Normen
Sbg. GSLG §3
GSGG §1 Abs3
Sbg. LStG §1
Sbg. LStG §40 Abs1
Sbg. GSLG §3
GSGG §1 Abs3
Sbg. LStG §1
Sbg. LStG §40 Abs1
Spruch:
Güterwege nach den landesrechtlichen Güter- und Seilwegegesetzen dienen der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke und sind keine öffentlichen Straßen; ohne satzungsgemäße Zustimmung dürfen sie anderen Zwecken nicht zugeführt werden
OGH 3. 11. 1983, 1 Ob 702/83 (LG Salzburg 32 R 185/83; BG Radstadt C 23/83 )
Text
Johann P ist Eigentümer des Grundstückes EZ 1 KG H mit dem Schloß H samt den zu dem Schloß gehörigen land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Johann P und andere Interessenten bildeten gemäß § 13 des Salzburger Güter- und Seilwege- Landesgesetzes 1955 LGBl. Nr. 53 (nunmehr LGBl. 1970/41; im folgenden GSLG), die Güterweggenossenschaft H. Die Güterweggenossenschaft bezweckt gemäß § 1 ihrer Satzung die Förderung der Land- und Forstwirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftliche Errichtung, Erhaltung und Benützung des Güterweges. Sie ist kein gewerbsmäßiges, auf Gewinn gerichtetes Unternehmen. Die Genossenschaft ist Eigentümerin der Güterweganlage samt Zubehör. Mitglieder der Genossenschaft sind gemäß § 2 der Satzung die jeweiligen Eigentümer der in der Satzung näher genannten Liegenschaften, die zum Bau und zur Erhaltung des gegenständlichen Weges im Verhältnis der in der Satzung festgesetzten Anteile beitragen. Die Festsetzung der Anteile erfolgte auf Grund des Einheitswertes der Vorteilsfläche. Gemäß § 3 der Satzung sind die Genossenschaftsmitglieder berechtigt, die Weganlage unentgeltlich zu benützen, an der Verwaltung der Genossenschaft gemäß der Satzung teilzunehmen und das aktive und passive Wahlrecht auszuüben. Organe der Genossenschaft sind die Vollversammlung der Genossenschaftsmitglieder und der Genossenschaftsvorstand, bestehend aus dem Obmann, Obmannstellvertreter und weiteren Ausschußmitgliedern (§ 5 der Satzung). § 9 der Satzung sieht vor, daß die Mitglieder zu den Kosten des Baues, der Erhaltung und Verwaltung der Weganlage, zum Rücklagefonds sowie zu allen Zahlungs- und Leistungsverbindlichkeiten der Genossenschaft anteilsmäßig beizutragen haben. Will ein Mitglied den Weg über die satzungsmäßige Bestimmung hinaus benützen (etwa für gewerbliche Zwecke oder im Interesse von Nichtmitgliedern), so hat es gemäß § 9 lit. d der Satzung hiezu die Zustimmung der Genossenschaft vorher einzuholen. Diese kann einen angemessenen Erhaltungs- und Amortisationsbeitrag als Gebrauchsentgelt vorschreiben.
Mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 28. 5. 1968, Z IV b-790/4-1968, wurde die Güterweggenossenschaft H anerkannt und die von der Genossenschaft beschlossene Satzung genehmigt. Der Genossenschaft wurde gemäß § 11 Abs. 1 und 2 GSLG die Bewilligung zur Anlage des landwirtschaftlichen Güterwegs unter näher bestimmten Auflagen erteilt. Der Güterweg wurde im Jahre 1970 fertiggestellt. Er stellt seit seiner Errichtung die einzige straßenmäßige Aufschließung des Schlosses H dar. Der Weg ist nicht abgeschrankt, eine Verkehrsbeschränkung mit der Wirkung, daß die Benützung auf bestimmte Personen eingeschränkt wäre, wurde nicht getroffen. Seit Oktober 1982 ist am Beginn des Güterwegs eine Tafel mit der Aufschrift "Güterweggenossenschaft H" angebracht.
Die Eigentümer der landwirtschaftlichen Anwesen im Bereich des Weges betreiben auch die Privatzimmervermietung an Fremde, der Mitgenossenschafter der klagenden Partei Rupert S betreibt am Weg eine Gastwirtschaft, zu der jedermann ungehindert zufahren kann. Johann P hat mit Nutzungsvertrag vom 22. 6. 1979 sämtliche Räumlichkeiten des Schlosses H einschließlich des Inventars, der umliegenden Gartenanlage und des Parkplatzes der beklagten Partei zur Nutznießung überlassen. Die beklagte Partei ist ein Verein, der kulturelle Belange durch Veranstaltung von Konzerten und Theateraufführungen, Vorträgen, Lesungen, Ausstellungen, Kursen und Seminaren wahrnimmt. Die beklagte Partei führt seither ihrem Vereinszweck entsprechend auf Schloß H Veranstaltungen verschiedener Art durch. Die Besucher dieser Veranstaltungen fahren größtenteils mit dem PKW über den Güterweg zum Schloß H. Weder Johann P noch die beklagte Partei ist wegen der Gestattung der Benützung des H-Weges an die klagende Partei herangetreten.
Die klagende Partei stellte die Begehren,
1. die beklagte Partei ist schuldig, jedwede Nutzung des Güterweges
H EZ 100 KG H, insbesondere durch das Befahren mit und das Abstellen von Fahrzeugen aller Art und durch Gehen zu unterlassen;
2. die beklagte Partei sei schuldig zu bewirken, daß bei Veranstaltungen der beklagten Partei es Mitglieder der beklagten Partei oder Nichtmitglieder unterlassen, den Güterweg H, EZ 100 KG H, zu nutzen, insbesondere durch das Befahren mit und das Abstellen von Fahrzeugen aller Art und durch Gehen;
3. die beklagte Partei sei schuldig, bei ihren Veranstaltungen auf der Liegenschaft EZ 1 KG H das Publikum bei allen Ankündigungen darauf hinzuweisen, daß die Benutzung des Güterweges H der Liegenschaft EZ 100 KG H insbesondere durch das Befahren mit und das Abstellen von Fahrzeugen aller Art und durch Gehen verboten ist, und zwar bei Ankündigung in Druckschrift und Plakaten in ebenso großen Buchstaben wie die größten Buchstaben in den betreffenden Druckschriften und Plakaten;
4. es werde festgestellt, daß die klagende Partei gegenüber der beklagten Partei berechtigt ist, den Güterweg H, EZ 100 KG H, abgesperrt zu halten, insbesondere durch Errichtung eines versperrbaren Tores und eines Schrankens.
Die klagende Partei führte zur Begründung aus, der Güterweg sei nicht dem allgemeinen Verkehr gewidmet. Die klagende Partei als Eigentümer des Weges habe der beklagten Partei, die nicht Mitglied der Genossenschaft sei, niemals gestattet, den Weg für ihre Zwecke zu benützen. Johann P habe die ihm zustehenden Rechte nicht an die beklagte Partei übertragen können. Nach der Satzung sei auch kein Genossenschaftsmitglied berechtigt, den Weg über die satzungsgemäße Bestimmung hinaus zu benützen; hiefür sei eine Zustimmung der beklagten Partei erforderlich. Im Hinblick auf die wiederholten Eingriffe in die Rechte der klagenden Partei habe sie ein rechtliches Interesse an der Unterlassung weiterer und künftiger Störungen.
Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei sei nicht berechtigt, ihr oder anderen Benützern das Begehen oder Befahren des Weges zu untersagen, weil an diesem Weg auf Grund stillschweigender Widmung und zufolge langjähriger Übung Gemeingebrauch bestehe. Der Güterweg sei nicht als solcher gekennzeichnet, seine Benützung stehe allen Interessenten offen. Der Weg sei als öffentliche Straße iS des § 1 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 anzusehen. Als Bestandnehmer des Genossenschafters Johann P sei die beklagte Partei Anlieger, sodaß ihre Mitglieder den Weg jederzeit benützen könnten. Zu den Anliegern gehörten auch die Besucher der Veranstaltungen der beklagten Partei.
Der Erstrichter wies nach rechtskräftiger Bejahung der Zulässigkeit des Rechtsweges das Klagebegehren ab. Er führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Güterweg sei eine dem Gemeingebrauch offenstehende Straße iS des § 1 des Salzburger Landesstraßengesetzes, LGBl. 1972/119. Der Gemeingebrauch dürfe von niemandem eigenmächtig behindert werden, sodaß das Klagebegehren nicht gerechtfertigt sei. Ob der Gemeingebrauch aufgehoben oder eingeschränkt werden könne, habe die Verwaltungsbehörde zu beurteilen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteigt. In rechtlicher Hinsicht billigte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstrichters.
Über Revision der klagenden Partei änderte der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen insoweit ab, als er den zu 1. und 2. gestellten Klagebegehren stattgab. Im übrigen, also in der Abweisung der weiteren Klagebegehren, gab der Oberste Gerichtshof der Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die klagende Partei, die zur Errichtung, Erhaltung und Verwaltung des H-Weges gegrundet wurde, ist gemäß § 13 Abs. 4 GSLG eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die Rechtspersönlichkeit besitzt. Die von ihr erhobene Klage ist als Eigentumsfreiheitsklage iS des § 523 ABGB anzusehen. Da die klagende Partei Eigentümerin des H-Weges ist, bestehen gegen ihre aktive Klagslegitimation keine Bedenken.
Die Vorinstanzen verneinten die Berechtigung des Klagebegehrens, weil der genannte Güterweg als eine dem öffentlichen Verkehr dienende Privatstraße iS des § 40 Abs. 1 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 zu qualifizieren sei. Dieser Rechtsansicht ist nicht beizupflichten. § 3 Abs. 1 GSLG 1970 bezeichnet als Bringungsanlagen iS dieses Gesetzes Einrichtungen, die der Ausübung eines Bringungsrechtes dienen. Als Bringungsrecht ist gemäß § 1 Abs. 1 GSLG das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen, zu verstehen. Zu den Bringungsanlagen gehören gemäß § 3 Abs. 1 GSLG ua. nicht dem allgemeinen Verkehr gewidmete Wege (Güterwege) samt dem erforderlichen Zubehör. Das Gesetz selbst bezeichnet somit Güterwege als nicht dem allgemeinen Verkehr gewidmete Wege. Auch im § 1 Abs. 3 Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, BGBl. 198, werden Güterwege als nichtöffentliche Wege bezeichnet. § 3 Abs. 4 GSLG erläutert, daß ein allgemeiner Verkehr so lange nicht gegeben ist, als die Benützung des Güterweges auf den Anliegerverkehr beschränkt bleibt. Voraussetzung für die Einräumung eines Bringungsrechtes ist daher gemäß § 3 Abs. 4 GSLG, daß nur ein nicht dem allgemeinen Verkehr gewidmeter Bringungsweg geschaffen wird. Die Bestimmung des § 3 Abs. 4 GSLG stellt dann klar, daß ein nicht auf den Anliegerverkehr beschränkter Weg kein Bringungsweg mehr sein kann. Solange also nur ein Güterweg gemäß den Bestimmungen des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 besteht, liegt keine Öffnung für den allgemeinen Verkehr vor. Eine solche kann insbesondere nicht bloß durch unberechtigte Benützung des Bringungsweges herbeigeführt werden. Die Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 (LStG 1972), LGBl. 119, finden hingegen auf öffentliche Straßen mit Ausnahme der Bundesstraßen Anwendung. § 1 Abs. 1 LStG 1972 enthält eine Aufzählung der öffentlichen Straßen iS dieses Gesetzes; die auf Grund der Bestimmungen des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes errichteten Güterwege sind im Salzburger Landesstraßengesetz 1972 nicht erwähnt, obwohl unter der im Gesetz verwendeten Bezeichnung Straße auch Wege verstanden werden (§ 1 Abs. 2 LStG 1972), weil die den Vorschriften über das landwirtschaftliche Bringungsrecht unterliegenden Straßen grundsätzlich keine öffentlichen Straßen sind (Krzizek, Das öffentliche Wegerecht 17). Die Sonderstellung der Bringungswege wird auch dadurch unterstrichen, daß die Aufsicht über den ordnungsgemäßen Zustand der Bringungswege nicht wie bei unter das Landesstraßengesetz fallenden Wegen der Straßenrechtsbehörde (§ 43 LStG 1972), sondern der Agrarbehörde obliegt (vgl. §§ 7 Abs. 2, 9, 11 Abs. 1 GSLG). Es sind daher alle Folgerungen, die die Vorinstanzen aus der Annahme, Güterwege seien Privatstraßen mit öffentlichem Verkehr iS der Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, ableiteten, verfehlt. Insbesondere kommt es bei einem Güterweg nicht darauf an, ob für ihn, wie es bei anderen nichtöffentlichen Privatstraßen erforderlich wäre, der öffentliche Verkehr durch äußere Kennzeichen ausgeschlossen wurde (§ 40 Abs. 1 LStG 1972); bei einem Güterweg ergibt sich die Nichtöffentlichkeit vielmehr aus seinem Wesen. Auf eine mangelnde Kennzeichnung kann sich jedenfalls nicht die beklagte Partei als Bestandnehmerin eines Genossenschafters, die weiß oder wissen muß, daß es sich um einen Güterweg handelt, berufen.
