OGH 5Ob56/07g

OGH5Ob56/07g8.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solè als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernestine Ingrid R*****, vertreten durch Dr. Helgar Schneider, Dr. Gerhard Preissl, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) Manfred Günther M*****, 2.) Christiane Elvire Josefine M*****, beide vertreten durch Winkler-Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in Bregenz, wegen Beseitigung (Streitwert EUR 6.000,--), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 21. November 2006, GZ 4 R 264/06b-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 9. September 2006, GZ 5 C 1303/04s-14, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit EUR 549,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 91,56 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig, weil die Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend machen. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof diesfalls auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken:

Das Berufungsgericht hat dem Begehren einer Wohnungseigentümerin auf Entfernung eines von anderen Wohnungseigentümern ohne ihre Zustimmung errichteten Wintergartens stattgegeben, wobei nicht mehr strittig ist, dass es sich dabei um eine genehmigungsbedürftige Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 WEG handelte.

Dem hält die Revisionswerberin das Schikaneverbot des § 1295 Abs 2 ABGB entgegen. Die Geschichte der Auseinandersetzung zwischen den Wohnungseigentümern über den strittigen Wintergarten zeige, dass die Klägerin offenkundig aus Verärgerung über ein Verfahren, in dem sie submittieren habe müssen und in dessen Folge sogar eine Geldstrafe über sie verhängt worden sei, das gegenständliche Verfahren eingeleitet habe. Sie habe in ihrer Einvernahme selbst zugegeben, dass sie ihre Zustimmung zur Errichtung des Wintergartens erteilt hätte, wenn die Beklagten sie höflich darum gefragt hätten. Damit werde augenscheinlich, dass unlautere Motive bei der Rechtsausübung der Klägerin im Vordergrund stünden und andere Ziele ihrer Rechtsausübung so weit in den Hintergrund träten, dass zwischen den von der Klägerin verfolgten Interessen und den beeinträchtigten Interessen der Beklagten ein krasses Missverhältnis bestehe.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Ist bei einer bewilligungspflichtigen Änderung im Sinn des § 16 Abs 2

WEG die freiwillige Zustimmung sämtlicher Miteigentümer nicht zu

erlangen, muss die rechtsgestaltende Entscheidung des

Außerstreitrichters (1 Ob 564/76 = SZ 49/52 = MietSlg 28.487/6; 5 Ob

6/81 = SZ 54/129 = 33.504/19; 5 Ob 24/87 = 39.615) nach § 16 Abs 2

iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG eingeholt werden. Unterlässt dies der ändernde

Wohnungseigentümer, kann er von jedem einzelnen Wohnungseigentümer im

streitigen Rechtsweg zur Beseitigung und Unterlassung verhalten

werden (WoBl 2001/41 [Call]), wobei dort nur die

Genehmigungsbedürftigkeit, nicht aber die Genehmigungsfähigkeit zu

prüfen ist (5 Ob 218/00w = WoBl 1991/53 [Call] ; RIS-Justiz

RS0083156). Die Genehmigung kann allerdings - im Außerstreitverfahren

- nachträglich beantragt und erteilt werden (5 Ob 29/89 = WoBl

1990/28; 5 Ob 25/90 = WoBl 1991/53 [Call]; 5 Ob 153/00m = MietSlg

52.545 u.a.).

Die Eigenmacht des eine Änderung vornehmenden Wohnungseigentümers ist ungeachtet einer nachträglichen Genehmigungsfähigkeit durch die gesetzliche Bestimmung des § 523 ABGB sanktioniert. Dass derjenige Wohnungseigentümer, der ein solches Abwehrrecht in Anspruch nimmt, aus unlauteren Motiven handelt, insbesondere vorwiegend das Interesse hat, den anderen zu schädigen, bedürfte konkreter Beweisergebnisse, die eine solche Annahme zuließen. Die Beweispflicht für den Rechtsmissbrauch trifft nämlich denjenigen, der ihn behauptet (6 Ob 72/05i; 7 Ob 2314/96m = SZ 69/289 u.a.). Überhaupt billigt die Rechtsprechung stets ein Interesse an der Abwehr eigenmächtiger

Eingriffe in das Miteigentum zu (7 Ob 227/55 = SZ 28/133; 7 Ob 659/79

= EvBl 1980/44 u.a.).

Im Weiteren argumentiert die Revisionswerberin damit, dass die Klägerin auf Grund ihrer aus dem Miteigentumsverhältnis resultierenden Treuepflicht gegenüber den Beklagten als Miteigentümern spätestens am 4. 2. 2000 aktiv gegen den im Februar 1998 errichteten Wintergarten vorgehen hätte müssen. Die Untätigkeit der Klägerin über Jahre hinweg nach Abschluss des Vergleichs sei als stillschweigende Zustimmung zu werten.

Dazu ist zunächst klarzustellen, dass die Klägerin im bezeichneten Verfahren zunächst hinreichend deutlich der Berechtigung der Beklagten, den Wintergarten zu errichten, widersprochen hat. Dass sie sich dann zur Unterlassung der Verschmutzung des Wintergartens der Beklagten vergleichsweise verpflichtete, hat demgegenüber keinen Erklärungswert, vor allem nicht den einer nachträglichen Zustimmung zur Errichtung des Wintergartens.Wie bei dieser Rechts- und Sachlage bei den Beklagten als „redlichen Erklärungsempfängern" der Eindruck erweckt worden wäre, die Klägerin stimme nun nachträglich der Errichtung des Wintergartens zu, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Ihre Argumentation steht vielmehr in krassem Widerspruch zu der zu § 863 ABGB ergangenen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0016507; RS0014347; RS0014124; RS0014126; RS0014122; RS0013958 u.a.). Dass zwischen Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmte Treuepflichten bestehen (RIS-Justiz RS0013395), hat mit dem jedem Wohnungseigentümer gegen (Mit)-eigentumseingriffe zustehenden Abwehrrecht nichts zu tun. Dass die Klägerin zu einer sofortigen Klagsführung bei sonstigem Verlust ihres Abwehrrechts verpflichtet gewesen wäre, stellt somit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO dar.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war daher die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten hingewiesen, weshalb ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzuerkennen sind.

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