OGH 6Ob241/07w

OGH6Ob241/07w17.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Josef K*****, vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wegen 7.056,77 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 15. Juni 2007, GZ 1 R 269/06p-21, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 31. August 2006, GZ 2 C 874/05s-18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Punkte 1.) bis 3.) des Spruchs in Rechtskraft erwachsen sind, werden

1. in Ansehung der Abweisung der Klageteilbegehren auf Zahlung von 508,47 EUR und von 633,55 EUR, jeweils samt 12 % Zinsen seit 28. 4. 2005, sowie von 2,53 % Zinsen aus 602,15 EUR seit 28. 4. 2005 als Teilurteil bestätigt;

2. in Ansehung der Abweisung des Klageteilbegehrens von 5.914,75 EUR samt 12 % Zinsen seit 28. 4. 2005 sowie der Entscheidung über den Teilbetrag von 397,85 EUR der Gegenforderung und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die b***** GmbH & Co KG (künftig: Firma K*****) verkaufte der klagenden Leasinggesellschaft im November 1999 eine vom Beklagten für sein Unternehmen ausgewählte Computeranlage (zwei Personalcomputer, zwei Monitore, ein Drucker) sowie Software zum Gesamtpreis von brutto 83.961,60 S/ netto 69.968 S (das sind 6.101,73 EUR/ 5.084,77 EUR).

Am 29. 10./17. 11. 1999 schlossen die Streitteile einen Finanzierungsleasingvertrag (Vollamortisationsvertrag) über die Computeranlage samt Software. Vereinbart wurde eine „Grundmietzeit" von 36 Monaten, eine monatliche Leasingrate in Höhe von brutto 2.694 S/ netto 2.245 S (das entspricht 195,78 EUR/ 163,15 EUR) und eine vierteljährliche Zahlungsweise. In dem vom Beklagten unterfertigten Vertragsformblatt (Beilage ./A) heißt es:

„Leasingbeginn/Leasingende: Die Grundmietzeit beginnt mit dem Ersten des auf die Übernahme folgenden Kalenderquartals. Falls ausdrücklich eine monatliche Zahlungsweise vereinbart wurde, beginnt die Grundmietzeit mit dem ersten des auf die Übernahme folgenden Monats. Erfolgt die Übernahme vor dem Beginn der Grundmietzeit, ist für die Zwischenzeit je Tag 1/30 der monatlichen Leasingrate zu zahlen. Auch für diese Zeit gelten die Bestimmungen dieses Leasingvertrages. Bis zum Ende der vereinbarten Grundmietzeit ist der Vertrag unkündbar. Er kann frühestens mit Ablauf der Grundmietzeit beendet werden (§ 3)."

Auf die „beigefügten" Allgemeinen Leasingbedingungen (künftig: ALB) der Klägerin wurde im Vertragsformblatt ausdrücklich hingewiesen. Sie lauten auszugsweise wie folgt:

㤠1 Zustandekommen und Gegenstand des Vertrages

1.1 ... Der Lieferant ist nicht berechtigt, vom Vertragstext abweichende Erklärungen abzugeben oder den LG [= Leasinggeber] in sonstiger Weise zu vertreten.

1.2 Durch den Leasingvertrag verpflichtet sich der LG, dem LN [= Leasingnehmer] den Gebrauch an dem Leasingobjekt nach Maßgabe dieser Bedingungen zur Verfügung zu stellen und der LN, von dem LG das Leasingobjekt (einschließlich ggf. zugehöriger Software) nach Maßgabe dieser Bedingungen zu leasen sowie die vereinbarten Leasingraten zu entrichten.

1.3 Die Auswahl des Lieferanten und des Leasingobjekts sowie die Kaufvertragsverhandlungen selbst sind Sache des LN.

§ 2 Vollamortisationsvertrag, Teilamortisationsvertrag mit Andienungsrecht

2.1 Bei Vollamortisations- und Teilamortisationsverträgen schuldet der LN dem LG eine Vollamortisation der mit der Beschaffung des Leasingobjektes und der Durchführung des Vertrages verbundenen Gesamtkosten des LG sowie des kalkulierten Gewinns.

