OGH 8ObA68/07v

OGH8ObA68/07v16.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Johann Ellersdorfer als weitere Richter in der Arbeitsrechssache der klagenden Partei Monika M*****, vertreten durch NM Norbert Moser Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kucher, Dr. Gerd Mössler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Juli 2007, GZ 7 Ra 35/07g-12, womit über Berufung der Klägerin das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. Dezember 2006, GZ 31 Cga 109/06t-8, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war bei der beklagten Partei in deren Landesstudio K***** ab 1. 10. 1970 als Archivarin beschäftigt. In ihrem Dienstvertrag vom 13. 10. 1970 ist unter Punkt 9 festgehalten, dass die Bestimmungen der freien Betriebsvereinbarung (in der Folge immer: FBV) für die Dienstnehmer der beklagten Partei in der jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Einzeldienstvertrags sind. Das als Anhang zu § 38 FBV vom 27. Februar 1961 bezeichnete Pensionszuschussregulativ (Regulativ über die Gewährung von Zuschüssen zu den Pensionen nach den Bestimmungen des ASVG in der jeweils gültigen Fassung; in der Folge immer: PZR) lautet unter anderem wie folgt:

„Artikel I

Dienstnehmer erhalten nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis Zuschüsse zu den Pensionen aus der Sozialversicherung nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen sowie nach den Bestimmungen des ASVG in der jeweils gültigen Fassung.

Artikel II

Voraussetzungen für die Anwartschaft auf einen Zuschuss

1. Der Anspruch auf einen Zuschuss zu einer Pension besteht, wenn der Dienstnehmer nach einer mindestens zehnjährigen effektiven Dienstzeit im Unternehmen ohne sein Verschulden aus dem Dienstverhältnis ausscheidet. Zuschüsse gemäß Art IV und V gebühren auch, wenn der Dienstnehmer nach mindestens fünfjähriger effektiver Dienstzeit während des Dienstverhältnisses stirbt.

2. Wird einem Dienstnehmer wegen Berufsunfähigkeit eine Pension zuerkannt, so besteht der Anspruch auf einen Zuschuss bereits nach einer fünfjährigen effektiven Dienstzeit im Unternehmen.

3. Wird ein Dienstnehmer vor Zuerkennung der gesetzlichen Alterspension ohne sein Verschulden gekündigt, so kann im Zeitpunkt der Zuerkennung der Alterspension ein Zuschuss gewährt werden, wenn von seinem Ausscheiden bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als fünf Jahre verstrichen sind.

4. Hat ein Dienstnehmer mindestens 35 effektive Dienstjahre im Unternehmen verbracht, so hat er - auch wenn zu diesem Zeitpunkt eine Zuerkennung der Alterspension von Seiten der Pensionsversicherungsanstalt noch nicht erfolgt ist - Anspruch auf eine Pension nach dem Pensionszuschussregulativ."

In Artikel III des PZR sind Einzelheiten zur Berechnung des konkreten Zuschusses festgehalten.

Mit Schreiben vom 6. 6. 2003 sprach die beklagte Partei die Entlassung der Klägerin aus.

Im Verfahren 33 Cga 329/03f des Erstgerichts (in der Folge: Vorverfahren) machte die Klägerin ausgehend von einer behaupteten unberechtigten und verspätet geltend gemachten Entlassung ihre Ansprüche, darunter Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 11. 6. 2003 bis 31. 3. 2004, geltend. Das Erstgericht gab mit Urteil vom 18. 11. 2004 dem Klagebegehren im Vorverfahren im gesamten Umfang statt und erkannte der Klägerin 143.650,91 EUR brutto zu. Es qualifizierte eine von der Klägerin am 28. 5. 2003 ausgesprochene Drohung, jemanden (gemeint: im Unternehmen) zu erschießen, zwar als Fehlverhalten, erachtete dieses jedoch nicht als für eine Entlassung ausreichend und ging davon aus, dass der Entlassungsausspruch jedenfalls verspätet erfolgt sei. Sowohl die Berufung als auch die Revision der beklagten Partei blieben erfolglos. Beide Rechtsmittelgerichte gingen von einer Verletzung des Unverzüglichkeitsgrundsatzes bei Ausspruch der Entlassung durch die Beklagte aus.

