OGH 7Ob205/02a

OGH7Ob205/02a25.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Pferdezentrum ***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerald Wildfellner und andere Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen die beklagte Partei O***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 10.900,93), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 17. Juni 2002, GZ 3 R 29/02h-12, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 26. November 2001, GZ 4 Cg 124/01d-8, infolge Berufung der beklagten Partei abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) den Beschluss gefasst:

Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.

2.) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.702,18 (darin enthalten EUR 273,53 USt und EUR 1.061,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist eine Institution der österreichischen Pferdezuchtverbände zur Förderung des Pferdewesens. Sie führt ua die in den Tierzuchtgesetzen der Länder (so etwa im oö Tierzuchtgesetz 1995) für Zuchttiere vorgesehenen Leistungsprüfungen durch. Zur Zucht bestimmte Hengste werden für ganz Österreich (nur) bei der klagenden Partei der "Hengstleistungsprüfung" unterzogen, die 100 Tage dauert. Während dieser Zeit wird das Pferd bei der klagenden Partei eingestellt, gefüttert und gepflegt und sein Verhalten (auch in der Gruppe) in Bezug auf Stressbewältigung, Fütterung und Stoffwechsel, allfällige Gewährleistungsmängel, wie psychische Störungen etc, von einem Ausbildungsleiter, von Bereitern und dem Stallpersonal fachkundig beobachtet. Der Ausbildungsleiter macht dazu laufend Aufzeichnungen, die etwa 40 % des Prüfungsumfanges bilden. Das Pferd wird außerdem beritten, erhält also eine Ausbildung in den verschiedenen Gangarten, im Dressurspringen und Geländereiten und hat nach zwei Teilprüfungen eine Abschlussprüfung zu absolvieren. Die Hengstleistungsprüfung wird einmal jährlich mit 15 oder 16 Pferden durchgeführt, die aus einer Gruppe von ca 30 Pferden nach einer Vorprüfung ausgesucht werden. Dem Eigentümer des Pferdes erwachsen dafür Kosten von ca S 30.000,-- (EUR 2.180,19), der restliche Kostenanteil wird durch eine staatliche Förderung getragen. Der ebenfalls bei der Klägerin durchgeführten "Stutenleistungsprüfung" (die einen Monat lang dauert, wobei sich der Termin mit jenem der Hengstleistungsprüfung nicht überschneidet) werden höchstens 6 bis 10 Pferde unterzogen. Etwa 15 Pferde sind bei der Klägerin gegen ein monatliches Entgelt von S 4.000,-- (EUR 290,69) auch bloß eingestellt. Von der Klägerin werden auch Pferde aus einem sogenannten "Vermarktungsstall" verkauft, in dem immer ca 10 bis 12 Pferde eingestellt sind. Die Klägerin betreibt auch einen Schulstall für die Reitschule des Landes mit 30 Pferden, die zum Teil dem Pferdezuchtverband, zum Teil der Republik Österreich gehören. Insgesamt verfügt die Klägerin, die sich auch noch mit der Ausbildung von Reitern, Gespannfahrern und Reitlehrern beschäftigt, über 120 Pferde-Einstellplätze (Boxen).

Die Klägerin hat bei der beklagten Partei eine Haftpflichtversicherung (mit einer Versicherungssumme von S 10 Millionen) abgeschlossen, wobei als versicherte Risken in der Polizze festgehalten wurden:

1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen könnten.

...

2. Versicherungsschutz

2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer

2.1.1 die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes erwachsen (In der Folge kurz "Schadenersatzverpflichtungen" genannt);

2.1.2 die Kosten der Feststellung und der Abwehr einer von einem Dritten behaupteten Schadenersatzverpflichtung im Rahmen des Art 5, Pkt. 5.

...

Artikel 7

Ausschlüsse vom Versicherungsschutz

...

10. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

10.1 Sachen, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen entliehen, gemietet, geleast, gepachtet oder in Verwahrung genommen haben, sei es auch im Zuge der Verwahrung als Nebenverpflichtung;

...

EHVB:

...

Abschnitt B:

Ergänzende Regelungen für spezielle Betriebs- und Nichtbetriebsrisken

...

