OGH 8ObA18/07s

OGH8ObA18/07s11.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Wolfgang Birbamer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. Betriebsrat der *****,

2. Betriebsrat der *****, 3. Zentralbetriebsrat der *****, 4.

Zentralbetriebsrat der *****, 5. Zentralbetriebsrat der *****, 6.

Zentralbetriebsrat der *****, 7. Zentralbetriebsrat der *****, 8.

Zentralbetriebsrat der *****, 9. Betriebsrat der *****, alle vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach, Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Ö*****, 2. Ö*****, 3. Ö*****, 4. R*****, 5. Ö*****, 6. Ö*****, 7. Ö*****, 8. Ö*****, 9. Ö*****, alle vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert 21.800 EUR), über die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Dezember 2006, GZ 10 Ra 138/06x-24, womit über Berufung der Kläger das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. Mai 2006, GZ 23 Cga 132/05g-13, bestätigt wurde,

1. den Beschluss

gefasst:

Die Parteienbezeichnung der ursprünglich klagenden Partei Zentralausschuss der *****, wird dahin berichtigt, dass die klagenden Parteien wie folgt bezeichnet werden:

  1. 1. Betriebsrat der *****
  2. 2. Betriebsrat der *****
  3. 3. Zentralbetriebsrat der *****
  4. 4. Zentralbetriebsrat der *****
  5. 5. Zentralbetriebsrat der *****
  6. 6. Zentralbetriebsrat der *****
  7. 7. Zentralbetriebsrat der *****
  8. 8. Zentralbetriebsrat der *****
  9. 9. Betriebsrat der *****.
  10. 2. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind schuldig, den Beklagten die mit 1.724,68 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 287,44 EUR USt binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu 1.:

Als Kläger trat bisher im Verfahren gemäß § 54 Abs 1 ASGG der gemäß § 19 B-BVG (BGBl I Nr 66/1997) gebildete „Zentralausschuss der Österreichischen Bundesbahnen" auf.

Art 7 Abs 1 des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 (BGBl I Nr 138/2003) bestimmt, dass mit Ablauf des 31. Dezember 2003 das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz - B-BVG, BGBl I Nr 66/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 98/2001, außer Kraft tritt. Gemäß den in Art 7 Abs 2 des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 festgelegten Übergangsbestimmungen bleiben die am 31. Dezember 2003 bestehenden, nach den Bestimmungen des B-BVG errichteten Organe der Arbeitnehmerschaft bis zur Neuwahl der Organe der Arbeitnehmerschaft nach den Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes, längstens aber bis 31. Dezember 2005, bestehen. Hinsichtlich der ihnen zukommenden Rechte und Pflichten gelten die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes. Die am 31. Dezember 2003 bestehenden, nach den Bestimmungen des B-BVG errichteten Vertrauenspersonenausschüsse übernehmen die Aufgaben von Betriebsräten im Sinne des § 40 Abs 3 Z 3 ArbVG und die Zentralausschüsse die Aufgaben von Zentralbetriebsräten im Sinne des § 40 Abs 4 Z 2 ArbVG. Soweit es sich um Angelegenheiten handelt, die bis zum Außerkrafttreten des B-BVG in die Zuständigkeit der Personalausschüsse gefallen sind, bleiben diese bis zur Neuwahl der Organe der Arbeitnehmerschaft nach den Bestimmungen des ArbVG, längstens aber bis 31. Dezember 2005 zuständig. Gemäß Art 7 Abs 2 Z 3 des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 gelten bis zur Neuwahl von Betriebsräten im Sinne des ArbVG, längstens aber bis 31. Dezember 2005 die aufgrund des B-BVG als Betriebe oder Unternehmen definierten Organisationseinheiten als Betriebe oder Unternehmen im Sinn des ArbVG. Die am 31. Dezember 2003 gemäß § 17 B-BVG festgelegten Wirkungsbereiche der Personalausschüsse bleiben im selben Zeitraum bestehen.

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren ist nunmehr in sämtlichen der vom Klagebegehren umfassten Betriebe der Beklagten die Konstituierung von (Zentral)Betriebsräten erfolgt. Damit ist die ursprünglich klagende Partei nicht mehr existent. Ihre Kompetenzen sind auf die nun konstituierten (Zentral)Betriebsräte übergegangen. Es hatte daher eine auch im Revisionsverfahren zulässige (RIS-Justiz RS0039685) Berichtigung der Parteienbezeichnung der Kläger zu erfolgen.