2.2 Bei Abschluss eines Vollamortisationsvertrages wird die Vollamortisation durch Zahlung der vereinbarten Leasingraten während der Grundmietzeit erreicht. Sofern es nicht zu einer Verlängerung des Vertrages kommt, ist der LN verpflichtet, das Leasingobjekt nach Ende der Grundmietzeit an den LG nach Maßgabe des § 19 zurückzugeben. ...

§ 3 Grundmietzeit, Vertragsverlängerung

...

3.3 Beide Parteien können den Leasingvertrag mit einer Frist von 3 Monaten erstmals zum Ende der Grundmietzeit kündigen.

3.4 Wird von dem Kündigungsrecht zum Ende der Grundmietzeit kein Gebrauch gemacht, so verlängert sich der Vertrag um 6 Monate. Das gleiche gilt in der Folgezeit, wenn der Vertrag nicht von einer der Parteien mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende der Verlängerungszeit gekündigt wird. Auch für die Zeit der Verlängerung gelten die vereinbarten Vertragsbedingungen.

3.5 Eine Verlängerung nach § 3.4 tritt nicht ein, wenn ein Teilamortisationsvertrag abgeschlossen wurde und der LG von seinem Andienungsrecht Gebrauch macht.

...

§ 15 Vorzeitige Kündigung

15.1 Der LG ist aus wichtigem Grund zur vorzeitigen Kündigung des Leasingvertrages berechtigt. Dies gilt insbesondere für den Fall des Zahlungsverzuges des LN.

15.2 Das Recht zur fristlosen Kündigung und zur Geltendmachung von Schadensersatz steht dem LG darüber hinaus insbesondere dann zu, wenn ...

§ 17 Folgen vorzeitiger Kündigung

Im Fall der vorzeitigen Auflösung des Vertrages hat der LG einen sofort fälligen, verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch gegen den LN in Höhe aller noch fälligen Zahlungen aus dem Leasingvertrag einschließlich des bei Vollamortisation kalkulierten Restwertes von 10 % der Anschaffungskosten ..., jeweils abgezinst zur geltenden Bankrate der OeNB. Die noch fälligen Zahlungen aus dem Leasingvertrag errechnen sich bis Ende der Vertragsdauer. Auf diese Zahlungspflicht des LN ist ein Nettoerlös der Verwertung des Leasingobjektes ... anzurechnen.

§ 19 Vertragsbeendigung, Rückgabe des Leasingobjektes

19.1 Bei Vertragsbeendigung - gleich, aus welchem Rechtsgrund - ist der LN verpflichtet, das Leasingobjekt ... an die ... G***** AG oder an eine vom LG benannte andere Anschrift ... zurückzugeben ... Dem LN wird durch diesen Vertrag kein Recht eingeräumt, nach Vertragsbeendigung Eigentum an dem Leasingobjekt zu erwerben.

...

19.3 Gibt der LN das Leasingobjekt nach Beendigung des Leasingvertrages nicht zurück, so sind für die Dauer der Vorenthaltung für jeden angefangenen Kalendertag als Entschädigung 1/30 der vereinbarten Leasingrate fällig und zahlbar. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadens - einschließlich der Kosten der Abholung des Leasingobjektes - bleibt vorbehalten, wenn der LN die verspätete Rückgabe zu vertreten hat. Hat der LG dem LN eine Frist mit dem Hinweis gesetzt, dass er nach Ablauf der Frist die Annahme des Leasingobjektes verweigern und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen werde, so ist er darüber hinaus berechtigt, als Bestandteil seines Schadens den Zeitwert geltend zu machen, den das Leasingobjekt nach Ablauf der Frist gehabt hätte.

..."

Der Beklagte und seine - nach dessen Pensionierung mit 31. 12. 2001 das Unternehmen fortführende - Ehefrau haben die vierteljährlich zu entrichtenden Leasingraten (insgesamt brutto 6.460,75 EUR/88.901,91 S) mit Ausnahme der Rate für das vierte Quartal des Jahres 2002 (587,34 EUR) an die Klägerin bezahlt. Über das Vermögen der Ehefrau des Beklagten wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 3. 3. 2003 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Im Zuge der anschließenden Betriebsauflösung holte die Firma K***** über Ersuchen der Ehefrau des Beklagten die geleasten Sachen ab und brachte sie vorerst zu sich. Der Beklagte wies sie an, die Sachen dort zu belassen. In der Folge entsorgte die Firma K***** den Drucker und die beiden Bildschirme als wertlos und unverkäuflich. In diese Vorgänge war die Klägerin nicht eingebunden. Es steht auch nicht fest, dass sie über den Eintritt der Ehefrau des Beklagten in den Leasingvertrag verständigt wurde.

