OGH 4Ob41/08w

OGH4Ob41/08w10.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „D*****" *****, vertreten durch Weber Maxl & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, 2.) Wiener Zeitung GmbH, Wien 4, Wiedner Gürtel 10, vertreten durch Liebenwein Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 105.000 EUR), über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. November 2007, GZ 4 R 115/07x-25, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 4. April 2007, GZ 10 Cg 145/06p-19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.787,39 EUR und der zweitbeklagten Partei die mit 2.144,87 EUR (darin 357,48 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin der österreichweit erscheinenden Tageszeitung „Die Presse".

Die Republik Österreich (Erstbeklagte) ist Herausgeberin der österreichweit erscheinenden Tageszeitung „Wiener Zeitung", deren Eigentümerin und Verlegerin die Zweitbeklagte ist. Die Erstbeklagte ist alleinige Gesellschafterin der Zweitbeklagten.

Die „Wiener Zeitung" erscheint täglich von Dienstag bis Samstag und enthält redaktionelle Beiträge aus Politik, Chronik, Wien, Kultur, Sport und Wirtschaft sowie ein tägliches Kino-, Radio- und Fernsehprogramm. Weiterer Bestandteil neben kommerziellen Inseraten sind unbezahlte amtliche Mitteilungen, welche sie in ihrer Funktion als staatliches Publikationsorgan zu verbreiten hat, insbesondere Stellenangebote aus dem öffentlichen Bereich, Insolvenzmeldungen, Kundmachungen über Zwangsversteigerungen, einen Überblick über den Anleihenmarkt und Veröffentlichungen über die Tagesordnung des Ministerrats und Plenarsitzungen des Nationalrats. Zumeist im hinteren Teil der Ausgabe befindet sich das „Amtsblatt zur Wiener Zeitung", welches auch im Internet unter der Website www.wienerzeitung.at unentgeltlich abrufbar ist. Die „Wiener Zeitung" erzielte 2005 eine Reichweite von 0,85 %.

Die Zweitbeklagte ist im Gegensatz zur Klägerin, die zuletzt 2006 eine Presseförderung von 1,194.797,40 EUR erhielt, von der Presseförderung ausgeschlossen. Einnahmen aus Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt bilden einen wesentlichen Anteil der Gesamtfinanzierung der Zweitbeklagten, für die Veröffentlichungsentgelte im Amtsblatt erließ der Bundeskanzler mit der Verordnung BGBl II 124/2002 Höchstgrenzen; diese überschritt die Zweitbeklagte nicht.

Die Einnahmen und Ausgaben der Zweitbeklagten für 2005 bis 2007 lassen sich in Euro wie folgt zusammenfassen:

2005 2006 2007

Einnahmen gesamt: 20,021.240 19,569.048 17,908.200

aus Verlaut-

barungen: 16,034.181 16,425.035 15,325.000

Abo 1,380.745 1,377.648 1,450.000

Einzelverkauf 184.641 182.254 200.000

sonstige Einnahmen

außerhalb Zeitungs-

geschäft 2,421.673 1,584.111 933.200

vorläufig vorläufig

Aufwand gesamt: 20,293.600 19,527.418 18,108.000 Betriebsergebnis: - 272.360 41.630 - 199.800

Finanzergebnis 498.264 380.000 400.000

EGT 225.094 421.630 200.200

Die Klägerin beantragte,

1. der Erstbeklagten zu verbieten,

a) das „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" als Teil - in welcher Form auch immer, insbesondere als Beilage - der Tageszeitung „Wiener Zeitung" bzw des redaktionellen Teils der „Wiener Zeitung" herauszugeben oder vertreiben zu lassen und

b) die Herausgabe und den Vertrieb der Tageszeitung „Wiener Zeitung" bzw des redaktionellen Teils der „Wiener Zeitung" direkt oder indirekt aus den mit den amtlichen Einschaltungen und Pflichteinschaltungen im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" erzielten Erlösen zu finanzieren oder finanzieren zu lassen,

2. der Zweitbeklagten zu verbieten,

a) das „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" als Teil - in welcher Form auch immer, insbesondere als Beilage - der Tageszeitung „Wiener Zeitung" herzustellen, zu verlegen oder zu vertreiben und

b) die Herstellung, den Verlag und den Vertrieb der Tageszeitung „Wiener Zeitung" direkt oder indirekt aus den mit den amtlichen Einschaltungen und Pflichteinschaltungen im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" erzielten Erlösen zu finanzieren oder an einer solchen Finanzierung mitzuwirken.

