OGH 5Ob212/06x

OGH5Ob212/06x24.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wegen Grundbuchshandlungen in der EZ *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. Juli 2006, AZ 47 R 273/06d, 47 R 274/06a, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 22. März 2006, TZ 1174/06, TZ 1175/06, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Aufgrund des Kaufvertrages vom 11. 1. 2006, des Rangordnungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 18. März 2005, TZ 1323/2005 und der Pfandbestellungsurkunde vom 16. Jänner 2006 werden hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***** nachstehende Eintragungen bewilligt.

1. Im Eigentumblatt die Vormerkung des Eigentumsrechts im Rang der Rangordnung TZ 1323/2005 für F***** GmbH (FN 272314m).

2. Im Lastenblatt die (durch die Rechtfertigung des zu TZ 1323/2005 vorgemerkten Eigentumsrechts) bedingte Löschung der zu C-LNR 19, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 und 30 einverleibten Pfandrechte

3. Im Lastenblatt die Einverleibung des Pfandrechts im Höchstbetrag von EUR 1,680.000 für die B***** AG gegen die vorgemerkte Eigentümerin F***** GmbH (FN 272314m).

Hievon werden verständigt:

1. Dr. Florian Gehmacher, Rechtsanwalt, Dr. Karl Luegerring 12 als Masseverwalter der H*****gmbH,*****

  1. 2. F***** GmbH, *****
  2. 3. Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern, Vordere Zollamtstraße 5, 1030 Wien
  3. 4. Finanzamt für den 2. und 20. Bezirk
  4. 5. Michael K*****
  5. 6. Heinz H*****
  6. 7. bis 14.: BG Leopoldstadt zu 19E 1906/05i; 19 E 2255/05p, 19 E 4787/05s; 19 E 4942/05k; 19 E 5984/05w; 19 E 5983/05y; 19 E 1294/06s
  7. 15. MA 69, Liegenschaftsmanagement
  8. 16. Dr. Peter P*****
  9. 17. Stadt Wien, MA 6, Hermanngasse 24-26, 1070 Wien
  10. 18. Dr. Werner L*****
  11. 19. G***** GmbH, *****
  12. 20. Gerhar M*****
  13. 21. D***** AG, *****
  14. 22. B***** AG, *****
  15. 23. MA 20 - Ausländergrunderwerb, Fickeystraße 1, 1110 Wien zu MA 20 - G/477/2006

    24. Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien mit Originalurkunden"

Hingegen wird das Mehrbegehren auf (bedingte) Löschung der zu C-LNR 29 angemerkten Einleitung des Versteigerungsverfahrens zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die H*****gmbH, ***** ist bücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *****. Es bestand eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu TZ 1323/2005 bis 17. 3. 2006. Darüber hinaus eine weitere Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu TZ 177/2006 bis 8. 2. 2007.

Am 11. 1. 2006 wurde zwischen der bezeichneten Liegenschaftseigentümerin und der Antragstellerin ein Kaufvertrag über die genannte Liegenschaft abgeschlossen. Unter Punkt VI dieses Vertrages erklärt die Verkäuferin durch ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer Ivan F***** an Eidesstatt, dass ihr einziger Gesellschafter EU-Staatsbürger ist, dass die Gesellschaft ihren Sitz im Inland hat und andere Gesellschafter an der Gesellschaft nicht beteiligt sind.

Die Antragstellerin war im Zeitpunkt der verfahrenseinleitenden Grundbuchsanträge im Besitz des Rangordnungsbeschlusses TZ 1323/2005, den sie ihrem Gesuch beilegte.

Im Rang nach dieser Rangordnung einverleibt sind im Lastenblatt folgende Pfandrechte: C-LNR 19, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 , 30 und 32 . Die zu C-LNR 28 und 29 jeweils angemerkte Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens wurde zwischenzeitig gelöscht. Am 23. 12. 2005/16. 1. 2006 vereinbarten die Antragstellerin und die B***** AG zur Sicherstellung aller Forderungen der letztgenannten bis zum Höchstbetrag von EUR 1,680.000 gegen die Antragstellerin die Liegenschaft EZ ***** zum Pfand zu bestellen.

