Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Zu grundsätzlichen Fragen der Verkehrssicherungspflichten sowie der Schutz- und Sorgfaltspflichten als vertragliche Nebenpflichten liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor. Das Berufungsgericht ist in Anwendung dieser Rechtsprechung zutreffend davon ausgegangen, dass der Betreiber einer Badeanstalt verpflichtet ist, die seinen Gästen zur Verfügung gestellten Anlagen und Einrichtungen - wozu auch eine Wassersprunganlage gehört - in einen solchen Zustand zu versetzen und zu erhalten, dass jene bei deren Benützung keinen Schaden erleiden können. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass der Betreiber einer Badeanstalt im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nur jene Maßnahmen ergreifen muss, die von ihm nach der Verkehrsauffassung verlangt werden können. Ein darüber hinausgehendes Verlangen würde die Verkehrssicherungspflicht überspannen und auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene, vom Verschulden unabhängige Haftung hinauslaufen (6 Ob 565/89; 2 Ob 129/98d; RIS-Justiz RS0023950 ua). Ganz unvernünftiges, äußerst leichtsinniges Verhaltens eines Badegasts braucht der Betreiber einer Badeanstalt nicht in seine Überlegungen zur Abwehr möglicher Gefährdungen miteinzubeziehen (5 Ob 1560/92). Entscheidend ist auch, in welchem Ausmaß die Benützer der zur Verfügung gestellten Einrichtung selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (9 Ob 19/05t; 10 Ob 44/05a ua). Wer eine Wassersprunganlage benützt, ist zur Vorsicht und Aufmerksamkeit gegenüber anderen Badegästen verpflichtet (1 Ob 157/97p ua). Der Wasserspringer muss sich vor seinem Sprung vergewissern, dass er im Zielbereich seines Sprungs weder schwimmende noch tauchende Badegäste gefährdet (5 Ob 318/71).
Allgemein gültige Aussagen über die Verkehrssicherungspflichten des Betreibers eines Strandbads bezüglich einer im See gelegenen Sprunganlage sind nicht möglich, weil Ausmaß und Inhalt dieser Pflichten je nach Lage des Falls unterschiedlich sein können. Der konkrete Inhalt der Verkehrssicherungspflichten und die Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt sind nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl 1 Ob 103/04k; 9 Ob 19/05t; 1 Ob 141/06a; RIS-Justiz RS0026074, RS0078150 ua). Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO muss aber über die besonderen Verhältnisses des Einzelfalls hinaus Bedeutung haben. Dies ist bei bloßen Ermessensentscheidungen im Allgemeinen nicht der Fall. Soweit sich daher das Berufungsgericht im Rahmen der ständigen Rechtsprechung bewegt und auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls seine Entscheidung trifft, ohne von der in der Rechtsprechung anerkannten Ermessensübung extrem abzuweichen, liegt eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor (vgl 10 Ob 44/05a ua). Die vorliegende Beurteilung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach eine lückenlose Aufsicht in Schwimmbädern nicht üblich und auch nicht erforderlich ist, zumal dort an vielen Stellen Gefahren drohen können, denen durch eine „allgegenwärtige Aufsicht" zu begegnen weder geboten noch möglich ist (1 Ob 103/04k; 10 Ob 44/05a ua). Zwei ältere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, mit denen Revisionen und Rekurse mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen wurden, weil in der Auffassung des Berufungsgerichts, dass im Fall einer Breitwandrutsche - es ging jeweils um dasselbe Freibad - im Hinblick auf die vorwiegende Benutzung durch Kinder die ständige Bewachung geboten sei, keine grobe Fehlbeurteilung gesehen wurde (2 Ob 2106/96m; 7 Ob 2360/96a), unterstreichen nur den auch in diesen beiden Entscheidungen besonders hervorgehobenen Einzelfallcharakter. Hieraus kann der Kläger daher ebenso wenig für seinen Standpunkt ableiten wie aus der Musterbadeordnung 2003 der Wirtschaftskammer Österreich. Diese regelt die wechselseitigen Pflichten der Badeanstalt und der Badegäste und soll ihre Geltung daraus beziehen, dass sie im Rahmen des Badebesuchsvertrags mitvereinbart wird. Dies war hier allerdings nicht der Fall. Pkt 2.7. der Musterbadeordnung 2003 gestattet Badegästen das Springen nur in Anwesenheit des zuständigen Personals. Hierauf hat sich die Beklagte aber ohnehin nicht berufen, obwohl der Kläger einräumte, in Abwesenheit des Bademeisters, der sich gerade im Sanitärraum befand, gesprungen zu sein. Auf Überlegungen des Revisionswerbers, das Verbot, in Abwesenheit des zuständigen Personals die Sprunganlage zu benutzen, dahin umzudrehen, dass die Beklagte verpflichtet sei, dafür zu sorgen, dass ständig Personal bei der Sprunganlage zugegen sei, braucht hier nicht weiter eingegangen werden, zumal nicht einmal feststeht, dass die Anwesenheit eines Bademeisters - oder das Vorhandensein weiterer Warnschilder - den im Unfallszeitpunkt 46-jährigen Kläger von seinem verhängnisvollen Sprung abgehalten hätte.
Wie bereits erwähnt dürfen Verkehrssicherungspflichten nicht überspannt werden und auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene, verschuldensunabhängige Haftung hinauslaufen. Das österreichische Recht kennt keine allgemeine Erfolgshaftung für die durch den Betrieb eines Unternehmens verursachten Schäden. Richtig ist aber, dass von der Rechtsprechung die in den Haftpflichtgesetzen (EKHG etc) besonders ausgesprochene erweiterte Haftung des Unternehmers für die spezifische Betriebsgefahr analog auf alle gefährlichen Betriebe ausgedehnt wird. Dabei darf freilich der Begriff des „gefährlichen Betriebs" nicht zu weit ausgelegt werden (RIS-Justiz RS0029156 ua). Es muss sich um Betriebe handeln, bei denen nicht bloß infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern infolge ihrer allgemeinen Beschaffenheit die Interessen Dritter schon dadurch in einer das normale Maß der im modernen Leben stets bestehenden Gefährdung wesentlich übersteigenden Art gefährdet werden, dass der Betrieb zur Erreichung seines Zwecks überhaupt im Gang ist. Die besondere Haftung des Betriebsinhabers tritt daher nicht schon dann ein, wenn ein an sich ungefährlicher Betrieb im Einzelfall unter gewissen Umständen zu einem gefährlichen wird; sie ist vielmehr erst dann zu bejahen, wenn eine solche Gefahr nach der Art des Betriebs regelmäßig und allgemein vorhanden ist (RIS-Justiz RS0029170, RS0029913 ua). Das trifft in der Regel auf eine Wassersprunganlage nicht zu. Ihre vorsichtige und aufmerksame Benützung führt im Allgemeinen nicht zu Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit. Die gegenständliche Anlage stellt keinen „gefährlichen Betrieb" im vorgenannten Sinn dar.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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