Nach Rechtskraft der Entscheidung im Vorverfahren ersuchte der Klagevertreter mit Schreiben vom 18. 1. 2006 die Rechtsvertreter der beklagten Partei um Mitteilung, ob die Pensionsansprüche der Klägerin auf Basis des PZR von der Beklagten anerkannt würden. Mit Antwortschreiben vom 13. 2. 2006 teilten die Rechtsvertreter der beklagten Partei mit, dass die Ansprüche der Klägerin nicht zu Recht bestünden und sie daher auch nicht anerkannt werden könnten. Die Klägerin treffe jedenfalls ein Verschulden an der Auflösung des Dienstverhältnisses.

Ein von der Klägerin am 19. 12. 2005 eingeleitetes Verfahren gegen die Pensionsversicherungsanstalt auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension ab 1. 7. 2005 endete mit einer Klagerückziehung durch die Klägerin.

Die Klägerin begehrt zuletzt (vgl S 2 in ON 7) die Feststellung, dass ihr gegenüber der beklagten Partei ab dem Zeitpunkt der Zuerkennung der gesetzlichen Alterspension bzw der gesetzlichen Berufsunfähigkeitspension ein Rechtsanspruch auf einen Zuschuss zu ihrer Pension gemäß Art II des PZR iVm Art III des PZR zustehe. Sie bringt vor, insbesondere gemäß Art II Z 3 des PZR Anspruch auf einen Zuschuss zur Alterspension ab dem Zeitpunkt zu haben, ab welchem ihr eine Alterspension bzw Berufsunfähigkeitspension zustehe. Im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass die Klägerin keinen Entlassungsgrund gesetzt habe und die Entlassung überdies verspätet erfolgt sei. Es sei daher von einer unverschuldeten Entlassung auszugehen. Unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist laut FBV wäre das Dienstverhältnis nur unter Einhaltung einer neunmonatigen Kündigungsfrist, also zum 31. 3. 2004, auflösbar gewesen. Da die Klägerin noch nicht 35 effektive Dienstjahre im Unternehmen verbracht habe, habe sie Anspruch auf Zuschusspension gemäß Art II Z 3, zumal sie innerhalb von fünf Jahren ab Beendigung des Dienstverhältnisses Anspruch auf die gesetzliche Alterspension habe. Darüber hinaus liege bei ihr unter Umständen eine Berufsunfähigkeit vor. Das einen integrierenden Bestandteil der FBV bildende PZR sei als Vertragsschablone einzelvertraglicher Inhalt des Dienstvertrags der Klägerin geworden. Sie habe daher einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine betriebliche Pensionsleistung. Aufgrund der Bestreitung des Bestehens eines Pensionsanspruchs der Klägerin habe sie auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Das mangelnde Verschulden der Klägerin an ihrer Entlassung gründe sich auch darauf, dass sich die Klägerin bereits Ende der 90er-Jahre in einem schlechten Gesundheitszustand befunden habe. So sei mit Bescheid des Bundessozialamts für Kärnten vom 27. 1. 1999 ein Grad der Behinderung mit 70 % festgesetzt worden. Der Vorfall am 28. 5. 2003 gründe sich auf körperliche und psychische Beschwerden der Klägerin. Hätte die Klägerin, die Kündigungsschutz im Rahmen der FBV genossen habe, die fristlose Entlassung angefochten, so wäre sie aufgrund des Ergebnisses des Vorverfahrens nach wie vor aufrechte Dienstnehmerin der beklagten Partei. Ein pensionsvernichtender Auflösungstatbestand könne daher nicht vorliegen.