Zu 2.:

Die nunmehrige Kläger (das ursprünglich auch gegen die B***** GmbH eingeleitete Verfahren ist durch rechtskräftige Klageabweisung erledigt) begehren die Feststellung, dass sich der Pensionsanspruch der Bediensteten der beklagten Parteien, die dem Bundesbahn-Pensionsgesetz unterliegen, nach diesem Gesetz in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl I Nr 86/2001, geändert durch die Dienstrechts-Novelle 2002, BGBl I Nr 87/2002, das Deregulierungsgesetz-Öffentlicher Dienst 2002, BGBl I Nr 119/2002, die zweite Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl I Nr 130/2003, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden, BGBl I Nr 106/2004, das Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden, BGBl I Nr 134/2004 sowie die Dienstrechts-Novelle 2004, BGBl I Nr 176/2004 bestimme, jedoch ohne Berücksichtigung der mit folgenden Gesetzen erfolgten Änderungen bzw Ergänzungen:

Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I Nr 71/2003, Pensionsharmonisierungsgesetz BGBl I Nr 142/2004.

Das Eventualbegehren lautet auf Feststellung, dass sich der Pensionsanspruch der Bediensteten der beklagten Parteien, die dem Bundesbahn-Pensionsgesetz unterliegen, nach diesem Gesetz in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl I Nr 86/2001 geändert durch

die Dienstrechts-Novelle 2002, BGBl I Nr 87/2002

das Deregulierungsgesetz-Öffentlicher Dienst 2002, BGBl I Nr 119/2002 die zweite Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl I Nr 130/2003 das Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Allgemeine Sozialvesicherungsgesetz und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden, BGBl I Nr 106/2004 das Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden, BGBl I Nr 134/1004 die Dienstrechts-Novelle 2004, BGBl I Nr 176/2004 Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I Nr 72/2003, Pensionsharmonisierungsgesetz BGBl I Nr 142/2004;

bestimme, jedoch ohne Berücksichtigung der mit folgenden Gesetzen erfolgten Änderungen bzw Ergänzungen; stattdessen bleibe es bei den Bestimmungen des Bundesbahn-Pensionsgesetzes idF BGBl I Nr 95/2000:

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von den Klägern erhobene Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt. Gegenstand der besonderen Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 ASGG ist eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen gerichtete Klage im Sinne des § 228 ZPO. Voraussetzung des Feststellungsanspruches ist daher, dass - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines näher bezeichneten Rechts oder Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung hat (RIS-Justiz RS0085572; Eypeltauer, Das besondere Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG, JBl 1987, 490). Ebenso richtig hat das Berufungsgericht erkannt, dass es für die Klage nach § 54 Abs 1 ASGG nicht genügt, dass mindestens drei Dienstnehmer betroffen sein könnten. Es muss vielmehr bei wenigstens drei Dienstnehmern ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung gegeben sein (RIS-Justiz RS0085568; 9 ObA 240/01m).

Ein Rechtsverhältnis ist die bestimmte, durch den vorgetragenen Sachverhalt gegebene und konkretisierte rechtlich geregelte Beziehung von Personen untereinander oder von einer Person zu einem Gegenstand; ferner auch einzelne rechtliche Folgen einer solchen Rechtsbeziehung (Fasching in Fasching/Konecny² III § 228 ZPO Rz 38; RIS-Justiz RS0085596). Diesem Erfordernis entspricht ein Klagebegehren, das sich in der Behauptung erschöpft, näher bezeichnete gesetzliche Novellierungen des Pensionsrechtes seien insgesamt für sämtliche ÖBB-Bedienstete unanwendbar, weil sie verfassungswidrig seien, nicht:

