OGH 10Ob113/07a

OGH10Ob113/07a10.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** Stahlbau Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in Güssing, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, D-*****, vertreten durch Dr. Günther Bernhart und Dr. Gerhard Pail, Rechtsanwälte in Oberwart, wegen 145.000 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 12. September 2007, GZ 13 R 98/07w-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Oberwart vom 23. Mai 2007, GZ 2 C 7/07f-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Spedition J***** GmbH beauftragte im Jahr 2001 die S***** AG mit der teilschlüsselfertigen Errichtung des Neubaus einer Papierlagerhalle in V***** in Deutschland. Die S***** AG gab diesen Auftrag zum Teil (zur Herstellung der Stahlkonstruktion, der Errichtung der Dacheindeckung mit Trapezblechen sowie der Lieferung und Montage von Polyester-Lichtwellplatten) an die klagende Partei weiter, die wiederum die beklagte Partei als Subunternehmerin für die Dach- und Wandverkleidung heranzog.

Nach der Errichtung und Abnahme des Werks am 26. 7. 2001 kam es im Dachbereich zu Feuchtigkeitseinbrüchen mit vom Dach heruntertropfendem Wasser. Diese Mängel wurden von der klagenden Partei gerügt, worauf die beklagte Partei Verbesserungsarbeiten vornahm.

Die Auftraggeberin, die Spedition J***** GmbH, die mit der Mängelbehebung unzufrieden war, leitete am 11. 9. 2003 ein selbständiges Beweissicherungsverfahren beim Landgericht Düsseldorf gegen die S***** AG ein. Diese verkündete der klagenden Partei mit Schriftsatz vom 30. 9. 2003 den Streit, diese wiederum am 12. 11. 2003 der beklagten Partei. Im Beweissicherungsverfahren führte der beigezogene Sachverständige aus, dass Fehler an der Dachkonstruktion vorlägen; die voraussichtlichen Sanierungskosten errechnete er mit 275.000 EUR.

Nach vergeblicher Aufforderung zur Verbesserung beauftragte die klagende Partei die Firma P***** GmbH mit der Mängelbeseitigung. Diese verursachte letztlich Kosten in Höhe von 295.391,96 EUR. Aus dem der beklagten Partei zustehenden Vertragspreis behielt sich die klagende Partei 17.854,79 EUR ein, sodass sich - unter Berücksichtigung von Anwaltskosten aus dem selbständigen Beweissicherungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf - ein Zahlungsanspruch der klagenden Partei von insgesamt 281.897,17 EUR ergab, den sie mit der am 24. 3. 2006 beim Landgericht Duisburg eingebrachten Klage geltend machte. Die klagende Partei begehrte weiters, sie von den Zahlungsansprüchen der S***** AG gegen sie (wegen der Durchführung des selbständigen Beweissicherungsverfahrens vor dem Landgericht Düsseldorf) freizustellen und sie von den weiteren Kosten, die ihr aus den Mängeln an dem Neubau der Papierlagerhalle entstehen werden, zu befreien.

Mit Schriftsatz vom 9. 6. 2006, beim Landgericht Duisburg eingelangt am 16. 6. 2006, beantragte die beklagte Partei unter anderem, die Klage als unzulässig abzuweisen. Sie verwies auf § 17 der Allgemeinen Bauvertragsbedingungen, in welchen als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten zwischen den Parteien im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vertrag der Sitz der klagenden Partei vereinbart worden war. Außerdem erhob sie die Einwendung der Verjährung des Anspruchs.

Die klagende Partei bestritt einerseits die Gerichtsstandsvereinbarung und andererseits die Verjährung des Anspruchs.

Das Landgericht Duisburg fasste am 26. 9. 2006 den Beschluss, gesondert über die Frage der internationalen Zuständigkeit zu verhandeln.

Mit Prozessurteil vom 30. 11. 2006, 21 O 150/06, wies das Landgericht Duisburg die Klage wegen Fehlens der internationalen Zuständigkeit als unzulässig ab: Die Parteien hätten durch Schriftsatzwechsel eine Zuständigkeitsvereinbarung auf Oberwart getroffen.

