OGH 10Ob8/07k

OGH10Ob8/07k27.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Alexander S*****, geboren am 2. September 1999, vertreten durch die Mutter Tanja S*****, diese vertreten durch Dr. Heide Strauss, Rechtsanwältin in Gänserndorf, infolge Revisionsrekurses des Vaters Rudolf S*****, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. September 2006, GZ 44 R 480/06y‑U‑34, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 21. Juni 2006, GZ 15 P 244/05m‑U‑26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0100OB00008.07K.0227.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in Ansehung des Zuspruchs eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 270 EUR ab 1. 9. 2005 bestätigt.

Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in Ansehung der bereits rechtskräftigen Abweisung von 113 EUR monatlich ab 1. 9. 2005 unberührt bleiben, in Ansehung eines Zuspruchs von 157 EUR monatlich ab 1. 9. 2005 aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Der Minderjährige hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen wurde im August 2005 geschieden. Die Mutter ist allein obsorgeberechtigt. Der Vater ist seit 1. 2. 2002 als gewerblicher selbständiger Masseur tätig. Er hat keine weiteren gesetzlichen Sorgepflichten und zahlt für seinen Sohn seit September 2005 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 210 EUR.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 533 EUR ab 1. 9. 2005. Es sprach aus, dass die bis zur Rechtskraft des Beschlusses fälligen Beträge abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen ab September 2005 in Höhe von monatlich 210 EUR binnen vierzehn Tagen ab Rechtskraft und die künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträge jeweils am 1. eines jeden Monats im Voraus zu entrichten sein. Ein Mehrbegehren von 7 EUR wies es ab. Es traf neben den eingangs wiedergegebenen noch folgende Feststellungen:

Das monatliche Durchschnittseinkommen des Vaters betrug von Februar bis Dezember 2002 -293 EUR, im Jahr 2003 378 EUR, im Jahr 2004 1.066 EUR und im Jahr 2005 1.254 EUR.

Die monatlichen Durchschnittsentnahmen des Vaters betrugen im Jahr 2004 1.184 EUR und im Jahr 2005 1.472 EUR.