Bringungsrechte stehen grundsätzlich dem Eigentümer desjenigen Grundstückes zu, zu dessen Gunsten das Bringungsrecht eingeräumt wurde. Mit der Wendung "zugunsten von Grundstücken" (§ 1 Abs. 1 GSLG) soll zum Ausdruck gebracht werden, daß das Bringungsrecht der Bewirtschaftung eines bestimmten Grundstücks dienen soll und an diesem Grundstück haftet, dh. mit dessen Eigentum verbunden ist (sogenannte dingliche Wirkung des Bringungsrechtes; vgl. Walter - Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts 235). Berechtigt zur Benützung des Bringungsweges sind daher die Eigentümer jener Grundstücke, die zu einer Bringungsgemeinschaft zusammengeschlossen wurden. Welche Auswirkung die Verpachtung eines in eine Bringungsgemeinschaft einbezogenen Grundstückes hat, regelt weder das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 noch auch das Salzburger Güter- und Seilwegegesetz 1970 ausdrücklich, doch entspricht es wohl dem Zweck der Regelung anzunehmen, daß das Bringungsrecht im Falle der Verpachtung der Liegenschaft durch den Pächter ausgeübt werden kann. Es darf aber dadurch der durch den Zweck bestimmte Inhalt des Rechtes, der Bewirtschaftung eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundstückes zu dienen, nicht verändert werden. Eine solche Änderung der Zweckbestimmung wäre aber durch die von der beklagten Partei für sich bzw. ihre Mitglieder und Gäste in Anspruch genommene Nutzung gegeben. Eine solche Nutzung wäre gemäß § 9 der Satzung nur mit Zustimmung der klagenden Partei zulässig. Daraus folgt aber die Berechtigung des gegen die beklagte Partei erhobenen Unterlassungsbegehrens (Punkt 1). Nach der Rechtsprechung kann bei der Eigentumsfreiheitsklage wegen eines Verhaltens Dritter Einwirkung auf diese begehrt werden (EvBl. 1982/93; MietSlg. 29 064; EvBl. 1959/1; EvBl. 1959/16; SZ 5/216), wenn nur dem Beklagten die Wahl der Mittel freisteht (EvBl. 1978/165; Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz. 11 zu § 523). Demnach ist das Klagebegehren, soweit von der beklagten Partei bestimmte Maßnahmen zur Unterlassung der Benützung des Güterweges durch Mitglieder der beklagten Partei bzw. Besucher ihrer Veranstaltungen begehrt werden, nicht gerechtfertigt, wogegen dem Begehren im Punkt 2 Berechtigung zukommt. Das Feststellungsbegehren ist hingegen nicht gerechtfertigt, weil aus der unbestrittenen Tatsache, daß die klagende Partei Eigentümerin der Güterweganlage ist, zwar folgt, daß ihr gegen unberechtigte Eingriffe in ihr Eigentum sämtliche Abwehrrechte des Eigentümers zustehen, aber ein Anspruch auf Feststellung einem Nichtmitglied gegenüber, in welcher Weise sie wahrgenommen werden können, nicht besteht.
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