OGH 2Ob67/08d

OGH2Ob67/08d28.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna B*****, vertreten durch Dr. Theodor Strohal und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei U*****, Inc., wegen 904.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Jänner 2008, GZ 14 R 6/08t-5, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Dezember 2007, GZ 22 Cg 280/07v-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit der am 20. 12. 2007 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage von der beklagten Partei die Zahlung von 904.000 EUR sA. Sie brachte im Wesentlichen vor, Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Kroatien, der I***** d.o.o., zu sein. Diese Gesellschaft habe im Jahr 2006 in Kroatien ein Hotel erworben, für dessen Renovierung ein Kapitalaufwand von 9,900.000 EUR erforderlich sei. Die beklagte Partei sei eine im Handelsregister des US-Bundesstaats Oregon eingetragene Gesellschaft, die auf ihrer österreichischen Website (www.*****) von sich behaupte, weltweit in interessante Projekte Risikokapital zu investieren. Sie unterhalte an einer (wechselnden) Wiener Adresse ein als „Overseas Representation, Vienna" bezeichnetes Büro, das nicht als Zweigstelle im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien eingetragen sei.

Die Klägerin sei zwecks Finanzierung des Projekts an die beklagte Partei herangetreten und habe mit dieser in Wien Verhandlungen geführt. Mit Schreiben vom 18. 8. 2006 habe die beklagte Partei schließlich eine Beteiligungsfinanzierung unter der Voraussetzung zugesagt, dass ihr ein Startkapital von 900.000 EUR sowie ein weiterer Betrag von 4.000 EUR für die Erstellung eines „Businessplans" zur Verfügung gestellt werde. Die Klägerin habe die geforderten Beträge in mehreren Teilzahlungen entrichtet und auf das Konto der beklagten Partei bei der R***** überwiesen. Am Tag der Finanzierungszusage hätten die I***** d.o.o. und die beklagte Partei die Geschäftsanteile einer in Gründung befindlichen „G*****, Inc." erworben, die mittlerweile an die Klägerin übertragen worden seien. Die Klägerin sei auch „Chief Operating Officer" dieser Gesellschaft und habe am 11. 10. 2006 einen Bevollmächtigten bestellt. Zwischen der G*****, Inc. und der I***** d.o.o. sei schriftlich vereinbart worden, dass die erstere der letzteren im Zeitraum vom 1. 12. 2006 bis 15. 4. 2007 in vier Tranchen ein Darlehen von 9,900.000 EUR zuzählen werde, welches mit 1 % über dem jeweiligen EURIBOR verzinst und in zehn Jahresraten beginnend mit November 2007 zurückgezahlt werden hätte sollen. Mit Schreiben vom 8. 1. 2007 habe die beklagte Partei dem von der Klägerin bestellten Bevollmächtigten die Auszahlung der Beteiligungsfinanzierung per 12. 1. 2007 avisiert. Dieses und die weiteren Zahlungsversprechen seien jedoch unerfüllt geblieben. Mit Schreiben vom 23. 8. 2007 habe die Klägerin die beklagte Partei erfolglos aufgefordert, den Finanzierungsbetrag von 9,900.000 EUR bis längstens 29. 8. 2007 zu bezahlen und für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Da seitens der beklagten Partei weder eine Reaktion noch Zahlung erfolgt sei, habe die Klägerin die beklagte Partei mit Schreiben vom 12. 9. 2007 zur Refundierung der geleisteten Beträge bis längstens 17. 9. 2007 aufgefordert. Auch hierauf sei keine Reaktion erfolgt. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gründe sich auf § 87 JN.