Allein die einzelnen „Berechnungsbeispiele" in der Klage betreffen nicht nur unterschiedliche Mitarbeitergruppen, sondern beziehen sich auf eine Reihe einander ausschließender Pensionsantrittstatbestände („Ruhestandsversetzung über eigenes Ansuchen zum frühesten Zeitpunkt", „Ruhestandsversetzung über eigenes Ansuchen krankheitsbedingt", „Ruhestandsversetzung über § 2.2.5 BB-PG vier Jahre früher"). Es mangelt daher schon an einem bestimmten und individualisierten Sachverhalt, an den eine konkretisierte rechtlich geregelte Beziehung anknüpfen könnte. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 228 ZPO liegt im Zusammenhang mit in weiter Zukunft (in der Klage wird ausdrücklich vorgebracht, dass sich die verschlechternden Regelungen im Wesentlichen auf Mitarbeiter ab dem Geburtsdatum 1. 1. 1955 beziehen) möglicherweise entstehenden Pensionsansprüchen, die überdies je nach Pensionsantrittstatbestand variieren, nicht vor, weil nicht ein ganz konkret umschriebener Sachverhalt behauptet wird, der eine konkrete Rechtsfolge (Entstehung eines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Pensionsanspruches) für einen bestimmten Personenkreis auslöst. Auch für das Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG ist zu fordern, dass ein in Zukunft entstehender Pensionsanspruch nur dann als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, wenn eine Konkretisierung jener Sachverhaltselemente vorgenommen wird, die Grund und Höhe des behaupteten Anspruchs beurteilen lassen. So wurde bereits ausgesprochen, dass die Anwartschaft auf eine Pension nicht in der Form eines Leistungsurteils, sondern nur in der eines Feststellungsurteiles geltend gemacht werden kann, allerdings nur dann, wenn alle die Anwartschaft begründenden Tatsachen konkretisiert sind (RIS-Justiz RS0021396). Der begehrten generellen Feststellung, für sämtliche aktive ÖBB-Bedienstete seien bezüglich ihrer zukünftig möglicherweise entstehenden Pensionsansprüche bestimmte gesetzliche Regelungen nicht anwendbar, steht daher schon der Umstand der mangelnden Konkretisierung und Individualisierung des behaupteten Rechtsverhältnisses entgegen. Welche der als verfassungswidrig beanstandeten gesetzlichen Regelungen welche Pensionsansprüche welcher Dienstnehmer berühren, für die ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung besteht und die somit „unmittelbar betroffen" im Sinne des § 54 Abs 1 ASGG sind, bliebe auch bei einer Stattgebung des Feststellungsbegehrens völlig offen. Es fehlt daher auch der bei wenigstens drei Dienstnehmern vorauszusetzende unmittelbare Anlass zur Klageführung (RIS-Justiz RS0085568). In Wahrheit zielt somit sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren nicht auf die Feststellung eines in in Zukunft entstehenden, bereits konkretisierten Pensionsanspruches schon jetzt unmittelbar betroffener zumindest dreier Dienstnehmer ab, sondern nur auf die Lösung der abstrakten Rechtsfrage, ob bestimmte gesetzliche Regelungen verfassungswidrig sind.

Schon aus diesem Grund hat das Berufungsgericht sowohl das Haupt- wie das Eventualbegehren zu Recht abgewiesen.

Diesem Ergebnis steht auch der Umstand nicht entgegen, dass nach den Behauptungen in der Klage der VfGH in einem vergleichbaren Fall einen Individualantrag eines ÖBB-Bediensteten zurückgewiesen habe: Das in der Klage zitierte Erkenntnis des VfGH G 306/01 betraf einen im Aktivstand der ÖBB befindlichen Bediensteten, der mit seinem auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützten Antrag die Aufhebung des letzten Satzes des § 1 Abs 1 Bundesbahn-PensionsG (BB-PG) idF des PensionsreformG 2001 beantragte. Mit diesem Erkenntnis wies der VfGH den Antrag mit der Begründung zurück, dass die vom Antragsteller bekämpfte Regelung für sich allein keinerlei Änderung des zwischen dem Antragsteller und den ÖBB bestehenden privatrechtlichen Dienstverhältnisses bewirke. Dass die Zurückweisung des Antrages deshalb erfolgte, weil dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des nach seinen Behauptungen rechtswidrigen Eingriffs zur Verfügung stehe (etwa Einbringung einer Klage), ist hingegen der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses des VfGH, der im Übrigen auch nicht die behauptete Verfassungswidrigkeit der hier beanstandeten gesetzlichen Regelungen betraf, nicht zu entnehmen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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