Die Antragstellerin erklärte in diesem Pfandbestellungsvertrag, Eigentümerin der bezeichneten Liegenschaft zu sein, und erteilte ihre ausdrückliche Einwilligung, dass ob dieser Liegenschaft das bezeichnete Pfandrecht grundbücherlich einverleibt werde. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung lag im Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuches auf Vormerkung des Eigentumsrechts nicht vor. Am 11. 4. 2006 wurde über das Vermögen der grundbücherlichen Eigentümerin zu 4 S 64/06y des Handelsgerichts Wien das Konkursverfahren eröffnet und Dr. Florian Gehmacher zum Masseverwalter bestellt.

Eine Bestätigung des Magistrats der Stadt Wien - Magistratsabteilung 20 nach § 5 Abs 4 iVm § 3 Z 2 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes (Negativbestätigung) lag dem Grundbuchsgesuch nicht bei. Eine solche wurde erst am 23. 3. 2006 erteilt und erstmals im Rekursverfahren vorgelegt.

Mit den verfahrenseinleitenden Grundbuchsgesuchen begehrte die Antragstellerin - mangels Vorliegens einer Unbedenklichkeitsbescheinigung -

1.) die Vormerkung des Eigentumsrechts im Rang des Rangordnungsbeschlusses TZ 1323/05 sowie die Bewilligung der Löschung sämtlicher im Rang der Rangordnung nachgehender Pfandrechte gemäß § 57 GBG und die Löschung der (damals) zu C-LNR 29 angemerkten Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens und

2.) die Einverleibung eines Pfandrechts im Höchstbetrag von EUR 1,680.000 zugunsten der B***** AG gegen sie als vorgemerkte Eigentümerin.

Das Erstgericht wies das Begehren auf Vormerkung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin mit der Begründung ab, es fehle dem vorgelegten Kaufvertrag an der notwendigen behördlichen Genehmigung bzw Negativbestätigung der Ausländergrundverkehrsbehörde. Das habe gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG zur Abweisung des Gesuchs zu führen. Die Abweisung des Begehrens auf Vormerkung des Eigentums habe notwendigerweise auch die Abweisung aller übrigen Begehren zur Folge. Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Gemäß § 5 Abs 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz habe die Ausländergrundverkehrsbehörde dann, wenn ein Rechtserwerb gemäß § 3 Z 2 oder 3 von der Genehmigungspflicht des § 1 ausgenommen sei, auf Verlangen des Erwerbers unter Beibringung entsprechender Nachweise eine Negativbestätigung auszustellen. Im vorliegenden Fall habe die Antragstellerin im Kaufvertrag an Eidesstatt erklärt, dass der einzige Gesellschafter der Gesellschaft „EU-Staatsbürger" sei und dass die Gesellschaft den Sitz im Inland habe, sowie im Sinn des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes andere Gesellschafter an der Gesellschaft nicht beteiligt seien.

Im Hinblick darauf wäre die Vorlage einer Negativbestätigung gemäß § 5 Abs 4 Ausländergrunderwerbsgesetz erforderlich gewesen. § 5 Ausländergrunderwerbsgesetz schreibe ausdrücklich vor, dass die in § 1 Abs 1 genannten Rechte zugunsten eines Ausländers nur dann in das Grundbuch eingetragen werden dürften, wenn der Antragsteller einen Genehmigungsbescheid oder aber eine Negativbestätigung gemäß § 5 Abs 4 vorlege.

Mit der Bestimmung des § 160 Abs 1 BAO könne der Rekurswerber nicht argumentieren, sei doch seit der im Jahr 1980 vorgenommenen Gesetzesänderung der zuvor in dieser Bestimmung verwendete Begriff „Eintragung" durch den Begriff „Einverleibung" ersetzt worden, woraus sich nach ständiger Rechtsprechung ergebe, dass eine Vormerkung des Eigentumsrechts auch ohne Vorliegen einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung bewilligt werden könne. Aus den Bestimmungen des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes ergebe sich diese Möglichkeit nicht.