  1. 5. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe
  2. 1. Die Versicherung erstreckt sich nach Maßgabe des Deckungsumfanges der AHVB und des Abschnittes A der EHVB auch auf Schadenersatzverpflichtungen

1.1 aus der Tierhaltung ohne Rücksicht auf den Verwendungszweck (Z. 11 EHVB findet Anwendung);

Nur bei besonderer Vereinbarung besteht Versicherungsschutz für Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden an zum Belegen zugeführten Tieren und aus der Überlassung von Reittieren an betriebsfremde Personen.

...

  1. 11.

    Tierhaltung

  2. 1. Die Versicherung erstreckt sich auch auf die Schadenersatzverpflichtung des jeweiligen Verwahrers, Betreuers oder Verfügungsberechtigten.

    Nur bei besonderer Vereinbarung besteht Versicherungsschutz für Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden an zum Belegen zugeführten Tieren.

    ...

    Ende April 2000 stellte der Besitzer und Halter des Pferdes Crelido sein Tier zur Ablegung der Hengstleistungsprüfung bei der klagenden Partei ein. Am 23. 6. 2000 kam das Pferd durch eine Unachtsamkeit des Stallpersonals, das die Box nicht verriegelt hatte, frei und gelangte an einen nicht verschlossenen Futterwagen, der an sich für das Pferd unerreichbar aufbewahrt hätte werden müssen; Crelido fraß dort zu viel Kraftfutter ("überfraß sich"). Dies hatte schwere gesundheitliche Folgen und machte eine lange tierärztliche Behandlung

    mit Kosten von S 79.163,60 (= EUR 5.753,04) erforderlich; dazu liefen

    noch Kosten für einen Hufschmied von S 18.960,-- (= EUR 1.377,88)

    auf, die ebenso wie die Kosten des Tierarztes von der klagenden Partei getragen wurden. Da Crelido nun nicht mehr zur Zucht verwendet werden kann, ist sein Wert gemindert. Er hat sich aber in letzter Zeit gut entwickelt, weshalb vom Eigentümer gegenüber der Klägerin bisher keine Wertminderung geltend gemacht wurde.

    Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Haftung (= Deckung) der Beklagten aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag für den Schadensfall vom 23. 6. 2000 betreffend das Pferd Crelido.

    Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen. Soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich wendete sie ein, nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag sei nicht der gesamte Betrieb der Klägerin, sondern seien nur die in der Polizze angeführten Bereiche und Tätigkeiten versichert. Der Versicherungsschutz umfasse daher lediglich das Halten eigener, nicht fremder Pferde und insbesondere auch nicht andere Tätigkeiten wie insbesondere Pferdeleistungsprüfungen, die in einem sehr engen Zusammenhang mit Reitschulungen stünden, die ausdrücklich ausgeschlossen worden seien. Im Übrigen liege der Ausschlusstatbestand der Verwahrung nach Art 7.10.1 AHVB vor. Zudem seien zum Vorfallszeitpunkt wesentlich mehr als 25 Pferde bei der Klägerin eingestellt gewesen.