Mit Schreiben vom 12. 11. 2002 mahnte die Klägerin den mit 602,15 EUR bezifferten aushaftenden Rückstand ein. Der rechtsanwaltliche Vertreter der Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 20. 10. 2004 zur Zahlung von 4.358,22 EUR auf. Zum 27. 4. 2005 nahm die Klägerin, von einer vorzeitigen Vertragsauflösung ausgehend, eine Schadensberechnung vor, die einen Betrag von 7.658,92 EUR ergab (6.460,74 EUR [33 Leasingraten ab Oktober 2002 bis Juni 2005], 56,16 EUR Rücklastschriftkosten, 508,47 EUR Restwert, 633,55 EUR Zinsen). Über Anfrage der Firma K***** erteilte die Klägerin dieser am 17. 5. 2005 den Auftrag, die restlichen Geräte zu entsorgen. Die Festplatten befinden sich noch bei der Firma K*****.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 23. 5. 2005 eingebrachten Klage vom Beklagten die Zahlung von 7.658,92 EUR samt 12 % vereinbarter Zinsen seit 27. 4. 2005. Wegen Verzugs mit der Zahlung der Leasingraten habe die Klägerin nach Mahnung und Setzung einer angemessenen Nachfrist vertragsgemäß den auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Leasingvertrag vorzeitig aufgelöst und die Schadensberechnung durchgeführt. Sie sei berechtigt, alle - seit 1. 10. 2002 - noch ausstehenden Leasingentgelte (insgesamt 6.516,90 EUR), den gemäß § 17 ALB vereinbarten Restwert von 508,47 EUR und kapitalisierte Zinsen von 633,55 EUR einzufordern. Während des aufrechten Leasingvertrags sei der Beklagte zur Zahlung des Leasingentgelts verpflichtet gewesen. Da der Beklagte den Leasingvertrag nicht gekündigt habe, sei dieser bis zur Kündigung durch die Klägerin aufrecht geblieben, sodass der Beklagte die Leasingentgelte zu zahlen habe. Er sei gemäß § 19 ALB verpflichtet, bei Vertragsende das Leasingobjekt an die Klägerin zurückzustellen. Für jeden Tag der verspäteten Rückstellung sei ein Benützungsentgelt in Höhe von 1/30tel des Leasingentgelts zu zahlen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte eine Gegenforderung von 1.000 EUR aufrechnungsweise ein. Er schulde wegen der Rückgabe der Leasingobjekte an die Firma K*****, aber auch wegen der mit dieser vereinbarten Vertragsbeendigung nichts mehr. Das „Klagebegehren" sei sittenwidrig, weil „aufgrund der faktischen Wertlosigkeit die Computeranlage spätestens ab Frühjahr 2003 ein Mietzins/Leasingentgelt von brutto 195,78 EUR in keinem Verhältnis zum Wert des Bestandobjekts bzw der tatsächlich nicht gegebenen Nutzung" stehe. Die jahrelange Untätigkeit der Klägerin habe den Beklagten annehmen lassen, dass der Leasingvertrag bereits Ende 2002 beendet gewesen sei. Es liege auch eine im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gröbliche Benachteiligung des Beklagten vor, weil die Klägerin bei „Bestehen auf Erfüllung des Vertrags" unverhältnismäßig bereichert wäre. Dies stelle auch ein auffallendes Missverhältnis im Sinn des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB dar. Zudem könnten Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts nicht Vertragsbestandteil werden, wenn sie nachteilig seien und damit den Umständen nach nicht habe gerechnet werden müssen.

