OGH 2Ob98/07m

OGH2Ob98/07m28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der Antragstellerin und Antragsgegnerin Christine Irene K*****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wider den Antragsgegner und Antragsteller Ing. Helmut Clemens K*****, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG über den Revisionsrekurs des Antragsgegners und Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 15. März 2007, GZ 15 R 314/06m-54, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 11. Mai 2006, GZ 20 C 2/02z-45, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsgegner war im „Familienunternehmen", einer GmbH & Co KG tätig und an dieser Gesellschaft als Kommanditist mit 15 % beteiligt. Die restlichen Anteile von 85 % hielt die Komplementärgesellschaft mbH. An dieser waren der Bruder des Antragsgegners zu 50 % sowie die Streitteile und ihre beiden Töchter zu je 12,5 % beteiligt. 1997 erwarb der Antragsgegner den 50 %igen Geschäftsanteil seines Bruders um ATS 11,000.000. Der Abtretungspreis wurde ua durch folgende Vermögenswerte finanziert:

Privatkonto bei der GmbH & Co KG (Guthaben) ATS 4,150.000;

Überentnahme vom Privatkonto bei der GmbH & Co KG ATS 1,300.000;

Abfertigung des Antragsgegners ATS 1,050.000;

Verkauf einer Wohnung ATS 710.000;

Verkauf von Wertpapieren ATS 317.000;

persönliche Ersparnisse (Sparbücher) ATS 473.000;

Verkauf einer spanischen Anleihe ATS 800.000;

Im Zusammenhang mit der Übernahme des Geschäftsanteiles wurde die Antragstellerin Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH und bezog dafür ein Gehalt von ca ATS 50.000 monatlich. Der Antragsgegner erhielt ab diesem Zeitpunkt als Prokurist ein Gehalt von ca ATS 20.000. Das vom Antragsgegner früher bezogene Geschäftsführergehalt von ca ATS 70.000 monatlich wurde somit wieder erreicht; das Familieneinkommen blieb gleich. Für die Antragstellerin wurden Pensionszeiten um ca EUR 200.000 nachgekauft.

Aufteilungsstichtag ist der 1. 1. 2001.

Im Revisionsrekursverfahren ist weder die Aufteilung der Vermögenswerte wie Ehewohnung, PKW, Lebensversicherung mit einer Differenz zugunsten der antragstellenden Ehefrau von EUR 96.472,86 noch die gleichteilige Gewichtung der Beiträge der Ehegatten strittig. Thema ist nur mehr die Einbeziehung jener Mittel, die für den Erwerb des 50 %igen Geschäftsanteiles verwendet wurden, und als Konsequenz daraus die in vier Raten zu begleichende Ausgleichszahlung von EUR 80.000 zugunsten der Antragstellerin.

Das Erstgericht wertete insgesamt ATS 3,600.000 (insbesondere Abfertigung, Ersparnisse, Erlös aus Wertpapieren und der Anleihe) nach § 91 Abs 2 EheG als Investitionen aus ehelichem Gebrauchsvermögen und ehelichen Ersparnissen, die beim Wertausgleich durch eine Ausgleichszahlung an die Antragstellerin zu berücksichtigen seien.

Das Rekursgericht hielt die Ausgleichszahlung deshalb für gerechtfertigt, weil die Entnahme der stehen gelassenen Gewinne und die Überentnahme (zusammen ATS 5,450.000) ausschließlich einem privaten Zweck, nämlich der Vergrößerung des Anteiles des Antragsgegners an der GmbH gedient haben und aufgrund dieser Umwidmung der nicht ausgeschüttete Gewinn der KG als eheliche Ersparnisse - neben der Abfertigung - in die Aufteilungsmasse falle. Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zu der Frage, ob der Erwerb von Unternehmensanteilen an einem anderen Unternehmen als jenem, aus dem die „stehen gelassenen" Gewinne stammen, eine Umwidmung zu privaten Zwecken bewirke.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig. Der 1997 erworbene Geschäftsanteil ist als Unternehmensanteil nach § 82 Abs 1 Z 4 EheG der Aufteilung entzogen, was die Parteien auch nicht bezweifeln. Seit dem EheRÄG 1999 bestimmt jedoch § 91 Abs 2 EheG, dass der Wert des Eingebrachten oder Verwendeten in die Aufteilung einzubeziehen ist, sofern eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in ein Unternehmen, an dem einem oder beiden Ehegatten ein Anteil zusteht, eingebracht oder für ein solches Unternehmen sonst verwendet wurde. Nach Satz 2 dieser Bestimmung sind bei der Aufteilung die jedem Ehegatten durch die Einbringung oder Verwendung entstandenen Vorteile und die Herkunft der eingebrachten oder verwendeten ehelichen Ersparnisse aus den Gewinnen des Unternehmens zu berücksichtigen.

