OGH 10Ob2/04y

OGH10Ob2/04y16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** - I***** I***** AG, ***** Bulgarien, vertreten durch Bollmann & Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei I***** B***** GmbH, ***** wegen Feststellung (Streitwert EUR 36.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 14. November 2003, GZ 2 R 209/03z-5, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 6. Oktober 2003, GZ 24 Cg 198/03f-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf "I***** B***** GmbH" richtiggestellt.

2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der beim Handelsgericht Wien gegen "Magister Aneta P*****, Versicherungsmaklerin als Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der I***** B***** GmbH in Gründung...." erhobenen Klage begehrt die klagende Partei gegenüber der beklagten Partei im Wesentlichen die Feststellung, dass die am 9. 9. 2003 zwischen der inländischen Zweigniederlassung der klagenden Partei und der I***** B***** GmbH in Gründung abgeschlossene Vereinbarung, mit welcher der gesamte Kundenstock, Vertragsbestand und alle laufenden und zukünftigen Ansprüche aus bestehenden und zukünftigen Verträgen auf die I***** B***** GmbH in Gründung übertragen werde, unwirksam sei, und hilfsweise die Unwirksamerklärung dieser Vereinbarung. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei sei die Beklagte bis 8. 9. 2003 ständige Vertreterin ihrer inländischen Zweigniederlassung gewesen. Mit Beschluss vom 8. 9. 2003 sei die Beklagte aller ihrer Funktionen enthoben worden. Die Beklagte sei davon zum frühestmöglichen Zeitpunkt am 9. 9. 2003 in Kenntnis gesetzt worden und es sei gleichzeitig ihre Entlassung ausgesprochen worden. Am selben Tag habe die Beklagte als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin die I***** B***** GmbH gegründet, welche bis zum heutigen Tag nicht in das Firmenbuch eingetragen worden sei. Die Beklagte sei unter Vorlage verschiedener Dokumente an verschiedene Versicherungen mit dem Ansinnen herangetreten, ihre gesamte Geschäftsbeziehung zur klagenden Partei auf die I***** B***** GmbH zu übertragen. Die Beklagte habe dazu eine angebliche Vereinbarung der inländischen Zweigniederlassung der klagenden Partei und der I***** B***** GmbH in Gründung über die sofortige Übertragung des gesamten Kundenstockes, Vertragsbestandes und aller laufenden und zukünftigen Ansprüche aus bestehenden und zukünftigen Verträgen vorgelegt. Diese Vereinbarung sei unwirksam, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Unterfertigung nicht mehr ständige Vertreterin der inländischen Zweigniederlassung der klagenden Partei gewesen sei, die Vereinbarung ein unwirksames In-Sich-Geschäft darstelle und von der klagenden Partei wegen List und Sittenwidrigkeit angefochten worden sei.

Die Zuständigkeit des Handelsgerichtes sei gegeben, weil die I***** B***** GmbH mangels Eintragung nicht parteifähig sei. Die Vorgesellschaft sei als OHG zu qualifizieren, deren Geschäfte Handelsgeschäfte seien. Der Erwerb eines fortzuführenden Unternehmens sei jedenfalls ein Handelsgeschäft. Gemäß § 51 Abs 1 Z 4 JN gehörten Streitigkeiten aus der Veräußerung eines Handelsgewerbes vor die Handelsgerichte.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Es vertrat die Auffassung, dass keine Streitigkeit aus einem Geschäft, das auf Seiten der Beklagten ein Handelsgeschäft wäre, vorliege. Die Beklagte sei eine natürliche Person. Die GmbH in Gründung (Vorgesellschaft) sei keine OHG, sondern selbständig parteifähig. Weiters seien nach dem Klagsvorbringen nur Teile des Unternehmens der Zweigniederlassung veräußert worden, weshalb sich die klagende Partei auch nicht auf eine Zuständigkeit des Handelsgerichtes nach § 51 Abs 1 Z 4 JN stützen könne. Dazu komme, dass die Beklagte nicht Vertragspartei im Sinne dieser Gesetzesbestimmung sei.

Die klagende Partei hat diesen Beschluss mit Rekurs bekämpft und für den Fall, dass dem Rekurs sowie einem allfälligen Revisionsrekurs der klagenden Partei nicht stattgegeben werde, die Überweisung an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beantragt.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin liege nach ihrem Klagsvorbringen kein beiderseitiges Handelsgeschäft vor. Die Vereinbarung, deren Unwirksamkeit die klagende Partei festgestellt haben möchte, sei von der Beklagten zwar einerseits als Geschäftsführerin der in Gründung befindlichen I***** B***** GmbH, andererseits aber auch als Vertreterin und Dienstnehmerin der klagenden Partei abgeschlossen worden.

Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin liege auch keine Streitigkeit aus der Veräußerung eines Handelsgewerbes vor, weil die klagende Partei bestreite, dass eine Veräußerung rechtswirksam stattgefunden habe. Die Klage sei nicht auf Übergabe oder Zahlung, sondern auf Feststellung der Unwirksamkeit der diesbezüglichen Vereinbarung gerichtet. Damit werde jedoch kein Anspruch "aus dem Handelsgeschäft selbst" geltend gemacht.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Verbesserung im Sinne des § 230 Abs 2 ZPO idF ZVN 2002 eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei, mit dem sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehrt, dass der Beschluss des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung und Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Zugleich wird beantragt, die Bezeichnung der beklagten Partei auf "I***** B***** GmbH" richtigzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung ist berechtigt. Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zum Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei:

Gemäß § 235 Abs 5 ZPO ist es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist. Eine solche Berichtigung hat in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen zu erfolgen, also auch noch im Rechtsmittelverfahren, weshalb der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über den Antrag zuständig ist. Die Voraussetzungen für die Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei liegen vor.

Gemäß § 2 Abs 1 GmbHG besteht die Gesellschaft als solche vor der Eintragung in das Firmenbuch nicht. Wird vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt, so haften die Handelnden persönlich zur ungeteilten Hand. Aus der Parteibezeichnung in der Klage und dem Klagsvorbringen geht eindeutig hervor, dass die klagende Partei die Beklagte nicht persönlich belangen wollte, sondern nur in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der im Zeitpunkt der Klagseinbringung noch nicht im Firmenbuch eingetragenen "I***** B***** GmbH in Gründung". Aus dem von der klagenden Partei in ihrem Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung vorgelegten Firmenbuchauszug (Stichtag 18. 12. 2003) ergibt sich, dass die "I***** B***** GmbH" am 19. 11. 2003 im Firmenbuch eingetragen wurde. Wurde jemand als "Handelnder" nach § 2 Abs 1 GmbHG gerichtlich in Anspruch genommen, so wurde in der Rechtsprechung die Änderung der Parteibezeichnung auf die GmbH nach Eintragung der Gesellschaft bereits für zulässig und zweckmäßig angesehen (WBl 1995, 207 mwN ua; RIS-Justiz RS0039389). Abgesehen davon ist gemäß § 235 Abs 1 ZPO bis zur Streitanhängigkeit selbst eine Änderung der Klage zulässig. Dies muss daher umso mehr für eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung gelten (WBl 1995, 207 ua).

2. Zum Revisionsrekurs:

Der vom Rekursgericht für die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses als rechtserheblich angesehenen Frage der Zurückstellung der Klage zur Verbesserung nach § 230 Abs 2 ZPO idF ZVN 2002 kommt im vorliegenden Fall schon deshalb keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil die unterbliebene Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nur eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens begründen könnte. Diesen allenfalls vorgelegenen Mangel hat die klagende Partei in ihrem gegen den Beschluss des Erstgerichtes erhobenen Rekurs aber nicht gerügt. Der bloße Hinweis darauf, dass die Klagszurückweisung zu Unrecht erfolgt sei, ist keineswegs als Mängelrüge im Sinne des Aufzeigens der Unterlassung eines Verbesserungsverfahrens zu verstehen. Auch das Rekursgericht hat das Rekursvorbringen der klagenden Partei nicht in diesem Sinne verstanden, da es sich in seiner Entscheidung mit der Frage der Unterlassung eines Verbesserungsverfahrens gar nicht befasst hat. Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die im Verfahren zweiter Instanz nicht gerügt wurden, können aber nicht mehr in dritter Instanz geltend gemacht werden (vgl Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 3 zu § 503 mwN, Rz 1 zu § 528 mwN uva - jüngst bei einem vergleichbaren Sachverhalt 1 Ob 175/03x).

Der Revisionsrekurs ist jedoch nach den insoweit zutreffenden Ausführungen der Rechtsmittelwerberin deshalb zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehlt, ob eine auf Feststellung der Unwirksamkeit bzw auf Unwirksamerklärung eines Handelsgeschäftes (§ 51 Abs 1 Z 1 JN) oder einer Veräußerung eines Handelsgewerbes (§ 51 Abs 1 Z 4 JN) gerichtete Klage in die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichtes fällt.

Die klagende Partei vertritt den Standpunkt, die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichtes ergebe sich im vorliegenden Fall aus § 51 Abs 1 Z 1 und 4 JN. Dem kann nicht beigepflichtet werden.

