Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Das Recht des Vaters, mit den Kindern persönlich zu verkehren, wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 30.6.1982 (ON 93) dahin geregelt, daß der Vater berechtigt ist, die Kinder an jedem ersten Sonntag im Monat in der Zeit von 9 bis 19 Uhr zu sich zu nehmen. Über die Mutter wurde bereits dreimal eine Geldstrafe verhängt, weil sie die Ausübung des Besuchsrechtes des Vaters verhinderte (ON 145, 165 und 205).
Mit der Behauptung, daß die Mutter weiterhin die Ausübung des Besuchsrechtes vereitle, beantragte der Vater die Verhängung einer weiteren Ordnungsstrafe (ON 211, 220, 223, 251 und 258). Das Erstgericht wies die Anträge des Vaters ab. Nach seinen Feststellungen versuchte der Vater am 5.5.1985 die Kinder bei der Mutter abzuholen. Auf sein Läuten wurde ihm jedoch nicht geöffnet. Am 2.6.1985 wurden dem Vater die Kinder von der Mutter übergeben. Nachdem sie mit ihm bei seinem PKW angelangt waren, verlangten sie jedoch, wieder zur Mutter zurückgebracht zu werden. Der Vater kam diesem Verlangen nach. Am 7.7.1985 und am 4.8.1985 weigerten sich die Kinder, mit dem Vater mitzugehen. Am 1.9.1985 war der Vater auf Urlaub und verzichtete deshalb auf ein Besuchsrecht. Am 6.10.1985 wurde dem Vater auf sein Läuten nicht geöffnet. Am 3.11.1985 und an den folgenden Besuchstagen bis 2.11.1986 wurden die Kinder zwar dem Vater von der Mutter übergeben, sie kehrten jedoch nach wenigen Minuten des Beisammenseins mit dem Vater wieder zur Mutter zurück. Beide Kinder lehnen es entschieden ab, mit dem Vater zusammenzukommen. Die Mutter wirkte in der in Betracht kommenden Zeit nicht bewußt auf die Kinder (im Sinne einer Ablehnung des Vaters) ein. Diese haben - vermutlich wegen des seit Jahren andauernden Konfliktes zwischen den Eltern - eine stark ablehnende Haltung gegen den Vater aufgebaut.
Nach der Auffassung des Erstgerichtes sollte im Interesse der Kinder mit Rücksicht auf ihr Alter das Besuchsrecht des Vaters nicht mehr mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es über die Mutter eine weitere Beugestrafe von S 7.000 verhängte. Es führte aus, daß die Verpflichtung der Mutter sich nicht darin erschöpfe, am Besuchstag die Kinder dem Vater zu übergeben. Es obliege ihr, auf die Kinder so einzuwirken, daß diese allfällige Vorurteile gegen den besuchsberechtigten Vater aufgeben. Die Mutter habe jedoch in keiner Weise die Kinder positiv auf ein väterliches Besuchsrecht vorbereitet. Bei normal entwickelten Kindern bestehe auch noch im Alter von 13 bzw. 14 Jahren die Möglichkeit, durch geeignetes Verhalten des Erziehungsberechtigten ihren Willen zur Duldung des Besuchsrechtes zu beeinflussen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist im Ergebnis berechtigt. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß der Erziehungsberechtigte verpflichtet ist, positiv auf das sich gegen das Besuchsrecht des anderen Elternteiles sträubende, mündige Kind einzuwirken, um die Ausübung des Besuchsrechtes zu ermöglichen, ist voll zu billigen. Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EFSlg.42.406, 32.656 ua). Nach herrschender Ansicht sollen aber bereits mündige Minderjährige nicht mehr gegen ihren Willen zur Duldung des Besuchsrechtes gezwungen und es soll ihrem Verselbständigungsprozeß bei Durchsetzung des Besuchsrechtes Rechnung getragen werden (EvBl.1975/42; EFSlg.40.757, 24.239; 1 Ob 688/84; 1 Ob 701/84). Es kommt hiebei nicht darauf an, ob gegen einen normal entwickelten bereits mündigen Minderjährigen eine positive Einwirkung zur Duldung des Besuchsrechtes durch den Erziehungsberechtigten noch möglich ist.
Im vorliegenden Fall steht fest, daß die bereits 14 Jahre alte Doris und der fast 14 Jahre alte Stefan es entschieden ablehnen, mit dem Vater zusammenzukommen und daß sie infolge der andauernden Konfliktsituation der Eltern eine stark ablehnende Haltung gegen den Vater aufgebaut haben. Es mag sein, daß diese Haltung weitgehend durch die frühere Einflußnahme der Mutter bestimmt ist (vgl. Band II AS 50) und der Mutter schwere Versäumnisse in der Erziehung der Kinder zur Last fallen, weil sie es verabsäumt hat, auf die Kinder positiv einzuwirken. Die Haltung der bereits mündigen Minderjährigen (der Umstand, daß der mj. Stefan erst knapp vor Erreichung der Mündigkeit steht, kann vernachlässigt werden) ist jedoch eine Tatsache, von der auszugehen ist. Bei den Zwangsmitteln des § 19 Abs.1 AußStrG zur Durchsetzung des Besuchsrechtes handelt es sich nicht um Strafen für die Mißachtung einer gerichtlichen Verfügung. Sie gingen auch für eine vergangene Zeit ins Leere. Sie sollen lediglich dazu dienen, dem Besuchsrecht in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen (EFSlg.37.425 ua). Lehnen daher die bereits mündigen Minderjährigen das Besuchsrecht entschieden ab, so ist dem auch bei der Erwägung einer Beugestrafe gegen den Erziehungsberechtigten Rechnung zu tragen. Mit Rücksicht auf den Verselbständigungsprozeß mündiger Minderjähriger wäre eine Zwangsmaßnahme weder in ihrem Interesse noch auch zur Erreichung des angestrebten Zweckes tauglich. Es ist dann aber unbeschadet der formell aufrecht bestehenden gerichtlichen Regelung von einer Zwangsmaßnahme abzusehen.
Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.
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