Die beklagte Partei wendet ein, dass die Feststellungsklage unzulässig sei, weil Voraussetzung für die Zulässigkeit der Feststellungsklage sei, dass ein gegenwärtiges bereits bestehendes Rechtsverhältnis festgestellt werde. Solange sich der rechtserzeugende Sachverhalt nicht vollständig konkretisiert habe, sei eine Feststellungsklage nicht gerechtfertigt. Der Klägerin sei weder eine gesetzliche Alterspension noch eine Berufsunfähigkeitspension zuerkannt worden. Überdies handle es sich bei Art II Z 3 des PZR um eine „Kann-Bestimmung". Ein Rechtsanspruch der Klägerin auf Pension nach dieser Bestimmung bestehe daher nicht. Die Klägerin treffe ein Verschulden an ihrer Entlassung. Von einer „unverschuldeten Kündigung" im Sinne des Art II Z 3 des PZR könne nicht nur aufgrund des Vorfalls vom 28. 5. 2003, der zur Entlassung der Klägerin geführt habe, sondern auch aus weiteren, von der beklagten Partei detailliert aufgezählten Gründen nicht ausgegangen werden. Die Klägerin habe ständig die Durchführung ihr übertragener Arbeiten verweigert und sich dabei auf angebliche gesundheitliche Probleme ausgeredet. Auch nach 28. 5. 2003 habe die Klägerin ein fortgesetzt arbeitsunwilliges Verhalten gezeigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es erachtete rechtlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nicht vorliege. Es bestehe auch keine Anwartschaft im Sinne der Rechtsprechung. Eine Anwartschaft habe nur derjenige, der durch eine aufschiebende Bedingung berechtigt sei, wobei die Anwartschaft mit Eintritt der Bedingung zum Vollrecht werde. Im gegenständlichen Fall sei die Anwartschaft mehrfach bedingt: Neben der aufschiebenden Bedingung des Pensionsantritts sei insbesondere die Bewilligung bzw Gewährung des Pensionszuschusses durch die beklagte Partei erforderlich. Art II Z 3 des PZR mache die Gewährung eines Pensionszuschusses zwar grundsätzlich davon abhängig, dass den Pensionswerber an der Auflösung des Dienstverhältnisses kein Verschulden treffe und dass der Vertragsbeendigung innerhalb von fünf Jahren der Alterspensionsantritt folge. Dabei handle es sich um eine reine „Kann-Bestimmung". Das bedeute, dass es allein im Belieben der beklagten Partei liege, ob sie bei Vorliegen der beiden zuvor genannten Kriterien einen Zuschuss gewähre oder nicht. Freilich sei sie dabei durch den im Arbeitsrecht geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Doch offensichtlich sei bisher noch kein einziger Fall vorgelegen, bei dem diese Bestimmung zur Anwendung gekommen wäre. Jedenfalls hätten die Streitteile dazu keinerlei Vorbringen erstattet.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil auf und wies die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil die Frage, ob ein verspäteter Entlassungsausspruch einer verschuldeten Kündigung im Sinne des PZR gleichkommen könne, eine erhebliche Rechtsfrage darstelle.

In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Berufungsgericht das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung:

Nach der jüngeren Rechtsprechung werde das Feststellungsinteresse aus prozessökonomischen Gründen auch dann bejaht, wenn streng genommen ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis noch nicht vorliege. Ein solches Begehren werde dann für zulässig erachtet, wenn aufgrund des bestreitenden Verhaltens des Beklagten eine erhebliche Ungewissheit über den Bestand des Anspruchs entstanden sei und diese Ungewissheit durch die Rechtskraftwirkung eines Feststellungsurteils beseitigt werden könne. Der geforderte aktuelle Anlass zur präventiven Klärung eines strittigen Rechtsverhältnisses sei jedenfalls dann gegeben, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers hartnäckig bestreite. Als Rechtsverhältnis werde eine bestimmte, durch den vorgetragenen Sachverhalt konkretisierte rechtlich geregelte privatrechtliche Beziehung zwischen den Streitteilen verstanden, die im Zeitpunkt der Entscheidung bereits gegeben sein müsse, um „gegenwärtig" zu sein. Bedingte Rechte oder Rechtsverhältnisse könnten dann festgestellt werden, wenn der gesamte übrige rechtserzeugende Sachverhalt feststehe und nur die bereits genau und bestimmt festgesetzte Bedingung noch nicht eingetreten sei. Im Lichte dieser Grundsätze sei sowohl ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis als auch ein rechtliches Interesse an der von der Klägerin begehrten Feststellung gegeben. Dass die Feststellung einer Pensionsanwartschaft nach Beendigung eines Dienstverhältnisses zulässig sei, sei in der Rechtsprechung bereits bejaht worden. Die Klägerin stütze ihr Begehren unter anderem darauf, dass ihr auf der Grundlage der FBV samt PZR ab dem Zeitpunkt der Zuerkennung der gesetzlichen Alterspension ein Rechtsanspruch auf Pensionszuschuss zustehe. Das werde von der beklagten Partei ernsthaft bestritten. Im derzeitigen Stadium stehe der Klägerin somit zur Durchsetzung ihres Anspruchs kein anderer Weg als die Einbringung einer Feststellungsklage offen.

