OGH 10ObS96/08b

OGH10ObS96/08b24.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Dr. Reinhard Drössler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Gerold K*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt des Österreichischen Notariats, Florianigasse 2, 1082 Wien, vertreten durch Dr. Leopold Riess, Rechtsanwalt in Wien, wegen Alterspension, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. April 2008, GZ 8 Rs 95/07k-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 16. April 2007, GZ 2 Cgs 17/07i-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit dem bekämpften Bescheid vom 4. 12. 2006 hat die beklagte Versicherungsanstalt aufgrund des § 112 Abs 2 NVG idF 12. NVG-Novelle (BGBl I 98/2006) die dem Kläger mit Bescheid vom 4. 2. 2004 gewährte Alterspension nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen der NVG 1972 neu bemessen und ab 1. 1. 2007 mit monatlich brutto 5.610,22 EUR festgesetzt.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei (in Wiederholung des Inhalts des durch die Klage außer Kraft getretenen Bescheids) zur Zahlung einer Alterspension in dieser Höhe und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Grundlage für die Erlassung des bekämpften Bescheids sei der mit der 12. Novelle zum NVG 1972 (BGBl I 98/2006) in Kraft getretene § 112 Abs 2 NVG, wonach Pensionen mit einem Stichtag nach dem 31. 12. 2000 und vor dem 1. 9. 2004 von Amts wegen nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes neu zu bemessen seien. Die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen stehe dem nicht entgegen. Die neu bemessene Pension gebühre nach der zitierten Bestimmung und der dazu bestehenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung (10 ObS 28/06z), wonach der Gesetzgeber mit der zitierten Übergangsbestimmung klar zum Ausdruck gebracht habe, dass für die Frage, welche Rechtslage im Zuge der Pensionsanpassung gemäß § 48 Abs 2 NVG nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28. 6. 2004, G 60/03 (VfSlg 17.254) zur Anwendung gelangen solle, das allgemein geltende Stichtagsprinzip maßgebend sei. Dass gegen das im Pensionsversicherungsrecht allgemein geltende Stichtagsprinzip und die sich daraus ergebenden zeitlichen Differenzierungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden, sei bereits wiederholt ausgesprochen worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, weil es ebenfalls der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 28/06z folgte und daher die in der Berufung (erneut) geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach den Erläuterungen zu § 112 Abs 2 NVG sei es Absicht und Motiv des Gesetzgebers der 12. NVG-Novelle gewesen, den vom Verfassungsgerichtshof (wegen der die Pensionisten begünstigenden Wirkung) nicht aufgehobenen erhöhten Steigerungsbetrag nach § 48 Abs 1 Z 2 NVG bei der Neuberechnung nicht zu berücksichtigen. Dadurch entstehende Verschlechterungen bei der Neuberechnung habe der Gesetzgeber wegen der offensichtlichen Kompensation dieses Nachteils durch die übrigen Verbesserungen in der Pensionsberechnung bewusst in Kauf genommen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof „mit der Frage des Gleichheitsgebots im Zusammenhang mit der Regelung des § 112 Abs 2 NVG idF 12. NVG-Novelle" noch nicht auseinandergesetzt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508 Abs 1 ZPO) - im Hinblick auf die vorliegende Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den (bereits verneinten) verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zitierte Bestimmung nicht zulässig.

Soweit der Kläger der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts „hinzufügt", es hätte die behauptete Verfassungswidrigkeit des § 112 Abs 2 NVG idF 12. NVG-Novelle nicht selbst (unter Hinweis auf 10 ObS 28/06z) beurteilen dürfen, weil dies gemäß § 89 Abs 1 B-VG ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten sei und daher nicht den ordentlichen Gerichten obliege, ist ihm zunächst Folgendes zu erwidern:

Entgegen dem Standpunkt des Revisionswerbers trifft das Rechtsmittelgericht keineswegs schon dann, wenn eine Partei Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes äußert, die Verpflichtung zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof. Es hat vielmehr als Vorfrage das Vorliegen solcher relevanter Gründe selbständig zu beurteilen (RIS-Justiz RS0053638). Hegt das Gericht - wie hier - keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung, besteht kein Anlass zur Antragstellung gemäß Art 140 B-VG (10 ObS 86/07f und 10 ObS 3/08a jeweils mwN). Nach ständiger Rechtsprechung liegt aber auch eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage insbesondere dann nicht vor, wenn das Revisionsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (RIS-Justiz RS0116943; 10 ObS 3/08a mwN).