Soweit der Rekurswerber mit der zu 5 Ob 16/02t zum nöGVG ergangenen Entscheidung argumentiere, sei darauf hinzuweisen, dass infolge unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen des nöGVG und des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes die dort vorgenommene Lückenschließung hier nicht in Betracht komme.

Entgegen der von Hofmeister in NZ 1989, 272 vertretenen Ansicht schließe sich das Rekursgericht der in SZ 66/181 vertretenen Judikaturlinie an. Demnach bedürfe die Vormerkung des Eigentums wie die Einverleibung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, eines Negativbescheids oder einer Negativbestätigung.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Voraussetzung einer Negativbestätigung nach § 5 Abs 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz für eine Vormerkung des Eigentumsrechts nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig ist.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin argumentiert im Wesentlichen damit, dass schon aufgrund des Bestimmung des § 3 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes die Bestimmung des § 1 dieses Gesetzes keine Anwendung finde, sohin die Rechtswirksamkeit des gegenständlichen Kaufvertrages gerade nicht von der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde abhänge. Es finde also nicht nur ein bedingter Rechtserwerb statt. Dass eine solche Ausnahme von der Genehmigungsbedürftigkeit vorliege, habe das Grundbuchsgesuch selbst zu prüfen und diesfalls die Vormerkung des Eigentumsrechts zu bewilligen.

Des weiteren sei eine Negativbescheinigung gemäß § 5 Abs 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz kein Bescheid, somit keiner Rechtskraft fähig, sondern eine Mitteilung und demzufolge auch keine Urkunde iSd §§ 26, 27 GBG. Einem Gesuch auf Vormerkung des Eigentumsrechts sei daher eine solche Negativbescheinigung nicht anzuschließen. Es reiche aus, wenn die vorgelegten Urkunden einen gültigen Rechtsgrund enthielten, wenn es sich um die Erwerbung eines dinglichen Rechts handle. Ein solcher Rechtsgrund sei nur dann nicht gegeben, wenn das Geschäft selbst noch schwebend unwirksam sei.

In dieser zur Entscheidung vorliegenden Frage liege eine erhebliche

Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG begründet.

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

§ 94 Abs 1 GBG verlangt grundsätzlich nur den urkundlichen Nachweis rechtserzeugender Tatsachen, nicht aber ihres Wirksamwerdens. Das Fehlen aufhebender oder rechtshindernder Umstände und Tatsachen ist also dem Grundbuchsgericht, sofern nicht Sondergesetze, etwa Grundverkehrsgesetze, anderes anordnen, nicht nachzuweisen (SZ 2002/33).

Gemäß § 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz bedarf der Erwerb des Eigentums an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer zu seiner Gültigkeit der behördlichen Genehmigung. Nach § 2 leg cit gelten als Ausländer im Sinn dieses Gesetzes unter anderem juristische Personen, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben sowie juristische Personen mit einem satzungsgemäßen Sitz im Inland, an denen Ausländer im Sinn der Z 1 oder 2 überwiegend beteiligt sind.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit finden die Bestimmungen des § 1 keine Anwendung auf jene natürlichen und juristischen Personen sowie rechtsfähigen Personengesellschaften, die ( hier von Bedeutung) zum Zweck von Direktinvestitionen, Immobilieninvestitionen oder sonstigen Geschäften des Kapitalverkehrs gemäß Art 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Rechtserwerb an Grundstücken oder Teilen davon berechtigt sind.

Gemäß § 5 Abs 1 leg cit dürfen die in § 1 Abs 1 genannten Rechte zugunsten eines Ausländers iSd § 2 nur dann in das Grundbuch eingetragen werden, wenn der Antragsteller den Bescheid, mit dem eine Genehmigung nach diesem Gesetz erteilt worden ist, bzw in den Fällen des § 3 Abs 2 und 3 eine Bestätigung nach § 5 Abs 4 vorlegt.