Daraufhin begehrte die klagende Partei mit der am 2. 1. 2007 beim Erstgericht eingelangten Klage den Ersatz der Kosten der schon angeführten Ersatzvornahme. Im Hinblick auf den vor dem Landgericht Duisburg erhobenen Mitverschuldenseinwand der beklagten Partei wurden vorerst nur 145.000 EUR geltend gemacht.

Die klagende Partei brachte vor, dass nach den dem Vertrag mit der beklagten Partei zugrunde gelegten Allgemeinen Bauwerkvertragsbedingungen die dreijährige Gewährleistungsfrist am 26. 7. 2001 mit der Abnahme des Werks begonnen habe und somit am 26. 7. 2004 geendet hätte. § 13 Z 1 der Einkaufsbedingungen enthalte aber die Regelung, dass sich die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung bei der Mängelrüge des Auftraggebers vor Ablauf der Gewährleistungsfrist um ein Jahr verlängere. Tatsächlich seien Ende 2001/Anfang 2002 Mängel gerügt worden. Nach den Verbesserungsarbeiten der beklagten Partei habe der Sachverständige am 27. 11. 2002 eine ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten dokumentiert. An diesem Tag habe die Gewährleistungsfrist neu zu laufen begonnen und daher am 27. 11. 2006 geendet. Weil auch nach dem 27. 11. 2002 Wassereinbrüche durch das Dach gerügt worden seien, sei aufgrund der getroffenen Vereinbarung von einer Verjährungsfrist von vier Jahren auszugehen.

Die Klage vor dem Landgericht Duisburg sei am 24. 3. 2006 jedenfalls vor Ablauf der Gewährleistungsfrist eingebracht worden. Nach Abweisung dieser Klage mit Prozessurteil vom 30. 11. 2006 habe die klagende Partei unverzüglich die Klage beim Erstgericht eingebracht. Diese sei in Bezug auf die Verjährung fristwahrend gewesen, weil eine Klage vor dem sich im Nachhinein als unzuständig herausstellenden Gericht jedenfalls dann die Verjährung unterbreche, wenn eine zweite Klage unverzüglich nach Manifestation des Zuständigkeitsmangels beim zuständigen Gericht eingereicht werde und die zweite Klage damit gewissermaßen als „gehörige Fortsetzung" der ersten Klage anzusehen sei.

Die beklagte Partei wandte unter anderem Verjährung des Anspruchs ein. Die vorgehaltenen Mängel seien von der beklagten Partei spätestens per 27. 11. 2002 behoben worden. Nach dieser Mängelbehebung habe die klagende Partei weitere Mängel gerügt, sodass diese spätestens mit 17. 12. 2002 sowohl vom Schädiger als auch vom Schaden Kenntnis erlangt habe.