Das Erstgericht hat die Klagsforderung mit 602,15 EUR samt 7,4 % Zinsen als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannt und den Beklagten zur Zahlung von 602,15 EUR samt 7,4 % Zinsen seit 28. 4. 2005 verpflichtet. Das Mehrbegehren von 7.056,77 EUR sA wies es ab. Über den eingangs wiedergebenen Sachverhalt hinaus stellte es noch fest:

Hätte der Beklagte bzw seine Ehefrau die letzte aushaftende Quartalsrate in Höhe von 587,34 EUR bezahlt, so wäre die bei der Firma K***** gekaufte Ware ausfinanziert gewesen und im Unternehmen verblieben. Der rechnerische Restwert hätte 0 EUR betragen. Der bei einem Verkauf allenfalls im günstigsten Fall zu erzielende Kaufpreis hätte den Betrag von 587,34 EUR nicht überschritten, weil die Hardware allenfalls einen Wert bzw Nutzen gehabt hätte, wenn sie im Unternehmen der Ehefrau des Beklagten weiterverwendet worden wäre.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass der Leasingvertrag wegen der völligen Ausfinanzierung des Kaufpreises des Leasingobjekts als Kreditvertrag zu werten sei. Die Klägerin habe daher nur Anspruch auf Zahlung der rückständigen Leasingraten für die Grundmietzeit.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge, indem es den Zinsenzuspruch abänderte. Es übernahm die Feststellung, dass die Leasingobjekte bei Zahlung der letzten Leasingrate der Grundmietzeit „ausfinanziert" gewesen und im Unternehmen verblieben wären, aus rechtlichen Gründen nicht. Es vertrat die Auffassung, dass der Leasingvertrag „grundsätzlich" mit Ablauf der Grundmietzeit von 36 Monaten geendet habe. Es habe keiner Kündigung gemäß § 3 3.3 der ALB bedurft, weil dieses Vertragsverhältnis infolge Zeitablauf und Erreichung seines Zwecks für die Klägerin (Vollamortisation der mit der Beschaffung des Leasingobjekts und der Durchführung des Vertrags verbundenen Gesamtkosten sowie des kalkulierten Gewinns; § 2 2.2 der ALB) geendet habe. Zu diesem Zeitpunkt sei das kreditvertragliche Element des Finanzierungsleasingvertrags weggefallen, sodass schon deshalb eine (zeitliche) Verlängerung des Leasingvertrags im Sinn des § 3 3.4 der ALB begrifflich ausgeschlossen sei. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit nach Vollamortisation wäre nur noch Miete. Die Parteien hätten in teilweisem Austausch des Rechtsgrundes anstelle des bisherigen Schuldverhältnisses ein neues begründet. Es läge in Wahrheit eine Novation vor, die nicht durch die Unterlassung einer in den ALB vereinbarten Kündigung stattfinden könne. Auch wenn der Beklagte das Leasingobjekt nach Ablauf der Grundmietzeit nicht der Klägerin zurückgestellt habe, sei der Leasingvertrag nicht konkludent verlängert worden. Der Restwert habe nach Ablauf der Grundmietzeit nur 508,47 EUR betragen. Die fest vereinbarte Nutzungsdauer von drei Jahren habe sich der Dauer der Gebrauchsfähigkeit angenähert. Berücksichtige man weiters, dass bei Ablauf der Grundmietzeit 35 von 36 Leasingraten bezahlt gewesen seien und dem Beklagten keine Kaufoption zugestanden sei, habe die Klägerin in der Unterlassung der Rückstellung keine Schuldersetzung - Miete eines kurzlebigen Wirtschaftsguts zu einem Zins in Höhe der ursprünglich vereinbarten, auch die Beschaffungskosten enthaltenden Leasingraten - erblicken können.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der „Verlängerung eines mittelbaren Finanzierungsleasing- und Vollamortisationsvertrags durch Unterlassung der in den ALB vereinbarten Kündigung" fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zu Recht macht die Revisionswerberin geltend, dass der Vertragsauslegung des Berufungsgerichts, mit Ablauf der (grundsätzlich) unkündbaren „Grundmietzeit" (Amortisationszeit) sei der Vollamortisationsvertrag vereinbarungsgemäß ausgelaufen, der eindeutige und klare, einer abweichenden Interpretation nicht zugängliche Wortlaut der letzten beiden Sätze im Passus „Leasingbeginn/Leasingende" im Vertragsformblatt und des § 3 3.3 und 3.4 der unstrittig vereinbarten ALB entgegensteht. Nach diesen Regelungen vereinbarten die Parteien, dass zur Beendigung des Vertrags zum Ablauf der Grundmietzeit eine Kündigung erforderlich ist und sich der Vertrag automatisch jeweils um sechs Monate (zu den bisherigen Bedingungen) verlängert, wenn nicht eine Partei von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Aus dem Satz „Er kann frühestens mit Ablauf der Grundmietzeit beendet werden" im Punkt „Leasingbeginn/Leasingende" des vom Beklagten unterschriebenen Vertragsformblatts ergibt sich unmissverständlich, dass der Vertrag nicht durch bloßen Ablauf der „Grundmietzeit" beendet wird.

