OGH 5Ob155/08t

OGH5Ob155/08t26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Magdalena M*****, vertreten durch Themmer, Toth und Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** Gemeinnützige Wohnungs AG, *****, vertreten durch Köhler Draskovits Strolz Unger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen §§ 16, 22 Abs 1 Z 10 WGG über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Oktober 2007, GZ 39 R 212/07a‑16, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 28. Februar 2007, GZ 34 Msch 7/06g‑8, abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die außerstreitige Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Mit Mietvertrag vom 20. 6. 2000 mietete die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Wohnung top 3 im Haus *****. Die Bestimmungen des Mietvertrags lauten - soweit relevant - wie folgt:

㤠4 Kosten und Finanzierung

(1) Grundlage dieses Vertrags sind die sich aus der Endabrechnung ergebenden Gesamtbaukosten der neu errichteten Bauteile (WGG‑Objekte) mit vorläufig 26.062 Nutzwerten und die anteiligen Grundkosten (Herstellungskosten). ...

§ 5 Mietzins

(5) Nach Vorliegen der Endabrechnung und endgültigen Nutzwertfestsetzung wird die Grundmiete gemäß den Bestimmungen des § 4 Abs 1 und 3 rückwirkend ab Beginn des Mietverhältnisses neu zu berechnen und zu bezahlen sein.

§ 6 Aufteilungsschlüssel

(1) Die Aufteilung aller einmaligen und laufenden Kosten erfolgt, soferne im Folgenden nichts anderes vereinbart wird, grundsätzlich und ausdrücklich vereinbart im Verhältnis der Nutzwerte des Mietgegenstands zum Nutzwert aller Bestandseinheiten. Der Mieter nimmt zur Kenntnis, dass gemäß den Förderungsvorschriften für die Aufteilung der Baukosten der gegenständlichen Baulichkeit bzw deren Finanzierung der Nutzwert‑Schlüssel herangezogen wird. ... Eine Aufteilung auf nicht kostentragende oder mit keinem Nutzwert versehene Räumlichkeiten bzw der gemeinsamen Benützung aller Bewohner dienenden Räumlichkeiten wie Kinderwagen- und Hobbyräume etc erfolgt nicht.

(2) Als Aufteilungsschlüssel für die Betriebskosten werden die Nutzwerte aller Bestandseinheiten der WGG‑Wohnungen und WGG‑Geschäfte/Büros im Ausmaß von 26.062 Nutzwerten aufgrund der baubehördlich genehmigten Bestandspläne ... zwischen der Vermieterin und Mieterin ausdrücklich ... vereinbart.

(3) Der Aufteilung nach den Nutzwerten gemäß § 6 Abs 2 dieses Vertrags (Betriebskostenschlüssel) unterliegen auch die Kosten des Betriebs der Gemeinschaftsanlagen mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten ... und der Kosten des Waschküchenbetriebs, die nur entsprechend den auf die Wohnungen entfallenden Nutzwerte aufgeteilt werden, die Garagenbetriebskosten, die Verwaltungskostenzuschläge ...

(4) Abweichend vom Aufteilungsschlüssel wird der Kalt- und Nutzwasserbezug durch Verbrauchszähler/Wohneinheit verrechnet".

Die Antragsgegnerin vereinbarte mit allen Mietern abweichend von § 16 Abs 1 WGG (Nutzflächenschlüssel) die Aufteilung nach Nutzwerten.

Das Nutzwertgutachten vom 30. 3. 2000 hatte ‑ ohne den einen eigenen Verrechnungskreis bildenden Bauteil II - einen Gesamtnutzwert von 26.399 festgesetzt; davon entfielen 3.191 auf die KFZ‑Abstellplätze (in Garagen/Parkdecks).

Im Mai 2005 übermittelte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Jahresabrechnung 2004, der ein Aufteilungsschlüssel mit einem Gesamtnutzwert von 26.399 zugrundegelegt wurde. Diese Abrechnung wurde mit Schreiben vom 7. 7. 2005 dahin korrigiert, dass nunmehr von einem Gesamtnutzwert von 23.208 ausgegangen wurde (Gesamtnutzwert ohne PKW‑Abstellplätze).