Das Erstgericht wies die Klage im Hinblick auf die eingetretene Verjährung ab. Zwischen den Streitparteien sei die Anwendbarkeit materiellen österreichischen Rechts vereinbart worden; nach diesem sei auch die Frage zu beurteilen, ob die Klage die Verjährung unterbreche. Gemäß § 933 Abs 1 ABGB sei das Recht auf die Gewährleistung betreffend unbewegliche Sachen binnen drei Jahren gerichtlich geltend zu machen; ansonsten unterliege es der Verjährung. Der Anspruch gelte nach § 1497 ABGB als nicht verjährt, wenn der Übernehmer in offener Frist die Klage erhebe. Grundsätzlich könne auch eine Auslandsklage zur Verjährungsunterbrechung führen. Allerdings sei die Verjährung für ununterbrochen zu halten, wenn die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für unstatthaft erklärt werde. Diese Regelung in § 1497 Satz 2 ABGB sei so zu verstehen, dass im Fall der Einbringung der Klage bei einem unzuständigen Gericht keine Unterbrechung der Verjährung eintrete, unabhängig davon, ob die Zurückweisung sofort oder erst nach Durchführung eines Zwischenstreits über die Unzuständigkeitseinrede erfolge. Demnach sei auch die verjährungsunterbrechende Wirkung zu verneinen, wenn die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nicht gegeben sei. Die Ansicht, dass bereits die Klage vor dem sich im Nachhinein als unzuständig herausstellenden Gericht jedenfalls dann die Verjährung unterbreche, sofern eine neue Klage unverzüglich nach Manifestation des Zuständigkeitsmangels als „gehörige Fortsetzung der ersten Klage" beim zuständigen Gericht eingereicht werde, könne im Sinne eines europäischen Justizraums durchaus wünschenswert sein; aus der geltenden Rechtslage könne sie allerdings nicht abgeleitet werden. Mangels Unterbrechungswirkung der vor dem deutschen Gericht eingebrachten Klage sei der Anfang 2007 in Österreich eingeklagte Anspruch bereits verjährt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und verwies auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, die im Einklang mit der herrschenden Judikatur stehe. Ein erfolgloser Rechtsverfolgungsversuch sei zur Unterbrechung der Verjährung ungeeignet; im Übrigen würde die Annahme einer Verjährungsunterbrechung durch Klageerhebung vor einem unzuständigen ausländischen Gericht bedeuten, dass einem erfolglosen ausländischen Verfahren weitergehende Wirkungen zugebilligt würden als einem inländischen Verfahren.

Die Revision sei zulässig, weil die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht auf gewichtige Kritik in der Lehre gestoßen sei und möglicherweise auch von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (2 Ob 6/93) abweiche.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Die Revisionsausführungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Die dem Beklagten bekannte unverzügliche Fortsetzung des vor einem international unzuständigen Gericht im Ausland begonnenen Rechtsstreits sei wertungsmäßig der Fortsetzung einer von vornherein vor dem zuständigen Gericht eingebrachten Klage gleichzuhalten. Insoweit sei § 1497 ABGB teleologisch zu reduzieren. Das von der älteren Lehre und Rechtsprechung vertretene Verständnis des § 1497 Satz 2 ABGB, wonach die Verjährung im Fall einer Klage vor dem unzuständigen Gericht nicht als unterbrochen anzusehen sei, werde von der neueren Lehre nicht geteilt; diese argumentiere unter anderem damit, dass es ansonsten zu einer Benachteiligung von Auslandsklagen komme, bei denen das Verjährungsrisiko nicht über §§ 230a, 261 Abs 6 ZPO verringert werden könne. Dem entgegen stehende schutzwürdige Interessen des Beklagten seien nicht erkennbar. Auch die höchstgerichtliche Rechtsprechung (2 Ob 6/93) sei so zu verstehen, dass die Einbringung einer neuen Klage beim zuständigen Gericht unmittelbar nach Manifestation des Zuständigkeitsmangels gewissermaßen als „gehörige Fortsetzung" der ersten Klage anzusehen sei. Auch im Inland seien vergleichbare Konstellationen bekannt, in denen eine früher entstandene Verjährungsunterbrechung durch eine spätere Klage aufrecht bleibe (Privatbeteiligtenanschluss mit Verweisung auf den Zivilrechtsweg, Beseitigung eines Schiedsspruchs, Aufrechnung). Weiters sei es unter der der EuGVVO zugrunde liegenden Wertung der Gleichwertigkeit des Rechtsschutzes in allen Mitgliedstaaten angebracht, das den §§ 230a, 261 Abs 6 ZPO zu entnehmende Ziel, dass die Anrufung eines unzuständigen Gerichts nicht mit materiellen Rechtsnachteilen verbunden sein soll, auch auf in anderen Mitgliedstaaten erhobene Klagen zu erstrecken. Schließlich könne nach Art 24 EuGVVO die Zuständigkeit auch durch rügelose Einlassung begründet werden, sodass es inkonsequent sei, die Klagsführung vor dem unzuständigen Gericht nicht für die Unterbrechung der Verjährung ausreichen zu lassen. Somit sei auch nach materiellem österreichischen Recht der ersten Klage weiterhin verjährungsunterbrechende Wirkung zuzubilligen, wenn die Geltendmachung im Zweitstaat unverzüglich nach der Zurückweisung im Erststaat erfolge; diese zweite Klage sei als „gehörige Fortsetzung" iSd § 1497 ABGB anzusehen. Im konkreten Fall habe die beklagte Partei von der Klagseinbringung vor dem Erstgericht keinesfalls überrascht sein können, habe sie doch selbst die Zuständigkeit desselben vorgebracht.

