OGH 5Ob154/05s

OGH5Ob154/05s20.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1) Amal Wahib Henin H*****, 2) Murat G*****, beide vertreten durch Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1) Lore G*****, vertreten durch Eckert & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2) Siawosch M*****, 3) R***** GmbH, *****, 4) Rainer K*****, 5) Dusan S*****, und 6) Helga C*****, wegen § 52 Abs 1 Z 4 WEG (iVm § 24 Abs 6 WEG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. April 2005, GZ 40 R 85/05d-20, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. Jänner 2005, GZ 47 Msch 24/04m-13, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG iVm mit § 62 Abs 1 AußStrG):

1. Die Antragsteller sehen einen Verfahrensmangel darin, dass ihnen zur - vom Erstgericht als rechtlich irrelevant erkannten, vom Rekursgericht jedoch materiell behandelten und entgegen dem Standpunkt der Antragsteller verneinten - Frage der Gesetzwidrigkeit der bekämpften Beschlussfassung keine Möglichkeit zur Erwiderung der erstinstanzlichen Behauptungen der Erstantragsgegnerin eingeräumt worden sei. Soweit die Antragsteller mit diesen Ausführungen einen erstinstanzlichen Verfahrensmangel geltend machen wollten, hat diesen das Rekursgericht verneint, was eine neuerliche Geltendmachung im Revisionsrekurs ausschließt (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG nF; Fucik/Kloiber, AußStrG, § 66 Rz 3). Wollten die Antragsteller das Vorliegen eines Mangels des Verfahrens zweiter Instanz erkennen, zeigen sie dessen Wesentlichkeit nicht auf; die ihnen durch die nicht gewährte Äußerungsmöglichkeit vermeintlich abgeschnittene Darstellung der angeblich schweren Nachteile aus der Untätigkeit der Erstantragsgegnerin als frühere faktische Hausverwalterin, vermögen nämlich - wie gleich zu zeigen ist - die behauptete Gesetzwidrigkeit des bekämpften Beschlusses nicht zu begründen.

2. Die mit dem bekämpften Beschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgte Abberufung des Hausverwalters Georg W***** halten die Antragsteller deshalb für gesetzwidrig, weil danach neuerlich die Erstantragsgegnerin als Mehrheitseigentümerin - wie früher - zur faktischen Hausverwalterin werde, obwohl diese schon zuvor durch ihre Untätigkeit bei der Verwaltung einen katastrophalen Zustand des Hauses herbeigeführt habe. Die aus der Abberufung des Hausverwalters Georg W***** resultierende, neuerliche - faktische - Verwalterbestellung der Erstantragsgegnerin verstoße gegen das Wiederbestellungsverbot des § 21 Abs 3 WEG. Dieser Ansicht hat bereits das Rekursgericht zutreffend entgegen gehalten, dass das Verbot der Wiederbestellung des Verwalters gemäß § 21 Abs 3 WEG nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung die Auflösung des Verwaltungsvertrages (oder der faktischen Verwaltung) durch das Gericht voraussetzt; dass dies bei der Erstantragsgegnerin der Fall gewesen sei, haben die Antragstellerin nie behauptet, sodass schon aus diesem Grund § 21 Abs 3 WEG nicht zum Tragen kommt und sich damit auch die Prüfung angeblicher Verfehlungen der Erstantragsgegnerin als frühere faktische Hausverwalterin erübrigen.

3.1. Die Antragsteller halten letztlich den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 18. 8. 2004 deshalb für formell mangelhaft, weil keine dem § 25 Abs 2 WEG entsprechende Einberufung des Zweitantragsgegners Siawosch M***** erfolgt sei; dieser habe infolge seines - der einberufenden Erstantragsgegnerin bekannten gewesenen - Auslandsaufenthaltes keine Kenntnis von der Verständigung über die bevorstehende Eigentümerversammlung erlangen können.

3.2. Die Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft; die Zusage von Wohnungseigentum ist (nur) bei einzelnen Anteilen - nicht allerdings bei denjenigen des Zweitantragsgegners Siawosch M***** - grundbücherlich angemerkt. „Wohnungseigentum in Vorbereitung" ist im Grundbuch ersichtlich gemacht; für die Verwaltung der Liegenschaft und die Rechte der Miteigentümer gelten daher gemäß § 37 Abs 5 WEG die §§ 16 bis 34, 36 und 52 WEG.

3.3. Gemäß § 25 Abs 2 WEG sind die Einberufung der Eigentümerversammlung und die dabei zur Beschlussfassung anstehenden Gegenstände jedem Wohnungseigentümer mindestens zwei Wochen vor dem Versammlungstermin schriftlich auf die in § 24 Abs 5 WEG beschriebene Weise zur Kenntnis zu bringen. Nach § 24 Abs 5 WEG hat die Verständigung an jeden Wohnungseigentümer sowohl durch Anschlag an einer für alle Wohnungseigentümer deutlich sichtbaren Stelle des Hauses als auch durch Übersendung zu erfolgen. Eine Übersendung an den Wohnungseigentümer einer Wohnung oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeit hat an die Anschrift seines Wohnungseigentumsobjekts oder an eine andere von ihm bekannt gegebene inländische Zustellanschrift zu erfolgen. Eine Übersendung an den Wohnungseigentümer eines Abstellplatzes für Kraftfahrzeuge hat an eine von ihm bekannt zu gebende inländische Zustellanschrift zu erfolgen.

3.4. Der Zweitantragsgegner war zur fraglichen Zeit schlichter Miteigentümer und noch nicht Wohnungseigentümer, sodass die Verständigung auch noch nicht an die Anschrift „seines Wohnungseigentumsobjekts" vorgenommen werden konnte. Die dem Revisionsrekurs allenfalls entnehmbare Behauptung, das für den Zweitantragsgegner bestimmte Wohnungseigentumsobjekt sei bereits bewohnt gewesen, ist eine unzulässige Neuerung (§ 66 Abs 2 AußStrG nF) und daher genauso unbeachtlich wie die bloße Vermutung, der Zweitantragsgegner könnte eine falsche inländische Zustellanschrift bekannt gegeben haben. Nach den bindenden erstgerichtlichen Feststellungen ist der Zweitantragsgegner von der Eigentümerversammlung den Grundsätzen des § 24 Abs 5 WEG entsprechend „doppelt", nämlich sowohl durch Hausanschlag als auch durch Übersendung der Einberufung an die bekannte und damals auch „korrekte" Adresse verständigt worden (zur Verständigung des schlichten Miteigentümers an seiner inländischen Zustellanschrift vgl Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 24 WEG Rz 49; Markl, WEG, 105; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 24 WEG Rz 22); überdies ist ihm die Einladung zur Eigentümerversammlung auch an eine Faxnummer übermittelt worden, die der Zweitantragsgegner der Erstantragsgegnerin zuvor als „Zustellmöglichkeit" bekannt gegeben hatte (vgl dazu die Feststellung des JA AB 1050 BlgNR 21. GP 14). Dass für die hier erforderliche Verständigung von der Eigentümerversammlung kein der Zustellung nach dem Zustellgesetz vergleichbarer Akt und nicht einmal deren Zugang notwendig ist, hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 249/03h = MietSlg 55.524 = immolex 2005/7 zu § 13b Abs 3 WEG 1975 ausgeführt; ebenfalls schon, und zwar zu 5 Ob 2382/96x (= MietSlg 49/43 = immolex 1998/49, 84) entschieden ist, dass der Auslandsaufenthalt des Wohnungseigentümers (hier: Miteigentümers) unerheblich ist, weil es für die Frage der Verständigung nur an deren Übermittlung an die inländische Zustellanschrift ankommt (idS auch Kletecka, Probleme der Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft, WoBl 1995, 82; ders, Die Beschlussfassung in der Wohnungseigentümergemeinschaft im Lichte der Rechtsentwicklungen der letzten Jahre, NZ 2001, 259; Mair, Beschussfassung im Wohnungseigentum, 52). An einer dem Gesetz entsprechenden Verständigung des Zweitantragsgegners von der Eigentümerversammlung am 18. 8. 2004 besteht daher insgesamt kein Zweifel. Die von den Antragstellern weiters angesprochene Frage, ob die Verständigung eines schlichten Miteigentümers, von dem keine inländische Zustelladresse bekannt ist, durch bloßen Hausanschlag ausreichend ist, stellt sich hier nicht.

Da insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zu klären sind, ist der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller zurückzuweisen.

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