Gemäß § 51 Abs 1 Z 1 JN gehören vor die selbständigen Handelsgerichte Streitigkeiten aus Handelsgeschäften, wenn die Klage gegen einen Kaufmann, eine Handelsgesellschaft oder eine registrierte Genossenschaft gerichtet ist und das Geschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft ist. Voraussetzung für die Zuständigkeit des Handelsgerichts ist daher, dass das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Geschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft ist und der Anspruch aus dem Handelsgeschäft selbst geltend gemacht wird. Das Handelsgeschäft muss unmittelbar die Grundlage für die Berechtigung des Anspruches bilden. Es muss den rechtserzeugenden Sachverhalt darstellen, auf welchen der Kläger seinen Anspruch stützt. Ansprüche aus anderen Rechtsgründen fallen nicht unter § 51 Abs 1 Z 1 JN (RZ 1994/79 mwN ua; RIS-Justiz RS0046425; Simotta in Fasching, Zivilprozessgesetze I² § 51 JN Rz 63 mwN). So gehören Schadenersatzansprüche gegen einen Kaufmann nur dann vor die Handelsgerichte, wenn sie aus der Erfüllung, Schlechterfüllung oder Nichterfüllung eines Handelsgeschäftes abgeleitet werden (SZ 73/126 mwN ua; RIS-Justiz RS0113977; Simotta aaO Rz 70 mwN). Weiters gehören Ansprüche nach Auflösung des Geschäftes oder nach Rücktritt von demselben (etwa Bereicherungsansprüche oder Rückforderung des irrig Geleisteten), auch wenn sie aus einem Handelsgeschäft abgeleitet werden, nicht vor die Handelsgerichte (RZ 1994/79 ua; RIS-Justiz RS0046419; Simotta aaO Rz 66 f; aA Kerschner in Jabornegg, HGB § 343 Rz 14). Auch Klagen auf Anfechtung eines Handelsgeschäftes nach der AnfO gehören nicht vor die Handelsgerichte, weil der Anfechtungsanspruch von der rechtlichen Eigenart der angefochtenen Rechtshandlung unabhängig ist (Simotta Rz 66; Fasching I 319 mwN ua; aA Kerschner aaO Rz 16).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist davon auszugehen, dass der von der klagenden Partei geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit bzw auf Unwirksamerklärung eines Rechtsgeschäftes ein selbständiger Anspruch ist, der nicht aus dem angefochtenen Rechtsgeschäft abgeleitet wird. Rechtsgrund der Klage ist nicht das angefochtene Rechtsgeschäft, sondern die behauptete fehlende Vertretungsbefugnis oder ein listiges und sittenwidriges Verhalten der in der Klage angeführten Beklagten sowie die im allgemeinen Recht begründete Befugnis, derartige Rechtsgeschäfte anzufechten und dem Benachteiligten gegenüber als unwirksam zu erklären. Aus dieser rechtlichen Natur des Klagsgrundes ergibt sich, dass der Klagsanspruch von der rechtlichen Eigenart des angefochtenen Rechtsgeschäftes unabhängig ist, weshalb ein für eine Zuständigkeit der Handelsgerichte erforderliches Hervorgehen des Klagsanspruches, somit auch der Streitigkeit selbst, aus einem Handelsgeschäft zu verneinen ist. Der Zuständigkeitsgrund des § 51 Abs 1 Z 1 JN ist daher nicht gegeben.

Ähnliche Erwägungen gelten aber auch für den von der klagenden Partei weiters geltend gemachten Zuständigkeitstatbestand nach § 51 Abs 1 Z 4 JN. Danach gehören vor die Handelsgerichte auch die Streitigkeiten aus der Veräußerung eines Handelsgewerbes zwischen den Vertragsteilen. Nach Simotta aaO Rz 88 zählen zu derartigen Streitigkeiten nicht nur Klagen auf Übergabe des Betriebes, eines Teiles hievon oder des Warenlagers, auf vollständige Vertragserfüllung, auf Bezahlung des Entgeltes, auf Rücktritt vom Vertrag, auf Gewährleistung oder auf Schadenersatz, sondern auch jene Streitigkeiten, die aus der Übernahme der Haftung durch den Erwerber oder aus einem in den Veräußerungsvertrag aufgenommenen Konkurrenzverbot oder einer anderen Nebenverbindlichkeit entstehen. Hiebei handelt es sich um Ansprüche aus dem Veräußerungsvertrag selbst oder um mit der Firmenfortführung nach den §§ 22 ff HGB verbundene Ansprüche. Im vorliegenden Fall lässt sich daraus die handelsgerichtliche Zuständigkeit jedoch nicht ableiten, weil der geltend gemachte Klagsanspruch seine Grundlage weder im Veräußerungsvertrag noch in den Vorschriften über die Firmenfortführung (§§ 22 ff HGB), sondern in allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über die Gültigkeit von Verträgen hat. Es liegen somit auch die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des Handelsgerichtes nach § 51 Abs 1 Z 4 JN nicht vor.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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