Dazu hat der Senat erwogen:

1. Die Parteien haben in erster Instanz übereinstimmend erklärt, dass auf den vorliegenden Streitfall materielles österreichisches Recht anzuwenden ist.

2. Bei unbeweglichen Sachen besteht gemäß dem insoweit durch das GewRÄG 2001 (BGBl I 2001/48) unveränderten § 933 Abs 1 Satz 1 ABGB eine Gewährleistungsfrist von drei Jahren. Diese Frist kann von den Parteien verkürzt oder verlängert werden (nunmehr ausdrücklich § 933 Abs 1 letzter Satz ABGB idF GewRÄG 2001; zur früheren Rechtslage siehe RIS-Justiz RS0018876). Wie sich aus der Überschrift zu § 933 ABGB unzweifelhaft ergibt, ist die Gewährleistungsfrist jedenfalls seit dem GewRÄG 2001 als Verjährungsfrist anzusehen (RV 422 BlgNR 21. GP 19). Nach Art IV des GewRÄG 2001 sind die neuen Bestimmungen allerdings nur auf Verträge anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2001 geschlossen wurden, was auf den hier zu beurteilenden Vertrag nicht zutrifft (das Auftragsschreiben stammt vom 9. 5. 2001). Auch wenn die überwiegende Lehre und Rechtsprechung bis zum GewRÄG davon ausging, dass es sich bei den Gewährleistungsfristen nicht um Verjährungs-, sondern um Präklusivfristen handelt, hat die die Judikatur in zahlreichen mit der Befristung zusammenhängenden Fragen (zB Unterbrechung und Hemmung des Fristenlaufs, Wahrnehmung von Amts wegen, Bestehen einer Naturalobligation nach Fristablauf etc) die Verjährungsregeln angewendet (näher Krejci, Reform des Gewährleistungsrechts [1994] 131 ff mwN). Auch der Gesetzgeber des GewRÄG ging davon aus, dass mit der Klarstellung, dass es sich bei den Gewährleistungsfristen um Verjährungsfristen handelt, im Vergleich zur früheren Lehre und Rechtsprechung keine substanziellen Rechtsänderungen verbunden sind (RV 422 BlgNR 21. GP 19). In diesem Sinn ist auch auf den vorliegenden Fall Verjährungsrecht anzuwenden.

3. § 1497 Satz 1 2. Fall ABGB sieht eine Unterbrechung der Verjährungsfrist vor, wenn der Berechtigte seinen Gegner belangt und die Klage „gehörig fortgesetzt wird"; zudem muss die Klage zum Erfolg führen. Umstritten ist, ob die Unterbrechungswirkung bereits mit der Klagsführung eintritt, aber rückwirkend wieder wegfallen kann, wenn die beiden anderen Voraussetzungen - gehörige Fortsetzung und stattgebendes Urteil - nicht eintreten (Mader/Janisch in Schwimann, ABGB3 VI § 1497 Rz 10; M. Bydlinski in Rummel3 § 1497 Rz 6; Dehn in KBB2 § 1497 Rz 5 und 9), oder ob als Unterbrechungsgrund erst ein stattgebendes Urteil anzusehen ist, das auf den Klagszeitpunkt zurückwirkt (7 Ob 689/87 = SZ 60/209; RIS-Justiz RS0034655). In aller Regel führen beide Konstruktionen zum selben Ergebnis (Mader/Janisch in Schwimann, ABGB3 VI § 1497 Rz 10); Wortlaut des Gesetzes (insbesondere auch § 1497 Satz 2 ABGB) und Praktikabilität sprechen wohl mehr für die erste Variante.

