Spruch:
Den Revisionen beider Streitteile wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin litt seit 1994 an wiederkehrenden Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Sie begab sich schließlich in Behandlung von Dr. Hans-Peter K***** (in weiterer Folge: behandelnder Arzt), der einen Bandscheibenvorfall diagnostizierte. Die Klägerin unterzog sich am 21. 4. 1995 einer vom behandelnden Arzt durchgeführten Laserdiskektomie. Dabei wird ein Laserstrahl auf das vorgetretene Bandscheibengewebe gerichtet, um es aufzulösen (zu „zerschmelzen"). Dieser Eingriff erfolgte zwar kunstgerecht, war aber für die Klägerin unnötig. Wenn sich nämlich ein Teil der Bandscheibe abgetrennt hat (Sequester), ist die offene Operationsmethode zu wählen, bei der Haut und Muskulatur bis zur Wirbelsäule präpariert, der Wirbelbogen entfernt oder belassen und die vorgetretene Bandscheibe unter Mikroskopsicht entfernt werden. Die Operation selbst blieb aber folgenlos und auch künftige Folgen aus dieser Operation sind ausgeschlossen. Sie hatte für die Klägerin zwei Tage mittelstarke und drei bis sieben Tage leichte Schmerzen zur Folge. Durch die Operation kam es zu einer Verzögerung der eigentlich indizierten Behandlung.
Bereits unmittelbar nach der Operation konnte die Klägerin nicht gehen, weil ihr linkes Bein bis zum Knie hinauf gefühllos war und herunterhing. Da sich der Zustand der Klägerin nicht besserte, veranlasste der behandelnde Arzt am 11. 5. 1995 eine MRT-Untersuchung. Er erklärte nach Erhalt des Befunds am 17. 5. 1995, dass die Klägerin neuerlich mittels der offenen Operationsmethode operiert werden müsse. Diese zweite Operation wurde am 18. 5. 1995 von Univ.-Doz. Dr. B***** durchgeführt. Nach der Operation war die Klägerin zwar schmerzfrei, konnte jedoch nach wie vor nicht gehen, das linke Bein blieb gefühllos. Die Lähmung der Fußheberfunktion der Klägerin (Fallfuß) kann sich zwar zurückbilden, es besteht jedoch das Risiko, dass sie dauerhaft bestehen bleibt.
Vor der ersten Operation bestand bei der Klägerin mit Sicherheit kein Fallfuß, dieser geht aber auch nicht auf eine Nervenschädigung im Rahmen der ersten Operation zurück. Die Ursache für den Fallfuß kann entweder ein nach der Operation aufgetretener weiterer Bandscheibensequester oder eine Blutung (Epiduralhämatom) sein. Die Feststellung der Ursache ist infolge der mangelnden Dokumentation der Abläufe durch den behandelnden Arzt nicht möglich. Bei Auftreten einer massiven Peronäusparese (Fallfuß) nach einer Bandscheibenoperation wäre eine unverzügliche Abklärung der Ursache erforderlich gewesen. Die erst vier Wochen nach der Operation durchgeführte Abklärung und die weitere Operation erfolgten zu spät. Bei früherem Eingreifen hätte die nun nicht mehr zu behebende Peronäusparese am linken Bein mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Die Vorgangsweise des behandelnden Arztes nach der ersten Operation erfolgte daher nicht kunstgerecht.