Weiters begehrte die Klägerin Urteilsveröffentlichung. Sie brachte vor, die „Wiener Zeitung" bestehe einerseits aus einem redaktionellen Teil im Sinn einer österreichweiten Tageszeitung, welche sich wie „Die Presse" an A-Schicht-Leser wende, andererseits aus dem „Amtsblatt zur Wiener Zeitung", dem amtlichen Veröffentlichungsorgan der Republik Österreich. Der redaktionelle Teil werde durch überhöhte Entgelte aus den Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt finanziert, ohne eine derartige Quersubventionierung sei die „Wiener Zeitung" nicht lebensfähig. Die Erstbeklagte missbrauche ihre Hoheitsmacht als Gesetzgeber und ermögliche dadurch der Zweitbeklagten, durch Monopoleinnahmen aufgrund der Pflichtveröffentlichungen den redaktionellen Teil zu finanzieren. Dadurch verfüge die Zweitbeklagte über einen Wettbewerbsvorteil. Weiters liege auch ein Verstoß gegen das Beihilfenverbot des Art 87 EG, das Missbrauchsverbot des § 5 Abs 1 Z 4 KartG 2005 und das Zugabenverbot nach § 9a UWG vor.

Die Beklagten wendeten ein, ihre Vorgangsweise beruhe auf gesetzlichen Regeln und verstoße daher nicht gegen § 1 UWG. Die Schaffung eines zentralen Veröffentlichungsmediums sei sachlich gerechtfertigt und daher grundrechtskonform. Die privatrechtlich eingehobenen Entgelte für die Pflichtveröffentlichungen seien der Höhe nach gesetzeskonform. § 8 Abs 3 StaatsdruckereiG 1996 verbiete nur die Finanzierung anderer Geschäftsbereiche der Zweitbeklagten, während die „Wiener Zeitung" - bestehend aus dem redaktionellen Teil und dem Amtsblatt - als Einheit definiert sei. Schon aus diesem Grund scheide ein Verstoß gegen das Zugabenverbot des § 9a UWG aus.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Zweitbeklagte sei gemäß § 2 Abs 2 Z 4 StaatsdruckereiG 1996 verpflichtet, die „Wiener Zeitung" herzustellen und zu verlegen. Diese sei ein einheitliches Produkt, welches aus dem redaktionellen Teil, dem Amtsblatt und weiteren Pflichteinschaltungen bestehe. Die Finanzierung dieses Produkts sei durch § 7 Abs 2 StaatsdruckereiG 1996 geregelt, die Verordnung BGBl II 124/2002 setzte Höchstentgelte für Pflichtveröffentlichungen fest. Durch diese Einnahmen sei das einheitliche Produkt „Wiener Zeitung" zu finanzieren. Dass die Entgelte für Pflichteinschaltungen nur zur Finanzierung des Amtsblatts dienen dürften, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Zweitbeklagte verhalte sich daher gesetzeskonform. Das Schaffen der gesetzlichen Grundlage stelle kein Handeln im geschäftlichen Verkehr dar und könne daher keine Verletzung des Lauterkeitsrechts nach § 1 UWG sein. Der Beihilfetatbestand im Sinne des Art 87 Abs 1 EG sei nicht verwirklicht, auf die Vergütungen für die Pflichteinschaltungen und deren Verwendung nehme der Staat keinen Einfluss, zudem fehle der erforderliche Zwischenstaatsbezug. Verstöße gegen das kartellrechtliche Kopplungsverbot sowie das Zugabenverbot lägen schon deshalb nicht vor, weil die Zweitbeklagte gesetzeskonform handle.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Regelung der Finanzierung der „Wiener Zeitung" zulässig sei.

Es seien keine Argumente vorgebracht worden und ersichtlich, warum es einem Staat verwehrt sein solle, das amtliche Kundmachungsorgan mit einer Tageszeitung zu verbinden. Es liege auf der Hand, dass durch die Kombination des amtlichen Teils mit dem redaktionellen die Kundmachungen einem größtmöglichen Personenkreis zur Kenntnis gebracht würden. Zu der im Gesetz geregelten Einheit der „Wiener Zeitung" und des „Amtsblattes zur Wiener Zeitung" verwies das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Erstgerichts. Diese dem Kundmachungszweck förderliche und daher sachlich gerechtfertigte Verknüpfung werfe auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf.