§ 5 Abs 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz lautet:

„ Ist nach § 3 Z 2 oder 3 ein Rechtserwerb von der Genehmigungspflicht des § 1 ausgenommen, hat der Magistrat dies auf Verlangen des Erwerbers unter Beibringung entsprechender Nachweise schriftlich zu bestätigen (Negativbestätigung)."

Es steht daher im vorliegenden Fall in Frage, ob die Anordnung des § 5 Abs 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz, die von „Eintragungen", nicht aber wie § 160 BAO von „Einverleibungen" handelt, einer Vormerkung des Eigentumsrechts zugunsten eines „EU-Ausländers" entgegensteht, wenn dem Gesuch keine „Negativbestätigung" nach § 5 Abs 4 Ausländergrunderwerbsgesetz beigelegt ist.

Das ist im Ergebnis aus folgenden Erwägungen zu verneinen:

Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 5 Ob 72/99w (= NZ 2000/461) die Vorschrift des § 22 Abs 3 letzter Satz StmkGVG, in welche Bestimmung ebenfalls eine Negativbestätigung auch für Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten vorgesehen war, für unbedenklich im Sinn der gebotenen Ausländergleichbehandlung angesehen. Diese Entscheidung ist auf Kritik in der Lehre gestoßen (vgl Hoyer Anm zu NZ 2000/461). Kurz danach hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Entscheidung Konle gegen

Österreich vom 1. 6. 1999 (Rs C - 302/97 , Slg 1999/I-03099 = wbl

1999, 405 = ecolex 1999, 881) festgestellt, dass der Gesetzgeber im Grundverkehrsrecht zur Durchsetzung grundverkehrsrechtlicher Anliegen nur das jeweils gelindeste, die Kapitalverkehrsfreiheit möglichst wenig einschränkende Mittel einsetzen dürfe. Als gemeinschaftsrechtskonform sei demnach vor allem die Einräumung einer nachträglichen Sanktionsmöglichkeit für die Grundverkehrsbehörde bei Verstößen gegen Beschränkungen des Grundverkehrs durch EU-Ausländer anzusehen. Aus einer weiteren Entscheidung des EuGH vom 5. 3. 2002 Hans Reisch ua gegen Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg ua (Slg 2002/I-02157) lässt sich entnehmen, dass auch ein Anzeigeverfahren, wie es im SbgGVG vorgesehen ist, nämlich eine vorausgehende Erklärung, die mit der Möglichkeit von Sanktionen im Fall des Verstoßen gegen die abgegebene Erklärung bewehrt ist, gemeinschaftsrechtskonform ist.

In 5 Ob 16/02t = SZ 2002/33, welche Entscheidung allerdings keinen konkreten europarechtlichen Bezug hatte, ist der erkennende Senat dem Grundgedanken des EuGH im Urteil Konle gegen Österreich gefolgt und hat eine im nöGVG bestehende Gesetzeslücke durch das gelindeste Mittel zur Eröffnung nachträglicher Sanktionsmöglichkeiten für Gesetzesverstöße dadurch geschlossen, dass dem Grundbuchsgericht die Pflicht auferlegt wurde, die Grundverkehrsbehörde von der bewilligten Eintragung zu verständigen (vgl NZ 2003/256 mit Zust Hoyer). Zuletzt hat der erkennende Senat in 5 Ob 58/04x (= NZ 2005/622 mit Zust Hoyer) zur Bestimmung des § 22 Abs 3 StmkGVG ausgesprochen, dass die dort vorgesehene Verpflichtung der EU-Ausländer, der Grundverkehrsbehörde das Vorliegen der Ausübung einer der EU-Grundfreiheiten nachzuweisen, welches Verfahren „gegebenenfalls" mit einer Negativbestätigung endet (§ 22 Abs 3 StmkGVG), der europarechtlichen Regelung über die Kapitalverkehrsfreiheit (Art 56 EG-Vertrag) widerspricht.