Es gibt keine (gemeint: zusätzliche) schriftliche Vereinbarung der Antragsgegnerin mit allen Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten über einen neuen Aufteilungsschlüssel.

Die Antragstellerin begehrt nach § 22 Abs 1 Z 10 WGG die Festsetzung des zulässigen Verteilungsschlüssels. Sie vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, die ausdrückliche Vereinbarung über einen Aufteilungsschlüssel mit einem Gesamtnutzwert von 26.062 binde die Antragsgegnerin, die nicht einseitig einen für die Antragstellerin ungünstigen Aufteilungsschlüssel heranziehen könne. Der Gesamtnutzwert sei nach § 16 Abs 3 WGG iVm § 2 Abs 8 WEG 2002 die Summe der Nutzwerte aller Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände, weshalb entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht nur Wohnungen und Büros, sondern auch Abstellplätze für Kraftfahrzeuge als wohnungseigentumstaugliche Objekte im Sinn des § 2 WEG 2002 einzubeziehen sein. § 14 Abs 8 WGG regle nur die Verwendung der einzelnen Entgelte und wirke sich nicht auf den Aufteilungsschlüssel aus.

Die Antragsgegnerin stellt außer Streit, dass mit allen Mietern/Nutzungsberechtigten eine Aufteilung nach Nutzwerten vereinbart wurde. Sie misst aber dem im Mietvertrag der Antragstellerin angeführten Gesamtnutzwert von 26.062 eine völlig andere Bedeutung zu, nämlich eine nur irrtümliche, auf der Einreichplanung basierende und vorläufige Festsetzung eines Gesamtnutzwerts. Der (richtige) Gesamtnutzwert laut Nutzwertgutachten müsse aufgrund der Regelung des § 14 Abs 8 WGG um die Nutzwerte für die KFZ‑Abstellplätze verringert werden. Die Einnahmen aus der Vermietung der Stellplätze würden gesetzeskonform zu einem Viertel den Betriebskosten des Hauses gutgeschrieben.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Verteilung der Kosten für den Betrieb der Liegenschaft hinsichtlich der Antragstellerin unter Zugrundelegung eines Gesamtnutzwerts von 26.062 zu erfolgen hat. Es ging von einer bindenden Festlegung des Nutzwerts von 26.062 aus.

Das von der Antragsgegnerin angerufene Rekursgericht stellte fest, dass die Verteilung der Kosten hinsichtlich der Antragstellerin auf Basis eines Gesamtnutzwerts von 23.208 (ohne KFZ‑Abstellplätze) zu erfolgen hat. Aus den Bestimmungen des Mietvertrags ergebe sich eindeutig der Wille der Parteien, dem Gesamtnutzwert von 26.062 nur vorläufige Bedeutung zuzumessen sowie dem Gesamtnutzwert nur die Nutzwerte der Wohnungen, Büros und Geschäftsräume, die dem WGG unterliegen, nicht aber jene der KFZ‑Abstellplätze zugrundezulegen.

In ihrem Revisionsrekurs beantragt die Antragstellerin, dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben.

Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Über Antrag der Antragstellerin ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs wegen der Behauptung einer Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Die Revisionsrekurswerberin rügt (gestützt § 477 Abs 1 Z 9 ZPO) die völlig fehlende Überprüfbarkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung. Die mangelhafte Fassung eines Beschlusses, die dessen Überprüfung unmöglich macht, ist in § 57 Z 1 AußStrG geregelt. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO (RIS‑Justiz RS0121710), weshalb die in Lehre und Judikatur entwickelten Kriterien zum Vorliegen dieses Nichtigkeitstatbestands heranzuziehen sind.