Die durchschnittliche Arbeitszeit des Vaters betrug in den Jahren 2002 und 2003 28,26 % und in den Jahren 2004 und 2005 42,38 % der Arbeitszeit eines vollbeschäftigten, nichtselbständig Erwerbstätigen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, es komme der Anspannungsgrundsatz zum Tragen, zumal der Vater sich nicht wie ein pflichtbewusster, rechtschaffener Familienvater verhalte. Es müsste ihm mittlerweile möglich sein, seine Arbeitszeit auf 100 % auszubauen. Dies sei ihm nach einer dreijährigen Anlaufphase für den Unternehmensaufbau zuzumuten. Außerdem müsse er einer Nebenbeschäftigung nachgehen, wenn das Unternehmen nicht jenen Betrag erwirtschafte, um seine gesetzlichen Sorgepflichten zu erfüllen. Er habe im Jahr 2005 bei einer Auslastung von lediglich 42,38 % der Arbeitszeit eines vollbeschäftigten, nicht selbständig Tätigen ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1.254 EUR erzielt. Bei einer 100 %igen Auslastung errechne sich daher ein monatliches Durchschnittseinkommen von 2.958,94 EUR, das der Unterhaltsbemessung zugrundezulegen sei. Nach der Prozentwertmethode betrage der Unterhaltsanspruch 18 % des Einkommens des Vaters.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung, die hinsichtlich der Abweisung des Mehrbegehrens und der Festsetzung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 210 EUR ab 1. 9. 2005 unangefochten blieb, dahin ab, dass es den monatlichen Unterhaltsbeitrag mit 427 EUR ab 1. 9. 2005 festsetzte und ein Unterhaltsmehrbegehren von 106 EUR monatlich ab 1. 9. 2005 abwies. Es führte aus, das im Erstgericht angewandte Rechenmodell sei rechtlich verfehlt. Schon wegen der bei steigendem Einkommen höheren Einkommensteuerbelastung könne selbst dann, wenn eine Verlängerung der Arbeitszeit zu einem proportionalen Ansteigen des Bruttoeinkommens führte, daraus nicht auf ein Ansteigen des Nettoeinkommens im gleichen Verhältnis geschlossen werden. Außerdem müsste im Falle einer Anspannung des Vaters auf einen bestimmten Erfolg aus seiner selbständigen Tätigkeit die Wirtschaftslage, insbesondere auch die Nachfrage und Konkurrenzsituation, berücksichtigt werden. Die schuldhafte Unterlassung der Erzielung eines höheren Einkommens könne dem Unterhaltspflichtigen nur dann angelastet werden, wenn eine ausreichende Nachfrage nach Massageleistungen existiere, der Unterhaltspflichtige aber darauf nicht durch ein entsprechendes Angebot seiner Dienstleistungen reagiere. Derartiges sei aber weder vom Unterhaltsberechtigten behauptet, noch vom Erstgericht festgestellt worden. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage könne auch nach dem tatsächlichen Lebensaufwand des Unterhaltspflichtigen ermittelt werden. Dabei sei es unerheblich, ob er diesen aus Einkünften, Ersparnissen, Krediten oder Zuwendungen Dritter finanziere. Ein unterhaltsberechtigtes Kind habe das Recht, am tatsächlichen Niveau der Lebensführung des Unterhaltspflichtigen angemessen teilzuhaben. Nach dem vom Erstgericht eingeholten Gutachten habe der tatsächliche Lebensaufwand des Vaters im Jahr 2005 einschließlich Kreditrückzahlungen 2.371 EUR im Monatsdurchschnitt betragen. Nach den Angaben des Vaters werde dieser Aufwand teilweise von seinen Eltern finanziert. Der Vater habe in seiner Stellungnahme zum Gutachten die Höhe des vom Sachverständigen ermittelten Lebensaufwand nicht bestritten. Er habe doch dazu vorgebracht, dass die Differenz zwischen seinem Einkommen bzw den Entnahmen und dem vom Sachverständigen errechneten Lebensaufwand durch freiwillige Unterstützungen seiner Eltern abgedeckt werde. Sie hätten ihm eine Liegenschaft mit Haus geschenkt. Zur Renovierung dieses Hauses, in dem er wohne und seine selbständige Erwerbstätigkeit ausübe, habe er einen Kredit aufgenommen, seine Eltern leisteten die Rückzahlungsraten. Nach der überwiegenden Rechtsprechung seien regelmäßige Zuwendungen Dritter an den Unterhaltspflichtigen, etwa freiwillige Unterstützungen durch seine Eltern, die vom Unterhaltspflichtigen zur Deckung seiner Lebensbedürfnisse verwendet würden, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Der Vater selbst bringe vor, dass er das von seinen Eltern geschenkte und mit Unterstützung seiner Eltern renovierte Haus nicht nur zur Befriedigung seines Wohnbedarfs, sondern auch zur Ausübung seiner selbständigen Erwerbstätigkeit benütze. Die regelmäßigen freiwilligen Unterstützungen der Eltern dienten daher nicht nur der Vermögensbildung, sondern auch der teilweisen Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Unterhaltspflichtigen. Daher seien die Zuwendungen der Eltern des Vaters einzubeziehen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei daher von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von 2.371 EUR monatlich auszugehen. Nach der Prozentwertmethode ergebe sich ein Unterhaltsbetrag von 427 EUR. Die Prozentkomponente von 18 % für Kinder zwischen sechsten und zehnten Lebensjahr stelle auf das Erreichen des Lebensjahres und nicht auf das Datum des Schuleintritts ab.

Nachträglich (§ 63 AußStrG) ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Frage der Einbeziehung freiwilliger Zuwendungen Dritter an den Unterhaltspflichtigen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes uneinheitlich sei.

Der Revisionsrekurs, der eine Abänderung im Sinne einer Festsetzung des monatlichen Unterhaltsbeitrags mit 210 EUR und hilfsweise eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung anstrebt, ist zulässig, weil das Rekursgericht von der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Berücksichtigung freiwilliger Zuwendungen Dritter an den Unterhaltspflichtigen abgewichen ist. Er ist auch teilweise berechtigt.

Der Minderjährige beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel des Vaters nicht Folge zu geben.

Der Rechtsmittelwerber macht zusammengefasst geltend, die Auffassung des Rekursgerichts stehe nicht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach freiwillige Zuwendungen Dritter an den Unterhaltsverpflichteten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Die freiwilligen Unterstützungszahlungen seiner Eltern, die ihm das Wohnen ermöglichten, seien daher aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheiden. Außerdem übe er in einem Raum des von ihm bewohnten Haus seine Masseurstätigkeit aus. Strichen die Eltern ihre Zuwendungen, müsste er das Haus aufgeben und reduzierte sich sein Einkommen, weil er für die Anmietung eines Raumes beträchtliche Mietzinszahlungen hätte. Bei Selbständigen sei Bemessungsgrundlage der Durchschnitt aus dem Einkommen der letzten drei Wirtschaftsjahre. Im vorliegenden Fall betrage dieser nach den Feststellungen rund 900 EUR. Unter Anwendung einer Prozentkomponente von 18 % errechne sich ein Unterhaltsbetrag von 162 EUR.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

1. Bei der Unterhaltsbemessung ist nach herrschender Ansicht für das Einkommen selbständiger Erwerbstätiger nicht der steuerliche, sondern der tatsächlich verbleibende Reingewinn maßgebend (1 Ob 156/06g; Schwimann/Kolmasch³, Unterhaltsrecht 46 mwN). Wenn die Privatentnahmen den Reingewinn übersteigen oder die Unternehmensbilanz einen Verlust aufweist, so treten sie an die Stelle des Betriebsergebnisses, weil die tatsächliche Verfügbarkeit über finanzielle Mittel wesentlich ist. Sind die Privatentnahmen höher als der Reingewinn und befriedigt daher der Unterhaltsschuldner eigene Bedürfnisse in privatautonomer Gestaltung seiner Lebensverhältnisse mit Hilfe seiner Vermögenssubstanz, so sind daran auch die angemessenen Bedürfnisse seiner Kinder zu messen (stRsp zuletzt 1 Ob 156/06g; RIS‑Justiz RS0047382). Im vorliegenden Fall überstiegen nach den Feststellungen die Privatentnahmen den Reingewinn in den Jahren 2004 und 2005. Auch wenn die Privatentnahmen eines selbständig Erwerbstätigen die Grundlage der Unterhaltsbemessung bilden, sind im Allgemeinen die Entnahmen innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre maßgebend. Finden jedoch etwa bestimmte, den Unternehmensgewinn übersteigende Privatentnahmen in einem vorangegangenen Jahr Deckung, so ist aus den höheren Privatentnahmen im Folgejahr noch nicht zu schließen, der Unterhaltspflichtige werde sich bei künftigen Entnahmen nicht am Betriebsergebnis orientieren. Dann ist der Geldunterhalt für die Zukunft grundsätzlich auf Basis des tatsächlichen Durchschnittseinkommens des Unterhaltspflichtigen innerhalb der letzten drei Wirtschaftsjahre zu bemessen (7 Ob 52/98t; 1 Ob 156/06g mwN).

Im vorliegenden Fall würde die Heranziehung der letzten drei, vor der Unterhaltsbemessung durch das Erstgericht liegenden, abgeschlossenen Wirtschaftsjahre das Bild der Leistungsfähigkeit des Vaters verfälschen, würde doch dem geringeren Einkommen in der Phase des Unternehmensaufbaus ein viel zu hohes Gewicht für die Zukunft beigemessen. Nach den Feststellungen ist vielmehr von einer gesicherten Erwerbsbasis mit steigenden Einnahmen auszugehen. Unter diesen Umständen ist ein Abweichen von den vorstehend wiedergegebenen Regeln angezeigt. Als Bemessungsgrundlage sind die Privatentnahmen im Jahr 2005 heranzuziehen, weil der Vater schon im Jahr 2004 mehr als den Reingewinn entnahm, obwohl dies nicht im Betriebsergebnis gedeckt war, und im Hinblick auf die Steigerung der Einnahmen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit angenommen werden darf, dass das künftige Einkommensniveau zumindest der Höhe der Entnahmen im Jahr 2005 entsprechen wird. Nach der Prozentwertmethode der Unterhaltsbemessung, die eine pauschalierende Orientierungshilfe für Durchschnittsfälle bietet, beträgt die Prozentkomponente für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren 18 % der Bemessungsgrundlage. Im vorliegenden Verfahren (18 % von 1.472 EUR) ergäben sich demnach rund 265 EUR monatlich. Der vom Vater monatlich zu zahlende Geldunterhalt ist nach dem gegebenen Verfahrensstand mit 270 EUR - dem Regelbedarf für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren ab 1. 7. 2005 (www.amtsvormund.at ) - zu bemessen, entspricht dies doch nach den unstrittigen Feststellungen seiner Leistungsfähigkeit.

In Hinsicht auf den weiteren, den Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens noch bildenden Unterhaltsbeitrag ist die Sache noch nicht spruchreif:

2. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 5/04k ausgesprochen, dass in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung - soweit überblickbar - nur solche Zuwendungen als die Bemessungsgrundlage erhöhend angesehen wurden, auf die der Unterhaltsschuldner einen Rechtsanspruch habe. Dies gelte zunächst für die von einem Dienstgeber über den Arbeitslohn hinaus geleisteten Sachbezüge, aber auch für eigene Unterhaltsansprüche des Unterhaltsverpflichteten, die wie dessen Einkommen behandelt würden (RIS‑Justiz RS0107262). Davon unterschieden sich bloß freiwillig geleistete, jederzeit widerrufliche Zuwendungen von Familienangehörigen, die ohne rechtliche Verpflichtung aus familiären Gründen erbracht würden. Im Regelfall sei davon auszugehen, dass der Unterstützende nur dem Unterstützten und nicht auf dessen unterhaltsberechtigten Kindern Hilfestellung leisten wolle. Die in der kostenlosen Wohnmöglichkeit liegende Ersparnis sei kein regelmäßiges Einkommen. Der darin liegende Vermögenswert sei am ehestens vergleichbar mit einem Vermögen des Unterhaltsverpflichteten in Form eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung, die es ihm ermögliche, ohne Mietaufwendungen zu wohnen. Bei einem solchen Vermögen vertrete aber der Oberste Gerichtshof den Standpunkt, dass der Unterhaltsverpflichtete, soweit er selbst auf die Wohnung angewiesen sei, keineswegs verpflichtet sei, die Wohnung zu verkaufen oder zu belasten und dass grundsätzlich nur die Erträgnisse aus dem Vermögen für die Unterhaltsbemessung relevant seien (RIS‑Justiz RS0047477; 9 Ob 60/98h mwN). Blieben aber bei der Unterhaltsfestsetzung das Eigentum an einer Wohnung oder einem Haus, die zur Deckung des dringenden eigenen Wohnbedürfnisses des Unterhaltspflichtigen dienten, außer Betracht, müsse dies auch für eine ohne Rechtsanspruch unentgeltlich und gegen jederzeitigen Widerruf zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeit gelten. Der erkennende Senat ist dieser Entscheidung gefolgt (10 Ob 96/05y). Dass unter Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn grundsätzlich alles zu verstehen ist, was einer Person als Naturalleistung oder in Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruches zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt ausschließen, betont auch die Entscheidung 1 Ob 550/94 (= JBl 1995, 62 = ÖA 1995, 58). Sie sprach aber aus, dass in dem Ausnahmefall (wenn der bedürftige, in Lebensgemeinschaft lebende Unterhaltspflichtige Sozialhilfe nicht erlangen könne) der Unterhaltspflichtige allenfalls den von seinem Lebensgefährten gereichten Unterhalt zum Teil zur Deckung des von ihm für seine Kinder zu leistenden Unterhaltsbetrags verwenden müsse. Auch die Entscheidung 1 Ob 180/97w hält an diesem Grundsatz fest.

In dem Beschluss 6 Ob 278/01b, mit dem ein außerordentlicher Revisionsrekurs zurückgewiesen wurde, vertrat der 6. Senat noch die Auffassung, dass auch freiwillige Drittleistungen, über die der Unterhaltspflichtige verfügen könne oder die zumindest seine Bedürfnisse verringern, zum Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn zählen. Er stützte sich dabei auf Schwimann², Unterhaltsrecht 135, wo als Beleg zweitinstanzliche Judikatur angeführt wird. Selbst wenn man mit dem Rekursgericht diese Ansicht vertreten wollte, könnten die vom Rekursgericht als freiwillige Zuwendungen der Eltern des Vaters des Minderjährigen der Entscheidung zugrunde gelegten Zahlungen auf Kreditverbindlichkeiten für die Hausrenovierung, über die der Vater ja nicht frei verfügen kann, die ihm aber das Wohnen im Haus ermöglichen, lediglich insofern berücksichtigt werden als sein Wohnbedarf gedeckt ist, wobei für die Ermittlung eines ersparten Mietzinses auf eine, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Vaters angemessenen Mietwohnung abgestellt werden müsste. Nur insoweit könnte seine Fähigkeit zur Leistung von Geldunterhalt gegenüber dem zur Miete wohnenden Unterhaltspflichtigen gesteigert sein.

Der erkennende Senat hält aber daran fest, dass grundsätzlich nur solche Zuwendungen an den Unterhaltspflichtigen die Bemessungsgrundlage erhöhen, auf die er einen Rechtsanspruch hat, und ohne Rechtsanspruch erbrachte (dh freiwillige) Leistungen ihm allein zugute kommen, es sei denn diese sollen nach dem Willen des Zuwendenden auch dem Unterhaltsberechtigten zugute kommen. Denn schließlich ist es auch ein Grundsatz der Bemessung des Kindesunterhalts, dass freiwillige Zuwendungen Dritter an den Unterhaltsberechtigten nur dann als dessen Einkünfte angerechnet werden, wenn der Dritte sie in der Absicht erbrachte, den Unterhaltsschuldner zu entlasten (7 Ob 568/93; Schwimann/Kolmasch aaO 82 mwN).

Davon ausgehend, sind die vom Rekursgericht in die Bemessungsgrundlage einbezogenen Zuwendungen der Eltern an den Unterhaltspflichtigen, die ihm das Wohnen im eigenen Haus ermöglichen, nicht Teil der Bemessungsgrundlage. Einen Anhaltspunkt dafür, dass die Eltern des Vaters mit ihren Zahlungen auf die Kreditverbindlichkeiten ihres Sohnes - abweichend vom Regelfall - eine Hilfestellung auch an ihren Enkel leisten wollten, geben die Parteienbehauptungen nicht. Sofern der Minderjährige in seiner Rechtsmittelbeantwortung ausführt, aus den Behauptungen des Vaters sei abzuleiten, dass für die Finanzierung der Hausrenovierung eine Zusage der Eltern vorgelegen habe und der Vater sich darauf verlassen könne, dass die Eltern die zugesagten Zuwendungen auch künftig machen werden, sodass von einer "freiwilligen, jederzeit widerruflichen schenkungsweise(n)" Zuwendung nicht die Rede sein könne, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Vater keinen Rechtsanspruch gegen seine Eltern hatte, ihn zu unterstützen. Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen von der Regel erfordert, liegt nicht vor, ist doch nach den Ausführungen unter Punkt 1. dem Kind vom Vater Geldunterhalt jedenfalls in Höhe des Regelbedarfs zu leisten.

3. § 140 Abs 1 ABGB geht vom Anspannungsgrundsatz (die Eltern haben Kindesunterhalt „nach ihren Kräften" zu leisten) aus. Verletzt der Unterhaltspflichtige die Anspannungsobliegenheit schuldhaft (1 Ob 21/98i ua), ist der Unterhaltsbemessung jenes Einkommen zugrunde zulegen, das er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit nach den konkreten Umständen erzielen könnte. Diese Obliegenheit endet nicht schon mit der Deckung des Regelbedarfs oder der Erreichung eines Durchschnittseinkommens (6 Ob 258/02p; 1 Ob 21/98i; Schwimann/Kolmasch aaO 69). Auch selbständig Erwerbstätige unterliegen der Obliegenheit, ihr Einkommen in zumutbarer Weise zu maximieren, dh ihre Erwerbstätigkeit mit der erforderlichen wirtschaftlichen Sorgfalt zu betreiben (6 Ob 2319/96i ua; Schwimann/Kolmasch aaO 74). Im Anspannungsfall ist das bei wirtschaftlicher Sorgfalt erzielbare Einkommen dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnen (5 Ob 501/93). Maßgebend für die Unterhaltsbemessung nach Anspannungskriterien ist die nach den konkreten Umständen (konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach seinen individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten bei gegebener Markt- oder Arbeitsmarktlage) im zumutbaren Rahmen vorhandene reale Erwerbsmöglichkeit (stRsp zB 2 Ob 108/02z; Schwimann/Kolmasch aaO 68 mwN); das bei realistischer Schätzung nach den Umständen des Einzelfalls erzielbare Einkommen ist (allenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen) betragsmäßig anzugeben (6 Ob 578/91; Schwimann/Kolmasch aaO 69 mwN).

Zutreffend deutete das Erstgericht den Umstand, dass das festgestellte Ausmaß der zeitlichen Beanspruchung des Vaters durch seine selbständige Tätigkeit, das weniger als die Hälfte der Arbeitszeit eines unselbständig Vollbeschäftigten beträgt, als Anzeichen dafür, dass der Vater weniger verdient als seiner Leistungsfähigkeit entspricht. Es hat es aber - entgegen dem Untersuchungsgrundsatz (§ 16 Abs 1 AußStrG) - unterlassen, zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Anspannung des Vaters gegeben sind und - bejahendenfalls - welches Einkommen der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen ist. Dem Erstgericht ist daher aufzutragen, das Verfahren in diesem Punkt durch geeignete Beweisaufnahmen im Sinn der vorstehenden Ausführungen zu ergänzen und danach neuerlich über das noch nicht erledigte Unterhaltsbegehren zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs 2 AußStrG.

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