Mit dieser Klage verband die Klägerin einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Den Sicherungsantrag überwies es gemäß § 44 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Schwechat. Es vertrat die Ansicht, auch nach der neuen Fassung des § 51 Abs 1 Z 1 JN seien ausländische Gesellschaften, so sie zu den in § 2 UGB angeführten Gesellschaftstypen zu zählen seien, bei Ansprüchen aus unternehmensbezogenen Geschäften vor den Handelsgerichten zu klagen. Die beklagte Partei sei eine im Handelsregister des Staats Oregon eingetragene „incorporate company", also eine Aktiengesellschaft nach US-amerikanischem Recht. Sie sei somit Unternehmerin kraft Rechtsform im Sinne des § 2 UGB, weshalb das angerufene Gericht sachlich unzuständig sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erörterte, der Anspruch der Klägerin sei inhaltlich als Bereicherungsanspruch nach § 1435 ABGB (condictio causa finita) zu qualifizieren. Für solche Ansprüche sei die handelsrechtliche Zuständigkeit gegeben, wenn ein Handelsgeschäft die Grundlage für die Beurteilung der Berechtigung des Anspruchs bilde. Das von der Klägerin behauptete ursprüngliche Rechtsverhältnis sei auf Seiten der beklagten Partei, einer im Handelsregister des Staats Oregon eingetragenen Kapitalgesellschaft, ein unternehmensbezogenes Geschäft gewesen. In diesem Falle stehe aber der auf Nichterfüllung gegründete Rücktritt von diesem Geschäft in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der unternehmensbezogenen Tätigkeit der beklagten Partei. Die Rückforderung eines auf dieses Geschäft hin geleisteten Betrags infolge Auflösung des Geschäfts sei als unmittelbare Fortwirkung des unternehmensbezogenen Geschäfts zu beurteilen. Die Geltendmachung eines solchen Anspruchs habe daher vor den selbständigen Handelsgerichten zu erfolgen.

Es sei aber auch zu prüfen, ob die Streitsache deshalb nicht in die Handelsgerichtsbarkeit falle, weil die beklagte Partei nicht im (österreichischen) Firmenbuch eingetragen sei. Durch das Handelsrechts-Änderungsgesetz, BGBl I 2005/120, sei auch die Zuständigkeit in § 51 JN neu geregelt worden. Dabei habe der Gesetzgeber danach getrachtet, einerseits drohende Zuständigkeitsstreitigkeiten möglichst zu minimieren und andererseits in das bestehende Zuständigkeitssystem in geringstmöglicher Weise einzugreifen. Danach sollten Streitigkeiten aus unternehmensbezogenen Geschäften dann der Handelsgerichtsbarkeit unterliegen, wenn die Klage gegen einen zum Zeitpunkt der Klagseinbringung im Firmenbuch eingetragenen Unternehmer gerichtet sei und es sich auf dessen Seite um ein unternehmensbezogenes Geschäft handle. Hinsichtlich der Personen- und Kapitalgesellschaften ergebe sich daraus keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage. Der Vorteil der Lösung des Gesetzgebers liege darin, dass künftig der Kläger mit einem Blick in das Firmenbuch auch Aufschluss über die Zuständigkeit erhalte, wodurch langwierige Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden könnten. Nur im Bereich der eingetragenen Personengesellschaften, die nach dem Handelsrechts-Änderungsgesetz 2005 für jeden - auch nicht unternehmerischen - Zweck offen stünden, müsse danach differenziert werden, ob sie unternehmerisch tätig seien und daher dem § 51 Abs 1 Z 1 JN unterliegen oder nicht.

Dem Gesetzgeber sei aber insoferne eine planwidrige Lücke unterlaufen, als er bei der Neufassung dieser Bestimmung auf ausländische Kapitalgesellschaften überhaupt nicht Bedacht genommen habe. Es könne nicht sein, dass sich die handelsrechtliche Kausalgerichtsbarkeit in Zeiten zunehmender Globalisierung des Handelsverkehrs auf inländische Gesellschaften bzw diejenigen ausländischen Gesellschaften reduziere, deren Zweigniederlassungen im österreichischen Firmenbuch eingetragen seien. In den letzten Jahrzehnten sei bei allen Überlegungen zur Reform der Gerichtsbarkeit immer wieder die Bedeutung des Handelsgerichts Wien bzw des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien für die Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung in den dort anfallenden Spezialmaterien hervorgehoben worden. Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber nunmehr die Kausalgerichtsbarkeit in drastischer Weise beschneiden und ihr einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit vorenthalten habe wollen.