Unzutreffend sei die Rechtsauffassung der beklagten Partei, die Klägerin würde ein Verschulden an der Auflösung des Dienstverhältnisses treffen. Art II Z 3 des PZR, worauf die Klägerin unzweifelhaft primär ihren Anspruch stütze, verlange zunächst, dass ein Dienstnehmer vor Zuerkennung der gesetzlichen Alterspension ohne sein Verschulden gekündigt werde. Unstrittig sei, dass das Dienstverhältnis der Klägerin nicht durch eine Kündigung der beklagten Partei, sondern durch eine Entlassung geendet habe, wobei die Entlassung im Vorverfahren als verspätet qualifiziert worden sei. Daher sei der Klägerin Kündigungsentschädigung bis einschließlich 31. 3. 2004 zugesprochen worden. Die Klägerin sei damit so gestellt worden, als hätte ihr Arbeitsverhältnis durch Dienstgeberkündigung geendet. Daraus folge, dass weder die Verschuldensfrage neu aufzurollen sei, noch dass die Entlassung - ungeachtet des verspäteten Ausspruchs - wegen gesetzter Entlassungsgründe an sich berechtigt gewesen wäre. Vielmehr führe der verspätete Entlassungsausspruch dazu, dass die Entlassung, für die die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung essentielles Tatbestandsmerkmal sei, mangels unverzüglicher Ausübung des Entlassungsrechts als nicht berechtigt zu gelten habe. Unzutreffend sei auch der Rechtsstandpunkt der beklagten Partei, dass durch die Formulierung in Art II Z 3 des PZR als „Kann-Bestimmung" der beklagten Partei eine völlig freie Entscheidungsbefugnis eingeräumt worden sei, ob sie der Klägerin den begehrten Zuschuss zur Alterspension leiste oder nicht. Hier sei unstrittig, dass es sich beim PZR um eine einzelvertragliche Ergänzung des Dienstvertrags der Klägerin handle und damit von einer einzelvertraglichen Direktzusage in Bezug auf die Betriebspension auszugehen sei. Das Betriebspensionsgesetz (BPG) sei auf Leistungszusagen, die vor 1. 7. 1997 erfolgt seien, nur hinsichtlich der nach seinem Inkrafttreten erworbenen Anwartschaften anzuwenden. Es sei demnach auf die Rechtsprechung zur Widerrufsmöglichkeit von Betriebspensionsleistungen außerhalb der Geltung des BPG zurückzugreifen. Danach sei die Pensionsvereinbarung als entgeltliches Geschäft zu qualifizieren, bei welchem der Arbeitnehmer vorgeleistet habe und nun seinem Partner gleichsam auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sei. Außerhalb des Geltungsbereichs des BPG habe für diesen Schuldvertrag grundsätzlich Vertragsfreiheit bestanden. Den Parteien sei es daher nicht untersagt gewesen, Bedingungen für die Leistungszusage wie auch Widerrufsvorbehalte zu normieren. Die Pensionszusage und deren Inhalt sei nach §§ 914 f ABGB auszulegen. Bei Auslegung der Pensionszusage sei die Formulierung maßgeblich, wie diese unter Beachtung der Übung des redlichen Verkehrs zu verstehen sei. An die einen Eingriff in die Pensionsleistungen rechtfertigenden Sachverhalte sei generell ein strenger Maßstab anzulegen. Widerrufsvorbehalte seien immer eng auszulegen.