Im Verfahren 24 Cg 42/02a des Erstgerichts begehrte die Klägerin vom behandelnden Arzt die Zahlung von 50.000 EUR an Schmerzengeld, die Zahlung einer abstrakten Rente von monatlich 1.000 EUR und die Feststellung, dass der behandelnde Arzt ihr für sämtliche zukünftigen derzeit nicht bekannten Schäden aus den Operationen vom 21. 4. 1995 und vom 18. 5. 1995 hafte. In diesem Verfahren wurde der nunmehrige Beklagte zum Sachverständigen bestellt. Der Beklagte beantwortete die ihm vom Erstgericht im Gutachtensauftrag erteilten Fragen dahin, dass die erste Operation des Bandscheibenvorfalls indiziert und nach der Lasermethode kunstgerecht (lege artis) durchgeführt worden sei. Sie habe dem wissenschaftlichen Standard im Jahr 1994 entsprochen. Die postoperativ eingetretene Komplikation der Lähmung der Fußheberfunktion stelle ein typisches Risiko dar, welches bei allen im konkreten Fall möglichen Operationsmethoden eintreten könne, sodass die Folgeoperation nach der offenen Methode notwendig gewesen sei. Das Zuwarten mit der zweiten Operation sei richtig gewesen, diese sei nicht verspätet erfolgt. Ein Behandlungsfehler liege nicht vor, eine Verletzung der Aufklärungspflicht könne nicht ausgeschlossen werden.
Im ersten Rechtsgang dieses Verfahrens wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab, weil dem behandelnden Arzt weder ein Fehler bei der Behandlung noch eine Verletzung seiner Aufklärungspflicht vorzuwerfen sei. Über Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht das gesamte Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Dessen Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil kein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der Neurochirurgie beigezogen worden sei. Das Berufungsgericht führte in seiner Entscheidungsbegründung jedoch aus, dass sich „alle Überlegungen zur Annahme eines Kunstfehlers bei der ersten Operation erledigt" hätten. Auch habe der behandelnde Arzt die Klägerin ausreichend über das Risiko einer Nervenläsion aufgeklärt. Im weiteren Verfahren werde das Erstgericht daher nur zu klären haben, ob die weitere Vorgangsweise des behandelnden Arztes nach der ersten Operation und nach Auftreten der Fußheberschwäche fehlerhaft gewesen sei.
Nach Erstattung von Gutachten der neurochirurgischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. P***** und Dr. K***** gelangte das Erstgericht im Vorverfahren mit dem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 27. 6. 2006 zu einer teilweisen Stattgebung der Klage. Es stellte fest, dass der behandelnde Arzt für sämtliche künftigen Schäden aus der verspäteten Vornahme der Operation vom 18. 5. 1995 hafte, wies jedoch das weitere Feststellungsbegehren, dass er für sämtliche künftigen Schäden aus beiden Operationen hafte, ab. Es sprach der Klägerin Schmerzengeld in Höhe von 25.000 EUR als angemessen zu und wies das Mehrbegehren ebenso ab wie das Begehren auf Zuerkennung einer abstrakten Rente.
Sich auf das im Verfahren 24 Cg 42/02a des Erstgerichts vom neurochirurgischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. P***** erstattete Gutachten stützend, brachte die Klägerin noch während dieses Verfahrens am 20. 8. 2004 gegen den behandelnden Arzt zu 24 Cg 97/04t beim Erstgericht eine Wiederaufnahmsklage ein. Die Frage der fehlerhaften Erstoperation könne, weil das Berufungsgericht diesen Streitpunkt im Haftungsverfahren gegen den behandelnden Arzt abschließend entschieden habe, nur mehr unter den Voraussetzungen des § 530 ZPO aufgerollt werden. Nach dem neurochirurgischen Sachverständigengutachten sei die vom behandelnden Arzt empfohlene Laseroperation fachlich falsch gewesen. Diese Klage wurde - nachdem ihre Zurückweisung mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 6. 4. 2005, 9 Ob 7/05b aufgehoben worden war - vom Erstgericht mit dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteil vom 2. 9. 2005 abgewiesen. Der im Wiederaufnahmsverfahren auf Seiten des damals beklagten behandelnden Arztes als Nebenintervenient beigetretene nunmehrige Beklagte habe die von der Klägerin zur Verfügung gestellten MRT-Bilder begutachtet, sodass sein Gutachten nicht auf einer unvollständigen Grundlage beruht habe. Ein Wiederaufnahmsgrund sei daher nicht vorgelegen. Auch dieses Urteil erwuchs in der Hauptsache unangefochten in Rechtskraft. Rekursen des Klägers gegen die Zulassung des nunmehrigen Beklagten als Nebenintervenient im damaligen Verfahren sowie gegen den Zuspruch von Verfahrenskosten an diesen gab das Rekursgericht nicht Folge.