Nach Ansicht des Rekurssenats könne diese Gesetzeslücke daher nur so ausgefüllt werden, dass für Streitigkeiten aus unternehmensbezogenen Geschäften gegen ausländische Unternehmen, ob sie nun im österreichischen Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassungen unterhalten oder nicht, die Kausalzuständigkeit jedenfalls dann gegeben sei, wenn sie in ihrem Heimatstaat in ein dort bestehendes Register eingetragen sind.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob sich die Zuständigkeit der selbständigen Handelsgerichte auch auf beklagte ausländische Unternehmen erstrecke.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem (sinngemäßen) Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Erstgericht die Durchführung des ordentlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin wendet sich gegen die Auslegung der gesetzgeberischen Zielsetzung durch das Rekursgericht und meint, dessen Rechtsansicht fördere geradezu das Entstehen von Zuständigkeitsstreitigkeiten. Werde nämlich die Zuständigkeit der Handelsgerichte auch auf Klagen gegen nicht im Firmenbuch eingetragene ausländische Unternehmen erstreckt, würde diesen stets noch der Einwand offen stehen, dass das Geschäft auf ihrer Seite nicht unternehmensbezogen sei. Dies sei hingegen ausgeschlossen, wenn für solche Klagen generell die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte gegeben sei. Das Rekursgericht sei aber auch von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, wonach Ansprüche nach Auflösung eines Geschäfts oder Rücktritt von demselben sowie Kondiktionsansprüche nicht vor die Handelsgerichte gehören würden.

Hiezu wurde erwogen:

1.) Vor dem Inkrafttreten des Handelsrechts-Änderungsgesetzes (HaRÄG), BGBl I 2005/120, mit 1. 1. 2007 gehörten nach § 51 Abs 1 Z 1 JN vor die selbständigen Handelsgerichte Streitigkeiten aus Handelsgeschäften, wenn die Klage gegen einen Kaufmann, eine Handelsgesellschaft oder eine registrierte Genossenschaft gerichtet und das Geschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft war. Voraussetzung für die Zuständigkeit des Handelsgerichts war daher nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das dem Rechtsstreit zugrunde gelegene Rechtsgeschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft war und der Anspruch aus dem Handelsgeschäft selbst geltend gemacht wurde (RIS-Justiz RS0046425).

Geschäfte von Handelsgesellschaften (Personengesellschaften und juristischen Personen), also auch solche von Kaufleuten kraft Rechtsform (§ 6 Abs 2 HGB), galten „automatisch" als Handelsgeschäfte (vgl RIS-Justiz RS0059862 [GmbH]; Simotta in Fasching2 I § 51 JN Rz 47; Kramer in Straube, HGB3 I §§ 343, 344 Rz 15), sodass für Klagen gegen Formkaufleute aus solchen Geschäften stets die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte gegeben war. Dabei wurde in der Rechtsprechung nicht danach unterschieden, ob die Beklagte eine im österreichischen Firmenbuch (früher: Handelsregister) eingetragene oder im Ausland ansässige und nur dort registrierte Gesellschaft war (vgl etwa 3 Ob 40/03h [deutsche GmbH]; 5 Nc 6/03g [türkische Kapitalgesellschaft]; 10 Nc 32/04v [kroatische d.o.o.]).

2.) Die Änderung des Grundtatbestands in den §§ 1 ff UGB durch das HaRÄG erforderte auch die Neufassung des § 51 Abs 1 Z 1 JN. Nach ihrem geänderten Wortlaut knüpft diese Bestimmung die Zuständigkeit der Handelsgerichte nunmehr an „Streitigkeiten aus unternehmensbezogenen Geschäften, wenn die Klage gegen einen im Firmenbuch eingetragenen Unternehmer gerichtet ist und das Geschäft auf Seiten des Beklagten ein unternehmensbezogenes Geschäft ist".

