Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Während für die Feststellung von Leistungsansprüchen in der Krankenversicherung und Pensionsversicherung gemäß § 361 Abs 1 Z 1 ASVG das Antragsprinzip gilt, kann in der Unfallversicherung ein solches Verfahren sowohl amtswegig als auch auf Antrag eines Versicherten eingeleitet werden. Die Bestimmung des § 361 Abs 1 Z 2 ASVG sieht für Ansprüche aus der Unfallversicherung primär die amtswegige Leistungserbringung vor, § 363 Abs 1 ASVG verpflichtet den Dienstgeber und die sonstigen Meldepflichtigen zur Erstattung einer Unfallmeldung, sofern durch den Unfall eine unfallversicherte Person getötet oder mehr als drei Tage völlig oder teilweise arbeitsunfähig geworden ist. § 364 ASVG normiert die Verpflichtung des Trägers der Unfallversicherung zur amtswegigen Einleitung des Ermittlungsverfahrens aufgrund einer Unfallmeldung. In diesen Fällen führt somit die bloße Meldung eines anspruchsbegründenden Sachverhalts zur Gewährung von Leistungsansprüchen (vgl SSV-NF 5/8). Nach der den Anfall von Leistungen aus der Sozialversicherung betreffenden Bestimmung des § 86 ASVG fallen Leistungen aus der Unfallversicherung dann, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls weder der Anspruch von Amts wegen festgestellt noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruchs gestellt wurde, mit dem Tag der späteren Antragstellung bzw mit dem Tag der Einleitung des Verfahrens, das zur Feststellung des Anspruchs führt, an. Wird eine Unfallmeldung innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls erstattet, so gilt der Zeitpunkt des Einlangens der Unfallmeldung beim Unfallversicherungsträger als Tag der Einleitung des Verfahrens, wenn dem Versicherten zum Zeitpunkt der späteren Antragstellung oder Einleitung des Verfahrens noch ein Anspruch auf Rentenleistungen zusteht (§ 86 Abs 4 erster und zweiter Satz ASVG).
Da im vorliegenden Fall unbestritten feststeht, dass innerhalb von zwei Jahren ab Eintritt des Versicherungsfalls (2. 3. 1973) weder ein Antrag auf Feststellung einer Versehrtenrente gestellt noch ein Anspruch von Amts wegen festgestellt wurde, dem Kläger aber zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. 2. 2004 noch ein Anspruch auf Rentenleistung zustand, fiele die vom Kläger begehrte Versehrtenrente nur dann frühestens mit dem Unfalltag (2. 3. 1973) an, wenn innerhalb dieser Zweijahresfrist eine Unfallmeldung erstattet worden wäre. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat, sind unter „Unfallsanzeigen" (nunmehr: Unfallmeldungen) im Sinn des § 86 Abs 4 Satz 2 ASVG nicht nur Unfallmeldungen nach § 363 Abs 1 ASVG zu verstehen. Bei (auch) amtswegig zu erbringenden Leistungen entsteht nämlich die Leistungspflicht (Entscheidungspflicht) des Versicherungsträgers bereits in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, wenn der Versicherungsträger diese kennt. Diese Kenntnis kann dem Versicherungsträger auf verschiedene Weise verschafft werden. In Frage kommen Meldungen des Leistungsempfängers, Unfallmeldungen der Dienstgeber, Meldungen von Berufskrankheiten durch Ärzte, Anträge der Leistungsempfänger usw. Diese Meldungen und Anträge sind jedoch bei von Amts wegen zu erbringenden Leistungen keine selbständigen formellen Leistungsvoraussetzungen, weil die bloße Kenntnis der materiellen Voraussetzungen für das Tätigwerden des Versicherungsträgers genügt und es nicht darauf ankommt, wie er diese Kenntnis erlangt hat. So stellt nach der Rechtsprechung beispielsweise eine dem Unfallversicherungsträger übermittelte Ambulanzkarte, in der die Verletzungen des Versicherten angeführt sind und sich ein Hinweis auf einen Arbeitsunfall findet, jedenfalls im Zusammenhang mit einem von Versicherten ausgefüllten und an den Unfallversicherungsträger rückgemittelten Fragebogen eine Unfallmeldung im Sinn des § 86 Abs 4 Satz 2 ASVG dar (SSV-NF 8/11). Eine (materielle) Unfallmeldung ist auch in einem von der chirurgischen Ambulanz eines Krankenhauses an den Unfallsträger erstatteten „Erstbericht Arbeitsunfall", der neben den Personaldaten des Patienten einschließlich seines Dienstgebers, Krankenversicherungs- und Unfallversicherungsträgers Angaben über Zeit, Ort und Hergang des (Arbeits-)Unfalls, die diagnostizierten Folgen und die vorgesehene Behandlung enthält, zu erblicken. Damit wird nämlich der Unfallversicherungsträger in die Lage versetzt, unverzüglich ein Feststellungsverfahren einzuleiten und die Tatsachen feststellen zu lassen, die für die Ermittlung, ob und in welcher Höhe eine Entschädigung in Betracht kommt, erforderlich sind (SSV-NF 8/41; vgl auch jüngst 10 ObS 105/07z). Hingegen kann das Vorliegen einer „Unfallmeldung" ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht angenommen werden, wenn bei einem Routinebesuch von Außendienstmitarbeitern des Unfallversicherungsträgers beim Dienstgeber des Versicherten auch dessen Unfall allgemein zur Sprache kommt (10 ObS 188/02y). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, eine (auch) den Kläger betreffende Unfallmeldung im Sinn des § 86 Abs 4 Satz 2 ASVG und damit ein Anlass für ein amtswegiges Vorgehen der beklagten Partei könne weder in der seinerzeitigen Unfallmeldung des Dienstgebers betreffend einen bei diesem Unfall am 2. 3. 1973 tödlich verunglückten Arbeitskollegen des Klägers noch in einem in einer Tageszeitung veröffentlichten Bericht über diesen Unfall erblickt werden, da sich daraus für die beklagte Partei kein Anhaltspunkt dafür ergeben habe, dass auch der Kläger bei diesem Unfall Verletzungen erlitten hätte, keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dem Kläger die Versehrtenrente aus dem Arbeitsunfall vom 2. 3. 1973 erst ab dem Zeitpunkt der späteren Antragstellung (18. 2. 2004) gebührt, steht vielmehr im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS-Justiz RS0083727; RS0083732; RS0113170 ua). Es erübrigt sich damit auch ein näheres Eingehen auf die weitere Frage, ob die Verletzung einer amtswegigen Ermittlungspflicht durch die beklagte Partei überhaupt zu der vom Kläger begehrten rückwirkenden Gewährung der Versehrtenrente ab dem Unfallstag führen könnte. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erweist sich die Revision daher als unzulässig.
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