    Die Klägerin erwiderte, die Pferdeleistungsprüfung sei keine Reitschulung des Landes und daher von der Haftpflichtversicherung umfasst. Die Versicherung sei nach dem Inhalt der Polizze auch nicht auf eigene Pferde eingeschränkt. Es liege keine bloße Verwahrung vor, weil die Unterbringung der Pferde während der Leistungsprüfung unumgänglich notwendig und das Hauptaugenmerk auf der Ablegung der Prüfung gelegen sei. Sie, die Klägerin, sei auf den Ausschlusstatbestand der Verwahrung als vertragliche Nebenverpflichtung nicht ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Nach Abschnitt B 11.1 der EHVB erstrecke sich die Versicherung auch auf die Schadenersatzverpflichtung des jeweiligen Verwahrers, Betreuers oder Verfügungsberechtigten und bedürfe es nur bei Schäden an - in concreto jedoch nicht vorliegenden - zum Belegen zugeführten Tieren einer besonderen Vereinbarung. Im Vorfallszeitpunkt seien nicht mehr als 25 Pferde in ihrer haftpflichtrechtlichen Verantwortung bei ihr vorhanden gewesen. Die 15 zur Hengstleistungsprüfung eingestellten Pferde seien vom Versicherungsverhältnis umfasst gewesen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Den von ihm festgestellten, bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, die Beklagte sei für den gegenständlichen Schadensfall deckungspflichtig. Eine bloße Verwahrung liege nicht vor, weil die Unterbringung der Pferde bei der Klägerin auf Grund der 100 Tage dauernden Leistungsprüfung unumgänglich notwendig gewesen sei, wobei das Hauptaugenmerk auf der Ablegung der Leistungsprüfung gelegen gewesen sei. Die Verwahrung der Pferde habe bloß eine vertragliche Nebenverpflichtung dargestellt. Der Ausschlusstatbestand der Verwahrung als vertraglicher Nebenverpflichtung komme wie in der vergleichbaren Entscheidung 7 Ob 6/92 auch hier nicht zum Tragen, weil die klagende Partei von der beklagten Partei auf diesen Ausschlusstatbestand nicht ausdrücklich aufmerksam gemacht worden sei. Im Übrigen erstrecke sich die Versicherung nach Abschnitt B 11.1 EHVB auch auf die Schadenersatzverpflichtung des jeweiligen Verwahrers, Betreuers oder Verfügungsberechtigten. Nur bei Schäden an zum Belegen zugeführten Tieren hätte es einer besonderen Vereinbarung bedurft. Im Versicherungsvertrag sei nicht das Halten eigener Pferde ausbedungen, sondern als versichertes Risiko 25 Pferde angeführt. In diesem versicherten Bereich seien die damals eingestellten Pferde geblieben. Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die wesentlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes lassen sich wie folgt zusammenfassen: Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob das Schadensereignis unter das versicherte Risiko der Haftpflichtversicherung fälle, sei die in der Versicherungspolizze enthaltene Risikobeschreibung, deren Inhalt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen sei. Das durch eine Betriebshaftpflichtversicherung gedeckte Risiko umfasse alle Tätigkeiten, die mit dem versicherten Betrieb in einem inneren ursächlichen Zusammenhang stehen. Bei der Auslegung der Risikoumschreibung sei auch der Umfang der Gewerbeberechtigung maßgebend. Im vorliegenden Haftpflichtversicherungsvertrag seien die versicherten Gefahren - mit Ausnahme der ausdrücklich erwähnten Veranstalterhaftpflicht - nicht als Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin bzw des mitversicherten Landesverbandes der Pferdezüchter Oberösterreichs, sondern nach Objekten möglicher Rechtsverhältnisse - 25 Pferde, 15 ha Grund, Veranstaltungshalle mit 950 Sitzplätzen - umschrieben. Ob und welche Gewerbeberechtigung die Versicherungsnehmerin hat, gehe aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht hervor. Die Firma der Versicherungsnehmerin "Pferdezentrum ***** Gesellschaft mbH" enthalte den eindeutigen Hinweis darauf, dass sich das Unternehmen mit Pferden beschäftige. Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer werde daher die in der Versicherungspolizze enthaltene Umschreibung der versicherten

    Risiken als Hinweis auf die Risken nach EHVB B 5: Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb; EHVB B 10: Haus- und Grundbesitz; EHVB