Lägen daher die in Art II Z 3 PZR normierten Voraussetzungen vor, sei die beklagte Partei zur Pensionsgewährung verpflichtet. Die Formulierung in Art II Z 3 PZR könne nicht zur Auslegung führen, dass die Leistung bloß freiwillig oder frei widerruflich gewährt werde. Einerseits drücke das Wort „kann" diese freie Widerruflichkeit nicht hinreichend aus; andererseits wäre die Bestimmung gänzlich überflüssig, würde es im schrankenlosen Belieben des Dienstgebers stehen, bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art II Z 3 PZR den dort festgelegten Pensionszuschuss zu gewähren oder abzulehnen. Gerade die besondere Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmern, die knapp vor Pensionsantritt stünden und aus diesem Grunde nicht mehr sinnvoll für ihre Alterssicherung disponieren könnten, spreche gegen eine derartige vom Erstgericht angenommene Gestaltungsfreiheit. Es sei daher vom Vorliegen eines Rechtsanspruchs der Klägerin auszugehen, weshalb sich auch ein Eingehen auf die Frage einer allfälligen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wie auch der Unverfallbarkeit von Anwartschaften seit 1. 7. 1990 erübrige. Im fortgesetzten Verfahren werde nur noch zu klären sein, ab welchem Zeitpunkt die Klägerin die Voraussetzungen für eine gesetzliche Alterspension erfülle. Sollte dies tatsächlich - wie von ihr behauptet - mit 1. 8. 2008 oder aber jedenfalls innerhalb der von Art II Z 3 PZR vorgesehenen fünfjährigen Frist ab ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen der beklagten Partei der Fall sein, werde dem Klagebegehren stattzugeben sein.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der beklagten Partei erhobene Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass der Senat die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zur Feststellungsfähigkeit des von der Klägerin erhobenen Begehrens teilt. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts (§ 510 Abs 3 ZPO) wird daher verwiesen. Es entspricht der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0021396; 9 Ob 139/02k; 8 ObA 18/07s), dass die Anwartschaft auf eine Pension nicht in der Form eines Leistungsurteils, sondern nur in der eines Feststellungsurteils geltend gemacht werden kann, wenn alle die Anwartschaft begründenden Tatsachen konkretisiert sind. Ausgehend von den insoweit maßgeblichen Klagebehauptungen sind hier alle die Anwartschaft begründenden Tatsachen konkretisiert: Liegen die in Art II Z 3 PZR genannten Voraussetzungen vor - was die Klägerin behauptet -, ist also von einer „unverschuldeten Kündigung" der Klägerin auszugehen, kann auch bereits jetzt vom Vorliegen der die Anwartschaft begründenden Tatsachen unter der weiteren Voraussetzung (Bedingung) ausgegangen werden, dass die Klägerin innerhalb von fünf Jahren nach dem in Art II Z 3 PZR genannten maßgeblichen Zeitpunkt Anspruch auf Alterspension hat. Wurde die Klägerin hingegen nicht „unverschuldet gekündigt", kann ebenfalls bereits bindend geklärt werden, dass der Klägerin ein Anspruch nach Art II Z 3 PZR auf Zuspruch einer Alterspension nicht zusteht. Da somit alle Voraussetzungen für die Feststellungsfähigkeit gegeben sind und auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung im Hinblick auf die Bestreitung durch die beklagte Partei zu bejahen ist, ist das Berufungsgericht zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 228 ZPO ausgegangen.

In diesem Zusammenhang ist allerdings klarzustellen, dass entgegen

der Auffassung des Berufungsgerichts nicht detailliert geprüft werden

muss, ob der Klägerin nach der derzeit geltenden Rechtslage (die sich

zumindest theoretisch auch ändern könnte) im maßgeblichen Zeitraum

ein Anspruch auf Alterspension gebühren wird: Vielmehr kann das

Klagebegehren - welcher Umstand mit der Klägerin im fortgesetzten

Verfahren zu erörtern sein wird - nur unter der in das Begehren

ausdrücklich aufzunehmenden Bedingung berechtigt sein, dass der

Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich ein Pensionsanspruch

zusteht. Andernfalls liefe die beklagte Partei Gefahr, durch einen

Zuspruch in der derzeit beantragten Form („... ab dem Zeitpunkt der

Zuerkennung der gesetzlichen Alterspension ... ein Rechtsanspruch auf

Zuschuss zur Alterspension ... zusteht") auch dann Pensionsleistungen

ab der Pensionierung erbringen zu müssen, wenn der Klägerin tatsächlich (etwa wegen geänderter Rechtslage) im maßgeblichen Zeitpunkt kein gesetzlicher Pensionsanspruch zusteht. Nur in dem - im Hinblick auf das aktenkundige Geburtsjahr der Klägerin nicht vorliegenden - Fall, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen gesetzlichen Pensionsanspruch hat, käme eine darauf beruhende Abweisung des Feststellungsbegehrens in Betracht.