Die Nichtigkeitssanktion des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO umfasst drei Fälle: a) die Fassung der Entscheidung ist so mangelhaft, dass ihre Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann; b) die Entscheidung steht mit sich selbst im Widerspruch; c) für die Entscheidung sind gar keine Gründe angegeben (Kodek in Rechberger ZPO3 § 477 Rz 12). Eine mangelhafte Begründung macht eine Entscheidung dann nichtig, wenn sie sich überhaupt nicht überprüfen lässt (RIS‑Justiz RS0042133 [T6, T10 und T11]).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Rekursgericht hat im Rahmen der rechtlichen Beurteilung seine Erwägungen zur Auslegung der Vereinbarungen über den Aufteilungsschlüssel (knapp) dargelegt. Ob seine Rechtsauffassung einer Überprüfung standhält, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu überprüfen; überprüfbar ist die Entscheidung des Rekursgerichts aber jedenfalls.

2. Eine Mangelhaftigkeit des rekursgerichtlichen Verfahrens sowie eine Aktenwidrigkeit sieht die Antragstellerin in einem Abweichen von den erstgerichtlichen Feststellungen ohne vorangegangene Beweisergänzung durch das Rekursgericht. Die Ausführungen des Rekursgerichts zum Parteiwillen sind aber nicht dahin zu verstehen, dass damit ergänzende Tatsachenfeststellungen über den tatsächlichen übereinstimmenden Willen der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses getroffen werden sollten. Das Rekursgericht hat vielmehr eine Auslegung nach den Kriterien des § 914 ABGB vorgenommen und sich dabei am Vertragstext iVm den Parteiwillen orientiert, letzteres abgestellt auf den objektiven Empfängerhorizont des jeweiligen Vertragspartners (RIS‑Justiz RS0017833; RS0017834; RS0017915; RS0113932; Bollenberger in KBB2 § 914 Rz 6).

3. Das Gesetz gibt mit § 16 Abs 1 WGG die Aufteilung sämtlicher Kosten nach Nutzflächen vor. Was als Nutzfläche gilt, definiert § 16 Abs 2 WGG, der in seinem zweiten Satz ua Treppen, offene Balkone und Terassen sowie - eingeführt durch das Wohnungseigentumsbegleitgesetz, BGBl I Nr. 71/2002 - auch Ein- oder Abstellplätze für Kraftfahrzeuge von der Einbeziehung in die Nutzflächen ausnimmt.

Die im Gesetz normierten Durchbrechungen des Nutzflächenschlüssels als Regelfall lassen ihn jedoch nur als subsidiär geltenden Verteilungsschlüssel erscheinen (Würth/Zingher/Kovany Miet- und Wohnrecht21 § 16 WGG Rz 3; 5 Ob 121/04m). Zunächst ermöglicht Abs 3 der Bauvereinigung, den Anteil abweichend von der Regelung des Abs 1 auch im Verhältnis des Nutzwerts im Sinn des § 2 Abs 8 WEG 2002 des Miet- oder Nutzungsgegenstands zur Summe der Nutzwerte aller Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände festzulegen. Nach § 16 Abs 5 Z 1 WGG kann durch schriftliche Vereinbarung zwischen der Bauvereinigung und allen Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten von einem Aufteilungsschlüssel gemäß Abs 1 und 3 abgewichen werden.

4. Ein abweichender Verteilungsschlüssel kann auch durch Summenvereinbarungen (also inhaltlich übereinstimmende Einzelvereinbarungen) vereinbart werden (5 Ob 126/01t = SZ 74/100; 5 Ob 25/04v = wobl 2005/117; Würth/Zingher/Kovany aaO Rz 8). Jede Vereinbarung muss den gesamten Schlüssel (oder einen einheitlichen Berechnungsmodus) aufweisen; sie darf sich nicht nur auf den Anteil eines einzelnen Mieters beschränken (vgl 5 Ob 197/99b = wobl 2001/125 zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 17 Abs 1 MRG = RIS‑Justiz RS0113520).

