OGH 7Ob169/07i

OGH7Ob169/07i29.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedhelm K*****, vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei K***** AG, *****, vertreten durch Frimmel/Anetter Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, wegen EUR 18.000 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 8. Februar 2007, GZ 4 R 184/06w-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. Juni 2006, GZ 26 Cg 237/05g-9, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

In sinngemäßer Anwendung des § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich auch die Zurückweisung eines nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassenen Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a ZPO; Kodek in Rechberger³ § 528a ZPO Rz 1; RIS-Justiz RS0043691).

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Zulassungsbegründung des Gerichts zweiter Instanz ist die (auch im Rekurs allein bekämpfte) Beurteilung von Ausmaß und Inhalt der Aufklärungspflichten einer Bank grundsätzlich eine Frage des Einzelfalles, die - wie Punkt 6. des Rekurses zutreffend aufzeigt - die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht verwirklicht (stRsp; RIS-Justiz RS0106373, RS0111165). Gegenteiliges würde nur dann gelten, wenn eine grobe Fehlbeurteilung vorläge, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0106373; 7 Ob 37/04y und 7 Ob 260/06w jeweils mwN).

Ein derartiger Fehler ist aber nicht zu erkennen, weil das Berufungsgericht die vom Obersten Gerichtshof zur Aufklärungspflicht eines Vertragspartners (RIS-Justiz RS011165) entwickelten Grundsätze (hier: zur Beratungs- und Warnpflicht der beklagten Bank im Rahmen einer Scheckeinlösung) ohnehin berücksichtigt hat:

Der Kunde darf darauf vertrauen, dass die Bank über spezifisches Fachwissen verfügt und ihn umfassend berät, wobei (es seine Schutzbedürftigkeit nicht ausschließt, dass er selbst sachkundig ist bzw sich für sachkundig hält, sondern) entscheidend ist, ob nach der Lage des Falles eine Aufklärungsnotwendigkeit besteht. Die Anforderungen an die Aufklärungs- bzw Warnpflicht dürfen allerdings nicht überspannt werden; primär muss einem Bankkunden nämlich zugemutet werden, dass er seine wirtschaftlichen Interessen ausreichend zu wahren weiß. Eine Aufklärungspflicht besteht daher (auch in diesem Bereich) in der Regel nur dann, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte (7 Ob 37/04y): Vom einem Kreditinstitut ist etwa zu fordern, dass es keine Vertragsgestaltung wählt, die das Ausmaß der Verpflichtungen [des Kunden] unklar lässt und damit zu Irrtümern Anlass gibt (RIS-Justiz RS0016182 [T1] = 1 Ob 29/01y [zum Fall der Interzession]).

Davon ausgehend ist die vom Berufungsgericht zur Ausgestaltung der Schutz- und Sorgfaltspflichten der beklagten Bank in diesem Einzelfall vorgenommene Beurteilung,

- dass die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger bei Entgegennahme des Schecks zum Inkasso (zusätzlich zum Hinweis im Inkassoformular und zum diesbezüglich eindeutigen Inhalt der anzuwendenden AGB) ausdrücklich auch noch mündlich darüber aufzuklären, dass ein Gutschrift nur unter dem Vorbehalt des Einganges erfolge,

- dass eine derartige Aufklärungspflicht auch nicht allein aus der Verfügbarkeit des (vorbehaltlich des Einganges) bereits gutgeschriebenen Betrages abzuleiten sei,

- dass eine Warn- und Aufklärungspflicht jedoch dann bestünde, wenn die den Kläger betreuenden Bankangestellten hätten erkennen müssen, dass er im Vertrauen auf die bereits erfolgte Einlösung des Schecks (den Eingang des Geldes) Dispositionen zu treffen beabsichtigt habe, also etwa dann, wenn er erkennbar zum Ausdruck gebracht hätte, dass er das der Scheckeinlösung zugrunde liegende Geschäft rückabwickeln und dem Scheckaussteller deshalb Geld zurückzahlen wolle,

- dass eine Schutzpflichtverletzung der Beklagten auch zu bejahen wäre, wenn ihre Angestellten durch (zu Missverständnissen Anlass gebende) Erklärungen beim Kläger den Eindruck verursacht oder bestärkt hätten, das Geld sei bei der Beklagten bereits eingegangen,

nicht zu beanstanden.

Da die bekämpfte Rechtsansicht den Grundsätzen der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung entspricht (vgl auch RIS-Justiz RS0026488 [T10 und T11] = RS0026779 [T11 und T12] = 7 Ob 260/06w [zum Bestehen einer Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank, wenn nicht einmal die „Ausfinazierung" eines Pojekts gesichert und dessen Scheitern daher absehbar ist]), kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung nicht entgegentreten (Kodek in Rechberger³ § 519 ZPO Rz 26 mwN; RIS-Justiz RS0042179). Auf die im Rekurs mehrfach angesprochene Frage, ob die - vom Berufungsgericht im Einzelnen dargelegte - Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist, ist daher nicht weiter einzugehen (7 Ob 64/04v; 7 Ob 281/04f mwN). Erst anhand der zu treffenden weiteren Feststellungen wird auch ein allfälliges Mitverschulden des Klägers (das im angefochtenen Beschluss - entgegen den Rekursausführungen - ebenfalls noch nicht abschließend behandelt ist) zu beantworten sein.

Mangels erheblicher Rechtsfragen ist der Rekurs zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0048272).

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 40 und 50 ZPO. Der Kläger hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen (2 Ob 129/05t mwN).

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