Mit der vorliegenden, am 3. 10. 2006 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von 38.882,57 EUR sA an Schadenersatz für die Kosten des Berufungsverfahrens und des zweiten Rechtsgangs im Vorverfahren 24 Cg 42/02a sowie die Kosten des Wiederaufnahmsverfahrens 24 Cg 97/04t. Weiters begehrte sie die - im Revisionsverfahren nicht mehr zu behandelnde (da rechtskräftig abgewiesene) - Feststellung, dass der Beklagte für alle künftigen Folgen hafte, die der Klägerin aus der Erstattung unrichtiger Sachverständigengutachten des Beklagten im Verfahren 24 Cg 42/02a entstanden seien, insbesondere jene, die ihr aus der Teilabweisung des Feststellungsbegehrens erwüchsen. Dem behandelnden Arzt seien schwerste Behandlungsfehler unterlaufen, der Beklagte stehe zu ihm in einem Naheverhältnis. Hätte der Beklagte nicht ein unvertretbar falsches Gutachten als Sachverständiger erstattet, wäre dem Feststellungsbegehren der Klägerin im Vorverfahren bereits im ersten Rechtsgang zur Gänze stattgegeben und zumindest der auch nunmehr zuerkannte Schmerzengeldbetrag zugesprochen worden. Der Beklagte hafte daher für die Kosten des Berufungsverfahrens und des zweiten Rechtsgangs im Vorverfahren. Aufgrund der - auf dem Gutachten des Beklagten basierenden - unanfechtbaren Zwischenerledigung des Berufungsgerichts im ersten Rechtsgang des Vorverfahrens sei die Wiederaufnahmsklage erforderlich gewesen, sodass der Beklagte auch für die Kosten dieses Verfahrens hafte.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, weil er im Vorverfahren ein richtiges Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Orthopädie erstattet habe. Der der Klägerin entstandene Schaden sei im Vergleichsweg mit dem behandelnden Arzt geregelt und ersetzt worden, seine Haftung sei festgestellt worden. Ein anderes Ergebnis hätte auch die Beurteilung der zweiten Operation als verspätet im Gutachten des Beklagten nicht zur Folge gehabt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Gutachten des Beklagten sei für die Abweisung des Begehrens auf Feststellung der Haftung des behandelnden Arztes für sämtliche künftige Schäden aus der Operation vom 18. 5. 1995 (gemeint aber offenbar: 21. 4. 1995) im ersten Rechtsgang des Vorverfahrens nicht kausal gewesen. Kosten des Berufungsverfahrens im Vorverfahren habe die Klägerin offenbar irrtümlich nicht verzeichnet. Das Gutachten des Beklagten sei für den Ausgang des Vorverfahrens 42 Cg 42/02a letztlich akausal gewesen, auch bei Annahme eines Aufklärungsfehlers des behandelnden Arztes wäre es zur Kostenaufhebung gekommen, weil die Obsiegensquote maßgeblich durch die Abweisung des Rentenbegehrens und des mit einem zu hohen Betrag eingeklagten Schmerzengelds bedingt gewesen sei. Die Abweisung des Feststellungsbegehrens habe daher ebenfalls keine Auswirkung gehabt. Auch für die Kosten des Wiederaufnahmsverfahrens hafte der Beklagte nicht. Denn er habe in seiner Kostennote die Nachbefundung der MRT-Bilder vom 18. 4. 1995 verzeichnet. Dieser Umstand sei zwar offenbar dem Obersten Gerichtshof entgangen, aber auch die Klägerin hätte auf ihn vor Einbringung der Wiederaufnahmsklage Bedacht zu nehmen gehabt. Da das Verfahren nicht ergeben habe, dass der Klägerin Nachteile aus der fehlerhaften Heilbehandlung durch den behandelnden Arzt entstehen könnten, für die dieser nicht ohnehin bereits selbst hafte, sei auch das Feststellungsbegehren nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin nur gegen die Abweisung des Leistungsbegehrens erhobenen Berufung teilweise Folge. Es ging weder auf die in ihrer Berufung erhobenen Beweisrügen noch auf jene des Beklagten in der Berufungsbeantwortung zur Tatfrage der Richtigkeit bzw Unrichtigkeit des Gutachtens des Beklagten im Vorverfahren ein; weiters auch nicht auf die in der Berufungsbeantwortung enthaltene Mängelrüge.