Nach der Rechtsprechung tritt die Unterbrechungswirkung der Klage nicht ein, wenn die Klage beim unzuständigen Gericht eingebracht und in der Folge zurückgewiesen wurde (2 Ob 314/69 = SZ 42/193; RIS-Justiz RS0034690), es sei denn, dass eine Überweisung an das zuständige Gericht - gemäß § 230a oder § 261 Abs 6 ZPO - erfolgt (1 Ob 112/00b = SZ 73/122 = EvBl 2001/18 mwN). Mit anderen Worten greift die Sanktion „Wegfall der Verjährungsunterbrechung" nach § 1497 Satz 2 ABGB dann nicht ein, wenn der Prozess zwar bei einem unzuständigen Gericht eingebracht wurde, aber dennoch (etwa nach einer Überweisung) zu einem für den Kläger günstigen Ende gelangt (Taupitz, Die Unterbrechung der Verjährung gemäß § 1497 ABGB durch Auslandsklage, JBl 1996, 2 [4]).

Hier zeigt sich deutlich das Zusammenspiel zwischen materiellem und formellem Recht: Die mit der ZVN 1983 (BGBl 1983/135) in die ZPO eingefügte Bestimmung des § 230a ZPO soll nach den Gesetzesmaterialien (RV 669 BlgNR 15. GP 51) vermeiden, dass eine Partei durch eine Zurückweisung der Klage aus einem formalen Grund „einen materiellen Nachteil erleidet". In der Regierungsvorlage war noch vorgesehen gewesen, dass die Gerichtsanhängigkeit durch die Zurückweisung nicht als aufgehoben gilt, „wenn der Kläger seinen Anspruch binnen 14 Tagen ab Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses neuerlich klagsweise geltend macht". Diese Lösung wurde im Justizausschuss im Sinne der heutigen gesetzlichen Regelung geändert, wobei im Ausschussbericht darauf hingewiesen wurde, dass die vom Justizausschuss vorgeschlagene Regelung „sachlich der der Regierungsvorlage" entspricht, jedoch dem Kläger die Einbringung einer neuen Klage und damit die neuerliche Entrichtung der Ausfertigungskosten und bei umfangreicheren Klagen der Eingabengebühr für die weiteren Bogen erspart (AB 1337 BlgNR 15. GP 12).

Bei einer in Österreich eingebrachten Klage steht die vom Gesetzgeber in § 230a ZPO gewählte Lösung nach herrschender Ansicht nicht nach einer Zurückweisung der Klage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit (im Sinne internationaler Zuständigkeit) zur Verfügung, weil eine Überweisung an ein ausländisches Gericht nicht möglich ist (P. Mayr in Fasching/Konecny2 III § 230a Rz 4; G. Kodek, Überweisung von Klagen im europäischen Justizraum, RZ 2005, 217 [218]; eingehend zur Problematik Burgstaller/Neumayr, Die grenzüberschreitende Überweisung in der Europäischen Union, RZ 2003, 242). Auch bei einer in Deutschland eingebrachten Klage wird eine Verweisung in das Ausland von der ganz herrschenden Meinung abgelehnt (Reichold in Thomas/Putzo/Reichold/Hüßtege, Zivilprozessordnung28 [2007] § 281 Rz 1 mwN; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht16 [2004] § 39 Rz 23 mwN).

Die Überweisung bzw Verweisung an ein ausländisches Gericht ist demnach kein geeigneter Weg, um die Unterbrechungswirkung einer Klage aufrecht zu erhalten.

