OGH 5Ob24/07a

OGH5Ob24/07a6.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solè als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1.) Waltraud B*****, 2.) Erich B*****, ebendort, gegen die Antragsgegner 1.) Christine P*****, 2.) Hermann P*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Christian Prader, Rechtsanwalt in Innsbruck, sowie der weiteren Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft *****, wegen § 16 Abs 2 WEG iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 10. November 2006, GZ 2 R 241/06i‑40, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0050OB00024.07A.0306.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Das rechtliche Gehör, dessen Verletzung im Sinn des § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG einen Revisionsrekursgrund darstellt (RIS‑Justiz RS0120213; 10 Ob 25/06h = ZAK 2006/752), ist gewahrt, wenn den Parteien Gelegenheit gegeben wird, ihren Standpunkt darzulegen und sie sich zu allen Tatsachen und Beweisergebnissen, die der Entscheidung zugrundegelegt werden, äußern können (RIS‑Justiz RS0074920; vgl RS0006002). Eine solche Möglichkeit hat, wie das Rekursgericht ausführte, zufolge der Neuerungserlaubnis im außerstreitigen Verfahren bestanden; die jetzt relevierte Frage der baubehördlichen Genehmigungsfähigkeit der vorgelegten „Skizzen" betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand, weil sie im Verfahren über die wohnungseigentumsrechtliche Genehmigungsfähigkeit nach § 16 Abs 2 WEG 2002 nur dann maßgeblich wäre, wenn von vornherein feststünde, dass mit einer Bewilligung der Baubehörde keinesfalls gerechnet werden kann (RIS‑Justiz RS0118808). Hiefür fehlen jegliche Anhaltspunkte, sodass gemäß § 58 Abs 1 Z 1 iVm § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG keine vom OGH aufzugreifende Nichtigkeit vorliegt (vgl RIS‑Justiz RS0120213).

Soweit die Revisionsrekurswerber in diesem Zusammenhang die Bewirkung eines Verfahrensmangels geltend machen, weil ihnen die Möglichkeit, zu den Änderungsplänen in ihrer zuletzt gültigen Form Stellung zu beziehen, erst im Rechtsmittelverfahren eingeräumt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der neuen außerstreitigen Verfahrensordnung ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann (vgl 5 Ob 154/05s; 3 Ob 208/06v; 6 Ob 178/06d ua).

2.) Der den Gegenstand des Verfahrens definierende verfahrenseinleitende Antrag nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 geht dahin, eine (bereits vorhandene) Glastüre als sogenanntes „französisches Fenster" (mit vorgesetztem Gitter) zu genehmigen. Ein Begehren, auch eine Widmungsänderung zu genehmigen, ist darin nicht enthalten.

Die Vorinstanzen haben unter Anwendung der von der Rechtsprechung zu den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen entwickelten Grundsätze den maßgeblichen Sachverhalt beurteilt und befunden, dass die Änderung nicht mit wesentlichen Interessen anderer Wohnungseigentümer kollidiert und auch einem wichtigen Interesse der antragstellenden Wohnungseigentümer entspricht, ohne dadurch den eingeräumten Ermessensspielraum überschritten zu haben. Sind alle in Betracht kommenden Gegebenheiten bei der Interessenabwägung berücksichtigt (RIS‑Justiz RS0083309) und ist auch die Benützungssituation der gesamten Liegenschaft, also die Änderung in ihrer Gesamtheit, beurteilt worden (RIS‑Justiz RS0109643), liegt in der Frage der Genehmigungsfähigkeit eine des Einzelfalles, die nur bei grober Fehlbeurteilung revisibel ist (RIS‑Justiz RS0109643; RS0083309).

3.) Soweit die Erst- und Zweitantragsgegner (alle übrigen 115 weiteren Mit- und Wohnungseigentümer haben sich am Verfahren nicht beteiligt) einwenden, vor einer Genehmigung der Änderung müsse über die Zulässigkeit einer von den Antragstellern eigenmächtig vorgenommenen Widmungsänderung der Wohnung in ein Künstleratelier abgesprochen worden, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:

§ 16 Abs 2 WEG unterwirft Änderungen sämtlicher im Wohnungseigentum stehender Objekte unbeschadet ihrer Widmung der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder aber der Genehmigung des Außerstreitrichters. Die wohnungseigentumsvertragliche Widmung eines Objektes könnte in einem Verfahren, in dem es um die Genehmigung einer baulichen Änderung geht, nur dann Vorfrage der Genehmigungsfähigkeit sein, wenn sie mit der Interessenabwägung oder aber der Übung des Verkehrs untrennbar verbunden wäre. Das ist aber hier nicht der Fall.

Im Übrigen hat das Rekursgericht in vertretbarer rechtlicher Beurteilung darauf hingewiesen, dass dann, wenn bereits im Wohnungseigentumsvertrag die Verwendung einer Wohnung ausdrücklich auch zu üblicherweise in Wohnräumen ausgeübten gewerblichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeiten genehmigt worden ist, keine genehmigungsbedürftige Widmungsänderung vorliegt (vgl 5 Ob 277/04b = ecolex 2005/269). Deswegen kommt es hier nicht entscheidend darauf an, ob die Antragsteller ihre Wohnung auch für Wohnzwecke nutzen oder (im Rahmen der vertraglichen Gestattung) als Künstleratelier verwenden.

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen war daher der Revisionsrekurs der Antragsteller zurückzuweisen.

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