Es sprach der Klägerin Schadenersatz für die Kosten des Berufungsverfahrens und des zweiten Rechtsgangs im Verfahren 24 Cg 42/02a des Erstgerichts zu, weil ihr diese zweifellos nicht entstanden wären, hätte der Beklagte ein richtiges Sachverständigengutachten erstattet. Zwar sei auch ein Verfahrensfehler des Erstgerichts, das im ersten Rechtsgang keinen neurochirurgischen Sachverständigen beigezogen habe, kausal für die Kosten des Berufungsverfahrens gewesen, dies schade jedoch der Klägerin wegen der aufgrund der kumulativen Kausalität ebenso bestehenden Haftung des Beklagten nicht. Die Kosten des zweiten Rechtsgangs habe der Beklagte alleine verursacht, weil er nicht schon im ersten Rechtsgang in seinem Gutachten darauf hingewiesen habe, dass die zweite Operation verspätet gewesen sei. Die Kosten des Wiederaufnahmsverfahrens hingegen seien kein durch den Beklagten verursachter Schaden: Ein falsches Gutachten bilde von vornherein keinen Wiederaufnahmsgrund. Die Klägerin habe auch nicht vorgebracht, dass die Feststellungen betreffend den von ihr auch angedeuteten Wiederaufnahmsgrund, wonach der Beklagte die MRT-Bilder nicht selbst befundet habe, auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Beklagten zurückzuführen seien.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Amtshaftungssachen seien auch jene Verfahrenskosten ersatzfähig, die zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands tatsächlich erforderlich gewesen wären; allerdings seien nur jene Schäden ersatzfähig, die zur Schadensbeseitigung adäquat aufgewendet hätten werden müssen, wozu nur zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienende Schritte zählen könnten. Um den Schaden aus dem Verfahren 24 Cg 42/02a abzuwenden, sei die Wiederaufnahmsklage aber weder notwendig noch geeignet gewesen. Sämtliche Folgen aus der zweiten Operation seien durch das Ergebnis des Verfahrens 24 Cg 42/02a abgedeckt. Die Wiederaufnahme hätte nur bezüglich der Folgen der ersten Operation eine Besserstellung bringen können: Diese wäre aber im Verhältnis zum tatsächlich erzielten Ergebnis so minimal gewesen, dass sie sich kostenmäßig nicht ausgewirkt hätte. Denn die Obsiegensquote hätte sich von 45 % bei einem Zuspruch von Schmerzengeld in Höhe von rund 1.000 EUR an die Klägerin auf lediglich 46 % erhöht, sodass sich auch in diesem Fall eine Kostenaufhebung im Vorverfahren ergeben hätte.
Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil keine Rechtsprechung bekannt sei, ob und inwieweit Kosten der Schadensabwendung durch die Einleitung und Fortführung eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens auch außerhalb des Amtshaftungsrechts ersatzfähig seien.
Gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens wendet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im gänzlich klagestattgebenden Sinn abzuändern.
Gegen den klagestattgebenden Teil des angefochtenen Urteils wendet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im vollständig klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Streitteile beantragen in ihren wechselseitig erstatteten Revisionsbeantwortungen, die Revision der Gegenseite jeweils zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Revision des Beklagten:
Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Erledigung der vom Beklagten in seiner Berufungsbeantwortung erhobenen Mängel- und Beweisrüge zur entscheidungswesentlichen Feststellung der Richtigkeit seines Gutachtens unterließ. Diese in der Revision gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründet als Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 110; RIS-Justiz RS0041806; RS0040597). Die Revision ist im Sinne ihres Eventualantrags auch berechtigt.
Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger, der im Zivilprozess schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgibt, haftet den Parteien gegenüber nach ständiger Rechtsprechung persönlich und unmittelbar nach den §§ 1295, 1299 ABGB für den dadurch verursachten Schaden (RIS-Justiz RS0026360; RS0026319). Durch ein unrichtiges Gutachten muss daher ein Schaden eingetreten sein. Voraussetzung für die Haftung ist weiters, dass die Unrichtigkeit des Gutachtens ausschlaggebend (kausal) für die die Prozesspartei beschwerende Entscheidung war. Dabei ist nicht zu prüfen, wie die in Frage stehende, unter Mitwirkung des Sachverständigen zustande gekommene gerichtliche Entscheidung richtig zu lauten gehabt hätte. Entscheidend für die Beurteilung der Kausalität ist allein, welchen Einfluss ein sachlich und fachlich richtiges Gutachten des Sachverständigen auf die Entscheidung gehabt hätte (T6 in RIS-Justiz RS0026360; Thoma, Die zivilrechtliche Haftung des Sachverständigen, SV 2007, 136 f).
Die entscheidende Frage der Richtigkeit des Gutachtens des Beklagten im Vorverfahren ist eine Tatfrage, die mangels Erledigung der Beweisrüge in der von der beklagten Partei erhobenen Berufungsbeantwortung nicht abschließend feststeht. Das Erstgericht traf die Feststellung, dass das vom Beklagten zu 24 Cg 42/02a des Erstgerichts erstattete Sachverständigengutachten „zumindest zum Teil medizinisch unrichtig" war (S 14 des Ersturteils). Der Beklagte habe die vom behandelnden Arzt tatsächlich angewandte Operationsmethode nicht richtig beschrieben und nicht „kritisiert", dass die Dokumentation der Behandlung der Klägerin - mit Ausnahme des Berichts über die erste Operation - mangelhaft gewesen sei. Wörtlich stellt das Erstgericht weiters fest: „Inwieweit das Gutachten des Beklagten im Übrigen aus medizinischer Sicht unrichtig war, kann dahingestellt bleiben".
Der Beklagte bekämpfte die Feststellung, dass sein Gutachten zum Teil unrichtig sei, mit Beweisrüge und begehrte (erkennbar) die Feststellung, dass sein Gutachten „vertretbar und nach den medizinischen Regeln begründet" gewesen sei. Es liege eine „Expertendifferenz auf höchstem Niveau" vor. Die Vertretbarkeit des vom Beklagten erstatteten Gutachtens hätte sich auch ergeben, wenn das Erstgericht den Beweisanträgen des Beklagten auf Einvernahme des behandelnden Arztes als Zeugen und Einholung eines Fakultätsgutachtens Folge gegeben hätte. Dies wurde in der Berufungsbeantwortung auch als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügt.
Das Berufungsgericht führt lediglich aus, dass es aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen „nicht weiter zweifelhaft" sein könne, dass der Beklagte durch die Erstattung eines unrichtigen Gutachtens dem Bestellungsbeschluss zuwider, daher rechtswidrig und nach dem Maßstab des § 1299 ABGB schuldhaft gehandelt habe (S 13 des Berufungsurteils). Darin liegt jedoch weder eine ausdrückliche noch schlüssige Auseinandersetzung mit der Beweisrüge des Beklagten in der Berufungsbeantwortung.
Das Berufungsgericht wird sich daher mit der in der Berufungsbeantwortung erhobenen Mängel- und Beweisrüge der beklagten Partei auseinanderzusetzen haben.