Die Finanzierung des redaktionellen Teils mit Erlösen aus dem Amtsblatt sei im Gesetz vorgesehen, sodass ein Wettbewerbsverstoß infolge Rechtsbruchs grundsätzlich ausscheide. Die bestmögliche Erreichung des Kundmachungszwecks durch die Verknüpfung amtlich gebotener Einschaltungen mit einer Tageszeitung sei eine ausreichende sachliche Rechtfertigung dafür, eine - für sich betrachtet defizitäre - Tageszeitung mit Einnahmen aus den Pflichteinschaltungen zu finanzieren. Die Beklagten verstießen auch nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Beihilfenverbot, weil die Mittel zur Finanzierung des redaktionellen Teils nicht aus staatlichen Quellen stammten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. § 500a ZPO erlaubt dem Berufungsgericht, soweit es die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend erachtet, sich unter Hinweis auf deren Richtigkeit mit einer kurzen Begründung seiner Beurteilung zu begnügen. Ob dabei den Anforderungen des § 500a ZPO genügt wurde, ist eine Frage des Einzelfalls, die vom Obersten Gerichtshof nur bei einer grob fehlerhaften Anwendung der dem Berufungsgericht eingeräumten Möglichkeit der Begründungserleichterung aufgegriffen werden kann. Eine solche Fehlbeurteilung liegt nicht vor, sodass kein nach § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifender Verfahrensfehler von erheblicher Bedeutung gegeben ist (5 Ob 52/07v).

2. § 2 Abs 2 Z 4 StaatsdruckereiG 1996 sieht die gemeinsame Herausgabe der „Wiener Zeitung" mit dem „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" vor, weil der Begriff „Wiener Zeitung" auch das Amtsblatt mitumfasst. Vom „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" selbst spricht das Gesetz nur in Bestimmungen, die explizit das Amtsblatt betreffen (siehe § 7 StaatsdruckereiG 1996 und § 2a VerlautbarungsG). Dass der Gesetzgeber das gemeinsame Erscheinen des redaktionellen Teils und des Amtsblatts vorsieht, gesteht die Rechtsmittelwerberin in ihrer Revision zu, in der sie von einer rechtspolitischen Wertentscheidung spricht.

2.1. Die Finanzierung der „Wiener Zeitung" ist in § 7 StaatsdruckereiG 1996 geregelt, der bestimmt, dass Tarife für Veröffentlichungen im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" und der Bezugspreis der „Wiener Zeitung" - sofern gesetzlich nichts anderes geregelt ist - vom Bundeskanzler nach kaufmännischen Grundsätzen und unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen festzusetzen sind. Aus der Differenzierung von Einnahmen nach Quellen kann aber nicht schon auf eine gebotene Differenzierung der Verwendung von Einnahmen geschlossen werden. Zwischen dem Preis einer Einschaltung im Amtsblatt und dem Verkaufspreis der Zeitung als solcher besteht ein Unterschied, der nichts über maßgebende Finanzierungsgrundsätze aussagt.

2.2. Die Verwendung der Einnahmen ist durch § 8 Abs 3 StaatsdruckereiG 1996 geregelt, nach dem die Finanzierung anderer Geschäftsbereiche der Gesellschaft - nämlich der Zweitbeklagten - durch Einnahmen aus den Aufgaben gemäß § 2 Abs 2 Z 1 bis 4 StaatsdruckereiG 1996 unzulässig ist. Wie bereits erläutert bilden die „Wiener Zeitung" und das „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" eine Einheit, nämlich den in § 2 Abs 2 Z 4 StaatsdruckereiG 1996 geregelten Unternehmensgegenstand, das Amtsblatt ist daher jedenfalls nicht als einer der voranstehend erwähnten „anderen Geschäftsbereiche" zu qualifizieren.

2.3. Aus den bisherigen Erwägungen folgt, dass das Gesetz die Finanzierung der „Wiener Zeitung" unter Einschluss des Amtsblatts sowohl durch den Verkauf der Tageszeitung als auch durch die Einnahmen aus Einschaltungen im Amtsblatt vorsieht. Aufgrund des eindeutigen und dem Zweck nach klaren Gesetzeswortlauts verbleibt für eine „verfassungskonforme Interpretation", wie sie die Revisionswerberin anstrebt, kein Raum. Dass die Zweitbeklagte bei den Tarifen für Einschaltungen die vom Bundeskanzler verordneten Höchstsätze überschritten hätte, behauptete auch die Klägerin nicht. Die Zweitbeklagte handelte insofern vielmehr gesetzeskonform.