    B 11: Tierhaltung und Veranstalter verstehen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch beschäftige sich ein Pferdezentrum mit der Aufzucht, Ausbildung und Betreuung von Pferden und allenfalls auch mit der Ausbildung von Reitern und Gespannfahrern. Mangels konkreter Beschreibung des versicherten Risikos in der Versicherungspolizze fielen daher im Zweifel sämtliche dieser Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin und deren Rechtsstellung als Pferdehalterin unter die versicherten Gefahren. Auch die Abnahme von Hengstleistungsprüfungen durch die klagende Partei sei daher entgegen der Ansicht der Beklagten grundsätzlich von der primären Risikoumschreibung im Versicherungsvertrag erfasst. Zu Recht berufe sich jedoch die beklagte Partei auf den Risikoausschluss nach Art 7.10.1 der AHVB, wonach sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an Sachen erstrecke, die der Versicherungsnehmer in Verwahrung genommen hat. Der Grund für diesen Risikoausschluss sei die besonders hohe Gefahr der Beschädigung solcher Sachen, die sich beim Versicherungsnehmer befänden und die er üblicherweise wie eigene benütze. Es entspreche schon dem Wesen der Haftpflichtversicherung, dass Schäden, die dem Versicherungsnehmer selbst zugefügt werden, nicht versichert seien. Die in Art 7.10.1 AHVB zusammengefassten Vertragstypen Leihe, Miete, Leasing, Pacht und Verwahrung hätten gemeinsam, dass der Versicherungsnehmer über die betreffenden Sachen Verfügungsgewalt erlangt habe. Nun entspreche in risikotechnischer Hinsicht die Stellung des Besitzers von Sachen weitestgehend der ihres Eigentümers: Ob Sachen kraft Eigentums oder kraft einer der in Art 7.10.1 AHVB aufgezählten Vertragstypen in der Verfügungsgewalt des Versicherungsnehmer stehen, ändere nichts daran, dass sie der Willkür des Gebrauchs und den mit dem Gebrauch verbundenen erhöhten Gefahren ausgesetzt seien. Folgerichtig seien daher Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer entliehen, gemietet, geleast, gepachtet oder in Verwahrung genommen hat, von der Versicherung ausgeschlossen. Die von der klagenden Partei der Hengstleistungsprüfung zu unterziehenden Pferde befänden sich durch 100 Tage bei der Klägerin und würden während dieser Zeit von dieser auch betreut, gefüttert und gepflegt. Wenn auch das Hauptaugenmerk des Aufenthaltes der Pferde bei der Klägerin auf ihrer sachkundigen Beobachtung und Ausbildung liege, befänden sich die Pferde während der Hengstleistungsprüfung doch in der Gewahrsame bzw Obhut der Klägerin und sei die ordnungsgemäße Verwahrung der Pferde während der 100 Tage dauernden Hengstleistungsprüfung eine von mehreren von der Klägerin übernommenen Hauptleistungspflichten und nicht bloß eine Nebenverpflichtung.

    Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf EHVB B 11.1, auf den EHVB B 5.1.1 verweise, berufen, wonach sich die Versicherung "Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb" auf Schadenersatzverpflichtungen aus der Tierhaltung erstrecke und sich die Versicherung "Tierhaltung" auch auf die Schadenersatzverpflichtung des jeweiligen Verwahrers, Betreuers oder Verfügungsberechtigten erstrecke. Die Schadenersatzverpflichtung aus der Tierhaltung betreffe nämlich nach dem allgemeinen Begriffsverständnis und nach dem Wesen einer Haftpflichtversicherung - Schäden, die dem Versicherungsnehmer selbst zugefügt werden, seien nicht versichert - die Haftung des Halters eines Tieres für jene Fälle, in denen das Tier infolge seiner tierischen Eigenschaft Personen verletze oder fremde Sachen beschädige. Schäden am Tier selbst würden hingegen von der "Tierversicherung" nach §§ 116 ff VersVG erfasst. Die zitierte Klausel, wonach sich die Versicherung "Tierhaltung" auch auf die Schadenersatzverpflichtung des jeweiligen Verwahrers, Betreuers oder Verfügungsberechtigten erstrecke, habe offensichtlich den Zweck, die Versicherungsdeckung aus dem Risiko der Tierhaltung auf Schadenersatzansprüche Dritter gegen den Verwahrer oder Betreuer oder sonstigen über das Tier Verfügungsberechtigten auszudehnen, nicht aber die Versicherung auf Fälle der Selbstschädigung des Tieres infolge der besonderen Tiergefahr auszudehnen. Die weitere Regelung in EHVB B 11.1, wonach nur bei besonderer Vereinbarung Versicherungsschutz für Schadenersatz- verpflichtungen aus Schäden an zum Belegen zugeführten Tieren bestehe, habe den jedem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck, den Versicherungsschutz für Schadenersatzverpflichtungen aus der Tierhaltung insofern einzuschränken, als Schäden, die von einem Tier einem zum Belegen zugeführten anderen Tier zugefügt werden, nur bei besonderer Vereinbarung gedeckt seien, womit diese Bestimmung dem besonderen Risiko während des Belegungsvorganges Rechnung trage. Die von der klagenden Partei gewählte Auslegung der Klausel als Risikoeinschluss für Schadenersatzverpflichtungen des Verwahrers eines zu anderen als Belegszwecken verwahrten Tieres gegenüber dem Halter des Tieres aus einer auf unsachgemäße Verwahrung zurückzuführenden Selbstbeschädigung des Tieres sei unrichtig, weil sie mit den Grundprinzipien der Haftpflichtversicherung, das Unternehmerrisiko nicht zu versichern, Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer in Verwahrung genommen hat, von der Versicherung auszuschließen und dem dargestellten Zweck der Klausel in unüberbrückbarem Widerspruch stünde.

