OGH 3Ob253/07p

OGH3Ob253/07p27.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald L*****, vertreten durch Mag. Christoff Beck, Rechtsanwalt in Wien als Sachwalter, wider die beklagte Partei Helga L*****, vertreten durch Dr. Christian Ebert, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Ebert Huber Liebmann Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge „außerordentlicher" Revision der beklagten Partei gegen das (End-)Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 4. September 2007, GZ 42 R 261/07d-44, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 28. März 2007, GZ 38 C 191/04s-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem restlichen (nunmehr unbestritten so zu qualifizierenden) Oppositionsklagebegehren teilweise statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den klagestattgebenden Teil dieses Urteils nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche" Revision der Beklagten legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 3 ZPO idFd WGN 1997 iVm Art 94 Z 14 des 2. Euro-Justiz-BegleitG BGBl I 2001/98 ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn in einem Verfahren über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt (wie hier) der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Oppositionsklagen, mit denen das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs dem Grund nach geltend gemacht wird, fallen unter § 49 Abs 2 Z 2 ZPO aF (stRsp; jüngst 3 Ob 49/07p mwN).

Diese (inzwischen durch das AußStr-BegleitG BGBl I 2003/112 geänderte) Rechtslage findet auch auf das vorliegende Verfahren Anwendung, weil die Klage am 12. November 2004 eingebracht wurde (Art XXXII § 4 Abs 3 iVm § 3 Abs 1 AußStr-BegleitG).

Der Streitwert einer Oppositionsklage, mit welcher der Ausspruch des (gänzlichen oder teilweisen) Erlöschens eines in Geld zu berichtigenden Unterhaltsanspruchs angestrebt wird, ist an sich nach § 58 Abs 1 JN unter Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands zu ermitteln (RIS-Justiz RS0001624). Die nunmehrige Beklagte betrieb einen Rückstand an nachehelichem Unterhalt für die Monate Februar 2002 bis April 2004 sowie laufenden Unterhalt von je monatlich 670 EUR ab Mai 2004. Das Erstgericht wies das Klagebegehren in Ansehung der Monate Februar 2002 bis einschließlich Mai 2005 mit in Rechtskraft erwachsenem Teilurteil ON 23 ab.

Mit (der Sache nach) Endurteil setzte es den vom Kläger zu zahlenden monatlichen Unterhaltsbetrag für die Monate von Juni 2005 bis Dezember 2006 herab und erklärte die Differenzbeträge von 285,81 bis 387,71 EUR für erloschen. Weiters sprach es in Ansehung des laufenden Unterhalts das Erlöschen monatlicher Beträge von je 279,75 EUR aus. Der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz umfasste daher nur noch laufenden Unterhalt iSd der Rsp, und zwar nur im Umfang des klagestattgebenden Teils des Ersturteils. Wenn sich eine Oppositionsklage auf einen Unterhaltsexekutionstitel - wie hier - bezieht, ergibt sich der Wert des Entscheidungsgegenstands nach § 58 JN aus der dreifachen Jahresleistung unter Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands (3 Ob 201/01g = SZ 74/141, 3 Ob 132/07v ua; RIS-Justiz RS0001624). Ungeachtet der Frage, ob nur der (bezogen auf die Zeit der erstinstanzlichen Entscheidung) laufende Unterhalt dafür maßgebend ist oder ein höherer Betrag für die Vergangenheit (vgl dazu jüngst 6 Ob 126/07h = EF-Z 2007/133 [Gitschthaler] = Zak 2007, 351), in jedem Fall kommt man hier zu einem Betrag im dargestellten Bereich des § 502 Abs 4 ZPO, also bei weitem nicht mehr als 20.000 EUR.

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachte. Der Revision fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) gestellt werde. Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof, vorzulegen (§ 508 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).

Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei (vgl zum Fehlen der [richtigen] Bezeichnung des Berufungsgerichts E. Kodek in Rechberger3, § 467 ZPO Rz 2), dann wird es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO, ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte die Rechtsmittelwerberin die Verbesserung ihres Schriftsatzes sodann verweigern, dann wäre die Revision jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501).

Der Akt ist dem Erstgericht zurückzustellen.

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