2. Zu prüfen bleibt, ob ein Verstoß gegen § 864a ABGB oder § 879 Abs 3 ABGB vorliegt. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin hat der Beklagte die Unwirksamkeit der Klausel auch nach § 879 Abs 3 ABGB eingewendet.

2.1. Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen (§ 864a ABGB).

2.1.1. Die Geltungskontrolle einzelner ungewöhnlicher und nachteiliger AGB-Klauseln nach dieser Vorschrift geht der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB vor (1 Ob 581/83, SZ 56/62; RIS-Justiz RS0014642) und betrifft auch vertragliche Hauptpflichten (1 Ob 520/91, SZ 64/31; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB2 § 864a Rz 9 mwN). Verstößt eine Klausel gegen § 864a ABGB und erfolgte kein besonderer Hinweis, so gilt der Vertrag ohne sie (7 Ob 267/02v; Bollenberger aaO Rz 9).

2.1.2. Als objektiv ungewöhnlich wird eine Klausel dann beurteilt, wenn sie von den berechtigten Erwartungen des Vertragsgegners deutlich abweicht, sodass er nach den Umständen mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Klausel muss einen Überrumpelungs- oder gar Übertölpelungseffekt haben (4 Ob 5/08a; 6 Ob 55/02k; RIS-Justiz RS0014646; Bollenberger aaO Rz 10 mwN). Ins Gewicht fällt hierbei die Üblichkeit der Klausel bei einem Geschäftstyp, doch kommt es auf redliche Verkehrsgepflogenheiten an, sodass selbst eine weite Verbreitung der Klausel in einer bestimmten Branche die Anwendung des § 864a ABGB nicht hindert (4 Ob 5/08a mwN; 3 Ob 72/07w; Bollenberger aaO Rz 10 mwN). Neben ihrem Inhalt ist auch die Stellung der Klausel im Gesamtgefüge des Vertragstexts maßgebend (4 Ob 5/08a mwN; Bollenberger aaO Rz 10 mwN).

2.2. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 864a ABGB sind im Anlassfall nicht gegeben:

2.2.1. Die Bestimmungen des letzten Satzes im Passus „Leasingbeginn/Leasingende" des Vertragsformblatts und der darin verwiesene § 3 3.3 und 3.4 der ALB stellen keine im Sinn des § 864a ABGB ungewöhnliche Regelung dar. Befristete Leasingverträge, die nicht durch bloßen Ablauf der Grundvertragsdauer, sondern vereinbarungsgemäß durch Abgabe einer Kündigungserklärung vor Zeitablauf enden (bedingter Endtermin), sind eine durchaus übliche Vertragsgestaltung (vgl Würth in Rummel, ABGB³ § 1090 Rz 29; Einkommensteuerrichtlinien [EStR] 2000 Rz 137).

2.2.2. Das Finanzierungsleasing ist eine Form der Investitionsfinanzierung, bei dem an die Stelle des Eigentumserwerbs an den Anlagegütern die bloße Gebrauchsüberlassung tritt (Koziol/Welser II13, 244; Würth in Rummel, ABGB³ § 1090 Rz 27). Der Leasinggeber erwirbt eine den Wünschen des Leasingnehmers, der das Leasinggut seinerseits bei einem Dritten (Lieferanten, Hersteller, Händler usw) ausgesucht hat, entsprechende Sache, um sie diesem für bestimmte Zeit zum Gebrauch zu überlassen (2 Ob 501/79, SZ 52/34; Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger aaO § 1063 Rz 24). Typischerweise ist die Vertragsgestaltung im Interesse des Leasinggebers auf eine Amortisation des eingesetzten Kapitals zuzüglich Finanzierungskosten und angemessenem Gewinn gerichtet. Dabei wird dieses Ziel beim Vollamortisationsleasing dadurch erreicht, dass der Vertrag bis zu einem Zeitpunkt unkündbar ist („Grundlaufzeit") und die Summe der bis dahin zu entrichtenden Raten alle Aufwendungen für die Anschaffung und Refinanzierung sowie einen Gewinn abdeckt. Beim Teilamortisationsleasing ist die angestrebte volle Amortisation dadurch gewährleistet, dass neben der Summe der Leasingraten auch der erwartete oder kalkulierte Restwert des Leasingguts eine maßgebende Rolle spielt. In diesem Fall hat der Leasingnehmer entweder das Leasinggut zum vereinbarten Restwert zu übernehmen („Andienungsrecht" des Leasinggebers) oder unabhängig davon dem Leasinggeber den kalkulierten Restwert zu garantieren (vgl 6 Ob 691/90, SZ 63/215; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts II/2 100 f; Würth aaO § 1090 Rz 27, 27a mwN; Koziol/Welser II13 245).