    Die ordentliche Revision sei zuzulassen gewesen, weil zu der über den Einzelfall hinausgehend bedeutsamen Rechtsfrage, ob die Haftpflichtversicherung für das Risiko der Tierhaltung auch Schadenersatzansprüche des Tierhalters gegen den Verwahrer wegen einer eine Selbstschädigung des Tieres ermöglichenden unsachgemäßen Verwahrung umfasse, nicht habe aufgefunden werden können. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei, die die Revisionsgründe der Nichtigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich Folge gegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

    Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision - mangels der Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO - nicht zuzulassen, in eventu sie abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Dem Vorwurf der Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung kommt allerdings keine Berechtigung zu. Die Klägerin macht den Revisionsgrund der Nichtigkeit gemäß § 503 Z 1 ZPO iVm § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, zweite Alternative, geltend. Das Urteil der zweiten Instanz sei im Sinne dieser Bestimmung widersprüchlich, weil das Berufungsgericht einerseits angenommen habe, dass die Abnahme der Hengstleistungsprüfung vom versicherten Risiko umfasst sei, andererseits aber den Ausschlusstatbestand des Art 7.10.1 AHVB (Verwahrung) für gegeben erachte. Darin liege, da die Verwahrung (das Einstellen) des Pferdes wesentlicher Teil der Prüfung sei, ein unlösbarer Widerspruch.

Abgesehen davon, dass die Revisionswerberin damit einen "unlösbaren Widerspruch" in der Begründung des Berufungsurteiles gar nicht aufzuzeigen vermag, wird von ihr verkannt, dass mit einem Widerspruch des Urteils "mit sich selbst" nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, zweite Alternative, nur ein Widerspruch im Spruch der Entscheidung selbst, nicht aber in den Gründen oder zwischen Spruch und Gründen gemeint ist (Fasching LB2 Rz 1760; 6 Ob 695/85, RIS-Justiz RS0042133 [T5] uva). Von einer Nichtigkeit wegen Widersprüchlichkeit des Berufungsurteiles kann daher hier gar keine Rede sein. In ihrer Rechtsrüge wendet sich die Revisionswerberin vor allem gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass der Risikoausschlusstatbestand des Art 7.10.1 AHVB der Verwahrung der beschädigten Sache gegeben sei. Die Beklagte vertritt in der Revisionsbeantwortung hingegen weiterhin die Ansicht, dass nach der Risikobeschreibung in der Polizze bereits die Abnahme der Hengstleistungsprüfung grundsätzlich nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei.

Die Beantwortung dieser streitentscheidenden Fragen, ob die Hengstleistungsprüfung zu den versicherten Risken zählt und wenn ja, ob der Ausschlusstatbestand des Art 7.10.1 AHVB gegeben ist, hängt von der Auslegung des Versicherungsvertrages, im Speziellen der Risikobeschreibung in der Polizze und von der Auslegung der dem Versicherungsvertrag zugrundegelegten Allgemeinen Versicherungsbedingungen, insbesondere der genannten Ausschlussbestimmung ab.