In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1058 BlgNR 22. GP 78) wird dazu unter anderem ausgeführt:

„Die Möglichkeit, diese Kompetenz künftig schlicht davon abhängig zu machen, dass der Beklagte dann eben kein Kaufmann, sondern ein Unternehmer zu sein habe, sollte nicht näher verfolgt werden, da die Ausweitung des Grundtatbestands auf den größenunabhängigen Unternehmerbegriff die handelsgerichtliche Zuständigkeit ihrem Umfang nach sprengen dürfte. Besonders, aber nicht nur in Hinblick auf die Wiener Handelsgerichtsbarkeit (BGHS, HG Wien) ist es dagegen das Bestreben des Bundesministeriums für Justiz, am Umfang der praktisch sehr bewährten bestehenden Zuständigkeiten nach Möglichkeit festzuhalten."

Im Folgenden wird erläutert, warum die gefundene Lösung den Vorzug vor der als möglich erörterten Alternative, die Kompetenz der Handelsgerichtsbarkeit künftig vom Vorliegen einer Streitigkeit aus einem beiderseitigen unternehmensbezogenen Geschäft abhängig zu machen, erhielt. Dabei stehen die bereits vom Rekursgericht genannten Argumente im Vordergrund:

„Die Lösung hätte in Bezug auf Einzelunternehmer zudem den Vorzug der Rechtsklarheit, da sich künftig jeder Kläger mit einem Blick ins Firmenbuch von der Zuständigkeit des Gerichts überzeugen kann. Langwierige Kompetenzstreitigkeiten werden dadurch vermieden. Dies dient in hohem Maße auch der Rechtssicherheit. Lediglich im Bereich der eingetragenen Personengesellschaften (OG, KG) wird aufgrund des Umstands, dass diese für jeden - auch nicht unternehmerischen - Zweck offen stehen, danach zu differenzieren sein, ob sie unternehmerisch tätig sind und deshalb von § 51 Abs 1 Z 1 erfasst werden.

Nicht zuletzt wird damit in das bestehende Zuständigkeitssystem nur in der geringstmöglichen Weise eingegriffen. Etwas anderes ist auch kein Ansinnen der HGB-Reform. Dieser Alternative soll daher in Abs 1 Z 1 der Vorzug gegeben werden."

Diese Ausführungen belegen das Bestreben des Gesetzgebers, eine Zuständigkeitsregel zu schaffen, „bei der der Umfang der bewährten Wiener Handelsgerichtsbarkeit in etwa beibehalten werden" konnte (so S. Bydlinski, Das Unternehmensgesetzbuch im Überblick, ÖJZ 2006/4).

3.) Während § 51 Abs 1 Z 1 JN in seiner früheren Fassung der Einbeziehung ausländischer Handelsgesellschaften in die Handelsgerichtsbarkeit nicht entgegenstand, bliebe bei wörtlicher Auslegung der geänderten Fassung - von den Fällen im österreichischen Firmenbuch eingetragener inländischer Zweigniederlassungen abgesehen - hiefür kein Raum. Die auszugsweise wiedergegebenen Erläuterungen in den Gesetzesmaterialien legen allerdings nahe, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung der Zuständigkeitsbestimmung auf die Klagen gegen ausländische Unternehmer nicht Bedacht genommen hat. Gemessen am offensichtlichen Sinn der Vorschrift, Streitigkeiten aus unternehmensbezogenen Geschäften in ähnlichem Umfang wie bisher bei den Handelsgerichten zu konzentrieren, ist in Übereinstimmung mit dem Rekursgericht davon auszugehen, dass eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung vorliegt, die mit Hilfe der Gesetzesanalogie zu schließen ist (vgl RIS-Justiz RS0098756; P. Bydlinski in KBB2 § 7 Rz 2 f). Diese führt zu dem Ergebnis, dass vom Zuständigkeitstatbestand des § 51 Abs 1 Z 1 JN auch Klagen erfasst werden, die gegen nicht im österreichischen Firmenbuch eingetragene Rechtsträger ausländischer Unternehmen gerichtet sind, sofern a) die ausländischen Unternehmer ihrem Wesen nach den typischerweise im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Unternehmern annähernd gleichzusetzen sind (wobei kein zu strenger Maßstab anzulegen ist), b) das Geschäft auf ihrer Seite ein „unternehmensbezogenes" Geschäft ist und c) sie am Ort ihres Geschäftssitzes in einem Register eingetragen sind; dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dieses Register qualitativ dem österreichischen Firmenbuch entspricht. Das erste Kriterium trifft jedenfalls auf solche ausländische Gesellschaftsformen zu, die mit den inländischen Unternehmern kraft Rechtsform (§ 2 UGB), also insbesondere Aktiengesellschaft oder GmbH vergleichbar sind.