Zu Recht rügt der Beklagte in der Revision auch als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, dass sich das Berufungsgericht nicht mit seinem Vorbringen, die Klägerin habe mit dem behandelnden Arzt zur Beendigung des Verfahrens 24 Cg 42/02a einen Vergleich abgeschlossen, von dem auch die Kosten dieses Verfahrens umfasst gewesen seien, auseinandergesetzt hat:
Die Klägerin hat schon in der Klage vorgebracht, dass das im zweiten Rechtsgang gefällte Urteil im Verfahren 24 Cg 42/02a des Erstgerichts unangefochten in Rechtskraft erwachsen sei, weil ihr als Folge von Vergleichsverhandlungen ein weiterer Schmerzengeldbetrag von 5.000 EUR vom behandelnden Arzt zugestanden worden sei. Der Beklagte hat dies teilweise bestreitend vorgebracht, dass der der Klägerin entstandene Schaden mit dem behandelnden Arzt im Vergleichsweg geregelt und ersetzt worden sei, „wobei auch die Kosten mitumfasst" seien (ON 40). Das Erstgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen. Auch in der Berufungsbeantwortung wies der Beklagte auf diese von ihm behauptete vergleichsweise Bereinigung hin. Inhaltlich machte er damit einen sekundären Feststellungsmangel im erstgerichtlichen Urteil geltend, den zu rügen er in der Berufungsbeantwortung nicht verpflichtet war (2 Ob 40/05d; Kodek in Rechberger, ZPO³ § 468 Rz 5 mwH).
Das Berufungsgericht hat sich damit nicht auseinandergesetzt, sodass sein Urteil unvollständig geblieben ist (Zechner aaO § 503 Rz 197), weil - abhängig vom Inhalt eines solchen behaupteten Vergleichs - nicht ausgeschlossen werden kann, dass dadurch der von der Klägerin geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten berührt wird.
Aus den dargelegten Gründen war daher eine Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts in seinem klagestattgebenden Teil unumgänglich.
2. Zur Revision der Klägerin:
Die Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags ebenfalls berechtigt.
Die Revisionswerberin führt zusammengefasst aus, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Wiederaufnahmsklage im Rahmen einer rückblickenden (ex post) Betrachtung vornehme. Das Berufungsgericht habe die Frage des Rettungsaufwands unberücksichtigt gelassen, bei dem es sich nach ständiger Rechtsprechung um positiven Schaden handle. Darunter sei der Aufwand zu verstehen, der gemacht werden müsse, um eine Gefahr abzuwenden. Er sei auch dann zu ersetzen, wenn er ohne Erfolg geblieben sei, wobei zu prüfen sei, wie sich ein „vernünftiger Mensch" bei gleicher Sachlage verhalten hätte. Zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Wiederaufnahmsklage sei daher eine auf den Zeitpunkt der Rettungsmaßnahme abstellende (ex ante) Beurteilung vorzunehmen.
Die Klägerin habe die schadenersatzrechtliche Haftung des behandelnden Arztes im Vorverfahren auch auf die erste Operation und die unzureichende ärztliche Aufklärung gestützt. Der Beklagte habe durch sein unrichtiges Gutachten ein materiell unrichtiges klageabweisendes Urteil im ersten Rechtsgang des Vorverfahrens verursacht. Diese Entscheidung sei zwar vom damaligen Berufungsgericht aufgehoben worden; dieses habe jedoch die für das weitere Verfahren bindende „Zwischenerledigung" getroffen, wonach die erste Operation und die ärztliche Aufklärung als kunstgerecht zu beurteilen seien. Diese Rechtsansicht habe sich nach Erstattung des neurochirurgischen Gutachtens Univ.-Prof. Dr. P*****s als unrichtig herausgestellt, sodass als Rechtsbehelf nur mehr die Wiederaufnahmsklage zur Verfügung gestanden sei. Deren Einbringung sei nicht als „vorweg untauglicher Versuch" zu werten. Dass die Wiederaufnahmsklage abgewiesen worden sei, könne der Klägerin nicht schaden. Um durch ein falsches Sachverständigengutachten ausgelöste Kostenfolgen richtig beurteilen zu können, hätte es der Feststellung aller Fehler des Beklagten bedurft, sodass die Entscheidungen der Vorinstanzen sekundär mangelhaft geblieben seien.