Hier beruft sich der Kläger weiterhin ausschließlich auf die angebliche Verfassungswidrigkeit des § 112 Abs 2 NVG idF 12. NVG-Novelle (BGBl I 98/2006). Als erhebliche Rechtsfrage sei zu klären, ob die vom Berufungsgericht der Entscheidung 10 ObS 28/06z entnommenen Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des Stichtagsprinzips und der sich daraus ergebenden zeitlichen Differenzierungen auch die hier geäußerten Bedenken ausräumen könnten, dass § 112 Abs 2 NVG dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche:

Die Revision geht zusammengefasst davon aus, dass es - entgegen der vom Berufungsgericht übernommenen Auffassung - „durchaus zweifelhaft" sei und daher nicht „ohne weiteres" angenommen werden könne, es wäre Wille des Gesetzgebers gewesen, durch die genannte Regelung einem Pensionisten mit Stichtag 1. 2. 2004 (wie dem Kläger) die Pension nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen des NVG (5. Novelle) neu zu bemessen, ohne den angehobenen Steigerungsbetrag gemäß § 48 Abs 1 Z 2 NVG idF 9. NVG-Novelle zu berücksichtigen, obwohl diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. 2. 2004 aufgrund der die Pensionisten begünstigenden Wirkung nicht aufgehoben worden sei. Auch wenn der Oberste Gerichtshof bisher keinen Grund gesehen habe, beim Verfassungsgerichtshof zur Stichtagsregelung des § 41 Abs 2 NVG die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens zu beantragen, sei die aus den zeitlichen Differenzierungen resultierende, auch den Kläger treffende Ungleichbehandlung nämlich „doch erheblich", und es sei daher nicht verständlich, warum sie nicht beseitigt werden sollte, zumal sie „über den engen Personenkreis einiger in Ruhestand getretener Notare" hinaus ohne Auswirkungen auf die Stichtagsregelungen anderer pensionsrechtlicher Bestimmungen bliebe.

Diese Fragen hat der Senat in der zitierten Entscheidung aber bereits beantwortet und dazu folgendes ausgeführt:

„Nach § 41 Abs 2 NVG ist Stichtag für die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Eintritt des Versicherungsfalles folgende Monatserste. Ist jedoch im Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles des Alters oder der dauernden Berufsunfähigkeit das Amt des Versicherten noch nicht erloschen, oder der Versicherte aus der Liste der Notariatskandidaten noch nicht gestrichen, so ist der Stichtag für die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß eine Pension gebührt, der Zeitpunkt des Erlöschens oder der Streichung, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der diesem Zeitpunkt folgende Monatserste. Nach § 41 Abs 1 Z 1 NVG gilt der Versicherungsfall bei einer Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters mit der Erreichung des Anfallsalters als eingetreten. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der nach § 41 Abs 2 NVG für die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß dem Kläger eine Alterspension gebührt, maßgebende Stichtag der 1. 2. 2004 ist.

Eine mit § 41 Abs 2 NVG inhaltlich vergleichbare Regelung über den Stichtag enthält § 223 Abs 2 ASVG. Danach ist Stichtag für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sowie in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, bei Anträgen auf eine Leistung aus den Versicherungsfällen des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit der Tag der Antragstellung, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Tag der Antragstellung folgende Monatserste. Mit dieser durch die 55. ASVG-Nov (BGBl I 1998/138) neu formulierten Begriffsbestimmung des Stichtages sollte nach dem Willen des Gesetzgebers klar gestellt werden, dass die zum Stichtag geltende Rechtslage der Prüfung aller Pensionsanspruchsvoraussetzungen einschließlich des Eintrittes des Versicherungsfalles zugrunde zu legen ist (vgl Teschner/Widlar, MGA ASVG 82. ErgLfg Anm 7 zu § 223). Dieser Klarstellung ist auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes gefolgt (vgl SSV-NF 15/87 ua; RIS-Justiz RS0115809).

Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass auch die Ermittlung der Höhe der gebührenden Leistung gemäß § 223 Abs 2 ASVG ausgehend von der Rechtslage am Stichtag vorzunehmen ist (SSV-NF 12/75 ua; RIS-Justiz RS0110084). Auch die Frage, ob und in welcher Fassung ein Abkommen über soziale Sicherheit auf einen konkreten Fall Anwendung zu finden hat, ist ausgehend von der Rechtslage am Stichtag zu prüfen (SSV-NF 15/87 mwN). Diesem Grundsatz, dass sich die Beurteilung, in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, nach der am Stichtag geltenden Rechtslage richtet, kommt insbesondere bei einer Änderung der Rechtslage Bedeutung zu. Wenn der Gesetzgeber die Wirksamkeit des Gesetzes ab einem bestimmten Zeitpunkt, ohne weitere Übergangsregelungen zu treffen, festlegt, so bedeutet dies im Allgemeinen, dass die geänderte gesetzliche Bestimmung nur auf jene Fälle anwendbar ist, die einen Sachverhalt, der sich nach dem Wirksamkeitsbeginn ereignet hat, zum Gegenstand haben. Für den Bereich der Sozialversicherung kommt es, wenn eine entsprechende Übergangsbestimmung fehlt, auf die zeitliche Lagerung des Stichtages an, nach dem sich bestimmt, ob für den zu entscheidenden Fall die geänderte und novellierte Gesetzesbestimmung anzuwenden ist oder nicht (SSV-NF 2/95 ua). In diesem Sinne wird vom Gesetzgeber im Bereich des Sozialversicherungsrechtes bei einer Änderung der Rechtslage in den entsprechenden Übergangsbestimmungen in der Frage des anzuwendenden Rechtes in der Regel auf die zeitliche Lage des Stichtages abgestellt (vgl § 572 Abs 9 ASVG, § 587 Abs 3 bis 5 ASVG, § 588 Abs 8 bis 11 ASVG ua). Auf Grund dieser dargelegten Erwägungen war daher im vorliegenden Fall bei der Pensionsbemessung insbesondere die Bestimmung des § 48 Abs 2 NVG 1972 in der zum Stichtag (1. 2. 2004) geltenden Fassung der 9. NVG-Novelle, BGBl I 2000/139, anzuwenden. An dieser Beurteilung vermag auch die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. 6. 2004, G 60/03, erfolgte Aufhebung dieser Bestimmung nichts zu ändern. Diese Aufhebung trat am Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, somit am 4. 8. 2004, in Kraft (§ 140 Abs 5 B-VG). An den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes sind zwar alle Gerichte und Verwaltungsbehörden gemäß Art 140 Abs 7 B-VG gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch nach der selben Bestimmung das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Dies bedeutet, dass, sofern der Verfassungsgerichtshof - wie hier - nicht ausdrücklich etwa anderes anordnet, die Aufhebung eines Gesetzes nur für die Zukunft wirkt. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände ist das Gesetz weiter anzuwenden. Anders wäre die Lage im Anlassfall der Aufhebung, doch liegt ein solcher Anlassfall hier unbestritten nicht vor (SSV-NF 16/16 mwN). Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind (10 ObS 150/04p; 10 ObS 320/02k mwN). Die Frage, wann ein „verwirklichter Tatbestand" im Sinne des Art 140 Abs 7 B-VG gegeben ist, hängt im Allgemeinen vom materiellen Recht, um dessen Anwendung es geht, ab. In der Judikatur des Obersten Gerichtshofes wurde ausgesprochen, dass die betreffende Norm auf bereits vor der Aufhebung „konkretisierte" Sachverhalte weiter anzuwenden ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nimmt Art 140 Abs 7 B-VG auf die vor der Aufhebung „verwirklichten Tatbestände" und damit auf den dem jeweiligen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt als Ausschnitt der Lebenswirklichkeit Bezug. Ein verwirklichter Tatbestand liegt dann vor, wenn der Sachverhalt (die Lebenswirklichkeit) den in einer gesetzlicher Vorschrift abstrakt umschriebenen Lebensverhältnissen (dem Tatbestand) entspricht (SSV-NF 16/16 mwN).