4.) Nach den Klagsangaben ist die beklagte Partei eine US-amerikanische (business) corporation, eine Gesellschaftsform, die in der (häufigeren) Variante der public corporation der österreichischen Aktiengesellschaft und in jener der close corporation etwa einer GmbH entspricht (Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht2 [2006] Rz 164; Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA [2003] 31; vgl auch Würsch/Thaler, Grundlagen des amerikanischen Gesellschaftsrechts, ecolex 2007, 111 [113]). Die business corporation besitzt eigene Rechtspersönlichkeit. Sie kann Trägerin von Rechten und Pflichten sein sowie im eigenen Namen klagen und geklagt werden (Merkt/Göthel aaO Rz 166). Das Gesellschaftskapital ist durch Aktien (shares oder stock) verbrieft. Ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital gibt es in den meisten Gliedstaaten nicht. Wie im österreichischen Recht sind die Aktionäre grundsätzlich nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftbar (Merkt/Göthel aaO Rz 168; Würsch/Thaler aaO 113).

Vertreten wird die Gesellschaft nach außen durch einen oder mehrere executive officers, die unter der Aufsicht des zentralen Geschäftsführungsorgans, dem board of directors stehen (Merkt/Göthel aaO Rz 169; Würsch/Thaler aaO 113). Die Gründung der corporation erfolgt durch Einreichung der Gründungsurkunde (articles of incorporation) bei der zuständigen Behörde des Inkorporationsstaats (secretary of state) durch einen oder mehrere Gründer (incorporators; Merkt/Göthel aaO Rz 167 und 272 ff; Würsch/Thaler aaO 113). Die corporation erlangt Rechtspersönlichkeit durch Erteilung des certificate of corporation (Merkt/Göthel aaO Rz 167 und 276), woran sich die Gründungsversammlung mit der Wahl des board of directors, der Bestellung der executive officers und der Beschlussfassung über die eigentliche Satzung der corporation, die sogenannten bylaws schließt (Merkt/Göthel aaO Rz 167).

Wenngleich ein in seiner Bedeutung dem österreichischen Firmenbuch vergleichbares Register in den amerikanischen Bundesstaaten nicht existiert (Würsch/Thaler aaO 114), sieht doch das Gründungsverfahren immerhin die Registrierung der Gründungsurkunde durch den secretary of state und die Eintragung der von diesem autorisierten Zweitschrift beim county recorder jenes Verwaltungsbezirks, in welchem der Sitz der corporation liegt, vor (Merkt/Göthel aaO Rz 272 ff; Elsing/Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht2 [1999] Rz 589; Turcon/Zimmer, Grundlagen des US-amerikanischen Gesellschafts-, Wirtschafts-, Steuer- und Fremdenrechts [1994] 9). Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist auch die in der Klage aufgestellte, für die Zuständigkeitsprüfung nach § 41 Abs 2 JN bindende Behauptung, die beklagte Partei sei im „Handelsregister Oregon" eingetragen, zu verstehen.

Nach den Angaben in der Klage ist ferner davon auszugehen, dass das dem geltend gemachten Anspruch zugrundeliegende Rechtsgeschäft auf Seiten der beklagten Partei „unternehmensbezogen" war. Somit sind sämtliche der in Punkt 3. dargelegten Kriterien für die Anwendung der erörterten Zuständigkeitsbestimmung erfüllt.

5.) Weitere Voraussetzung für die Zuständigkeit der Handelsgerichte ist, dass der Anspruch aus einem unternehmensbezogenen Geschäft abgeleitet, somit aus diesem selbst geltend gemacht wird. Insoweit ist keine Änderung zur früheren Rechtslage eingetreten, weshalb zur näheren Konkretisierung dieses Tatbestandserfordernisses auf die bisherige Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (vgl 4 Ob 203/00g; 10 Ob 2/04y; RIS-Justiz RS0046425; Simotta aaO § 51 JN Rz 63 ff; Mayr in Rechberger, ZPO3 § 51 JN Rz 5; Kramer aaO §§ 343, 344 Rz 3).

Nach den für wahr zu haltenden Angaben in der Klage (§ 41 Abs 2 JN) leitet die Klägerin ihren Anspruch auf Rückzahlung des an die beklagte Partei Geleisteten aus dem mit der Nichterfüllung einer verbindlichen Finanzierungszusage begründeten Rücktritt von der getroffenen Vereinbarung ab. Sie begehrt demnach die Rückabwicklung eines auf Seiten der beklagten Partei unternehmensbezogenen Geschäfts nach dessen Auflösung durch Rücktritt vom Vertrag.

Der Oberste Gerichtshof hat in einigen Entscheidungen (obiter) ausgeführt, Ansprüche nach Auflösung des Geschäfts oder Rücktritt vom Geschäft fielen nicht in die Zuständigkeit des Handelsgerichts nach § 51 Abs 1 Z 1 JN (2 Ob 599/89; 1 Ob 543/93; 10 Ob 2/04y; Simotta aaO § 51 JN Rz 66; Mayr aaO § 51 JN Rz 5). Der daraus gewonnene Rechtssatz (RIS-Justiz RS0046419), auf den sich auch die Klägerin in ihrem Rechtsmittel erkennbar bezieht, hält in dieser Allgemeinheit jedoch einer näheren Betrachtung nicht stand, zumal keiner der in der Rechtssatzkette angeführten Entscheidungen ein Leistungsanspruch nach einem Vertragsrücktritt oder einer sonstigen Vertragsauflösung zugrundelag:

So hatte die Entscheidung 2 Ob 599/89 die Zahlung eines Benützungsentgelts wegen (von Anfang an) titelloser Benützung einer Liegenschaft zum Gegenstand. Die Meinung Faschings, auf die sich der Senat bei seiner Darstellung der Rechtslage damals berief, gründete sich auf GlUNF 7677 sowie eine in EvBl 1952/34 veröffentlichte Rekursentscheidung des Oberlandesgerichts Wien (vgl Fasching1 I 319 § 51 JN Anm 3). Während es in GlUNF 7677 um die Rückforderung einer irrtümlich zweimal geleisteten Geldschuld nach § 1431 ABGB ging, wurde in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien die Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien für einen nach § 1041 ABGB beurteilten Anspruch wegen titelloser Nutzung eines Lebensmittelgeschäfts verneint.

Auch nach den in der Entscheidung 1 Ob 543/93 beurteilten Klagebehauptungen hatte die Klägerin die Rückforderung einer irrtümlich geleisteten Zahlung begehrt. Der erste Senat betonte, dass rechtserzeugender Sachverhalt für diesen Anspruch nicht das zwischen den Parteien abgeschlossene Rechtsgeschäft (ein Garantievertrag), sondern die Tatsache der irrtümlichen Leistung, die den Anspruch nach § 1431 ABGB gebe, sei. Es bestehe kein Grund von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, wonach für solche Ansprüche, deren Rechtsgrund nicht die zwischen den Parteien zustandegekommenen Rechtsgeschäfte, sondern die Voraussetzungen des § 1431 ABGB seien, nicht der Kausalgerichtsbarkeit unterlägen. In diesem Zusammenhang verwies der erste Senat auf GlUNF 7677 und auf GlUNF 7613, wobei in letzterer Entscheidung die Rückzahlung einer im irrtümlichen Vertrauen auf das Bestehen einer vertraglichen Grundlage erbrachten Leistung geltend gemacht worden war.