Dazu ist auszuführen:
Das Berufungsgericht verweist auf die ständige Rechtsprechung in Amtshaftungssachen, wonach jene Verfahrenskosten und damit zusammenhängenden weiteren Aufwendungen, die einer an einem behördlichen Verfahren beteiligten Person durch rechtlich nicht vertretbare Entscheidungen oder Verfahrensschritte(-verzögerungen) erwachsen sind, als ersatzfähiger Schaden gemäß § 1 Abs 1 AHG anzusehen sind, sofern sie zur Schadensbeseitigung notwendig (adäquat) aufgewendet werden mussten (Schragel, AHG³ § 1 Rz 173; 1 Ob 105/01z in RIS-Justiz RS0023577). Dazu können nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienenden Schritte zählen.
Diese Rechtsprechung bedarf hier aber keiner (analogen) Anwendung, weil sich die Klägerin schon in der Klage darauf berufen hat, dass das Wiederaufnahmsverfahren geboten gewesen sei, um die Aufhebung der für sie zu diesem Zeitpunkt „unanfechtbaren Zwischenerledigung" des Berufungsgerichts zu erwirken. Die Klägerin berief sich daher inhaltlich bereits im Verfahren erster Instanz auf einen ihr entstandenen Schaden, der durch einen so genannten „Rettungsaufwand", das ist der Aufwand, der gemacht wird, um eine Gefahr abzuwenden, entstanden sei (RIS-Justiz RS0023516). Der Rettungsaufwand ist positiver Schaden, der nur zu ersetzen ist, wenn er zweckmäßig war, aber unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn er ohne Erfolg geblieben ist. Als Maßstab für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit hat das Vorgehen zu dienen, das ein „vernünftiger Mensch" bei gleicher Sachlage gewählt hätte (4 Ob 31/94 = SZ 67/35 mwH). Ein solcher Aufwand kann aber auch in der Erstattung von Rechtsverfolgungskosten liegen (SZ 43/69 = 7 Ob 40/70; Mayrhofer in Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts II/1³, 255 FN 17), sodass es nicht der vom Berufungsgericht vorgenommenen Analogie zum Amtshaftungsrecht bedarf. Das Argument der Revisionswerberin, die Frage eines allfälligen Rettungsaufwands sei im Rahmen einer ex ante-Betrachtung zu beurteilen, ist daher zutreffend (vgl dazu etwa Reischauer in Rummel³ § 1293 Rz 10 mwH; Harrer in Schwimann, ABGB³ § 1293 Rz 43; 4 Ob 42/04m = SZ 2004/36 mH auf SZ 67/35).
Wenn die Aufhebung eines Urteils wie im konkreten Fall gemäß § 496 Abs 1 Z 2 ZPO erfolgt, tritt das Verfahren in den Stand vor Schluss der Verhandlung erster Instanz zurück (RIS-Justiz RS0042493). Gemäß § 496 Abs 2 ZPO hat sich das fortzusetzende Verfahren auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken. Im Zweifel dient der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts als Abgrenzungsgrundlage (Pimmer in Fasching/Konecny² IV/1 § 496 Rz 73). Das damalige Berufungsgericht billigte in seinem Aufhebungsbeschluss im Vorverfahren ausdrücklich und abschließend die kunstgerechte Durchführung der ersten Operation der Klägerin und die dieser vorangegangene korrekte ärztliche Aufklärung als Verfahrensergebnis. Vom Berufungsgericht in einem Aufhebungsbeschluss abschließend erledigte Streitpunkte können aber im fortgesetzten Verfahren nicht mehr aufgerollt werden, bezüglich der schon erledigten und entscheidungsreifen Sachanträge kommt ein neues Vorbringen nicht mehr in Frage (Pimmer aaO § 496 Rz 71; RIS-Justiz RS0042031).