4. An sich ist bei Anwendung österreichischen Sachrechts und Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des § 1497 ABGB auch eine Auslandsklage geeignet, die Unterbrechung der Verjährung herbeizuführen (RIS-Justiz RS0045270). Dies gilt jedenfalls auch für die Klagsführung vor einem an sich unzuständigen Gericht, wenn dieses in der Folge dennoch eine klagsstattgebende Entscheidung fällt (Taupitz, JBl 1996, 5; Mader/Janisch in Schwimann, ABGB3 VII § 1497 Rz 16). Für den Fall einer Klage vor dem international unzuständigen ausländischen Gericht, das diese Unzuständigkeit aufgreift und die Klage aus diesem Grund zurückweist, wurde in der Lehre aus der Entscheidung 2 Ob 6/93 (JBl 1994, 702 = ZfRV 1994, 209 = IPRax 1996, 135 [Taupitz 140]) zum Teil der Schluss gezogen, der Oberste Gerichtshof deute an, dass der Kläger in einem solchen Fall die Möglichkeit haben müsse, unter Aufrechterhaltung der durch die erste (im Ausland erhobene) Klage bewirkten Verjährungsunterbrechung umgehend eine zweite Klage nun vor dem international zuständigen inländischen Gericht anhängig zu machen (Taupitz, JBl 1996, 10 f; Burgstaller/Neumayr, RZ 2003, 243). In der Entscheidung 7 Ob 2407/96p (RdW 1997, 391 = IPRax 1998, 294 [Looschelders 296]) sprach der Oberste Gerichtshof jedoch explizit aus, dass keine Unterbrechung der Verjährung nach § 1497 ABGB bei Einbringung der Klage bei einem international unzuständigen Gericht (in casu: in Portugal) eintrete, wenn die Klage in der Folge aus diesem Grund zurückgewiesen wird (siehe RIS-Justiz RS0034690), unabhängig davon, ob die Zurückweisung sofort oder erst nach Durchführung eines Zwischenstreits über die Unzuständigkeitseinrede erfolgte. Eine Bedachtnahme auf zunächst erfolglose Rechtsverfolgungsakte, wie sie § 204 BGB nF (§ 212 BGB aF) vorsehe, kenne das österreichische Recht grundsätzlich nicht.

Diese Ansicht, die in der deutschen Lehre wegen der Vernachlässigung des Zusammenspiels von § 1497 ABGB und § 261 Abs 6 ZPO kritisiert wurde (Looschelders, Anpassung und Substitution bei der Verjährungsunterbrechung durch unzulässige Auslandsklage, IPRax 1998, 296; P. Schlosser, Ausschlussfristen, Verjährungsunterbrechung und Auslandsklage, FS Bosch [1976] 859), wurde in der österreichischen Lehre von McGuire (Verfahrenskoordination und Verjährungsunterbrechung im Europäischen Prozessrecht [2004] 244 f) de lege lata verteidigt: Eine Verjährungsunterbrechung durch Klageerhebung vor einem unzuständigen ausländischen Gericht anzunehmen, hieße zugleich, einem ausländischen erfolglosen Verfahren weitergehende Wirkung als einem inländischen zuzubilligen. De lege ferenda sieht die Autorin allerdings klaren Reformbedarf (aaO 297 ff).

G. Kodek (RZ 2005, 221) ist der erwähnten Ansicht des Obersten Gerichtshofs mit dem Argument entgegen getreten, dass in den (erst lange nach Inkrafttreten des ABGB geschaffenen) Überweisungsmöglichkeiten die in Wahrheit materielle Wertung des modernen Gesetzgebers zum Ausdruck komme, dass dem Kläger die mit der Anrufung eines unzuständigen Gerichts verbundenen Folgen möglichst abgenommen werden sollen, wobei der Gesetzgeber aber nur den - mit Abstand häufigsten - reinen Inlandsfall vor Augen gehabt habe, für den die Möglichkeit der Überweisung Abhilfe biete; die seltene Konstellation, dass die Klage zunächst in einem Staat erhoben werde, dort mangels internationaler Zuständigkeit zurückgewiesen und in der Folge in einem anderen Staat neuerlich eingebracht werde, habe der Gesetzgeber offenbar nicht bedacht. Die unverzügliche „Fortsetzung" des Rechtsstreits nach Zurückweisung der Klage in einem anderen Staat wegen internationaler Unzuständigkeit sei jedoch im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Klägers und die Wertung, dass die Anrufung des unzuständigen Gerichts nicht zu materiellen Nachteilen führen solle, nicht anders zu behandeln als der - vom Gesetz ausschließlich geregelte - Binnenfall. Schutzwürdige Interessen des Beklagten stünden dem nicht entgegen: In Anbetracht der unverzüglichen Verfahrensfortsetzung vor einem anderen (international zuständigen) Gericht wäre ein allfälliges Vertrauen des Beklagten, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, jedenfalls nicht schutzwürdig. An anderer Stelle (in Fasching/Konecny2 III § 261 ZPO Rz 203) räumt G. Kodek noch ein, dass anderes für Extremfälle gelten möge, in denen von vornherein keine realistische Grundlage für die Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen ausländischen Gerichts bestanden habe. McGuire (Verfahrenskoordination 383) schlägt insoweit - allerdings de lege ferenda - ein Abstellen auf Gutgläubigkeit beim Kläger vor, als er von der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ausgehen durfte.

