grundlage sei daher zufolge § 30 Abs 1 erster Satz MaklerG von der Unentgeltlichkeit der Tätigkeit des Maklers auszugehen. Dies gelte nach § 138 GewO auch für die Beratungstätigkeit, wenn nicht vorweg im Einzelnen etwas anderes vereinbart wurde. Da aus dem Vertrag zwischen der beklagten Maklergesellschaft und der Versicherungsnehmerin auch keine Verpflichtung abgeleitet werden könne, den Versicherungsvertrag aufrecht zu halten, fehle es insoweit auch an der Grundlage für eine Schadenersatzpflicht. Aus dem Versicherungsvertrag zwischen der Versicherungsgesellschaft und der Versicherungsnehmerin könne die beklagte Maklergesellschaft ebenfalls keine Schadenersatzansprüche ableiten, da insoweit der Provisionsentgang einen bloß mittelbaren Schaden darstelle. Mangels Anspruchs der beklagten Partei könne daher der klagende Verein die bloß unter Vorbehalt geleistete Zahlung nach § 1431 ABGB zurückverlangen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es verwarf die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsberufung. In der Sache selbst ging es davon aus, dass die Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren ausdrücklich nicht mehr auf die dargestellte Klausel über den Anspruch in Höhe des Courtage-Entgangs gestützt habe. Die beklagte Versicherungsmaklerin mache im Ergebnis Schadenersatzansprüche geltend, die aber nicht berechtigt seien. Versicherungsmakler seien zur Wahrung der Interessen der Versicherungskunden berufen. Im Allgemeinen könne auch aus einer Verletzung von Verpflichtungen durch den Auftraggeber des Versicherungsmaklers gegenüber der Versicherung ein Schadenersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Ausnahmen könne es nur dort geben, wo der Makler für einen Teil des Hauptvertrags unentgeltlich tätig werde. Teilweise werde vertreten, dass Versicherungsmakler dann, wenn die Provisionspflicht des Versicherers nach § 6 Abs 2 MaklerG etwa wegen des Rücktritts des Versicherungsnehmers entfalle, Ansprüche auf Schadenersatz aus einer Vertragswidrigkeit des Versicherungsnehmers gegenüber Letzterem haben könnten. Dem könne sich das Berufungsgericht allerdings nicht anschließen, da der Makler verpflichtet sei, entsprechend der Marktsituation dauernd die Versicherungsverträge zu überprüfen und allenfalls auch neue Abschlüsse zu vermitteln. Eine Verpflichtung des Versicherungskunden, einen einmal unter Mitwirkung des Maklers abgeschlossenen Versicherungsvertrag aufrecht zu erhalten, sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei der Versicherungskunde berechtigt, die Verträge auch vorzeitig aufzulösen, ohne auf die Interessen des Versicherungsmaklers Bedacht zu nehmen. Auch bei einem unentgeltlichen Maklervertrag habe der Makler im Interesse des Versicherten und nicht der Versicherung zu arbeiten. Im Übrigen ergebe sich aus dem eigenen Vorbringen der beklagten Maklergesellschaft, dass die Versicherungsnehmerin offenbar günstigere Versicherungsbedingungen gefunden habe, sodass die Beklagte selbst nach § 28 Z 7 MaklerG verpflichtet gewesen wäre, ihr diese bestmöglichen Konditionen zu verschaffen. Jedenfalls könne in dem Vorgehen der Versicherungsnehmerin kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten gesehen werden.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da zur Frage der schadenersatzrechtlichen Haftung eines Versicherungskunden wegen vorzeitiger Beendigung eines vom Versicherungsmakler vermittelten Versicherungsvertrags keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Die Verneinung einer Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz durch das Berufungsgericht ist unanfechtbar (RIS-Justiz RS0042981 mwN). Dies gilt auch für die Verneinung der behaupteten Mängel des Verfahrens erster Instanz (RIS-Justiz RS0042963; RS0043111 jeweils mwN; Kodek in Rechberger ZPO3 § 503 Rz 9). Im Übrigen hat sich der klagende Verein - entgegen den Ausführungen in der Revision - ausdrücklich darauf berufen, dass er einen mangels Rechtswirksamkeit der Klausel bestehenden Rückforderungsanspruch einer unter Vorbehalt geleisteten Zahlung geltend mache (vgl allgemein zu § 1431 ABGB RIS-Justiz RS0033612; RS0033576 jeweils mwN).
II. Soweit sich die Beklagte - trotz wiederholter gegenteiliger Beteuerungen - in verschiedenen Variationen immer wieder auf die Vereinbarung mit der Versicherungsnehmerin stützt, wonach diese im Falle des Stornos der Polizze eine Aufwandsentschädigung jedenfalls auf Basis des Courtage-Entgangs zu leisten habe, ist dem schon im Ansatz entgegenzuhalten, dass die Beklagte nicht nur in erster Instanz ausdrücklich vorgebracht hat, sich nicht auf diese Klausel zu stützen, sondern auch das Berufungsgericht bei der Behandlung der Rechtsrüge davon ausgegangen ist. Insoweit macht die Beklagte aber gar keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend. Daher hat der Oberste Gerichtshof im Revisionsverfahren auf diesen Rechtsgrund auch nicht mehr einzugehen (Kodek in Rechberger, ZPO3 § 503 Rz 9, 23).