2.4. Somit lässt sich die lauterkeitsrechtliche Unzulässigkeit des von der Klägerin beanstandeten Verhaltens der Beklagten nicht auf einen Gesetzesverstoß gründen. Staatliche Hoheitsakte selbst sind an sich keine im geschäftlichen Verkehr gesetzte Handlungen, weshalb sie nicht den Vorschriften des Lauterkeitsrechts unterliegen können (4 Ob 21/04y; 1 Ob 71/01z = SZ 74/56; 4 Ob 50/89 = ÖBl 1999, 55). Das gilt auch nach geltendem Recht (UWG-Novelle 2007 BGBl I 79), kann sich doch eine nach Lauterkeitsrecht zu sanktionierende Unlauterkeit weiterhin nur auf Handlungen „im geschäftlichen Verkehr" beziehen.

3. Der Oberste Gerichtshof sprach ferner - zur alten Rechtslage - bereits mehrfach aus, dass eine Wettbewerbshandlung nicht schon deshalb als unlauter beurteilt werden kann, weil sie von einem öffentlichen Unternehmen gesetzt wurde, ein Unwerturteil im Sinn des § 1 UWG konnte sich indes daraus ergeben, dass die öffentliche Hand Machtmittel aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung zur Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs missbrauchte (4 Ob 50/89 = ÖBl 1990, 55 uva; RIS-Justiz RS0077436). Diese Grundsätze galten auch dann, wenn die öffentliche Hand nicht unmittelbar, sondern in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts - wie etwa hier der Bund als Herausgeber der „Wiener Zeitung" und alleiniger Gesellschafter der Zweitbeklagten - tätig war (4 Ob 72/02w = ÖBl 2003, 233).

3.1. Im Anlassfall geht es um jene gesetzlichen Regelungen, mit Hilfe deren der Bund den Eintritt eines (hohen) Defizits aus Anlass der Produktion und des Vertriebs der „Wiener Zeitung" durch die Verknüpfung des Tageszeitungsteils mit dem Amtsblatt für die nach bestimmten Normen gebotenen (auch) entgeltlichen Einschaltungen vermeiden will.

Ob ein allfälliger Missbrauch (hoheitlicher) Machtmittel durch den Bund als Gesetzgeber zwecks Förderung seiner privatwirtschaftlichen Tätigkeit als Zeitungsherausgeber und jener der Zweitbeklagten als Eigentümerin und Verlegerin der „Wiener Zeitung" - etwa durch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Mitbewerbern am Tageszeitungsmarkt - unter bestimmten weiteren Umständen überhaupt (auch) eine unlautere Geschäftspraktik nach geltendem Recht oder ein sittenwidriges Verhalten nach altem Recht „im geschäftlichen Verkehr" einer der Beklagten oder beider (gewesen) sein könnte, muss hier nicht beantwortet werden. Denn: Voraussetzung für jede weitere Erörterung dessen wäre das Vorliegen einer verfassungswidrigen Norm, auf deren Boden den Beklagten ein - im Verhältnis zu Mitbewerbern - sachlich nicht gerechtfertigter Vorsprung „im geschäftlichen Verkehr" verschafft werden sollte. Davon kann hier, wie sogleich zu begründen sein wird, nicht die Rede sein.

3.2. Es mag sein, dass das vom Berufungsgericht ins Treffen geführte Argument, die von der Klägerin behauptete Privilegierung der Zweitbeklagten als Mitbewerberin auf dem Tageszeitungsmarkt sei sachlich bereits deshalb gerechtfertigt, weil die Verknüpfung des Kundmachungsteils mit einer Tageszeitung die Kenntnisnahme der dort abgedruckten Verlautbarungen durch ein breiteres Publikum fördere, bei der „Wiener Zeitung" mit einer Reichweite von unter einem Prozent allein nicht überzeugt. Es steht allerdings des Weiteren fest, dass die Zweitbeklagte von der Presseförderung ausgeschlossen ist, während etwa der Klägerin zuletzt 2006 eine Presseförderung von 1,194.797,40 EUR zufloss. Dagegen betrugen die Einnahmen der Zweitbeklagten aus dem Zeitungsverkauf 2006 lediglich 1,559.902 EUR. Der Erlös rein kommerzieller Annoncen wird nach der Aufgliederung der festgestellten Gesamteinnahmen kaum höher gewesen sein. Die den Mitbewerbern der Zweitbeklagten am Tageszeitungsmarkt - die Klägerin ist nur einer dieser Konkurrenten bei Lesern der A-Schicht - zufließende Presseförderung dient ihnen daher - nach dem insofern erkennbaren Zweck des Ausschlusses der Zweitbeklagten von der Förderung - (auch) als Ausgleich für jenen Geschäftsentgang, der durch die von der Klägerin behauptete „Querfinanzierung" der „Wiener Zeitung" eintreten könnte, einer Tageszeitung, deren Reichweite - eine für das Inseratengeschäft wesentliche Größe - unter einem Prozent liegt. Diese Sicht der Sachlage bildet unter weiterer Berücksichtigung des bereits vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Arguments eine sachliche Rechtfertigung für die von der Klägerin angegriffene Gesetzgebung. Es ist überdies nicht zu erkennen, weshalb ein privatrechtliches, nach kaufmännischen Gesichtspunkten festgelegtes Entgelt für eine bestimmte Veröffentlichungsleistung ein „gebührenrechtliches Äquivalenzprinzip" verletzen soll. Der Oberste Gerichtshof hält daher § 7 Abs 2 StaatsdruckereiG 1996 - im Gegensatz zur Klägerin - nicht für verfassungswidrig.