2.2.3. Die Leasingraten stehen in keinem Zusammenhang mit marktüblichen Mietzinszahlungen für ein gleichwertiges Objekt (Würth aaO § 1090 Rz 27; Jud in Krejci, Handbuch zum KSchG 517). Sie stellen sich nicht als bloßes Äquivalent für die Gebrauchsüberlassung während der Vertragsdauer dar; sie sind ja von den Parteien dazu bestimmt, den Kapitaleinsatz des Leasinggebers einschließlich des kalkulierten Gewinns zu tilgen. Die Höhe der Leasingraten ist daher - anders als im Mietrecht - nicht an den aktuellen Nutzungswert gekoppelt. Mit zunehmender Entwertung des Leasingguts gegen Ende der Grundlaufzeit können die Leasingraten nicht selten den Gebrauchswert um ein Mehrfaches übersteigen (vgl Stoffels in Staudinger, BGB [2004] Leasing Rz 286).

2.2.4. Im Anlassfall liegt unstrittig Vollamortisationsleasing vor. Die Vollamortisation sollte zum Ende der „Grundmietzeit" erreicht sein. Infolge der Unterlassung der Kündigung des Vertrags zum Ende der „Grundmietzeit" und weiteren Endterminen ist es zu einer (automatischen) Vertragsfortsetzung gekommen.

2.2.5. Die Regelung der Vertragsfortsetzung nach dem Eintritt der Vollamortisation mit Ablauf der „Grundmietzeit" zu den bisherigen Leasingraten in Vertragsformblättern und Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist für den Leasingnehmer gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

2.2.5.1. § 879 Abs 3 ABGB ist nicht auf in Vertragsformblättern oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsbestimmungen anwendbar, die eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegen. Nach Rechtsprechung und Lehre sind Hauptpunkte im Sinn der genannten Vorschrift nur diejenigen Vertragsbestandteile, die die individuelle zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen festlegen (10 Ob 125/05p; vgl 4 Ob 112/04f, SZ 2004/125 mwN; Bollenberger aaO § 879 Rz 22 mwN). Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin betrifft die Regelung der bei Unterlassung der Kündigung eintretenden automatischen Vertragsfortsetzung keinen Hauptpunkt.

2.2.5.2. Maßgeblich für die Prüfung, ob eine Klausel im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend ist, ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (4 Ob 50/00g, SZ 73/46 mwN).

Gröbliche Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn vom dispositiven Recht abweichende Klauseln unangemessen bzw sachlich nicht gerechtfertigt sind (vgl 7 Ob 267/02v; Bollenberger aaO § 879 Rz 23 mwN), sondern ist auch anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Vertragsposition in auffallendem, sachlich nicht zu rechtfertigendem Missverhältnis zur vergleichbaren Position des anderen steht (4 Ob 50/00g, SZ 73/46; Bollenberger aaO § 879 Rz 23 mwN).