Beizupflichten ist den Rechtsausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass die in Art II Z 3 PZR formulierte „Kann-Bestimmung" nicht zur Auslegung zu führen hat, dass die Gewährung einer Pension in das freie Ermessen der beklagten Partei gestellt wäre. Neben den dazu bereits vom Berufungsgericht genannten Argumenten, auf die verwiesen wird (§ 510 Abs 3 ZPO), ist noch hervorzuheben, dass die gesamte Gestaltung des Art II des PZR auf die Normierung eines Rechtsanspruchs des Dienstnehmers auf Zuschuss zur Alterspension unter den dort genannten Voraussetzungen abstellt. Die lediglich in Z 3 aufgenommene „Kann-Bestimmung" ist dahin zu verstehen, dass bei Vorliegen der in Art II Z 3 PZR normierten Voraussetzungen ein Pensionsanspruch besteht (vgl zur Auslegung von „Kann-Bestimmungen" auch 9 ObA 49/02z). Insbesondere aber würde, worauf das Berufungsgericht zutreffend verwiesen hat, die Regelung in Art II Z 3 PZR gänzlich überflüssig, stünde es im schrankenlosen Belieben des Arbeitgebers, unter den dort genannten Voraussetzungen einen Pensionszuschuss zu gewähren oder nicht.

Zutreffend ist schließlich auch, dass das einen integrierenden Bestandteil der FBV bildende PZR betriebliche Pensionsleistungen zum Gegenstand hat, die seit 1. 7. 1974 gemäß § 97 Abs 1 Z 18 ArbVG - nicht aber schon nach dem im Zeitpunkt der Vereinbarung des PZR am 27. 2. 1961 geltenden § 14 Abs 2 BRG und § 22 HVG - in die Regelungskompetenz der Betriebsparteien fallen. Auch dieser Teil der FBV hat daher keine normative Wirkung; erst der tatsächlich beachtete Inhalt bildet die Grundlage für eine schlüssige Ergänzung der Einzelarbeitsverträge gemäß § 863 ABGB. Zutreffend hat das Berufungsgericht daher das PZR nach den für Verträge geltenden Regeln der §§ 914 f ABGB ausgelegt, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die unzulässige Betriebsvereinbarung erst durch die stillschweigende Unterwerfung der Streitteile Gegenstand des Einzelarbeitsvertrags der Klägerin wurde. Maßgeblich ist daher nicht das seinerzeitige Regelungsverhalten der Partner der FBV, sondern das Erklärungsverhalten der beklagten Partei im Rahmen der Anwendung der FBV aus der Sicht der Klägerin als Erklärungsempfängerin. Da nicht bewiesen und auch nicht behauptet wurde, dass für die Klägerin aus dem Erklärungsverhalten der beklagten Partei eine vom Inhalt der Urkunden abweichende Erklärungsbedeutung zu erschließen gewesen sei, ist die Absicht der Parteien im Rahmen der rechtlichen Beurteilung allein aus der Urkunde nach dem objektiven Aussagewert des Textes und dem Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung im Zusammenhalt mit dem Zweck der Vereinbarung zu ermitteln (9 ObA 136/93 mwN; ebenfalls zum PZR der beklagten Partei).

In der genannten Entscheidung 9 ObA 136/93 hat der Oberste Gerichtshof umfassend zur Auslegung des Art II PZR Stellung genommen und dabei ausgeführt:

„Schon aus Art II Z 1 PZR („der Anspruch auf einen Zuschuss zu einer Pension besteht, wenn der Dienstnehmer nach einer mindestens zehnjährigen effektiven Dienstzeit im Unternehmen ohne sein Verschulden aus dem Dienstverhältnis ausscheidet"), ist ein enger Zusammenhang zwischen der Beendigung des Dienstverhältnisses und dem Anfall der Pension zu erschließen, da dort nicht etwa von einer Anwartschaft, sondern unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis von einem (dann) bestehenden Anspruch die Rede ist. Insbesondere sind aber die folgenden Bestimmungen nur dann sinnvoll, wenn die Art I und Art II Z 1 Satz 1 PZR als generelle Umschreibung folgender Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung nach dem PZR anzusehen sind:

