Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 71 Abs 3 AußStrG mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Verhängung einer Geldstrafe von 400 EUR über die obsorgeberechtigte Mutter wegen Entfalls festgesetzter Besuchstermine und - insofern unter Ausscheidung der vom Erstgericht festgesetzten Leistungsfrist - der Anordnung, zwei Ersatztermine im Oktober 2006 für die „entfallenen" Termine im Juni und August 2006 zu „vereinbaren". Zu den für 2006 vorgeschlagenen Besuchsterminen hatte die Mutter vorgebracht, sie könne jene vom 9. und 18. Juni sowie 13. und 25. Oktober aus beruflichen Gründen nicht einhalten, im Juli sei sie mit der Tochter auf Urlaub.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 148 Abs 1 ABGB haben ein minderjähriges Kind und sein nicht mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender Elternteil das Recht, miteinander persönlich zu verkehren. Mangels eines Einvernehmens über die Ausübung dieses (in der Praxis als Besuchsrecht bezeichneten) Rechts, hat das Pflegschaftsgericht die Ausübung zu regeln. Durch die Einräumung des Besuchsrechts soll die Verbundenheit zwischen dem Kind und dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil hergestellt und bewahrt werden. Eigeninteressen eines Elternteils haben dabei zurückzutreten (8 Ob 596/91 mwN). Seit dem KindRÄG 2001 ist dieses Recht erstmals auch im Gesetz ausdrücklich als eines des Kindes bezeichnet (Stabentheiner in Rummel³ ErgBd § 148 Rz 1a; vgl auch 5 Ob 243/02z = ÖA 2003, 230).
Der Gesetzgeber wünscht, die Ausübung des Besuchsrechts durch den nicht pflegeberechtigten und erziehungsberechtigten Elternteil aufrecht zu erhalten, um den persönlichen Kontakt zwischen diesem und dem Kind nicht abreißen zu lassen. Die - hier allerdings nicht zur Debatte stehende - Unterbindung dieses Kontakts ist nur in Ausnahmefällen aus besonders schwerwiegenden Gründen zulässig (8 Ob 549/78 u.v.a.; RIS-Justiz RS0047955).
Nach § 110 Abs 1 AußStrG ist im Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung u.a. einer gerichtlichen (oder gerichtlich genehmigten) Regelung des Rechts auf persönlichen Verkehr - als Ausnahme von § 80 leg. cit. - eine Vollstreckung nach der Exekutionsordnung (EO) ausgeschlossen. Vielmehr hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen angemessene Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG anzuordnen. Diese Zwangsmittel entsprechen im Wesentlichen jenen nach dem AußStrG 1854. Auf die bisherige Rsp kann daher zurückgegriffen werden (Fucik/Kloiber, AußStrG § 79 Rz 2).
Bei den Zwangsmitteln des Außerstreitgesetzes handelt es sich nicht um Strafen für die Missachtung einer gerichtlichen Verfügung. Sie sollen vielmehr dazu dienen, dem Besuchsrecht in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen (7 Ob 617/87 = EFSlg 55.737; RIS-Justiz RS0007310 [T8 und T5]).
Die Ansicht des Rekursgerichts, dass über die Mutter zu Recht eine Geldstrafe verhängt wurde, weil sie im Jahr 2005 zwölf Termine absagte, dafür nur fünf Ersatztermine anbot und für ihre Absagen teilweise keine Begründung abgab, hält sich im Rahmen des im gegebenen Zusammenhang nicht weiter auslegungsbedüftigen § 110 Abs 2 iVm § 79 Abs 2 AußStrG. Ob es im Einzelfall wegen Vereitelung des Besuchsrechts erforderlich ist, eine Zwangsmaßnahme zu verhängen ist, wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf (3 Ob 273/00v; 8 Ob 129/01f; ebenso zur Frage einer ausreichenden Entschuldigung für den Entfall 6 Ob 14/02f = EFSlg 102.919, alle noch zum AußStrG 1854). Die von der Rechtsmittelwerberin zitierte Entscheidung 1 Ob 604/79 (insoweit unveröffentlicht), in welcher der Oberste Gerichtshof aussprach, dass jedenfalls dann keine Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden können, wenn die Mutter das Besuchsrecht des Vaters nicht zu beeinträchtigen versucht, steht mit der oben zitierten Judikatur in Einklang und ist jedenfalls nicht geeignet, den Standpunkt der Rechtsmittelwerberin zu untermauern.
Ersatzbesuchstage sind nach der Rsp zwar nicht generell, sondern nur ausnahmsweise und aus konkreten Anlässen und nur dann zu gewähren, wenn es durch zu lange Intervalle zwischen der tatsächlichen Ausübung des Besuchsrechts zu einer neuerlichen Entfremdung zwischen dem in Betracht kommenden Elternteil und dem Kind käme (10 Ob 1618/95 = EFSlg 78.075; EFSlg 17.317 [insbesondere bei Entfall aus nicht in der Person des Besuchsberechtigten gelegenen Gründen]; 8 Ob 1525/92 [Billigung u.a. der Entscheidung des LGZ Wien EFSlg 59.674, die dies besonders wegen wiederholter Verhinderungen auf Seiten von Kind und Erziehungsberechtigtem, idR aber nicht bei urlaubsbedingter Abwesenheit des Kindes für gerechtfertigt hält]; RIS-Justiz RS0047934 [T1]; sogar für weiter gehenden Ersatz nunmehr Wallisch, Der „andere Elternteil" und das Besuchsrecht (KindRÄG 2001), ÖJZ 2002, 487 [491]; Nademleinsky in Schwimann³, § 148 ABGB Rz 18). Die angefochtene Entscheidung, die Ersatztermine nur für aus anderen Gründen als wegen urlaubsbedingter Abwesenheit von Kind und Mutter anordnet, steht mit dieser Rsp des Obersten Gerichtshofs in Einklang, hatte doch nach dem unangefochten gebliebenen Besuchsplan des Erstgerichts zwischen 23. Juni und 1. September 2006 nur ein einziger Besuchstermin und gar keiner zwischen 29. September und 10. November 2006 stattzufinden. Die Ansicht, dies entspreche angesichts der besonderen beruflichen Umstände der Mutter ihrer Forderung, sie „nicht mit den üblichen Maßstäben zu messen", es gehe allerdings nicht an, sich einerseits auf besondere berufliche Erfordernisse und andererseits auf eine auf Regelfälle abgestimmte Rsp zu berufen, stellt keine aufzugreifende Verkennung der Rechtslage dar.
Der von der Rechtsmittelwerberin wegen unterbliebener Entscheidung über ihren Antrag vom 15. März 2006, für den Fall des Ausfalls von Besuchsterminen wegen eigener Erkrankung keine Ersatztermine vereinbaren zu müssen, geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das Erstgericht trug diesem Antrag zumindest implizit dadurch Rechnung, dass es ohnehin eine Pflicht zur Gewährung von Ersatzterminen nur für den Fall beruflicher Verhinderung der Mutter annahm. Wenn man dem (wie die Mutter) nicht folgen wollte, läge der Mangel gerade deshalb nicht vor, weil eben eine Entscheidung über diesen Antrag in erster Instanz noch ausstünde; ein unlösbarer Zusammenhang dieser noch ausstehenden Entscheidung mit der vom Erstgericht getroffenen besteht ja eben gerade nicht, weil diese nur berufs- und urlaubsbedingten Entfall von Besuchsterminen des Vaters regelt. Eine ausdrückliche Entscheidung über den noch offenen Feststellungsantrag der Mutter bleibt ja weiterhin möglich und zur Klarstellung auch zweckmäßig. Ein (zur Aufhebung der Vorentscheidungen führender) Verfahrensmangel nach § 57 Z 3 AußStrG könnte dem Gericht zweiter Instanz nicht vorgeworfen werden, weil hier nicht einmal der dieser Norm offenbar zugrunde liegende Fall eines „nicht vollständig" erledigten Sachantrags gegeben ist, über den allenfalls ein Teilbeschluss nach § 36 Abs 2 AußStrG zu fassen wäre. Folgte man der Auffassung der Mutter, wäre eben bisher nur über die Anträge des Vaters und nicht den ihren entschieden worden. Auf dessen Erledigung wäre demnach beim Erstgericht zu dringen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 73 Abs 3 AußStrG).
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