Die in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen zur Auslegung der (für die Beurteilung, ob das Schadensereignis unter das versicherte Haftpflichtrisiko fällt, maßgeblichen) Risikobeschreibung in der Versicherungspolizze (vgl RIS-Justiz RS0081339) überzeugen; das vom Berufungsgericht vorerst erzielte Ergebnis, dass die Hengstleistungsprüfung grundsätzlich unter das gegenständliche versicherte Risiko fällt, ist daher zu billigen. Da der erkennende Senat die betreffenden Argumente in der Revisionsbeantwortung für nicht stichhältig, die damit bekämpften Ausführungen des Berufungsurteiles hingegen für zutreffend erachtet, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO) und den Einwänden der Revisionsgegnerin ganz kurz zu entgegnen: Ihre Auffassung, nach dem Wortlaut der Polizze bestehe für das Pferdezentrum der klagenden Partei ausschließlich Deckung für eine "Veranstalterhaftpflicht", setzt sich über den zutreffenden Hinweis des Berufungsgerichtes hinweg, dass in der Polizze (mit Ausnahme der besonders erwähnten Veranstalterhaftpflicht) nicht eine Risikobeschreibung nach Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin, sondern nach - im Rahmen der betrieblichen Tätigkeiten der Klägerin - versicherten Objekten gewählt wurde. Zumindest im Zweifel muss daher angenommen werden, dass sämtliche, im Zusammenhang mit den genannten Objekten ausgeübten betrieblichen Tätigkeiten des "Pferdezentrums" der Klägerin vom Haftpflichtversicherungsschutz umfasst sind. Die Beklagte räumt nun in ihrer Revisionsbeantwortung selbst ausdrücklich ein, dass die Abnahme der Hengstleistungsprüfung einen wesentlichen Teil der (betrieblichen) Tätigkeit der Klägerin darstellt. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Hengstleistungsprüfung sei vom Haftpflichtver- sicherungsrisiko umfasst, begegnet daher keinen Bedenken, zumal auch die in der Revisionsbeantwortung aufrechterhaltene Ansicht, bei den in der Polizze angeführten 25 Pferden könne es sich nur um eigene der Klägerin handeln, schon im Hinblick auf die Mitversicherung des Landesverbandes der Pferdezüchter Oberösterreichs sowie durch die Feststellungen über den Betrieb der klagenden Partei widerlegt ist.

Das Berufungsgericht hat dennoch die Deckungspflicht der Beklagten verneint, weil es - jeweils anders als das Erstgericht - einerseits Deckung gemäß B 11.1 EHVG (Tierhaltung) abgelehnt, anderseits das Vorliegen des Risikoausschlusstatbestandes der Verwahrung iSd Art 7.10.1 AHVB angenommen hat. Zur Frage der Versicherungsdeckung gemäß B 11.1 EHVG bringt die Revisionswerberin nichts vor, was die diesbezüglichen überzeugenden Argumente der zweiten Instanz, auf deren Ausführungen im einzelnen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO), widerlegen könnte. Streitentscheidend ist daher hier letztlich die Interpretation des Art 7.10.1 AHVB.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach nunmehr ständiger Rechtsprechung nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (7 Ob 31/91, VR 1992/277; 7 Ob 6/02, VR 1992/284; RIS-Justiz RS0050063 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 7 Ob 56/02i und 7 Ob 73/02i). Die einzelnen Klauseln der Versicherungsbedingungen sind, wenn sie - wie hier - nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (7 Ob 3/89, VR 1990/182 = RdW 1989, 329 [Schauer]; 7 Ob 1/90, VR 1990/224; 7 Ob 16/91, VR 1992/269; ecolex 1994, 610; 7 Ob 234/00p; 7 Ob 41/01g uva). Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen daher so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten iSd § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der AGB, also des Versicherers gehen (7 Ob 37/89, JBl 1990, 316 = EvBl 1990/28 = VR 1990/198 = VersR 1990, 445; 7 Ob 2136/96k mwN, RIS-Justiz RS008901 [T12] uva, zuletzt etwa 7 Ob 73/02i).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist bei der Frage der Anwendbarkeit des Verwahrungsausschlusses gemäß Art 7.10.1 AHVB im vorliegenden Fall zu beachten und zu bedenken, dass die Verwahrung (= Einstellung) eines Pferdes, das der Hengstleistungsprüfung unterzogen werden soll, bei der klagenden Partei im Hinblick darauf, dass das Verhalten des Pferdes ja ständig beobachtet und dokumentiert werden muss, praktisch unumgänglich ist. Ein Ausschluss vom Haftpflichtversicherungsschutz zufolge der über einen Zeitraum von 100 Tagen also notwendigen ständigen Einstellung bei der Klägerin müsste daher, auch wenn man die Einstellung - anders als das Berufungsgericht - nur als Nebenverpflichtung ansehen wollte, angesichts der Ergänzung des Verwahrungsausschlusses durch die Formulierung "sei es auch im Zuge der Verwahrung als Nebenverpflichtung" bedeuten, dass für die Abnahme der Hengstleistungsprüfung letztlich niemals Haftpflichtversicherungsdeckung bestünde. Die Hengstleistungsprüfung, die - wie erwähnt - von der Beklagten selbst als wesentlicher Teil der (unternehmerischen) Tätigkeit der Klägerin bezeichnet wird, würde daher ganz aus der Haftpflichtversicherungsdeckung herausfallen. Hätte die beklagte Versicherung einen solchen praktisch gänzlichen Ausschluss eines ganz wesentlichen Betriebsbereiches (der - wie dargestellt - nach der maßgeblichen Risikobeschreibung in der Versicherungspolizze vom Versicherungsschutz umfasst ist) von der Versicherungsdeckung wirksam ausschließen wollen, so hätte sie die Klägerin als Versicherungsnehmerin ausdrücklich darauf aufmerksam machen müssen, um ihr den wahren Umfang dieser Ausschlussbestimmung klar zu machen.

Insofern ist die vorliegende Situation, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat, der Sach- und Rechtslage in der vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 6/92, VR 1992/284 = JBl 1992, 717 = VersR 1993, 511 = RdW 1993, 207 [Grassl-Palten] = VersE 1531 = ecolex 1993, 152 entschiedenen Causa, die einen Werkvertragsfall in der Betriebshaftpflichtversicherung zum Gegenstand hatte (Streitpunkt war die vom beklagten Versicherer zu gewährende Haftpflichtversicherungsdeckung für den Brandschaden an einem Motorboot, der auf die - im Zuge von Lackierungsarbeiten der damit als Werkunternehmerin beauftragten klagenden Partei erfolgte - Einstellung des Bootes in der Halle der Klägerin zurückzuführen war), durchaus vergleichbar. Dort hat der Oberste Gerichtshof zur (mit der gegenständlichen Ausschlussbestimmung wortgleichen) Bestimmung des Art 7.8.1. AHVB 1986 ausgesprochen, dass die Ergänzung des Verwahrungsausschlusses durch die Formulierung "sei es auch im Zuge der Verwahrung als Nebenverpflichtung" den Versicherungsschutz auf Ausnahmefälle einschränken würde, da er auf Vorfälle mit Personen beschränkt wäre, die mit dem Unternehmer keinen Werkvertrag schließen und die viel häufigeren Beschädigungen an zur Bearbeitung übernommenen, eingestellten und gerade nicht bearbeiteten Sachen nicht erfassen würde. Die Wirksamkeit der Vereinbarung einer solchen weitgehenden Einschränkung des Versicherungsschutzes hätte daher einen ausdrücklichen Hinweis des Versicherers zur Voraussetzung gehabt, um dem Versicherungsnehmer den wahren Umfang dieser Bestimmung klar zu machen. Mangels eines solchen Hinweises sei eine Reduktion dieses Risikoausschlusses auf die in Art 7.8.1 AHVB 1986 vorgenannten Rechtsverhältnisse geboten, da ansonsten die grundsätzliche Zusage der Gewährung von Versicherungsschutz dermaßen durchlöchert würde, dass sie praktisch als inhaltsleer anzusehen wäre. Letzteres gilt in Ansehung des Betriebsbereiches "Hengstleistungsprüfung" auch im vorliegenden Fall. Es muss daher der Mangel eines entsprechenden Hinweises der Beklagten (ein solcher wurde gar nicht behauptet) zur Konsequenz haben, dass der in Art 7.10.1 AHVB vorgesehene Risikoausschluss nur hinsichtlich jener Rechtsverhältnisse anzunehmen ist, in denen die Verwahrung nicht als zwingender Aspekt der Tätigkeit, die gerade versichert werden soll, stets eine wirksame Versicherungsdeckung verhindern müsste. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist daher das Vorliegen bzw die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes des Art 7.10.1 AHVB zu verneinen. Dies führt zum Ergebnis, dass die Beklagte für den Schaden der Klägerin, die dem Eigentümer des durch Sorgfaltswidrigkeiten ihres Personales geschädigten Pferdes Crelido haftpflichtig wurde, aus dem vorliegenden Haftpflichtversicherungsvertrag Deckung zu leisten hat. Der Revision war daher Folge zu geben und das dem Klagebegehren stattgebende Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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