OGH 4Ob104/09m

OGH4Ob104/09m14.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 6. Mai 2008 verstorbenen Hermine L*****, zuletzt *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers Gerald L*****, vertreten durch Mag. Andreas Reichenbach, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen, Wien vom 27. Jänner 2009, GZ 43 R 16/09k-22, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 23. Oktober 2008, GZ 11 A 34/08i-13, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Revisionsrekurswerber ist der Sohn der am 6. Mai 2008 verstorbenen Hermine L*****. Er streitet mit dem Verlassenschaftskurator über die Inventarisierung eines auf „Überbringer" lautenden Sparbuchs, das ursprünglich der Verstorbenen gehört, sich bei ihrem Tod aber faktisch beim Sohn befunden hatte. Das Erstgericht sprach aus, dass das Sparbuch in das Inventar aufzunehmen sei, und wies den Antrag des Sohnes auf Ausscheidung ab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des zu diesem Zeitpunkt noch unvertretenen Sohnes nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Sohn am 17. Februar 2009 zugestellt. Mit einer am 10. März 2009 beim Erstgericht überreichten Eingabe erhob er dagegen „Einspruch" und beantragte die Gewährung von Verfahrenshilfe durch Beigabe eines Rechtsanwalts. Das Erstgericht gab diesem Antrag statt und veranlasste in weiterer Folge die Zustellung der Rekursentscheidung an den von der Rechtsanwaltskammer namhaft gemachten Verfahrenshilfeanwalt. Dieser führte binnen 14 Tagen einen ordentlichen Revisionsrekurs aus.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist verspätet.

1. Nach § 65 Abs 1 AußStrG beträgt die Frist für den Revisionsrekurs 14 Tage ab Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts. Zwar beginnt sie nach § 7 Abs 2 AußStrG mit Zustellung an den Verfahrenshilfevertreter neu zu laufen, wenn eine Partei innerhalb der Rekursfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrenshilfe begehrt. Im vorliegenden Fall endete die Frist für den Revisionsrekurs jedoch aufgrund der Zustellung am 17. Februar 2009 schon am 3. März 2009. Der am 10. März 2009 und damit nach Rechtskraft des angefochtenen Beschlusses überreichte Verfahrenshilfeantrag konnte daher die Rechtsmittelfrist nicht neu zum Laufen bringen (RIS-Justiz RS0036235).

2. Zwar können nach § 46 Abs 3 AußStrG Beschlüsse auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist angefochten werden, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Diese Bestimmung setzt allerdings voraus, dass die materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Stellung einer vom Rechtsmittelwerber verschiedenen Person nicht nachteilig berührt wird (RIS-Justiz RS0007126 [T2]), wobei die Beeinträchtigung der verfahrensrechtlichen Stellung genügt (RIS-Justiz RS0007180; zuletzt etwa 3 Ob 21/09y). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang mehrfach klargestellt, dass die Berücksichtigung eines verspäteten Rekurses nur bei Beschlüssen in Betracht kommt, die weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig sind (1 Ob 607/87 = SZ 60/103; RIS-Justiz RS0007084; zuletzt etwa 2 Ob 261/08h).

3. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen die Inventarisierung des Sparbuchs angeordnet. Dieser Beschluss hatte Einfluss auf die verfahrensrechtliche Stellung des ruhenden Nachlasses als einer vom Rechtsmittelwerber verschiedenen Person; ein weiterer Ausscheidungsantrag wäre wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen. Die mit dem Revisionsrekurs angestrebte Abänderung der angefochtenen Entscheidung führte daher zu einem Eingriff in eine durch diese Entscheidung begründete Rechtsstellung einer vom Rechtsmittelwerber verschiedenen Person. § 46 Abs 3 AußStrG ist aus diesem Grund nicht anzuwenden.

4. Nur zur Klarstellung ist festzuhalten, dass die Aufnahme in das Inventar nicht (endgültig) in allenfalls bestehende Rechte des Sohnes am Sparbuch eingreift. Das Inventar dient ausschließlich den Zwecken des Verlassenschaftsverfahrens; den Parteien bleibt es daher unbenommen, strittige Fragen im Rechtsweg auszutragen (RIS-Justiz RS0006465; zuletzt etwa 4 Ob 134/08x = iFamZ 2009, 112, und 7 Ob 220/08s).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte