OGH 6Ob555/84

OGH6Ob555/8421.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als Richter in der Familienrechtssache Helene A, Hausfrau, Weiz, Haydngasse 4, vertreten durch Dr.Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, und Johann A, Angestellter, Weiz, Leopoldhofweg 17, vertreten durch Dr.Gerald Weidacher, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Helene A gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 3.Februar 1984, GZ 1 R 404/83-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Weiz vom 21. Oktober 1983, GZ F 3/83-21, bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Helene A ist schuldig, Johann A die mit 6.000 S bestimmten Kosten des Verfahrens dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Parteien schlossen, nachdem sie seit 1965 in dem der Frau gehörigen Einfamilienhaus in Weiz, Haydngasse 4, in Lebensgemeinschaft gelebt hatten, am 27.Jänner 1969 die Ehe. Dieser entstammt die am 22.November 1972 geborene minderjährige Sabine, die sich in Pflege und Erziehung der Mutter befindet. Im Jahre 1976 verließ Johann A die eheliche Gemeinschaft. Mit Vergleich vom 26. Juli 1977 zu 7 C 163/77 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz verpflichtete er sich, Helene A einen wertgesicherten monatlichen Unterhaltsbetrag in der Höhe von 6.550 S zu bezahlen. Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 7. Februar 1983 zu 24 Cg 398/82 gemäß § 55

Abs.3 EheG mit dem Ausspruch geschieden, daß den Ehemann das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Johann A nahm von der Einrichtung in der Ehewohnung nichts in Anspruch. Am 24. August 1970 war die 'Sport B Gesellschaft m.b.H.' gegründet worden, an der Helene A zu 8,33 % und Johann A zu 25 % beteiligt waren.

Helene A begehrte nach den §§ 81 ff EheG die Bezahlung von 700.000 S als Ausgleich für die während der Ehe geschaffenen und dem Antragsgegner verbleibenden Werte. Zur Begründung führte sie aus:

Ihr geschiedener Mann habe bei der Eheschließung überhaupt kein Vermögen besessen.

Mit dem Einkommen der Antragstellerin sei der Lebensunterhalt beider bestritten worden, als der Mann im Wege von Gehaltsabzügen die Stammeinlagen für die Gesellschaft m.b.H. eingezahlt habe. Das Unternehmen habe nie einen Gewinn ausgeschüttet, sondern diesen stets reinvestiert. Auf diese Weise seien von der Gesellschaft ein Haus in Weiz erworben und weitere Geschäftslokale in Gleisdorf, Feldbach und Fürstenfeld eröffnet worden. Für ihre dreijährige Tätigkeit in der Firma habe die Antragstellerin nichts erhalten. Der Mann habe zwei Bausparverträge über 100.000 S und 200.000 S während der Ehe abgeschlossen. Bei seinem Wegzug habe er über einen PKW Peugeot 504 verfügt.

Johann A wendete im wesentlichen ein, daß er zumindest zum überwiegenden Teil die Einrichtung und Investitionen am Haus seiner geschiedenen Gattin finanziert sowie den Kaufpreis für die Haushälfte in Raten beglichen habe. Die Frau sei nur wegen der Sozialversicherung angemeldet gewesen. Er habe nur einen Bausparvertrag abgeschlossen, der bei seinem Wegzug einen Stand von 70.587,84 S aufgewiesen habe.

Das Erstgericht verpflichtete Johann A, an seine geschiedene Gattin einen Betrag von 50.000 S zu bezahlen, und wies das Mehrbegehren derselben ab.

Es ging dabei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Die Frau, die aus ihrer ersten Ehe zwei Kinder in die Ehe mitbrachte, war bis 1971 bei der Firma C in Weiz beschäftigt. Daneben führte sie den Haushalt. Bei der Beendigung ihres Dienstverhältnisses bekam sie eine Abfertigung von ca. 60.000 S. Anschließend bezog sie noch Karenzgeld und Arbeitslosenunterstützung. Vom 1.Jänner 1974 bis 30.November 1976 war sie auf Kosten der Sport B Gesellschaft m.b.H. zur Sozialversicherung angemeldet.

In dieser Zeit machte sie zu Hause in unregelmäßigen Abständen vor allem Buchhaltungsarbeiten, ohne hiefür ein Entgelt zu erhalten. Die ihrem ersten Gatten gehörige Hälfte des Hauses Weiz, Haydngasse 4, wurde von der Antragstellerin durch Kauf erworben. Die Raten auf den Kaufpreis von insgesamt etwa 90.000 S statteten die Streitteile bis 1974 gemeinsam ab. Die Bareinzahlungen von 6.250 S und 18.750 S bei Gründung der Sport B Gesellschaft m.b.H. tätigten die Parteien jeweils aus eigenen Mitteln. Die restliche Stammeinlage von 75.000 S wurde vom Geschäftsführergehalt des Mannes in Raten zwischen 3.500 S und 5.000 S abgezogen, weshalb die Antragstellerin in dieser Zeit - bis etwa 1974 - aus ihren Einkünften zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Familie beitrug. Die Sport B Gesellschaft m. b.H.

hatte in den Jahren 1971, 1973 sowie 1976 bis 1978 Verluste zwischen 20.000 S und 360.000 S, in den Jahren 1972, 1974, 1975, 1979 bis 1981 Gewinne zwischen 50.000 S und 410.000 S. Die Gewinne wurden nicht ausbezahlt, sondern blieben für Investitionszwecke in der Gesellschaft. Das Geschäft in Gleisdorf war bei der Gründung der Gesellschaft bereits vorhanden. Das Haus mit dem Geschäftslokal in Weiz wurde mit Hilfe von Krediten erworben. Für die Gründung der Filialen in Fürstenfeld (1973) und Feldbach (1981) wurden Kontokorrentkredite in Anspruch genommen. Mit Vertrag vom 3.November 1981 trat die Antragstellerin ihren Geschäftsanteil um den Preis von 300.000 S an ihren damaligen Gatten ab. Sie hat diesen Betrag in der Folge erhalten.

Der Mann hatte Ende 1972 einen Bausparvertrag über 100.000 S bei der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen abgeschlossen, der von ihm 1977

gekündigt wurde und mit rund 112.000 S zur Auszahlung gelangte. Weitere Verträge liefen - keineswegs bloß zum Schein - zugunsten seiner Eltern. Die Küche des Hauses Weiz, Haydngasse 4, war bereits vor Aufnahme des gemeinsamen Haushaltes im Jahre 1965 eingerichtet. Mit der nach der Eheschließung an die Frau ausbezahlten Pensionsabfertigung in der Höhe von 29.000 S sowie aus ihren weiteren Einkünften wurden unter anderem die Kücheneinrichtung erneuert, das Schlafzimmer, ein Einbauschrank, eine Waschmaschine und ein Kühlschrank angeschafft. Gemeinsam erwarben die Ehegatten teils vor, teils nach der Eheschließung einen Wohnzimmerschrank, einen Öltank und ein Garagentor.

Ebenfalls aus den Mitteln und durch Arbeitsleistung beider Streitteile - auch unter Mithilfe von Freunden und Verwandten - wurden das Badezimmer verfliest, die Zimmer tapeziert, die Sitzgarnitur restauriert, Platten und Gitter am Balkon sowie eine Dachbodenstiege angebracht, ein Gartenzaun errichtet, sowie das Vorzimmer und das sogenannte Mittelzimmer adaptiert bzw. eingerichtet. Von der Frau stammt die noch vor der Eheschließung gekaufte Tiefkühltruhe, vom Mann das ebenfalls im Haus verbliebene Farbfernsehgerät. Der derzeit vom Mann benützte PKW ist Eigentum der Sport B Gesellschasft m.b.H.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Ehewohnung und der Hausrat seien einvernehmlich der Frau zugefallen und daher so wie der nunmehr vom Mann benützte Firmen-PKW nicht aufzuteilen. Aus den Gewinnen der Gesellschaft seien keine ehelichen Ersparnisse gebildet worden, sodaß für den von der Frau geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 700.000 S kein Rechtsgrund bestünde. Die seinerzeitige Beteiligung der Frau an der Gesellschaft sei durch die Auszahlung des Betrages von 300.000 S entsprechend abgegolten worden. Die gelegentliche Tätigkeit der Frau für die Gesellschaft habe in den für sie bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen das öquivalent gefunden. Es verbleibe daher lediglich ein Anteil der Frau an der angesparten Summe aus dem Bausparvertrag, welcher im Hinblick auf die 1976

erfolgte Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nicht mit der Hälfte des ausbezahlten Betrages sondern billigerweise mit 50.000 S anzusetzen sei.

Das Rekursgericht gab den von beiden Parteien gegen diesen Beschluß erhobenen Rekursen nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte aus:

Der nach Billigkeit vorzunehmenden Aufteilung unterlägen nur Wertanlagen.

Daß im vorliegenden Fall die Geschäftslokale der Sport B Gesellschaft m.b.H. in Gleisdorf, Weiz, Fürstenfeld und Feldbach zum Unternehmen gehörten, stehe außer Zweifel. Aber auch das Haus in Weiz, Birkfelderstraße 9, in welchem eine der Filialen untergebracht sei, könne nach den gegebenen Unterlagen nicht als bloße Wertanlage betrachtet werden, vielmehr bilde dieses einen Bestandteil des Unternehmens. Was die Beteiligung der Frau an der Gesellschaft lediglich in Form einer Stammeinlage mit einem Mitspracherecht nach Punkt X des Gesellschaftsvertrages anlange, so habe sie hiefür einschließlich des in den folgenden Jahren erwirtschafteten Gewinnes mit der Zahlung von 300.000 S im Jahre 1981 das entsprechende öquivalent erhalten.

Hinsichtlich des Geschäftsanteiles des Mannes stehe seiner Frau nach dem Gesetz (§ 82 Abs.1 Z 4 EheG) kein Anspruch zu. Daran vermöge auch § 91

EheG nichts zu ändern, wenn die Gewinne im Unternehmen stehen blieben oder reinvestiert würden. Allerdings könne der im § 83 Abs.1 EheG verankerte Beitragsgedanke auch in diesem Zusammenhang nicht völlig vernachlässigt werden, weshalb Umstände wie etwa ein Konsumverzicht bei der Aufteilung des übrigen ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse von Bedeutung seien. Werde davon ausgegangen, daß die bilanzmäßigen Gewinne und Verluste in den Jahren 1971 bis 1981 einen 'Ertrag' von rund 660.000 S ergeben haben und dem Mann hievon 175.000 S zugestanden wären, so sei in bezug auf die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der außergerichtlich erfolgten Zuweisung der Ehewohnung samt Hausrat sowie dem gerichtlichen Zuspruch von weiteren 50.000 S in bar an die Frau keine Unbilligkeit zu erblicken, weil berücksichtigt werden müsse, daß der Mann zum Ankauf der zweiten Hälfte des Hauses Weiz, Haydngasse 4, und zur Einrichtung und Verbesserung dieses Hauses finanziell und durch Arbeitsleistung entscheidend beigetragen habe. Auf der anderen Seite stelle der etwas über der Hälfte der zum Zeitpunkt des Wegzuges des Mannes im Jahre 1976 angesparten Summe liegende Betrag von 50.000 S bloß einen weiteren Ausgleich im Zusammenhang mit dem unter Mithilfe der Frau erzielten Unternehmensertrag dar und könne nicht rein rechnerisch nur von der Hälfte ausgegangen werden. Eine Begründung dafür, weshalb der Konsumverzicht der Frau mit über S 3 Mill. anzusetzen sei, sei von ihr im Verfahren erster Instanz und in ihrem Rechtsmittel nicht gegeben worden. Für einen Betrag von 700.000 S könnten auch unter den angeführten Aspekten, nach denen ein Ehegatte doch am Unternehmensertrag zugunsten des anderen teilhaben solle, dem ausführlich abgeführten Beweisverfahren keine Anhaltspunkte entnommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Frau ist unberechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin meint, der Mann sei zur verlangten Zahlung zu verpflichten, weil die tatsächlich möglichen Gewinne (der Sport B Gesellschaft m.b.H.) nicht ausbezahlt, sondern vereinbarungsgemäß für neuerliche Investitionen und zur Anschaffung von Wertanlagen verwendet worden seien. Dadurch sei das Vermögen der einzelnen Gesellschafter anteilsmäßig entsprechend gestiegen. Die tatsächlich möglichen Gewinne stellten den Konsumverzicht dar.

Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Soweit die Rechtsmittelwerberin in ihrem Rechtsmittel von der Anschaffung von Wertanlagen spricht, so meint sie damit nicht etwa die Wertanlagen des Mannes, sondern - wie die beispielsweise Aufzählung des Kaufes eines Hauses und eines Sportgeschäftes zeigt - die Anschaffung von Betriebsvermögen durch die Sport B Gesellschaft m. b.H. Es ist damit also nur ein Teil der nach dem Vorbringen der Rechtsmittelwerberin einvernehmlich erfolgten Investitionen der Gesellschaft gemeint. Dies entspricht auch der Feststellung, daß die Gewinne der Gesellschaft nicht ausbezahlt wurden, sondern in der Gesellschaft zwecks Vornahme weiterer Investitionen verblieben. Es handelt sich um die Bildung von Rücklagen zwecks Vornahme von Investitionen, wodurch eine Erhöhung des Eigenkapitals der Gesellschaft erreicht wurde (vgl. Lechner-Egger-Schauer, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre 9 412 f.). Soweit daher nicht ausgeschütteter Gewinn als Rücklage im für die Aufteilung maßgebenden Zeitpunkt überhaupt noch vorhanden war, gehörte er jedenfalls zum Unternehmen der Gesellschaft. Dies unabhängig davon, ob die Heranziehung des Gewinnes zur Bildung von Rücklagen mit einem Konsumverzicht der Frau verbunden war oder/und ob und in welcher Höhe dadurch das 'Vermögen der einzelnen Gesellschafter' - womit die Rechtsmittelwerberin wohl eine Erhöhung des Wertes des Geschäftsanteiles der Gesellschafter meint - gestiegen ist. Daß der Geschäftsanteil des Mannes als solcher nur eine Wertanlage darstelle und daher als eheliche Ersparnis beurteilt werden könnte, vermag die Rechtsmittelwerberin selbst nicht zu behaupten und ist dies nach den getroffenen Feststellungen auch nicht der Fall.

Eine Aufteilung des zu Rücklagen verwendeten Gewinnes kommt daher gemäß § 82 Abs.1 Z 2 und 3 EheG nicht in Betracht. Aber auch eine Berücksichtigung des Geschäftsanteiles in der Form, daß die Ausgleichszahlung unter Einbeziehung des Wertes dieses Geschäftsanteiles festgesetzt werde, kann nicht erfolgen. Diese von Wilhelm in RdW 1983, 1 ff., insbesondere 6, geforderte Vorgangsweise widerspräche dem klaren Wortlaut des Gesetzes (vgl. Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 91 EheG; 1 Ob 501/84).

Dem unberechtigten Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Dem in dieser Bestimmung normierten Billigkeitsgrundsatz entspricht es im vorliegenden Fall vor allem im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien, die Kostenersatzpflicht der Rechtsmittelwerberin mit 6.000 S, das ist etwas mehr als die Hälfte der vom Antragsgegner angesprochenen Kosten, festzusetzen.

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