1. Zurücklegung einer mindestens zehnjährigen effektiven Dienstzeit im Unternehmen

2. Gewährung der Leistungen nach dem PZR nur als Zuschuss zu den Pensionen aus der Sozialversicherung

3. Anfall der Pension aus der Sozialversicherung unmittelbar nach der Beendigung des Dienstverhältnisses

4. Kein Verschulden des Dienstnehmers an der Beendigung des Dienstverhältnisses."

Geht man von diesen generellen Anspruchsvoraussetzungen aus, dann lassen sich die folgenden Regelungen sinnvoll als Ausnahmebestimmungen deuten:

1. Art II Z 1 Satz 2 und Art II Z 2 PZR als Ausnahme vom Erfordernis einer zehnjährigen effektiven Dienstzeit (für den Fall des Todes des Dienstnehmers während des Dienstverhältnisses oder der Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension).

2. Art II Z 3 PZR als Ausnahme vom Erfordernis einer unmittelbaren Aufeinanderfolge der Beendigung des Dienstverhältnisses und des Anfalls der Pension aus der Sozialversicherung.

3. Art II Z 4 PZR als Ausnahme von der Voraussetzung der gleichzeitigen Gewährung einer Pension aus der Sozialversicherung und einer unmittelbaren Aufeinanderfolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des Anfalls einer Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung.

Andernfalls könnte insbesondere dem Art II Z 3 PZR kein sinnvoller Inhalt beigelegt werden. Wäre ein derartiger zeitlicher Zusammenhang nicht Anspruchsvoraussetzung, würde diese Regelung den bei dieser Art der Beendigung des Dienstverhältnisses (Kündigung durch den Dienstgeber) besonders schützenswerten Dienstnehmer durch Begrenzung des Zeitraums zwischen Beendigung des Dienstverhältnisses und Zuerkennung der Alterspension mit fünf Jahren ohne jede sachliche Rechtfertigung schlechterstellen. Ist aber ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ende des Dienstverhältnisses und dem Anfall der Pension aus der Sozialversicherung generelle Anspruchsvoraussetzung, dann hat die Regelung des Art II Z 3 PZR ganz offensichtlich den Zweck, dem Dienstnehmer die erdiente Anwartschaft auch im Falle einer nicht durch sein Verhalten veranlassten Kündigung durch den Dienstgeber zu erhalten.

Daraus folgt, dass der Klägerin - wenn überhaupt - nur ein Anspruch nach Art II Z 3 PZR zustehen kann, nicht aber nach Art II Z 1 und 2 PZR, auf das sich das nunmehr (nach Modifikation) bezogene Klagebegehren der Klägerin auch bezieht: Dass der Klägerin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Alterspension (Z 1) oder eine Berufsunfähigkeitspension (Z 2) zuerkannt wurde, ist nicht der Fall. Insoweit wird die Klägerin im fortgesetzten Verfahren dahin anzuleiten sein, ihr Klagebegehren - entsprechend seiner ersten Fassung - dahin zu modifizieren, dass ihr (lediglich) ein Anspruch auf Pensionszuschuss im Sinne des Art II Z 3 PRZ gebührt. Andernfalls wäre das insoweit zu weit gefasste Klagebegehren jedenfalls teilweise abzuweisen.

Zur Auslegung des Begriffs „ohne sein Verschulden gekündigt" in Art II Z 3 PZR hat der Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß Art V Abs 3 BPG dieses Bundesgesetz auf Leistungszusagen, die vor seinem Inkrafttreten gemacht wurden, nur hinsichtlich der nach seinem Inkrafttreten erworbenen Anwartschaften anzuwenden sind (RIS-Justiz RS0108883; 9 ObA 177/05b). Die Verknüpfung der Gewährung eines Pensionszuschusses mit der Bedingung, dass der Arbeitnehmer unverschuldet gekündigt wurde, zeigt zunächst die Absicht, dass ein Arbeitnehmer, dessen Dienstverhältnis aus seinem Verschulden beendigt wurde, nicht in den Genuss von Zuschussleistungen kommen soll. Eine Entlassung des Arbeitnehmers durch den Dienstnehmer, die unberechtigt erfolgte, ist jedenfalls dann der „unverschuldeten Kündigung" iSd Art II Z 3 PZR zu unterstellen, wenn das für die Entlassung ursächliche Verhalten des Dienstnehmers auch keine „verschuldete Kündigung" gerechtfertigt hätte. Jede andere Beurteilung würde zu dem Wertungswiderspruch führen, dass es der Dienstgeber in der Hand hätte, durch den Ausspruch einer unberechtigten Entlassung die Rechtsfolgen des Art II Z 3 PZR zu vermeiden.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Berufungsgerichts, dass die in den Vorverfahren ergangenen Entscheidungen dahin binden, dass die Klägerin als „unverschuldet gekündigt" zu gelten habe. Abgesehen davon, dass die Frage der Berechtigung der Entlassung in den Vorverfahren lediglich Vorfrage für die Entscheidung des dort gestellten Zahlungsbegehrens war und bloße Vorfragenbeurteilungen keine Bindungswirkung entfalten (Rechberger in Rechberger³ § 411 Rz 10 mwN; 9 Ob 501/95 = SZ 68/2), sagt der Umstand, dass die Klägerin unberechtigt entlassen wurde, noch nichts darüber aus, ob nicht die Voraussetzungen einer „verschuldeten Kündigung" vorliegen: Zu § 37 Abs 2 AngG, der regelt, dass der Arbeitgeber Rechte aus einer Konkurrenzklausel nicht geltend machen kann, wenn er das Dienstverhältnis löst, es sei denn, dass der Angestellte durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlass gegeben hat, hat der Oberste Gerichtshof erkannt, dass das schuldhafte Verhalten nicht geradezu die Schwere eines Entlassungsgrunds haben muss, wohl aber so beträchtlich zu sein hat, dass es das Arbeitsverhältnis „zerrüttet" und aus diesem Grund den Dienstgeber zur Kündigung veranlasst (4 Ob 134/85 = SZ 58/155 = DRdA 1988, 39 [kritisch Harrer]). Legt man diesen Gedanken zugrunde, ist der beklagten Partei darin beizupflichten, dass es einer Prüfung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zu diesem Thema bedarf: Das Erstgericht wird daher Feststellungen über jenen Vorfall, der zur (verspätet ausgesprochenen) Entlassung der Klägerin führte, zu treffen haben und auch das weitere diesbezügliche Vorbringen der beklagten Partei, die Klägerin sei schon jahrelang ohne medizinischen Grund „arbeitsunwillig" gewesen, prüfen müssen. Wenn sich danach herausstellen sollte, dass das Verhalten der Klägerin iSd dargestellten Grundsätze als so schwerwiegend anzusehen ist, dass es die Gewährung eines Zuschusses nach Art II Z 3 PZR ausschließt, muss die Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit („verschuldete Kündigung") des der Klägerin zur Last liegenden Verhaltens geprüft werden: Die Klägerin hat sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf fehlendes Verschulden wegen ihrer gesundheitlichen Probleme berufen. Allerdings wird zuvor mit beiden Parteien zu erörtern sein, ob der in Art II Z 3 PZR verwendete Begriff der „unverschuldeten Kündigung" nicht in einem Zusammenhang mit in der FBV gewährten Kündigungsschutzregelungen steht: Die Klägerin hat in erster Instanz ausdrücklich vorgebracht, sie habe im Rahmen der FBV Kündigungsschutz genossen, dieses Vorbringen aber nicht näher präzisiert. Sollte sich danach herausstellen, dass die FBV - etwa im Zusammenhang mit Kündigungsschutzbestimmungen - den Begriff der „verschuldeten Kündigung" kennt bzw definiert, wird sich eine Auslegung des Begriffs „verschuldete Kündigung" daran zu orientieren haben. Insbesondere wäre in diesem Fall das der Klägerin zur Last gelegte Verhalten nur dann als pensionsvernichtend anzusehen, wenn es dem in der FBV verwendeten Begriff der „verschuldeten Kündigung" zu unterstellen wäre.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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