5. Die Feststellungen des Erstgerichts können ‑ vernünftigerweise - nur so verstanden werden, dass die Antragsgegnerin mit sämtlichen Mietern- oder Nutzungsberechtigten jeweils nur eine Vereinbarung, und zwar im Mietvertrag, über den Verteilungsschlüssel geschlossen hat, nicht aber zusätzliche, von diesem einmal festgelegten Schlüssel abweichende Vereinbarungen. Klargestellt ist jedenfalls das Vorliegen einer Summenvereinbarung, wonach abweichend vom Nutzflächenschlüssel eine Aufteilung nach Nutzwerten zu erfolgen hat (§ 16 Abs 3 WGG). Die Antragstellerin selbst bezweifelte die Wirksamkeit einer Vereinbarung über die Aufteilung nach Nutzwerten nicht, strebt sie doch selbst eine derartige Aufteilung an. Insofern stimmen die Standpunkte der Parteien überein. Diese divergieren nur darin, mit welcher Zahl der Gesamtnutzwert anzusetzen ist, insbesondere, ob die Nutzwerte für die KFZ‑Stellplätze einzubeziehen sind.

6. Das Erstgericht hat nicht konkret festgestellt, ob in sämtlichen Vereinbarungen mit den anderen Mietern und Nutzungsberechtigten ebenso wie im Mietvertrag mit der Antragstellerin der Gesamtnutzwert ausdrücklich beziffert wurde, und ob alle relevanten Vertragsbestimmungen ident sind. Eine Aufklärung zu diesen Punkten ist aber nicht notwendig. Das vorgelegte Mietvertragsformular der Antragstellerin ist eindeutig ein Vertragsformblatt (vgl § 6 Abs 3 KSchG) der Antragsgegnerin. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass eine Gemeinnützige Bauvereinigung wie die Antragsgegnerin bei derartigen Bauprojekten mit sämtlichen Mietern und Nutzungsberechtigten idente Mietvertragsformulare verwendet, jedenfalls soweit es die für jeden Mieter und Nutzungsberechtigten geltenden allgemeinen vertraglichen Regeln (wie Festsetzung eines Verteilungsschlüssels) betrifft.

7. § 16 Abs 5 Z 1 WGG ermöglicht der Bauvereinigung nach der höchstgerichtlichen Judikatur, eine konkrete Vereinbarung darüber zu treffen, dass bestimmte Objekte bis zu einem gewissen Ausmaß bei der Berechnung des (Nutzflächen‑)Verteilungsschlüssels zu berücksichtigen sind (5 Ob 126/01t: Terrassen nur mit einem Drittel ihrer Nutzfläche, Loggien zur Gänze; 5 Ob 121/04m: Loggien 100 %, Balkone 30 % und Gärten mit 15 % der jeweiligen Nutzfläche; 5 Ob 25/04v: Terrassenflächen mit einem Drittel).

8. Ob § 16 Abs 5 Z 1 WGG trotz des - erst mit dem WE‑BeglG 2002 eingeführten, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags noch nicht geltenden - in § 16 Abs 3 WGG enthaltenen Verweises auf § 2 Abs 8 WEG 2002 eine Vereinbarung zulässt, mit der bestimmte Objekte (hier KFZ‑Abstellplätze) vom Gesamtnutzwert (§ 16 Abs 3 WGG) abgezogen werden und die Verteilung auf Basis des so errechneten Gesamtnutzwerts vorgenommen wird, ist erst dann zu prüfen, wenn eine derartige Vereinbarung feststeht.

9. Allgemeine Vertragsbestimmungen, die in Vertragsformblättern enthalten sind, stellen inhaltlich allgemeine Vertragsbedingungen dar. Sie sind nach § 914 ABGB nach dem verständigen Empfängerhorizont desjenigen, der sich ihnen unterwirft, auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901; vgl 7 Ob 41/01g; 7 Ob 69/01z; 6 Ob 30/05p ua). Soferne nach dieser Auslegung Unklarheiten überbleiben, gehen diese zu Lasten des Verwenders, hier also der Antragsgegnerin (Bollenberger aaO § 915 Rz 4; 7 Ob 205/02a ua).

