OGH 6Ob259/07t

OGH6Ob259/07t12.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Anton Waltl und andere Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei Franz S*****, vertreten durch Dr. Alfred Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterfertigung eines Vertrags, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. September 2007, GZ 6 R 80/07p-68, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision zeigt keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf:

Die behauptete Nichtigkeit (Nichtbeachtung der Rechtskraft) liegt nicht vor. Entgegen der Meinung des Revisionswerbers sind das rechtskräftig abgewiesene Hauptklagebegehren und das Eventualklagebegehren, dem stattgegeben wurde, nicht gleich, sieht doch Letzteres die Übernahme von Passiven, Lasten bzw Verbindlichkeiten vor, das Hauptklagebegehren aber nicht. Ein Schenkungsvertrag liegt nicht vor, weil der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht verpflichtet ist, dem Kläger den Erbhof unentgeltlich zu überlassen (§ 938 ABGB). Davon geht der Revisionswerber offenbar nach seinen Ausführungen am Ende der Revisionsschrift selbst aus. Der Kläger klagt auch nicht auf Abschluss eines Vertrags. Vielmehr macht er mit seiner Klage ein Forderungsrecht auf Übergabe des Erbhofs aus einem vertraglich vereinbarten sogenannten Besitznachfolgerecht geltend (vgl zu diesem RIS-Justiz RS0007955; RS0017044; 7 Ob 111/99w = NZ 2001, 190; Eccher in Schwimann, ABGB3 § 608 Rz 8 mwN; Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB2 § 608 Rz 7 mwN). Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die vom Beklagten ins Treffen geführte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS-Justiz RS0012394), wonach im Hinblick auf § 564 ABGB eine Anordnung eines Erblassers, nach der die Auswahl eines Nacherben dem Vorerben überlassen wird, nicht zulässig ist, weshalb eine wirksame fideikommissarische Substitution nicht vorliegt, die Anordnung vielmehr eine Auflage ist, die keinen Rechtsanspruch Dritter begründet, im Fall eines vertraglich vereinbarten Nachfolgerechts keine Relevanz. Gründe für die Unrichtigkeit dieser Rechtsauffassung des Berufungsgerichts legt der Revisionswerber nicht dar. Davon, dass die Vereinbarung eines vertraglichen Besitznachfolgerechts nicht ungültig ist, wenn dem zur Überlassung der Sache Verpflichteten die Auswahl des Übernahmeberechtigten aus einem bestimmten Begünstigtenkreis vorbehalten bleibt, geht die oberstgerichtliche Entscheidung 4 Ob 194/98b aus. Diese wendet im Übrigen auf die dort zu beurteilende Vereinbarung im Sinn der ständigen Rechtsprechung (vgl SZ 64/34) wegen der besonders auffälligen Rechtsähnlichkeit der Vereinbarung mit einer testamentarisch angeordneten Nacherbfolge Regeln der fideikommissarischen Substitution an. Der Revisionswerber übersieht aber vor allem, dass nach dem Inhalt der hier zu beurteilenden Vereinbarung dem Beklagten gar nicht die Auswahl vorbehalten bleibt, wem von den drei Kindern (nämlich dem Kläger und seinen zwei Geschwistern, die alle Vertragspartner des Beklagten sind) er den Erbhof unter Lebenden übergibt; er hat diesen nämlich „an eines der drei Kinder ... zu übergeben und zwar an dasjenige, welches von den drei Kindern für die Hofübernahme am besten geeignet ist". Ob der aus der Besitznachfolgevereinbarung begünstigte Dritte unmittelbar aus dem Vertrag ein Forderungsrecht erwirbt und die Leistung vom Schuldner begehren kann, ist eine Frage der Vertragsauslegung (vgl SZ 65/72; SZ 66/171). Fragen der Auslegung vertraglicher Regelungen haben regelmäßig keine den jeweiligen Einzelfall übergreifende Bedeutung. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO könnte nur dann vorliegen, wenn dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste (vgl nur 1 Ob 3/05f; RIS-Justiz RS0042776; RS0042936). Davon kann hier keine Rede sein, wurde doch bei einem Übergabevertrag mit Drittbegünstigung ähnlich fideikommissarischer Substitution dem Drittbegünstigten ein eigenes Forderungsrecht zugestanden (SZ 44/112; SZ 21/82; EvBl 1969/253; RIS-Justiz RS0017098: „echter" Vertrag zugunsten Dritter).

Ob der Kläger am besten für die Hofübernahme geeignet ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die deshalb grundsätzlich keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bildet. Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung dieser Frage durch das Berufungsgericht liegt nicht vor. Von einer Erziehung des übernehmenden Kindes zur Land- und Forstwirtschaft macht der Vertrag den Anspruch nicht abhängig.

Das Berufungsgericht beurteilte das Vorbringen in der Berufung, der Beklagte habe den Erbhof nur gegen eine Gegenleistung in Höhe des nunmehrigen Hofwerts zu übertragen, als unzulässige Neuerung. Ob ein Vorbringen gegen das Neuerungsverbot verstößt oder nicht, gehört in das Gebiet des Verfahrensrechts; eine allfällige unrichtige Anwendung diesbezüglicher prozessualer Vorschriften kann gemäß § 503 Z 2 ZPO gerügt werden (RIS-Justiz RS0043171). Der Revisionswerber macht aber in diesem Bezug keinen Mangel des Berufungsverfahrens geltend. Dass die Leistung des Beklagten Zug um Zug gegen Übernahme der Vertragskosten zu erbringen sei, war nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Behauptet wurde vom Beklagten in der Berufung nur, es sei eine Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung „im nunmehrigen Erbhofwert" und eine Absicherung („der übernommenen Verpflichtungen") zu erbringen. Was Letzteres betrifft, so hat das Berufungsgericht festgehalten, dass im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen sei, der Kläger wäre zur „Absicherung der übernommenen Verpflichtungen" verpflichtet. Weshalb diese Beurteilung nicht richtig ist, legt der Revisionswerber nicht dar.

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