2.2.5.3. Die gröbliche Benachteiligung ist nicht darin zu sehen, dass der Vertrag nicht automatisch mit Eintritt der Amortisation (mit dem Ablauf der „Grundmietzeit") endet, sondern einer Kündigung bedarf. Sie ist deshalb anzunehmen, weil die Vertragsfortsetzung zu den bisherigen Bedingungen geschieht, der Leasingnehmer also die vereinbarten Raten zahlen muss, deren Höhe in Hinblick auf den Vollamortisationszweck kalkuliert ist und daher in der Regel nach dem Vollamortisationszeitpunkt weit über dem Gebrauchswert des - inzwischen (stark) gealterten oder gar abgenutzten - Leasingguts liegt (vgl Canaris, Interessenlage, Grundprinzipien und Rechtsnatur des Finanzierungsleasing, AcP 190, 411, 441 ff; Larenz/Canaris aaO 125; Tiedtke, dJZ 1993, 742). An einer Fortsetzung des Gebrauchs des Leasingguts gegen Zahlung der bisherigen Raten hat ein Leasingnehmer deshalb grundsätzlich kein Interesse. Dass der Leasinggeber bewusst die Möglichkeit einkalkuliert hat, bei Versäumung der Kündigung (zum und nach Eintritt der Amortisation) einen deutlich höheren Gewinn zu erzielen, ist nicht redlich, weil sein Interesse beim Vollamortisationsvertrag mit der Zahlung der letzten Leasingrate befriedigt ist und die Vergütung für eine Weiterbenützung des Leasingguts durch den Leasingnehmer nicht in Zahlung der Leasingraten in der bisherigen, im Verhältnis zum Gebrauchswert regelmäßig viel zu hohen Höhe bestehen kann (vgl Tiedtke, dJZ 1993, 742; Canaris aaO 446).

2.2.5.4. Ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB bewirkt die Nichtigkeit nur der betroffenen Vertragsbestimmung; der Restvertrag bleibt bestehen (1 Ob 144/04i mwN; Bollenberger aaO § 879 Rz 30). Im Anlassfall führt die Nichtigkeit gemäß § 879 Abs 3 ABGB - anders als im Verfahren über eine Verbandsklage (RIS-Justiz RS0038205) - nicht jedenfalls zum gänzlichen Entfall der betroffenen Vertragsklausel, sondern zu deren geltungserhaltenden Reduktion auf den rechtlich erlaubten Inhalt (1 Ob 44/06m mwN). Rechtlich erlaubt ist beim Vollamortisationsleasing eine von den Parteien an sich gewollte, durch die Nichtabgabe einer Kündigungserklärung bedingte Vertragsfortsetzung nach Eintritt der Vollamortisation zu einem Entgelt, das in angemessenem Verhältnis zum verbliebenen Gebrauchs- oder Verkehrswert des Leasingguts steht. So wird einerseits dem Interesse des Leasinggebers an der Verwertung eines Restwerts, andererseits dem Interesse des Leasingnehmers an der Ausschöpfung des Gebrauchswerts der Leasingsache in ausgewogener Weise Rechnung getragen.

2.2.5.5. Da der Entgeltanspruch der Klägerin in dieser Richtung nicht erörtert und Feststellungen, die eine Beantwortung der Frage der Entgelthöhe ermöglichen, nicht getroffen wurden, sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben (§ 510 Abs 1 ZPO). Das Erstgericht wird das Verfahren im aufgezeigten Sinn durch Erörterung der Frage mit den Parteien und - sofern Tatsachenbehauptungen strittig bleiben - durch Beweisaufnahmen zu ergänzen haben.

Dass die Rücknahme des Leasingguts durch den hiezu von der Klägerin nicht bevollmächtigten Lieferanten, von der die Klägerin nichts wusste, den Leasingvertrag nicht beendete, hat das Berufungsgericht zutreffend beurteilt.

3. Die Abweisung des Begehrens auf Zahlung des Restwerts (508,47 EUR) der kapitalisierten Zinsen (633,55 EUR) und eines weiteren Zinsenmehrbegehrens war hingegen zu bestätigen:

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des Restwerts nach § 17 der ALB. Diese Klausel bezieht sich auf eine vorzeitige Kündigung vor dem Ablauf der Grundmietzeit, weil nur insoweit nach der Parteienvereinbarung unter dem Gesichtspunkt des Amortisationsprinzips ein kalkulierter Restwert von Belang sein kann.

Zu den Begehren auf Zahlung kapitalisierter Zinsen und weiterer 2,53 % Zinsen aus 602,15 EUR seit 28. 4. 2005 hat die Klägerin keine konkreten Angaben gemacht, sodass es nicht nachvollziehbar ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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