10. Die festgestellten Formulierungen lassen nach Auffassung des erkennenden Senats weder die Interpretation des Erstgerichts noch jene des Rekursgerichts zu. § 6 Abs 1 der vertraglichen Regeln bestimmt den Aufteilungsschlüssel ausdrücklich nach dem Verhältnis der Nutzwerte des Mietgegenstands zum Nutzwert aller Bestandseinheiten. Während im letzten Satz dieses Absatzes ausdrücklich eine Aufteilung für nicht kostentragende oder mit keinem Nutzwert versehene Räumlichkeiten bzw der gemeinsamen Benutzung aller Bewohner dienende Räumlichkeiten wie Kinderwagen- und Hobbyräume etc ausgenommen wird, ist eine ausdrückliche Regelung über die Ausnahme der KFZ‑Stellplätze vom Gesamtnutzwert nicht enthalten.

11. Richtig ist zwar, dass in § 6 Abs 2 im Zusammenhang mit den Nutzwerten aller Bestandseinheiten nur WGG‑Wohnungen und WGG‑Geschäfte/Büros im Ausmaß von 26.062 genannt sind. Gleich im Anschluss verweist aber Abs 3 darauf, dass (auch) die Garagenbetriebskosten der Aufteilung nach den Nutzwerten gemäß § 6 Abs 2 dieses Vertrags (Betriebskostenschlüssel) unterliegen.

12. Aus der Sicht des Mieters/Nutzungsberechtigten wird durch die vertraglichen Bestimmungen keinesfalls eindeutig geklärt, dass die Nutzwerte von KFZ‑Abstellplätzen und Stellplätzen in Garagen/Parkdecks nicht in den Gesamtnutzwert einbezogen sind und damit zum Nachteil des Mieters/Nutzungsberechtigten der Aufteilung ein geringerer Gesamtnutzwert zugrundegelegt werden soll. Diese Unklarheit hat zu Lasten der Antragsgegnerin zu gehen. Basis der Aufteilung ist nach der vertraglichen Regelung der Gesamtnutzwert inklusive der KFZ‑Stellplätze/Abstellplätze.

13. Das Gesetz bietet für die von der Antragsgegnerin angestrebte gegenteilige Interpretation keine Grundlage. Nach § 13 Abs 5 WGG kann die Bauvereinigung für die Überlassung von Geschäftsräumen, sonstigen Räumlichkeiten sowie anderen Teilen der Liegenschaft (darunter KFZ‑Abstellplätze) einen angemessenen Mietzins fordern. Zusätzlich zu diesem angemessenen Entgelt können auch gesondert „Durchlaufbeträge" insbesondere im Sinn des § 14 Abs 1 Z 7 WGG (Betriebskosten) vorgeschrieben werden (vgl Würth in Rummel3 § 13 WGG Rz 10). Die Betriebskosten für die Garage sollen aber nach § 6 Abs 3 des Vertrags ebenfalls der Aufteilung nach den Nutzwerten gemäß § 6 Abs 2 des Vertrags (Betriebskostenschlüssel) unterliegen, was wiederum für die Einbeziehung der Nutzwerte für die KFZ‑Stellplätze in Garagen und Parkdecks spricht.

Die von der Antragsgegnerin angezogene Bestimmung des § 14 Abs 8 WGG ist eine bloße Verwendungsregelung für das von der Bauvereinigung vereinnahmte Entgelt, die offenbar als Ausgleich für die Abkehr von dem noch in der Regierungsvorlage zum WGG (760 BlgNr 14. GP 6) vorgesehenen Kostendeckungsprinzip durch den Bautenausschluss (AB 1220 BlgNr 14. GP 3, 10) eingeführt wurde (vgl Keinert, Grundfragen des Zivilen Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts 88; Korinek/Ai‑cher/Funk/Scherz/Wieser Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz § 14 WGG Anm 27; Schuster in Schwimann2 § 13 WGG Rz 78; Würth aaO § 14 WGG Rz 28 f). Das für die Benützung von KFZ‑Abstellplätzen vereinnahmte Entgelt dient ua zur Deckung der Betriebskosten für diese Baulichkeit (§ 13 Abs 1 Z 2 WGG) und zwar zunächst zu 25 %. Diese Anrechnung verringert den Betriebskostenaufwand für das gesamte Objekt und kommt damit auch den Nutzern von PKW‑Stellplätzen zugute, deren Anteil an den Betriebskosten ebenfalls nach dem Nutzwertschlüssel bestimmt wird. Die von der Antragsgegnerin in der Revisionsrekursbeantwortung geäußerten Befürchtungen einer Doppelbelastung der Benutzer der PKW‑Stellplätze sind somit nicht zu teilen.