In der Entscheidung 10 Ob 2/04y lehnte der Oberste Gerichtshof schließlich die Zuständigkeit des Handelsgerichts für eine auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines Handelsgeschäfts gerichtete Klage ab. Rechtsgrund der Klage sei nicht das angefochtene Rechtsgeschäft, sondern die behauptete fehlende Vertretungsbefugnis oder ein listiges und sittenwidriges Verhalten der vertragsschließenden (juristischen) Person bzw die im allgemeinen Recht begründete Befugnis, derartige Rechtsgeschäfte anzufechten und dem Benachteiligten gegenüber als unwirksam zu erklären. Aus dieser rechtlichen Natur des Klagegrunds ergebe sich, dass der Klagsanspruch von der rechtlichen Eigenart des angefochtenen Rechtsgeschäfts unabhängig und der Zuständigkeitsgrund des § 51 Abs 1 Z 1 JN daher nicht gegeben sei.

Der Oberste Gerichtshof hat aber auch schon die Zuständigkeit des Handelsgerichts für die Entscheidung über einen Bereicherungsanspruch bejaht, wenn diesem ein Handelsgeschäft des Beklagten zugrundelag (5 Ob 217/72; in diesem Sinne auch die vom Rekursgericht zitierte zweitinstanzliche Judikatur, insb WR 365 und WR 783; wN bei Mayr aaO § 51 JN Rz 5; zust Kerschner in Jabornegg, HGB § 343 Rz 14; vgl auch Kramer aaO §§ 343, 344 Rz 3, der danach unterscheidet, ob es um die Rückabwicklung eines Rechtsgeschäfts oder um ausschließlich „gesetzlich" begründete Kondiktionen geht).

6.) Nach Ansicht des erkennenden Senats fallen auch Ansprüche auf Rückabwicklung eines durch Vertragsrücktritt aufgelösten Rechtsgeschäfts, das auf Seiten des Beklagten ein unternehmensbezogenes Geschäft war, in den Zuständigkeitstatbestand des § 51 Abs 1 Z 1 JN. Gibt doch erst der rechtliche Charakter und der Inhalt des Rechtsgeschäfts darüber Aufschluss, unter welchen Voraussetzungen sich eine der Vertragsparteien einseitig vom Vertrag lösen und die in Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen oder - wie hier - einer Bedingung für die Leistungspflicht des Vertragspartners erbrachte Leistung wieder zurückfordern kann. Insoweit bildet jedenfalls das Rechtsgeschäft selbst die unmittelbare Grundlage für die Beurteilung des Klagsanspruchs. Das Rekursgericht hat somit zutreffend erkannt, dass nicht das angerufene Gericht, sondern das Handelsgericht Wien für die Rechtssache sachlich zuständig ist.

7.) Zusammenfassend ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen somit folgendes Bild:

a) Die Zuständigkeitsbestimmung des § 51 Abs 1 Z 1 JN umfasst auch Klagen gegen nicht im österreichischen Firmenbuch eingetragene Rechtsträger ausländischer Unternehmen, sofern diese ihrem Wesen nach den typischerweise im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Unternehmen annähernd entsprechen, das dem Anspruch zugrundeliegende Rechtsgeschäft auf ihrer Seite ein unternehmensbezogenes Geschäft ist und der ausländische Rechtsträger in einem Register seines Sitzstaats eingetragen ist; ersteres trifft jedenfalls auf solche ausländische Gesellschaftsformen zu, die mit den inländischen Unternehmen kraft Rechtsform (§ 2 UGB), also insbesondere Aktiengesellschaft oder GmbH vergleichbar sind.

b) Ansprüche auf Rückabwicklung eines durch Rücktritt vom Vertrag aufgelösten Rechtsgeschäfts, das auf Seiten des Beklagten ein unternehmensbezogenes Geschäft war, fallen unter den Zuständigkeitstatbestand des § 51 Abs 1 Z 1 JN.

Dem Revisionsrekurs der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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