4. Ob eine Zugabe vorliegt, hängt davon ab, welchen Eindruck der angesprochene Durchschnittsinteressent bei flüchtiger Wahrnehmung der Ankündigung gewinnt (RIS-Justiz RS0078697), entscheidend ist die Verkehrsauffassung, nicht die Absicht des Werbenden (RIS-Justiz RS0078510, RS0079157).

4.1. Dass durch die Kombination des redaktionellen Teils mit dem Amtsblatt kein Verstoß gegen ein Zugabenverbot nach § 9a UWG vorliegen kann, folgt bereits aus den unter 2. und 2.2. erörterten Gründen, bilden doch die beiden Teile der „Wiener Zeitung" nach dem Willen des Gesetzgebers eine Einheit. Eine Zugabeneigenschaft des Amtsblatts wäre aber auch dann zu verneinen, wenn es auf die Verkehrsauffassung ankäme, weil die Praxis, das Amtsblatt als Bestandteil der „Wiener Zeitung" herauszugeben, schon seit langem besteht und für die Auffassung einer Einheit prägend geworden wäre.

5. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinn des § 5 Abs 1 Z 4 KartG 2005 scheidet gleichfalls aus, weil notorisch ist, dass das „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" kostenlos im Internet abrufbar ist und daher niemand gezwungen wird, wegen des Amtsblatts die „Wiener Zeitung" zu erwerben. Die von der Revisionswerberin in diesem Kontext geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen daher nicht vor. Weitere Gründe, weshalb - abgesehen von der Frage der Finanzierung - der redaktionelle Teil der „Wiener Zeitung" nicht gemeinsam mit dem Amtsblatt veröffentlicht werden dürfte, macht die Klägerin nicht geltend.

6. Der Oberste Gerichtshof sprach ferner bereits aus, dass die Auffassung, eine allenfalls als Beihilfe im Sinn des Art 87 EG zu wertende unmittelbare oder mittelbare Zuwendung sei nach dem Gemeinschaftsrecht solange als zulässig zu beurteilen, als die bereits vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft am 1. Jänner 1995 gewährte Zuwendung nicht von der Kommission als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurde, mit gutem Grund vertretbar sei und damit einem Verstoß gegen § 1 UWG entgegenstehe (4 Ob 43/01d = ÖBl 2001, 260 - senior aktuell). Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb diese Leitlinie nicht auch nach dem geltenden Recht weiterhin Bestand haben sollte (siehe allgemein zum Tatbestand des Rechtsbruchs als unlautere Geschäftspraktik: 4 Ob 225/07b).

6.1. Die Herausgabe der „Wiener Zeitung" als Kombination von Tageszeitung und Verlautbarungsorgan mit Finanzierung aus Verkaufspreis und Veröffentlichungsentgelten erfolgte notorisch schon lange vor dem EG-Beitritt Österreichs. Eine Unzulässigerklärung durch die Kommission behauptet die Klägerin nicht. Somit scheidet aber eine Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenverbots als Grundlage der behaupteten Verletzung des Lauterkeitsrechts gleichfalls aus.

7. Nach allen voranstehenden Gründen hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ab, weshalb die Revision zurückzuweisen ist.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten wiesen auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hin. Ihre Rechtsmittelbeantwortungen dienten daher einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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