5. Es steht außer Zweifel, dass sich der Kläger de lege lata nicht durch Klageerhebung „irgendwo auf der Welt" den Rechtsvorteil der Verjährungsunterbrechung verschaffen kann (G. Kodek, RZ 2005, 223 mit Hinweis auf Taupitz, JBl 1996, 8). Bereits dem Wortlaut des § 1497 Satz 1 ABGB sind Sorgfaltsobliegenheiten des Klägers zu entnehmen, indem zB auf die „gehörige Fortsetzung" der Klage abgestellt wird: Dem Verhalten der Partei muss der nötige Ernst zur Erreichung des Prozessziels entnommen werden können (Dehn in KBB2 § 1497 Rz 11). In diesem Sinn darf das erstangerufene Gericht - um an die in § 230a und § 261 Abs 6 ZPO gebrauchten Worte anzuknüpfen - nicht offenbar unzuständig sein, dh es muss sich um einen durchaus möglichen Gerichtsstand handeln, was außerhalb internationaler Zwangszuständigkeiten beim Beklagten-(wohn-)sitz zu bejahen sein wird. Gerade dann, wenn etwa die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung fraglich ist oder sich dieses Forum wegen Sachnähe sogar als eine Art „forum conveniens" anbietet, dessen Zuständigkeit realistischerweise auch durch rügelose Einlassung des Beklagten nach Art 24 EuGVVO begründet werden kann (lässt man materiellrechtliche und prozesstaktische Erwägungen des Beklagten außer Betracht), wird man dem Gläubiger schwerlich den Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei der Rechtsverfolgung machen können. Das von seinem Konzept her starre Zuständigkeitssystem der EuGVVO ist nicht in jedem Fall so klar und eindeutig, dass man dem Kläger im Fall einer Klagszurückweisung vorhalten könne, er sei selber schuld (McGuire, Verfahrenskoordination 299). Im europäischen Kontext kommt hinzu, dass die EuGVVO eine parallele Verfahrensführung vermeiden will (siehe Art 27 - 30); eine allfällige zweite Klage in einem anderen Mitgliedstaat darf gar nicht materiell behandelt werden, solange nicht die Unzuständigkeit des erstangerufenen Gerichts feststeht.

6. Nach den bisherigen Ausführungen besteht schon aufgrund der Überweisungsmöglichkeit ein deutlicher Unterschied zwischen der materiellrechtlichen Wirkung von Inlands- und Auslandsklagen auf die Verjährung. Aufgrund der räumlichen Beschränkung und der gleichen Gerichtsstrukturen kann unter reinen Inlandsverhältnissen die Überweisung nach den §§ 230a, 261 Abs 6 ZPO sogar bei bewusster Anrufung eines unzuständigen inländischen Gerichts erreicht werden. Im Auslandskontext ist demgegenüber eine Einschränkung dahingehend erforderlich, dass sich der Kläger den Vorteil der Verjährungsunterbrechung nicht durch Klageerhebung „irgendwo auf der Welt" verschaffen kann (ebenso G. Kodek, RZ 2005, 223), weshalb - wie unter 5. dargestellt - das erstangerufene Gericht nicht offenbar unzuständig sein darf. Gerade der Umstand, dass die Möglichkeit der Überweisung nur im Inland besteht, zeigt deutlich, dass ein unmittelbarer Vergleich von Inlands- und Auslandsklagen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Unterbrechungswirkung nur schwer möglich ist: Genau so, wie auf der einen Seite von einer möglichen Bevorzugung der Auslandsklage gegenüber einer Inlandsklage die Rede ist, kann auf der anderen Seite wegen des Fehlens einer Überweisungsmöglichkeit bei der Auslandsklage deren Benachteiligung moniert werden (Looschelders, IPRax 1998, 298). Den §§ 230a, 261 Abs 6 ZPO kann jedenfalls die Wertung entnommen werden, dass dem Kläger die mit der Anrufung eines unzuständigen Gerichts verbundenen materiellen Folgen möglichst abgenommen werden sollen (G. Kodek, RZ 2005, 221 [insb auch FN 45]).