Die Judikatur wertet Erträge eines Unternehmens solange als unternehmenszugehörig und damit nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG der Aufteilung entzogen, als sie nicht für unternehmensfremde (private) Zwecke umgewidmet wurden; erst mit der Umwandlung in Gemeinschaftsvermögen oder der Umwidmung in Ersparnisse gehören sie als eheliche Ersparnisse zur Aufteilungsmasse (1 Ob 57/98h; 9 Ob 99/01a = RIS-Justiz RS0057713 [T 1]; 3 Ob 122/04v = SZ 2005/62; RIS-Justiz RS0057752). So werden nicht ausbezahlte Gewinne eines Unternehmens, die einverständlich zur Rücklagenbildung verwendet werden, unabhängig von der (allfälligen) Erhöhung des Wertes des Geschäftsanteiles nicht in die Aufteilungsmasse einbezogen (6 Ob 555/84 = RIS-Justiz RS0057779; 1 Ob 57/98h). Diese Widmung der Erträgnisse eines Unternehmens für Privatzwecke kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (§ 863 ABGB) erfolgen (3 Ob 122/04v).

Die Frage nach dem Vorliegen einer konkludenten Willenserklärung ist von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig und stellt im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0109021 [T3]; RS0043253 [T8]). Eine auffällige und daher korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen bei der Einbeziehung bestimmter Vermögenswerte nach angenommener Umwidmung zu privaten Zwecken lässt sich hier nicht erkennen.

Die Umwandlung von Unternehmensgewinnen, Wertpapieren, (unternehmensfremden) Liegenschaften und ähnlichem in eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse wird im Revisionsrekurs, der ausdrücklich auf die Herkunft dieser Werte aus Gewinnen des „Familienunternehmens" hinweist, nicht bezweifelt. Die Verwertung dieser Vermögenswerte zwecks Vergrößerung des Geschäftsanteiles des Antragsgegners an der GmbH ist daher nach § 91 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen. Dasselbe gilt für die vor dem Aufteilungsstichtag angefallene Abfertigung (RIS-Justiz RS0057349 [T5 und 6]).

Ebensowenig begründet es eine unvertretbare Rechtsauffassung, die Verwendung der auf dem Privatkonto bei der GmbH & Co KG erliegenden Gewinnanteile und der „Überentnahme" zum Ankauf des 50 %igen Geschäftsanteiles nicht als Reinvestition in das Unternehmen zu werten, handelt es ja doch entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht um eine reine Vermögensverschiebung innerhalb eines Unternehmens. Tatsächlich wurde der „stehen gelassene" Gewinn dazu verwendet, den Anteil eines Gesellschafters an der Komplementär-GmbH zu erhöhen. Beziehen Ehegatten die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Familie (auch) aus Erträgnissen eines Unternehmens, ist es eine vertretbare Lösung, eine derartige Verwertung von Unternehmensgewinnen als unternehmensfremd zu qualifizieren und sie demnach privaten Zwecken zuzuordnen. In welcher Höhe ein nach § 91 Abs 2 EheG vorzunehmender Wertausgleich gerechtfertigt ist, stellt grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls dar (vgl RIS-Justiz RS0115637). Die Größenordnung der einzubeziehenden Vermögenswerte (ca 600.000 EUR) lässt eine Ausgleichszahlung von EUR 80.000 zugunsten der Antragstellerin selbst dann nicht als gänzlich unbillig erscheinen, wenn die Investitionen aufgrund ihrer Herkunft aus Unternehmensgewinnen in einem gewissen Umfang zu mindern sind. Starre Prozentsätze, die der Antragsgegner durch eine 90 %ige Minderung der einzubeziehenden Vermögenswerte anstrebt, sind mit einer Billigkeitsentscheidung im Rahmen des Verfahrens nach §§ 81 ff EheG aber nicht vereinbar. Der Vorteil der Antragstellerin infolge des Geschäftführergehaltes wurde beim Familieneinkommen durch das geringere Gehalt des Antragsgegners gänzlich ausgeglichen. Da die Eigenpension der Antragstellerin nach den Feststellungen des Erstgerichtes bei der Unterhaltsberechnung bereits beachtet wurde, ist es vertretbar, im Verhältnis zum Antragsgegner den Nachkauf der Pensionszeiten nicht als zu berücksichtigenden Vorteil (§ 91 Abs 2 Satz 2 EheG) zu werten. Kosten wurden nicht verzeichnet, weshalb eine Kostenentscheidung entfallen konnte.

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