Der von der Klägerin eingeschlagene Weg der Wiederaufnahmsklage war daher grundsätzlich zulässig, wie dies der Oberste Gerichtshof in seinem im Wiederaufnahmsverfahren ergangenen Aufhebungsbeschluss (9 Ob 7/05b) auch ausgeführt hat. Im hier konkret zu beurteilenden Fall ist die Einbringung der Wiederaufnahmsklage auch als zweckmäßig anzusehen: Das damalige Berufungsgericht erledigte in seiner Entscheidung sowohl die Feststellungs- als auch die Mängelrüge, sodass seine Entscheidung über die kunstgerechte Durchführung der ersten Operation und die ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin nicht nur - wie schon gezeigt - für das weitere Verfahren bindend, sondern darüber hinaus auch im Rechtsmittelweg in einem zweiten Rechtsgang nicht mit Aussicht auf Erfolg bekämpfbar war. Die Bekämpfung der in diesem Zusammenhang einzig und allein entscheidenden Tatfrage in dritter Instanz war - auch in einem zweiten Rechtsgang, denn der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts war mangels Rechtskraftvorbehalts unanfechtbar - nicht mehr möglich. Die Einbringung der Wiederaufnahmsklage war daher unter den im konkreten Fall gegebenen Umständen tatsächlich das einzige zur Verfügung stehende Mittel, den Schaden, der der Klägerin aus dem (ihrer Auffassung nach) unrichtigen Gutachten drohte, abzuwehren. Die Wiederaufnahmsklage stützte sich auf die behauptete unvollständige Grundlage des im Hauptverfahren vom Beklagten erstatteten Sachverständigengutachtens (9 Ob 7/05b), sodass sie auch nicht von vornherein als aussichtslos oder unschlüssig anzusehen war.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich daher auch im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens als nicht zutreffend, jedoch ist eine abschließende Erledigung der Sache aufgrund der bereits bei der Behandlung der Berufung der beklagten Partei dargestellten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht möglich: Denn der Beklagte haftet, wie ausgeführt, nur für einen durch ein schuldhaft unrichtig abgegebenes Gutachten entstandenen Schaden. Diese Tatfrage ist aber - wie ebenfalls schon ausgeführt - noch nicht geklärt, sodass die Berechtigung des Anspruchs der Klägerin auf Ersatz ihres Rettungsaufwands noch nicht beurteilt werden kann. Angesichts der noch unvollständigen Tatsachengrundlage (und zwar auch angesichts der noch unerledigten Beweisrüge in der klägerischen Berufung) ist es derzeit auch noch nicht möglich, auf die Zweckmäßigkeit der im Wiederaufnahmsverfahren von der Klägerin nach Einbringung der Klage gesetzten Schritte im Sinne eines „Rettungsaufwands" einzugehen. In diesem Zusammenhang wird zu beachten sein, dass Rettungsaufwand nach schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten hier einerseits nur Kosten für unvermeidbare Verfahrenshandlungen umfassen kann (6 Ob 509/91 = AnwBl 1992, 155 mit Anm von Strigl). Andererseits ist die Gefahr, deren Abwendung der Rettungsaufwand im konkreten Fall dienen konnte, mit der Höhe des der Klägerin im Zusammenhang mit der ersten Operation am 21. 4. 1995 entstandenen Schadens begrenzt. Ein Rettungsaufwand im dargestellten Sinn können daher - vorbehaltlich der noch zu ergänzenden Sachverhaltsgrundlage - nur solche Kosten des Wiederaufnahmsverfahrens sein, die sich auf der Grundlage des der Klägerin im Zusammenhang mit der ersten Operation tatsächlich entstandenen Schadens errechnen.
In Stattgebung der Revision war daher das angefochtene Urteil im Sinne des in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrags (RIS-Justiz RS0041774 [T1]) ebenfalls aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.
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