7. Wie die überzeugenden Ausführungen von G. Kodek (RZ 2005, 219 ff) zeigen, kann bereits de lege lata durch eine teleologische Reduktion des § 1497 Satz 2 ABGB erreicht werden, dass die Unterbrechungswirkung der ersten, im Ausland bei einem nicht offenbar unzuständigen Gericht eingebrachten und dort mangels internationaler Zuständigkeit zurückgewiesenen Klage (sofern diese dem Kläger bekannt ist) aufrecht bleibt, wenn die Geltendmachung im Zweitstaat unverzüglich nach der Zurückweisung im Erststaat erfolgt.

8. Auch der Zweck der Verjährungsvorschriften steht der Aufrechterhaltung der Unterbrechungswirkung der zurückgewiesenen Auslandsklage bei umgehender Neueinklagung im Inland nicht entgegen. Primäre Zielsetzung des Verjährungsrechts ist der Schutz des Schuldners vor Überraschung und Beweisnot. Die Begrenzung der Prozesse über weit zurückliegende Sachverhalte verfolgt nebenbei auch die ökonomische Zielsetzung der Entlastung der Gerichte. Im Allgemeinen ist das öffentliche Interesse an der Verjährung aber kein eigenständiges Kriterium, sondern erschöpft sich im Schuldnerschutz, was sich daran zeigt, dass die Verjährung nicht von Amts wegen zu beachten ist (Burgstaller/Neumayr, Parteiberichtigung, Parteiänderung und Verjährung, FS Rechberger [2005] 75 [87 f]). Der Schuldner bedarf dieses Schutzes vor unberechtigten oder zweifelhaften Ansprüchen allerdings dann nicht, wenn bereits gerichtlich gegen ihn vorgegangen wird: Dadurch wird er hinreichend gewarnt, dass die Gegenpartei bestimmte Ansprüche gegen ihn geltend machen will.

Im konkreten Fall wurde die beklagte Partei dadurch, dass sie am Gerichtsstand ihres Sitzes geklagt wurde, von den von der klagenden Partei gegen sie geltend gemachten Ansprüchen schon in Kenntnis gesetzt und konnte sich auf den Prozess einstellen; im Zusammenhang mit dem Neubeginn des Verfahrens vor dem Erstgericht bedarf sie keines eigenständigen Schutzes mehr. Eine allfällige Unterbrechungswirkung der ursprünglich in Deutschland erhobenen Klage ist daher aufrecht geblieben.

9. Die Vorinstanzen haben den Anspruch der klagenden Partei inhaltlich nicht geprüft, weil sie ihn aus dem angeführten Grund (eine die Verjährung unterbrechende Wirkung der Klage vor dem Landgericht Duisburg sei jedenfalls mit der Klagsabweisung mit Prozessurteil weggefallen und die zweite Klage sei jedenfalls erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist beim Erstgericht eingebracht worden) als verjährt ansahen. Da diese Rechtsansicht vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt wird, sind in Stattgebung der Revision die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Das Erstgericht hat sich im fortgesetzten Verfahren mit dem sonstigen Vorbringen der Parteien in der Sache auseinanderzusetzen und eine neue Entscheidung zu treffen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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