Spruch:
1. Der Antrag, der Oberste Gerichtshof wolle beim Verfassungsgerichtshof § 1 Abs 1 Z 1 und § 2 Abs 1 GKG als verfassungswidrig anfechten, wird zurückgewiesen.
2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Erblasserin starb am 12. Jänner 2009. Deren früherer Sachwalter sowie (nach seinen Behauptungen) Sohn und - bislang aktenmäßig nicht im Sinn des § 799 ABGB ausgewiesener - einziger Erbe beantragte beim Verlassenschaftsgericht, 1. von der Bestellung eines Gerichtskommissärs abzusehen, 2. hilfsweise einen namentlich genannten öffentlichen Notar, 3. wiederum in eventu den vom Erstgericht ins Auge gefassten Notar zum Gerichtskommissär zu bestellen.
Das Erstgericht wies diese Anträge zurück.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
1. Die Rechtsmittellegitimation gründet sich schon darauf, dass das Erstgericht einen Antrag des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers zurückwies (§ 2 Abs 1 Z 1 AußStrG). Auf seine Stellung als Partei nach Z 3 oder 4 leg cit ist daher nicht weiter einzugehen.
2. In seinem (mit seinem Rekurs praktisch wortgleichen) Rechtsmittel beantragt der Revisionsrekurswerber vorrangig, der Oberste Gerichtshof wolle zwei Normen beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung von Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG anfechten. Nach ständiger Rechtsprechung verfällt ein solcher Antrag zwangsläufig der Zurückweisung, weil den Parteien nicht das Recht zusteht, einen derartigen Antrag an den Obersten Gerichtshof zu stellen (4 Ob 37/95 = SZ 68/89 uva; RIS-Justiz RS0058452; RS0053805).
2. Das Fehlen höchstgerichtlicher Judikatur, die ausdrücklich zur Verfassungsmäßigkeit bestimmter gesetzlichen Bestimmungen Stellung nimmt, begründet nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (2 Ob 190/07s ua, RIS-Justiz RS0122865). Es liegt auch keine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage vor, wenn der Oberste Gerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (5 Ob 144/02s ua, RIS-Justiz RS0116943). Das ist hier der Fall:
3.1. In der Sache übersieht der Antragsteller zunächst, dass die - ausnahmslos angeordnete - (funktionelle) Zuständigkeit der Notare als Gerichtskommissäre nunmehr in § 145 Abs 1 erster Satz AußStrG iVm § 2 GKG (gesetzliche Abkürzung seit dem BRÄG BGBl I 2005/164; vorher üblicherweise mit GKoärG bezeichnet) geregelt ist. Auch gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestehen aber nicht die geringsten Bedenken.
Wie sich aus seinen Eingaben in allen drei Instanzen ergibt, fühlt sich der Antragsteller nicht so sehr durch das notwendige Gerichtskommissariat im Sinn der zitierten Norm in Verbindung mit § 2 Abs 1 GKG beschwert als vielmehr durch die damit verknüpfte Gebührenpflicht nach § 14 GKTG. Über diese Zahlungspflicht ist aber derzeit noch nicht zu entscheiden. Es bleibt unerfindlich, wieso gerade die seit Jahrzehnten bestehende Zuständigkeit der öffentlichen Notare als Gerichtskommissäre ohne jede Ausnahme - also etwa selbst bei Betroffenheit von Notaren als Erben bzw Angehörige von Verstorbenen - gerade dem verfassungsgesetzlich normierten Gleichheitsgrundsatz widersprechen sollte.
3.2. Der Hinweis auf früher ungleiche Zuständigkeiten - vereinfacht gesagt - zwischen „Stadt und Land" muss nicht nur deshalb versagen, weil das nach § 105 JN zuständige Verlassenschaftsgericht zweifellos seinen Sitz an dem eines Gerichtshofs erster Instanz hat und daher die Todesfallaufnahme (vor dem AußStrG 2003 und dem FamErbRÄG: Todfallsaufnahme) im Sprengel des Erstgerichts seit jeher den Gerichtskommissären zukam. Der Revisionsrekurswerber vermeint dagegen eine Verfassungswidrigkeit daraus ableiten zu können, dass auch er ungeachtet dessen, dass er die Rechtsanwaltsprüfung ablegte, als Erbe - und noch dazu als ehemaliger Sachwalter der Erblasserin - nach der Gesetzeslage die Abhandlung nicht kostengünstiger ohne Beiziehung eines Notars durchführen lassen könne. Dem kann nicht gefolgt werden:
In ständiger Rechtsprechung judiziert nämlich der Verfassungsgerichtshof (VfGH), der den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgrundsatz setze ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbiete, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Innerhalb dieser Schranken sei es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann hingegen nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden. Der Gesetzgeber könne von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen; ein Gesetz sei somit nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird. Nicht jede allfällige Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, könne bereits die Unsachlichkeit einer Regelung bewirken. Dem Gesetzgeber sei es vielmehr gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen (G 122/05 ua = VfSlg 17.931 mwN).
3.3. Gegenstand der Todesfallaufnahme (und auch deren Zweck [ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 95]) ist es nach § 145 Abs 1 AußStrG ua, von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für die Verlassenschaftsabhandlung ... erforderlich sind (zweiter Satz leg cit), zB auch die Daten der gesetzlich oder aufgrund letztwilliger Verfügung berufenen Erben zu erheben (Z 5). Dass diese Aufgaben in allen Fällen dem - auch sonst außerhalb der (noch in § 117 Abs 2 AußStrG 1854 ausdrücklich) so genannten schriftlichen Abhandlunsgpflege (§ 3 GKG) und der nach § 1 Abs 2 dem Verlassenschaftsgericht vorbehaltenen Maßnahmen - zur Durchführung der Abhandlung von Gesetzes wegen (entsprechend der Verteilungsordnung nach §§ 4 f GKG) berufenen (und daher nicht jeweils gesondert zu bestellenden: ErläutRV zum AußStrBeglG 225 BlgNR
22. GP 25 f) Notar als Gerichtskommissär und nicht dem Gericht übertragen oder gar den angeblichen Erben selbst anheim gestellt werden, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nach den dargestellten Leitlinien des VfGH völlig unbedenklich. Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers kann es nicht als maßgebliches Kriterium für die Betrauung eines Notars mit der Todesfallaufnahme angesehen werden, ob das Verfahren insgesamt so kompliziert wäre, dass es ohne „rechtskundige Todesfallaufnahme" nicht geführt werden könne. Vielmehr rechtfertigt schon die mit der Betrauung der Notare verbundene Entlastung der Verlassenschaftsgerichte (so ausdrücklich die ErläutRV zum GKG 132 BlgNR 12. GP 6) das notwendige Gerichtskommissariat bei der Todesfallaufnahme (vgl zum vergleichbaren Motiv der Verringerung des Verwaltungsaufwands wiederum VfGH G 122/05 mwN).
4. In der - wenn auch nur kursorisch begründeten - Verneinung verfassungsrechtlicher Bedenken durch das Berufungsgericht, kann schon deshalb kein wesentlicher Verfahrensmangel (hier iSd § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG) gelegen sein, weil die Frage der Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Bestimmungen ohnehin durch den Obersten Gerichtshof selbst zu prüfen war (so schon RIS-Justiz RS0043201). Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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