Ausgehend von dem bereits erwähnten Grundsatz, wonach die Frage, wann ein „verwirklichter Tatbestand" im Sinn des Art 140 Abs 7 B-VG gegeben ist, im Allgemeinen vom materiellen Recht, um dessen Anwendung es geht, abhängig ist, ist zu berücksichtigen, dass, wie ebenfalls bereits dargelegt, das materielle Sozialversicherungsrecht vorsieht, dass die zum Stichtag geltende Rechtslage der Prüfung aller Pensionsanspruchsvoraussetzungen einschließlich des Eintrittes des Versicherungsfalles zugrundezulegen ist. Es wurde daher im Schrifttum bereits darauf hingewiesen, dass die durch die mit Wirksamkeit ab 5. 8. 2004 erfolgte Aufhebung der Pensionsbemessung nach der Rechtslage der 9. NVG-Novelle wieder in Kraft gesetzte Pensionsbemessung der 5. NVG-Novelle erstmalig für den Stichtag 1. 9. 2004 (und die darauf folgenden Stichtage) maßgeblich ist, während für Pensionen mit einem Stichtag nach dem 31. 12. 2000 (Inkrafttreten der 9. NVG-Novelle mit 1. 1. 2001) bis vor dem 1. 9. 2004 - abgesehen von den Anlassfällen - die Bemessung dieser Pensionen weiterhin nach der Rechtslage der 9. NVG-Novelle zu erfolgen hat, da Pensionen mit einem Stichtag innerhalb dieser Zeitspanne - abgesehen von den Anlassfällen - von dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht berührt werden (Wagner/Meisel, MGA NVG 6. ErgLfg Anm 5 und 5a zu § 48; Meisel, Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über die Aufhebung der Pensionsreform der 9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972, NZ 2005/26, 97 ff [102]). Auf diese Weise seien, wenn man den unterschiedlichen Pensionsstichtag ausklammere, bei einer aus pensionsrechtlicher Sicht im Wesentlichen faktisch gleichen Ausgangslage in dem relativ kurzen Zeitraum seit 1. 1. 2001 zwei Gruppen von Pensionisten entstanden, nämlich solche, deren Pensionen nach der 9. Novelle und solche, deren Pensionen nach der 5. Novelle zu ermitteln seien. Es solle daher durch eine künftige Novelle zum NVG 1972 eine Beseitigung der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes entstandenen unterschiedlichen pensionsrechtlichen Behandlung jener ca 30 Pensionisten, die aus dem Anlass der 9. Novelle nicht den Weg zum Verfassungsgerichtshof gesucht haben, angestrebt werden (Meisel aaO NZ 2005/26 [102]). Im Sinne dieser Erwägungen hat der Gesetzgeber der 12. Novelle zum NVG 1972, BGBl I 2006/98, in den Materialien darauf hingewiesen, dass die Rechtslage, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. 6. 2004 geschaffen wurde, für jene Notare, die während der Geltungsdauer der mittlerweile weitestgehend aufgehobenen 9. Novelle zum NVG 1972 in den Ruhestand getreten sind, gegenüber allen anderen Pensionisten, seien diese vor Inkrafttreten der 9. Novelle in den Ruhestand getreten oder werden diese noch in den Ruhestand treten, gravierende - insbesondere finanzielle - Nachteile mit sich bringt. Eine Gleichstellung dieser Pensionistengruppe ab 1. 1. 2007 erscheine daher gerechtfertigt. Die Pensionsberechnung erfolge nach den am 31. 12. 2000 geltenden Vorschriften der 5. Novelle zum NVG 1972 (vgl JA 820/A BlgNR XXII GP 15). Es wurde daher in § 112 Abs 2 NVG 1972 idF der 12. Novelle, BGBl I 2006/98, festgelegt, dass die Pensionen mit einem Stichtag nach dem 31. 12. 2000 und vor dem 1. 9. 2004 von Amts wegen nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes neu zu bemessen sind. Die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidung steht dem nicht entgegen. Die neu bemessene Pension gebührt ab 1. 1. 2007. Durch diese Neuregelung erweist sich das Argument des Klägers, es wäre völlig unverständlich und gleichheitswidrig, im Falle eines kurz vor der Aufhebung liegenden Pensionsstichtages die Pensionshöhe auf Jahrzehnte hinaus um 30 % niedriger anzusetzen als im Falle eines kurz nach der Aufhebung liegenden Pensionsstichtages, als nicht mehr stichhältig. Der Gesetzgeber hat mit dieser Übergangsbestimmung vielmehr klar zum Ausdruck gebracht, dass für die Frage, welche Rechtslage im Zuge der Pensionsbemessung gemäß § 48 Abs 2 NVG nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. 6. 2004 zur Anwendung gelangen soll, das im Pensionsversicherungsrecht allgemein geltende Stichtagsprinzip maßgebend sein soll. Diese Wertung des Gesetzgebers bestätigt die zutreffende Ansicht der Vorinstanzen, dass § 48 Abs 2 NVG idF der 9. NVG-Novelle im Falle des Klägers weiterhin anzuwenden ist, weil diesem Fall ein Sachverhalt zugrundeliegt, der sich vor der Aufhebung dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof ereignete. Die für den Anspruch des Klägers auf Alterspension maßgebenden Tatbestandsvoraussetzungen (vgl §§ 22, 41 NVG), nämlich die Erreichung des Anfallsalters und das Erlöschen des Amtes als Notar, waren unbestritten bereits zum Zeitpunkt des Stichtages 1. 2. 2004 - also lange vor der am 4. 8. 2004 erfolgten Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes - verwirklicht. Auch die ... betreffen somit ebenfalls Sachverhalte, die sich vor dem Stichtag und vor der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ereignet haben. Es geht daher auch der erkennende Senat davon aus, dass § 48 Abs 2 NVG idF der 9. NVG-Novelle im Falle des Klägers im strittigen Zeitraum ab 1. 2. 2004 grundsätzlich weiterhin anzuwenden ist. Der Oberste Gerichtshof hat ebenfalls bereits wiederholt ausgesprochen, dass gegen das im Pensionsversicherungsrecht allgemein geltende Stichtagsprinzip und die sich daraus ergebenden zeitlichen Differenzierungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (SSV-NF 2/81, 6/58, 7/78 ua). Der erkennende Senat sieht sich daher auch im vorliegenden Fall nicht veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens im Hinblick auf die Stichtagsregelung des § 41 Abs 2 NVG 1972 zu beantragen.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen erweisen sich daher unter Außerachtlassung der mittlerweile durch die 12. Novelle zum NVG 1972 erfolgten Änderung der Rechtslage als zutreffend. ... Im vorliegenden Fall ist auf die durch die 12. Novelle zum NVG, BGBl I 2006/98, eingetretene Rechtsänderung auch im Revisionsverfahren noch Bedacht zu nehmen, da nach der bereits in Geltung stehenden Übergangsbestimmung des § 112 Abs 2 NVG idF BGBl I 2006/98 die Pensionen mit einem Stichtag nach dem 31. 12. 2000 und vor dem 1. 9. 2004 - also auch die Pension des Klägers - von Amts wegen nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen (der 5. Novelle zum NVG 1972) neu zu bemessen sind, wobei die neu bemessene Leistung ab 1. 1. 2007 gebührt."