14. Die Einbeziehung der KFZ‑Stellplätze führt aber nicht zu dem von der Antragstellerin angestrebten Verteilungsschlüssel auf Basis von 26.062 Nutzwerten. Diese Ziffer wird nämlich ausdrücklich als vorläufiger Nutzwert bezeichnet, der auf den baubehördlich genehmigten Bestandsplänen basiert (§ 4 Abs 1, § 6 Abs 2 des Vertrags), während in § 5 auf die Auswirkungen der endgültigen Nutzwertfestsetzung verwiesen wird. Ein Konnex zwischen den mit 26.062 bezifferten (vorläufigen) Nutzwerten und mit einem bereits vorliegenden Nutzwertgutachten wird nicht hergestellt. Ein verständiger Mieter/Nutzungsberechtigter kann diese Bestimmungen nur so verstehen, dass die Nutzwerte erst endgültig festgesetzt werden, wenn ein entsprechendes Nutzwertgutachten vorliegt. Dass dies beim Mietvertragsabschluss bereits der Fall war, ändert daran nichts: Die Kenntnis der Mieter von der Existenz des Nutzwertgutachtens steht nämlich nicht fest. Die Auffassung der Antragstellerin läuft im Endeffekt daraufhin hinaus, einer (unter Umständen willkürlichen) Festsetzung eines Gesamtnutzwerts in einer Vereinbarung nach § 16 Abs 5 Z 1 WGG für alle Zukunft bindende Wirkung zuzubilligen und eine Änderung der Aufteilung nach Vorliegen eines Nutzwertgutachtens in jede Richtung (auch zugunsten des Mieters/Nutzungsberechtigten) auszuschließen.

15. Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass eine Aufteilung nach Nutzwerten, und zwar auf Basis des Gesamtnutzwerts von 26.399 zu erfolgen hat. Dies bewirkt keine nach § 36 Abs 4 AußStrG unzulässige Überschreitung des Sachantrags der Antragstellerin, weil diese begehrt hat, festzustellen, welcher Verteilungsschlüssel gilt bzw nach welchem (zulässigen) Aufteilungsschlüssel die Betriebskosten zu verrechnen sind. Ebensowenig wird ein Verstoß gegen die Rechtskraft (§ 36 AußStrG) dadurch begründet, dass die Antragstellerin den vom Erstgericht auf Basis eines Gesamtnutzwerts von 26.062 festgestellten Verteilungsschlüssel nicht bekämpft hat. Die Feststellung des Verteilungsschlüssels darf nur für alle Nutzungsobjekte des Hauses erfolgen (RIS‑Justiz RS0069855); demnach muss der Spruch den prozentuellen Anteil sämtlicher Objekte erfassen (RIS‑Justiz RS0069855). Nur in dieser Form ist die Festsetzung des Verteilungsschlüssels gegenüber allen Mietern und Nutzungsberechtigten wirksam und iSd § 36 Abs 2 AußStrG rechtskraftfähig.

16. Dies erfordert die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der außerstreitigen Rechtssache an das Erstgericht. Dieses wird im fortgesetzten Verfahren unter neuerlicher Beiziehung sämtlicher Mieter/Nutzungsberechtigten (§ 22 Abs 4 Z 2 WGG) die Nutzwerte sämtlicher Objekte und ihren jeweiligen prozentuellen Anteil am Gesamtnutzwert von 26.399 festzustellen haben.

17. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG. Billigkeitserwägungen rechtfertigen einen Kostenvorbehalt vergleichbar der Regelung des § 52 ZPO.

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