III. Den Ausführungen der Revision, die sich zum Nachweis des Provisionsanspruchs auf das Maklergesetz stützen, ist § 30 MaklerG entgegenzuhalten. Danach gebührt dem Versicherungsmakler dann, wenn nicht ausdrücklich und schriftlich etwas anderes vereinbart ist, gegenüber dem Versicherungskunden keine Provision. Soweit die Beklagte eine solche Vereinbarung in der dargestellten Klausel sieht, muss ihr wieder entgegengehalten werden, dass diese Klausel schon aufgrund des Vorbringens der Beklagten und der insoweit unbekämpften Behandlung durch das Berufungsgericht als Anspruchsgrundlage ausscheidet.
IV.1. Die Grundlagen für die Prüfung des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs könnten einerseits in der Vertragsbeziehung zwischen der beklagten Versicherungsmaklergesellschaft und der Versicherungsnehmerin und andererseits in dem Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der Versicherungsgesellschaft liegen.
IV.2. Die Annahme einer Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Versicherungsnehmerin kann aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsgesellschaft und der Versicherungsnehmerin schon deshalb nicht abgeleitet werden, da die Gründe für die Stornierung nicht festgestellt werden konnten, diese aber vom Versicherungsunternehmen akzeptiert wurde. Schon mangels feststellbarer Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Versicherungsnehmerin im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses scheidet daher ein Schadenersatzanspruch aus, sodass im Folgenden gar nicht geprüft werden muss, inwieweit der bloß „mittelbare" Schaden der beklagten Versicherungsmaklergesellschaft zu ersetzen wäre (vgl allgemein zur Abgrenzung des Ersatzes des bloß mittelbar Geschädigten RIS-Justiz RS0021473; RS0022813 oder RS0022638). Soweit die beklagte Versicherungsmaklergesellschaft meint, dass die Gründe für die Stornierung festgestellt hätten werden müssen, ist dem die den Obersten Gerichtshof bindende negative Feststellung entgegenzuhalten, dass diese Gründe nicht festgestellt werden können.
IV.3. Letztlich bleibt somit zu untersuchen, ob aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der beklagten Versicherungsmaklergesellschaft eine Verpflichtung abzuleiten ist, von einer Stornierung des Versicherungsvertrags Abstand zu nehmen. Fraglich ist also, ob insoweit eine von der Beklagten relevierte „Treuepflicht des Versicherungsnehmers" besteht. Dabei ist durchaus in Betracht zu ziehen, dass zufolge des Systems des § 30 MaklerG Versicherungsmaklern regelmäßig nur ein Provisionsanspruch gegenüber den Versicherungsunternehmen zukommt. Dieser entsteht zufolge des Abs 2 des § 30 MaklerG im Allgemeinen mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts. Er ist zwar grundsätzlich vom Eingang der geschuldeten Prämie abhängig, gebührt aber auch dann, wenn diese zu zahlen wäre, hätte der Versicherer seine Verpflichtungen erfüllt. Er entfällt, insoweit der Versicherer gerechtfertigte Gründe für eine Beendigung des Versicherungsvertrags oder eine betragsmäßige Herabsetzung der Versicherungsprämie hat. Zur einvernehmlichen Auflösung wird grundsätzlich vertreten, dass der Provisionsanspruch trotz fehlender Ausführung des Geschäfts bestehen bleibt, wenn der Auftraggeber die Gründe, die zur einvernehmlichen Auflösung geführt haben, zu vertreten hat (Griss in Straube, HGB, § 30 MaklerG Rz 6; Jabornegg, Der Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers, VR 1988, 337 ff [345 f]; derselbe, Das neue Versicherungsmaklerrecht, VR 1996, 109 ff [117]). Allfällige rechtfertigende Gründe - etwa auch aus der Sphäre des Versicherers (risikotechnische und andere kaufmännische Überlegungen in Bezug auf den betreffenden Versicherungsnehmer) - wären vom Versicherer zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0063080). Sind diese Gründe nicht vorhanden, kann sich der Versicherer zwar seiner Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag durch dessen einvernehmliche Beendigung entledigen; die Provisionsansprüche des Maklers bleiben aber grundsätzlich weiter bestehen (RIS-Justiz RS0028932; Fromherz, MaklerG § 30 Rz 30; Noss, Maklerrecht, 119). Insoweit berücksichtigt der Gesetzgeber aber ohnehin auch die Interessen der Versicherungsmakler bei der Ausgestaltung des Provisionsanspruchs gegenüber den Versicherungsunternehmen. Eine Einschränkung der Versicherungsnehmer bei der Ausübung ihrer Stornierungsmöglichkeiten allein aus dem Vertrag zum Versicherungsmakler findet sich im Gesetz aber nicht. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Stornierung eines Versicherungsvertrags gegen eine Treuepflicht allein aus dem Rechtsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Makler verstößt, sodass es auch insoweit schon an dem Nachweis einer Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Versicherungsnehmerin fehlt.
Insgesamt war daher der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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