Auch hier ist unstrittig, dass der nach § 41 Abs 2 NVG für die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß dem Kläger eine Alterspension gebührt, maßgebende Stichtag der 1. 2. 2004 ist und daher vor der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 28. 6. 2004, G 60/03 am 4. 8. 2004 liegt. Es handelt sich also um einen mit dem zu 10 ObS 28/06z entschiedenen Sachverhalt völlig vergleichbaren Fall. Das Berufungsgericht ist daher der dargestellten Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0121267) gefolgt, wenn es die vom Kläger (erneut) geltend gemachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 112 Abs 2 NVG 1972 idF der 12. Novelle, BGBl I 2006/98 verneint hat. In der Revision wird dagegen nichts Stichhältiges vorgebracht, weil sich das Rechtsmittel lediglich darauf beruft, dass die den Kläger treffende Ungleichbehandlung „doch erheblich" sei und daher beseitigt werden sollte, zumal sie über den engen Personenkreis „einiger in Ruhestand getretener Notare" hinaus keine Auswirkungen auf andere Stichtagsregelungen habe; entgegen dieser Ansicht ist eine zeitliche Differenzierung durch eine Stichtagsregelung aber grundsätzlich auch nicht gleichheitswidrig (stRsp; RIS-Justiz RS0053393; RS0117654; 10 ObS 191/06w und 10 ObS 107/07v mwN). Der Senat sieht daher weiterhin keinen Anlass für einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof, weshalb das Rechtsmittel mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist (10 ObS 61/07d). Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach dieser Gesetzesstelle an den Kläger rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte