Spruch:
1. Die außerordentliche Revision der Erstbeklagten wird zurückgewiesen.
2. Der Revision der klagenden Parteien wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die zweitbeklagten Partei ist zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei schuldig, den klagenden Parteien die mit S 6.804,50 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 1.134,08 Umsatzsteuer) sowie darüber hinaus den weiteren Betrag von S 295,50 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die zweitbeklagte Partei ist weiters schuldig, den klagenden Parteien die mit S 8.180,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.310 Barauslagen und S 811,77 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagenden Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft ***** in*****. Die erstbeklagte Partei ist Mit- und Wohnungseigentümerin zu 867/7218 Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum am gesamten, sich über alle vier Stiegen des Hauses erstreckenden Erdgeschoß sowie an einem Teil des Kellergeschosses untrennbar verbunden ist. Das Objekt der Erstbeklagten weist eine Gesamtnutzfläche von 1.278,9 m**2 auf. Im Wohnungseigentumvertrag des Jahres 1977 wurde für das "Geschäft mit Lager im Erdgeschoß und Keller Stiege 1 bis Stiege 4 durchgehend" folgende Widmung vereinbart: 62,5 m**2 Lokal im Erdgeschoß, 903,3 m**2 Lager und Sanitäreinrichtungen im Erdgeschoß, 313,1 m**2 Lager im Keller.
Bis zum Jahr 1989 wurden die Räumlichkeiten dieser Widmung entsprechend genutzt.
Mit Kaufvertrag vom 3. 5. 1989 erwarb die Erstbeklagte den Miteigentumsanteil. Mit Immobilien-Leasing-Vertrag vom 4. 6. 1989 übertrug sie das Objekt auf unbestimmte Zeit gegen ein vorläufiges monatliches Entgelt von S 58.300 zur ausschließlichen Nutzung für gewerbliche Zwecke an den Zweitbeklagten. Der Zweitbeklagte verpflichtete sich, das Objekt nach Ablauf einer 20jährigen Vertragsdauer zum kalkulatorischen Restwert zuzüglich aller Nebenspesen zu kaufen. Im Vertrag ist weiters festgehalten, dass die Erstbeklagte den Vertrag jederzeit sofort auflösen könne, wenn der Leasingnehmer trotz Mahnung und Setzung einer Nachfrist von 14 Tagen gegen sonstige Bestimmungen des Vertrags verstoße oder erhebliche Folgen von Vertragsverletzungen nicht unverzüglich beseitige. Der Zweitbeklagte verpflichtete sich, die Erstbeklagte hinsichtlich sämtlicher Ansprüche schad- und klaglos zu halten, welche von Dritten im Zusammenhang mit der Benützung des Vertragsgegenstandes erhoben würden. Die gänzliche oder teilweise Weitergabe der Rechte aus dem Vertrag durch den Leasingnehmer oder die Überlassung des Objekts an Dritte wurde von der Einwilligung der Leasinggeberin abhängig gemacht. Weiters wurde vereinbart, dass das Objekt nur für gewerbliche Zwecke und unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften benützt werden dürfe. Der Zweitbeklagte verpflichtete sich, etwaige Auflagen für die Betriebsführung auf seine Kosten zu erfüllen und die Erstbeklagte für alle Ansprüche Dritter im Zusammenhang mit der Nutzung des Objekts und der Betriebsführung schad- und klaglos zu halten. Die Erstbeklagte sagte zu, allfälligen Veränderungen im und am Leasingobjekt zuzustimmen, sofern der Zweitbeklagte die Kosten trage. Im Vertrag wurde das Objekt derart beschrieben, dass es sich um 313 m**2 Keller, 62 m**2 Büro bzw Geschäft und 905 m**2 Lager- und Manipulationsräumlichkeiten handle. Der Zweitbeklagte begann daraufhin in dem von ihm geleasten Objekt einen Handel mit zahnärztlichem Verbrauchsmaterial und Kleingeräten einzurichten. Zuvor wurden die Räumlichkeiten unter Beiziehung eines Architekten adaptiert und entsprechend ausgestattet. Der Geschäftsbetrieb wurde am 16. 8. 1989 aufgenommen. Anlässlich eines "Tags der offenen Tür" am 10. 11. 1989 waren alle Hausbewohner in das Objekt zur Besichtigung eingeladen. 46 Mit- und Wohnungseigentümer machten davon Gebrauch und unterfertigten bei diesem Anlass einen vom Zweitbeklagten zur Einsicht und Unterfertigung aufgelegten Einreichplan. Darunter auch Zweit- und Drittkläger. Im Einreichplan war die Errichtung eines Vordachs entlang der Hofseite des Gebäudetrakts in der J*****gasse sowie die Vergrößerung der Kellerfenster (zwecks Einrichtung von Arbeitsplätzen im Keller) vorgesehen.
Während der Zweitbeklagte dieses Gewerbe im Objekt ausübte, verwendete er einen Teil der Nutzfläche im Erdgeschoß für Bürotätigkeiten und Kundeninformation (darin eine Cafeteria, ein Vortragsraum, eine zahnärztliche Musterordination sowie ein zahntechnisches Labor für den Kundenverkehr). Die restlichen Räumlichkeiten im Erdgeschoß wurden überwiegend als Lager samt damit verbundener Infrastruktur genutzt. Der Keller stand ausschließlich als Warenlager in Verwendung.
Zu Belästigungen der Wohnungseigentümer durch Immissionen jeglicher Art oder sonstigen Unzukömmlichkeiten kam es nicht. Es gab nur geringen - die Miteigentümer nicht störenden - Kunden- und Lieferverkehr.
Am 9. 1. 1998 vermietete der Zweitbeklagte mit Zustimmung des Erstbeklagten das Objekt an die Botschaft der Bundesrepublik J*****. Im Vertrag wurde das Objekt, mit welchem "Wohnungseigentum an Geschäft mit Lager und im Erdgeschoß und Keller untrennbar verbunden" beschrieben und festgehalten, dass Gegenstand dieses Vertrages die auf den Plänen gekennzeichneten Geschäftsräumlichkeiten im Erd- und Kellergeschoß seien. Das Geschäftslokal umfasse 1221 m**2. Die Vermietung erfolge ausschließlich zu Bürozwecken, d.h. zur Errichtung einer Konsularabteilung mit integrierter Wohnung. Die Vermieterin hafte nicht für die tatsächliche und/oder rechtliche Tauglichkeit des Bestandgegenstandes zu dem von der Mieterin beabsichtigten Vertragszweck. Die Vermieterin sei aus wichtigen Gründen berechtigt, das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist aufzulösen, insbesondere wenn ..... eine unzumutbare Belästigung der Hausbewohner durch die Konsulatsparteien gegeben ist.
Es steht nicht fest, dass der Hausverwalter Dr. S***** den Vertragstext inhaltlich genehmigt hätte.
Am 26. 3. 1998 genehmigte die MA 37 mit Bescheid den vom Zweitbeklagten begehrten Einbau von nichttragenden Leichtwänden in den Lager- und Geschäftsräumen im Erdgeschoß. In dem der Bauanzeige beigeschlossenen Grundrissplan waren die Räumlichkeiten im Gebäudetrakt in der S*****gasse sowie die Räume im Bereich der Stiege II großteils als Lager ausgewiesen. Die im Bereich der Stiegen III und IV auch hofseitig gelegenen Räume waren ausschließlich - mit Ausnahme eines auf 17,57 m**2 verkleinerten Lagerraums hinter der Stiege IV als Geschäftsräume bezeichnet. Der Zweitbeklagte wurde von der MA 37 daraufhin aufgefordert, bis zum 19. 5. 1998 die der Bauanzeige zugrundeliegenden Pläne dahin zu korrigieren, dass die Räume nach der Trennmauer wieder als Lager gewidmet sein müssten. Dies betraf den Teil, den die Botschaft zu Konsulatszwecken nutzen wollte. Der Zweitbeklagte versicherte in seinem Schreiben, dass "der Vorgang keine Auswirkung auf den positiven Bescheid vom 26. 3. 1998 bezüglich des Einbaus der nichttragenden Leichtbauwände" habe (Beilage 4). Der Zweitbeklagte wirkte auf die Botschaft der Republik J***** bisher nicht dahin ein, die im Bereich der Stiegen III und IV situierten Lagerräume wieder ausschließlich als Lager im Sinn der ursprünglichen Widmung im Wohnungseigentumsvertrag zu nutzen oder zumindest nur in jenem Umfang im gassenseitigen Bereich als Geschäftslokal zu nutzen, wie dies schon bisher der Zweitbeklagte getan hatte. Die Botschaft der Republik J***** unterhält nunmehr auch in jenen Räumlichkeiten im Bereich der Stiegen III und IV, die bisher vom Zweitbeklagten als Lager genutzt worden waren, einen Bürobetrieb.
Seit Aufnahme des Konsulatsbetriebes am 22. 6. 1998 kam es zu zahlreichen Beeinträchtigungen der Hausbewohner. Vor allem in den Sommermonaten sind vor dem Hauseingang in der J*****gasse oft schon ab vier Uhr morgens 20, 30 oder sogar mehr Menschen angestellt, um in das Konsulat eingelassen zu werden. Auch in anderen Jahreszeiten stellen sich Konsulatsbesucher zwar in geringerer Zahl und auch nicht ab vier Uhr früh, sondern erst ungefähr ab 6.30 bis 7.00 Uhr vor dem Haus an. Der Kundenzustrom differiert an verschiedenen Tagen. Die in losen Gruppen oder Menschentrauben angestellten Konsulatsbesucher stehen zum Teil auch auf der Fahrbahn sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite, sie unterhalten sich lautstark miteinander, führen Streitgesprächen und entwickeln vor allem in den Sommermonaten in den frühen Morgenstunden derartigen Lärm, dass die Erstklägerin und der Zweitkläger in den darüber liegenden Stockwerken selbst bei geschlossenen Fenstern gestört und belästigt werden. Die Lärmerregung führte zu wiederholten Polizeieinsätzen, im Juli 1998 wurde eine zeitlang sogar ein Polizist im Bereich des Konsulats postiert, um Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Hausbewohner können oft nicht ungehindert das Haus betreten oder verlassen, weil sie durch die wartenden, sitzenden oder stehenden Konsulatsbesucher abgehalten werden, die ihnen erst über nachträgliches Ersuchen Platz machen. Weiters ist durch die Konsulatsbesucher ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und eine Verschärfung der Parkraumnot gegeben.
In den Wintermonaten oder bei Regenwetter kam es häufig dazu, dass sich Konsulatsbesucher auch in den Stiegenhäusern aufhielten, um nicht im Freien warten zu müssen.
Im ersten und zweiten Stockwerk sind unter Tags Geräusche wie von einer Stempel- oder Stanzmaschine und Stimmengewirr zu hören.
Die Kläger und sonstige Miteigentümer haben zur Aufnahme eines Gewerbebetriebs durch den Zweitbeklagten im Jahr 1989 und zur Eröffnung eines Konsulatsbetriebs im Jahr 1998 keine ausdrückliche Zustimmung erteilt.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger, die Beklagten zur Unterlassung der Verwendung der im Wohnungseigentum der Erstbeklagten stehenden Räumlichkeiten im Haus*****, J*****gasse 1-3/S*****gasse 88 auf andere Weise außer als Lager - mit Ausnahme eines als "Lokal" gewidmeten Bereichs von 62,5 m**2 im Erdgeschoß - zu verpflichten sowie den früheren Zustand wiederherzustellen.
Der Erstbeklagte habe das alleinige wirtschaftliche und rechtliche Nutzungsrecht, allenfalls auch die rechtliche Verfügungsmacht hinsichtlich seines Wohnungseigentumsobjekts an den Zweitbeklagten übertragen. Dieser habe das Erdgeschoß zunächst widmungsgemäß zu einem geringen Teil als Geschäftslokal, zum überwiegenden Teil als Lager verwendet und dann in zwei Schritten die Widmung des Erdgeschosses und des Kellerlokals grundlegend verändert. Bei Einrichtung seines Gewerbebetriebes habe er zunächst einen Großteil der Nutzfläche im Erdgeschoß eigenmächtig in Büro- und Informationsräume umgewandelt und als solche benützt und anlässlich der Vermietung des Objekts im Jahr 1998 die bis dahin bestandene Lagerfläche im Bereich der Stiegen III und IV zu weiteren Büroräumen umfunktioniert. Damit habe er schrittweise bisher als Lager gewidmete Räume eigenmächtig in Geschäftsflächen mit beträchtlichem Kundenverkehr und Bürobetrieb umgewandelt. Damit sei nicht eine bestehende Widmung als Geschäftslokal geändert worden, sondern gegen die im Wohnungseigentumsvertrag vorgesehene und dem Baukonsens entsprechende Widmung verstoßen worden. Dazu liege weder die Zustimmung der Mit- und Wohnungseigentümer vor noch sei im außerstreitigen Verfahren eine solche Widmungsänderung genehmigt worden. Eine solche Genehmigung sei auch in Folge der schwerwiegenden Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer nicht möglich. Die große Anzahl von Konsulatsbesuchern, das Warten dieser Personen in den Hauseingängen und auf dem Gehsteig sowie die erhebliche Lärmentwicklung und Verunreinigung von Gehsteigen etc seien Belästigungen, die dann nicht vorlägen, wenn nur 62,5 m**2 widmungsgemäß als Büro, der Rest hingegen als Lager verwendet würde.
Der Erstbeklagte bestritt das Begehren und beantragte dessen Abweisung. Eine spezifische Verwendung des im Objekt betriebenen Unternehmens sei im Wohnungseigentumsvertrag nicht festgelegt worden. Es liege daher keine eigenmächtige Widmungsänderung vor, was ein Untersagungsrecht der Miteigentümer ausschließe. Schon bei Wohnungseigentumsbegründung sei jeder beliebigen Verwendung des Geschäftslokals zugestimmt worden.
Die Mit- und Wohnungseigentümer, denen die vom Zweitbeklagten vorgenommene Verwendungsänderung bekannt gewesen sei, hätten zumindest konkludent zugestimmt. Die Verwendung des Lokals für Konsulatszwecke stelle keine neuerliche Verwendungsänderung dar.
Auch der Zweitbeklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Er bestritt seine Passivlegitimation. Er habe seine Mieterin über die Widmung in Kenntnis gesetzt und sei für eine bewilligungsgemäße Benützung der Räume nicht mehr verantwortlich. Im Weiteren habe er bereits im Jahr 1989 die Widmung des Objekts geändert, ein Großteil der Wohnungseigentümer habe dies sogar ausdrücklich durch Unterfertigung der Einreichpläne genehmigt. Auch im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren sei den Mit- und Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Kenntnisnahme und Äußerung geboten worden. Die Wohnungseigentümer seien seit dem Jahr 1991 mit der Widmungsänderung von Lagerflächen in Geschäftsräume einverstanden gewesen. Es stehe ihnen daher kein Anspruch auf Abwehr zu. Im Übrigen würden keine schutzwürdigen Interessen durch die Benützung des Objekts zum Großteil als Geschäftslokal und zum Teil als Lager verletzt. Die behaupteten Immissionen seien nicht gegeben und würden insbesondere das zumutbare und ortsübliche Ausmaß nicht überschreiten.
Die Kläger bestritten, eine ausdrückliche oder konkludente Zustimmung zur Widmungsänderung erteilt zu haben. Im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren sei ihnen keine Parteistellung zugekommen. Bei Änderung der Verwendung im Jahr 1989 hätten zwar einige Hausbewohner wahrgenommen, dass mehr als 62,5 m**2 als Geschäftsraum verwendet würden, die Restfläche hingegen als Lager. Durch die Vermietung des gesamten Objektes als Konsulat sei jedenfalls gegenüber der Verwendung durch den Zweitbeklagten zuvor eine wesentliche Interessensbeeinträchtigung gegeben.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich beider Beklagten statt.
Die Kläger seien als Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft in Ausübung ihres ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrechts zur Eigentumsfreiheitsklage individuell berechtigt. Unabhängig vom Vorliegen eines Schadens oder eines Verschuldens könnten sie jeden unberechtigten Eingriff in ihr Eigentumsrecht untersagen. Sobald eine Änderung, die ein Wohnungseigentümer ohne Zustimmung aller übrigen Miteigentümer oder ohne einen diese ersetzenden Beschluss des Außerstreitrichters vornehme, die die geschützten Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigen könnte, könne ihm die Unterlassung und Beseitigung tatsächlicher oder rechtlicher Änderungen, etwa Widmungsänderungen, verboten werden. Passivlegitimiert sei derjenige, der den Eingriff veranlasst habe, wer den unerlaubten Zustand aufrecht erhalte oder sonst befugt und im Stande sei, den Eingriff zu verhindern. Daneben hafte in allen Fällen auch der unmittelbarer Störer selbst, sofern ihm die unzulässige Änderung bekannt war oder bekannt sein musste, gleichgültig ob er im fremden Interesse, in Vertretung oder auf Veranlassung eines Dritten gehandelt habe. Die Erstbeklagte habe als Wohnungseigentümerin das Objekt an den Zweitbeklagten verleast, die Untervermietung durch den Zweitbeklagten an die Botschaft zur Verwendung als Konsulatsbetrieb sei mit ihrer Kenntnis und Zustimmung erfolgt. Zuvor sei ihr schon bekannt gewesen, dass der Zweitbeklagte vom Jahr 1989 an nahezu das gesamte Erdgeschoß als Geschäftslokal verwendet habe. Aufgrund des Leasingvertrages wäre es der Erstbeklagten möglich gewesen, das Vertragsverhältnis zu beenden, wenn der Zweitbeklagte gegen wesentliche Vertragsbestimmungen verstoße, wozu die eigenmächtige Widmungsänderung zu rechnen sei. In Anbetracht dieser Rechtsstellung als Miteigentümerin und Leasinggeberin sei die Haftung der Erstbeklagten zu bejahen.
Der Zweitbeklagte hingegen hafte als unmittelbarer Störer, weil er die unsprüngliche und noch immer verbindliche Widmung der Räume in zwei Schritten eigenmächtig abgeändert habe. Zunächst habe er im Jahr 1989 (bis spätestens 1991) einen umfangreichen Geschäftsbetrieb mit Büro- und Informationsflächen im Erdgeschoß eingerichtet, wobei nur noch ein Teil des Erdgeschosses weiterhin als Lager verwendet worden sei. Seit dem Jahr 1998 seien auch diese Lagerflächen nahezu zur Gänze als Büroflächen verwendet. Der Zweitbeklagte hätte, wie auch die Erstbeklagte, die faktische und rechtliche Möglichkeit, die widmungswidrige Verwendung abzustellen. Eine nachträgliche Information der zuvor gezielt getäuschten Botschaft über die ursprüngliche Widmung vermöge die Haftung des Zweitbeklagten nicht auszuschließen.
Die Beklagten könnten nicht damit argumentieren, dass sie bloß eine andere Spezifikation der Verwendung vorgenommen hätten, weil keineswegs zuvor die gesamte Fläche als Geschäftsräumlichkeit - wozu auch immer - Verwendung gefunden habe. Vielmehr seien schrittweise als Lager gewidmete Räume eigenmächtig in Geschäftsflächen mit beträchtlichem Kundenverkehr und Bürobetrieb umgewandelt worden.
Wenn auch keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, einer Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder anderen Sachen vorhanden sei, seien doch schutzwürdige Interessen der anderen Miteigentümer durch die Ausweitung des Geschäftsbetriebs behauptet und auch erwiesen worden. Die Kläger seien daher genötigt, Abhilfe im streitigen Rechtsweg zu suchen. Die von den Beklagten vorgenommenen Änderungen seien genehmigungsbedürftig im Sinn des § 13 Abs 2 WEG, weil die Möglichkeit der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Miteigentümer gegeben sei (starker Besucherverkehr, Lärmentwicklung vor dem Haus, in den Konsulatsräumen, Behinderung beim Betreten oder Verlassen des Hauses, Aufenthalt fremder Personen in den Stiegenhäusern, Verschmutzungen, Unpassierbarkeit des Gehsteigs, Parkraumnot).
Im Weiteren verneinte das Erstgericht, dass die Kläger der Widmungsänderung konkludent zugestimmt hätten. Die Einwilligung bloß eines Teils, auch der Mehrheit der Miteigentümer in den Jahren 1989 bis 1991 zum Umfang des Geschäftsbetriebs des Zweitbeklagten reichten nicht aus. Dass Zweit- und Drittkläger Einladungen des Zweitbeklagten in das Objekt zu Besprechungen oder Besichtigungen gefolgt seien, sei keineswegs als Zustimmung zur Widmungsänderung, die im Übrigen in den Folgejahren durch Aufnahme des Konsulatsbetriebs noch erweitert worden sei, anzusehen. Umbaupläne des Jahres 1989 hätten die Kläger nicht unterfertigt. Die Erteilung behördlicher Bewilligungen, zB der Betriebsanlagengenehmigung schließe das Untersagungsrecht der übrigen Miteigentümer nicht von vornherein aus, wenn sie in schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt seien. Im Übrigen seien die Kläger am Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht beteiligt worden. Ein Bescheid in diesem Verfahren sei ihnen nicht zugestellt worden.
Einer dagegen von den Beklagten erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung hinsichtlich der Erstbeklagten, wies jedoch das Klagebegehren hinsichtlich des Zweitbeklagten ab.
Zur Berufung des Erstbeklagten wurde ausgeführt:
Zunächst könne an einer Widmungsänderung im Sinn des § 13 Abs 2 WEG kein Zweifel bestehen, weil der darin verwendete Begriff "Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen)" sehr weit auszulegen sei (WoBl 1993/49). Die von der Berufungswerberin aufgeworfene Frage der Betriebsform stelle sich im vorliegenden Fall nicht, sondern sei es entgegen der vertragsmäßigen Widmung der Räumlichkeiten zu erheblichen Widmungsänderungen hinsichtlich der Benützungsart gekommen, in dem in erheblichem Ausmaß mehr als 62,5 m**2 als Geschäftsräumlichkeiten und nicht bloß als Lagerräumlichkeiten Verwendung gefunden hätten. Die erstgerichtlichen Feststellungen machten auch deutlich, dass damit für die weiteren Miteigentümer schwerwiegende Unannehmlichkeiten und Belästigungen verbunden gewesen seien.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen lasse sich eine konkludente Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer verneinen. Insbesondere habe die Unterfertigung des Einreichplans durch Zweit- und Drittkläger die streitgegenständliche Widmungsänderung gar nicht betroffen.
Zur Berufung der Zweitbeklagten führte das Berufungsgericht aus, dass dessen Passivlegitimation im Endergebnis nicht vorliege. Die Kläger hätten ihre Klage eindeutig auf eine unzulässige Widmungsänderung im Sinn des § 13 Abs 2 Z 1 WEG gestützt und in diesem Sinn konkretisiert. Eine solche Klage richte sich an den Streitrichter zur Entscheidung über die Frage einer Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung, die aber nur zwischen Wohnungseigentümern erfolgen könne, sodass jenem Dritten, welcher zwar die schutzwürdigen Interessen von Wohnungseigentümern infolge einer unzulässigen Widmungsänderung beeinträchtige, der aber selbst nicht Wohnungseigentümer sei, die sachliche Legitimation fehle.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige, eine ordentliche Revision der erstbeklagten Partei nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliege.
Für die Kläger hingegen sei die ordentliche Revision zulässig, weil zur Frage der Passivlegitimation des konkreten Störers, der nicht zugleich Wohnungseigentümer sei, für eine auf § 13 Abs 2 Z 1 WEG gestützte Klage keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteils des Berufungsgerichtes dahin, dass dem Klagebegehren auch hinsichtlich des Zweitbeklagten stattgegeben werde.
Der Zweitbeklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Gegen den stattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Erstbeklagten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Die Revision der Kläger ist hingegen berechtigt.
Zur außerordentlichen Revision der Erstbeklagten:
Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass ein Wohnungseigentümer, der sein Wohnungseigentumsobjekt ändern und/oder umwidmen will, hiezu der Zustimmung der anderen Miteigentümer oder der - auch im Nachhinein zulässigen - Ersetzung durch Außerstreitrichterbeschluss bedarf, falls durch die beabsichtigte Maßnahme wichtige Interessen eines Miteigentmers verletzt werden können. Jedem Mit- und Wohnungseigentümer steht das Recht zu, eigenmächtige Eingriffe eines anderen Miteigentümers mit Eigentumsfreiheitsklage, gerichtet auf Beseitigung und Unterlassung im streitigen Rechtsweg abzuwehren (§§ 523, 829 ABGB; WoBl 1993/49, 61 mit Anmerkung Call). Anders als in einem Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 2 WEG nimmt hier der Prozessrichter keine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Änderung, auch keine Interessensabwägung vor, sondern prüft bloß die verbotene Eigenmacht des Ändernden (WoBl 1992/126, 129; WoBl 1992/81, 113; WoBl 1991/53, 64 mit Anmerkung Call).
Damit sind alle im Rechtsmittel der Erstbeklagten zulässigerweise aufgeworfenen Fragen hinlänglich beantwortet, insbesondere, dass die Umwidmung von 903,3 m**2 und 313,1 m**2 von Lager in Büroräumlichkeiten mit Parteienverkehr eine genehmigungsbedürftige Widmungsänderung darstellte. Die Relevierung weiterer Fragen, im Besonderen, dass die Leistung vom Erstbeklagten infolge Exterritorialität der Mieterin nicht erbracht werden könnte, ist der Erstbeklagten in Hinblick darauf versagt, dass sie diese im Berufungsverfahren nicht aufgeworfen hat (vgl EvBl 1985/154; MR 1987/221; MR 1989, 52; ÖBl 1991, 108)
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war daher das Rechtsmittel der Erstbeklagten zurückzuweisen.
Zur Revision der Kläger:
Zunächst setzt die Anwendbarkeit des § 13 WEG eine durch Wohnungseigentum begründete dingliche Rechtsgemeinschaft voraus. Will ein Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentumsobjekt ändern und/oder umwidmen, bedarf er hiezu der Zustimmung der anderen Miteigentümer falls durch die beabsichtigte Maßnahme wichtige Interessen eines Miteigentümers verletzt werden können (WoBl 1991/52, 64 mwN). Es ist aber festzuhalten, dass § 13 Abs 2 WEG bloß die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Wohnungseigentümer zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) berechtigt ist. Die Grundlage für die Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria), die dem Schutz des Eigentümers vor der Anmaßung oder unberechtigten Erweiterung eines Rechtes Dritter dient und auch zur Abwehr jeder sonstigen Störung des Eigentums durch unberechtigte Eingriffe berechtigt, liegt aber entgegen dem vom Berufungsgericht gewonnenen Verständnis nicht in § 13 Abs 2 WEG, sondern in der Bestimmung des § 523 ABGB iVm § 829
ABGB.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann jeder mit der Eigentumsfreiheitsklage belangt werden, der Eingriffe veranlasst, indem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzungen für die Störung durch Dritte schafft (SZ 56/155). So wird als passiv legitimiert etwa der Pächter der Nachbarliegenschaft angesehen, der Eingriffe in das Eigentumsrecht seines Nachbarn vornimmt (JBl 1962, 261), der Untermieter, von dem Lärmimmissionen verursacht werden (JBl 1995, 107). Auch kann ein Vermieter nicht nur gegen den Mieter, sondern auch gegen dessen Besucher vorgehen, wenn diese ein dem Eigentümer schädliches und die Benützungsbefugnisse des Mieters übersteigendes Verhalten setzen (SZ 57/183). Als mittelbarer Störer ist der passiv legitimiert, der die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, die störenden Handlungen Dritter zu steuern und gegebenenfalls zu verhindern (EvBl 1976/190; MietSlg 36.040; JBl 1996, 383). Gegen den nicht unmittelbar selbst störenden Miteigentümer kann die Eigentumsfreiheitsklage dann erhoben werden, wenn von ihm Abhilfe gegen den Eingriff zu erwarten ist. Eine Unterlassungsklage wird in diesem Zusammenhang insbesondere deswegen zugelassen, um den Belangten dazu zu bringen, dass er seiner Pflicht, das rechtsverletzende Tun des Störers zu hindern, entsprechend nachkomme (MietSlg 36.040).
Soweit der Revisionsgegner einwendet, es bestehe infolge der Exterritorialität der Mieterin keine Möglichkeit, das Klagebegehren rechtlich oder faktisch zu verwirklichen, ist entgegenzuhalten, dass nach dem Urteilsspruch von einer Exekutionsführung gegen die Mieterin keine Rede ist. Eine dauernde Unmöglichkeit steht im Übrigen keineswegs fest (vgl SZ 71/30).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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