Wie es Herzig in „Grundverkehr und europäisches Gemeinschaftsrecht, Überlegungen zum Urteil des EuGH Konle gegen Republik Österreich" wbl 1999, 395 f ausdrückt, sei auch ein „Erklärungsmodell" nur dann gemeinschaftsrechtskonform, wenn es gänzlich auf eine materielle Prüfung vor der grundbücherlichen Durchführung des Liegenschaftserwerbs verzichte (vgl dazu auch die Ausführungen Schneiders in „Die Konle-Entscheidung des EuGH und ihre Auswirkungen auf das österreichische Grundverkehrsrecht" ZfV 2000/2). Im Fall des § 22 Abs 3 StmkGVG hat der erkennende Senat auch ausgesprochen, dass maßgeblich sei, dass es bei der gesetzlich vorgesehenen Nachweispflicht mit allfälliger Negativbestätigung jedenfalls zu der vom EuGH in der Entscheidung Konle gegen Österreich verpönten suspensiven Wirkung komme, weil eine vorhergehende Prüfung des Nachweises durch die Grundverkehrsbehörde vorgesehen sei (vgl Herzig aaO).

Kraft Anwendungsvorrangs des EU-Rechts ist die Regelung über die Kapitalverkehrsfreiheit des Art 56 EG-Vertrag von den innerstaatlichen Gerichten und Verwaltungsbehörden unmittelbar zu beachten. Entgegenstehende Vorschriften dürfen nicht mehr angewendet werden (R. Weber in Lenz, EG-Vertrag Rn 24 zu Art 56; Ress-Uckrow in Grabitz-Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Anm 25 zu Art 73b EGV; Hoyer in Anm zu NZ 2000/461; NZ 2005/622 ). Zumindest nach Ablauf der Übergangsfrist des Art 17 des Beitrittsvertrags, also ab 1. 1. 2000 sind dem Primärrecht der EU widersprechende nationale Regelungen auch ohne ausdrückliche Aufhebung durch den (Landes-)Gesetzgeber nicht mehr anzuwenden.

Dieselben Erwägungen sind im Fall des hier anzuwendenden § 5 Abs 1 und 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz anzustellen. Die Regelung besagt, dass dann, wenn ein Rechtserwerb nach § 3 Z 2 leg cit von der Genehmigungspflicht des § 1 ausgenommen ist, wie im hier vorliegenden Fall des Eigentumserwerbs durch eine juristische Person mit ihrem satzungsgemäßen Sitz im Inland, an der Ausländer iSd § 2 Abs 1 oder 2 nicht überwiegend beteiligt sind, sondern ein EU-Ausländer alleiniger Gesellschafter ist, der Magistrat der Stadt Wien „auf Verlangen des Erwerbers unter Beibringung entsprechender Nachweise" schriftlich eine Negativbestätigung zu erstellen hätte, was nach § 5 Abs 1 leg cit Voraussetzung für die bücherliche Eintragung wäre. Dadurch wird eine Verpflichtung von EU-Ausländern normiert, der Grundverkehrsbehörde das Vorliegen der Unanwendbarkeit des § 1, also das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs 2 und damit die Ausübung einer der EU-Grundfreiheiten nachzuweisen, was jedenfalls ein grundverkehrsbehördliches Verfahren in Gang setzt. Das Gesetz definiert auch nicht, worin jeweils diese Nachweise bestehen sollen. Auch hier ist die Nachweispflicht so ausgestattet, dass es zu der vom EuGH in der Entscheidung Konle gegen Österreich angesprochenen „verpönten suspensiven Wirkung" kommt, weil eine der grundbücherlichen Eintragung vorgehende Prüfung des Nachweises durch die Grundverkerhsbehörde vorgesehen ist (vgl NZ 2005/622). Es ist daher davon auszugehen, dass das Wiener „Nachweismodell" mit der einer grundbücherlichen Eintragung zwingend vorhergehenden Negativbestätigung der Ausländergrundverkehrsbehörde (hier des Magistrats der Stadt Wien) der europarechtlichen Regelung über die Kapitalverkehrsfreiheit (Art 56 EG-Vertrag) widerspricht. Infolge Anwendungsvorrangs des EU-Rechts ist die Bestimmung des § 5 Abs 1 und 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz in den Fällen des § 3 Z 2 leg cit vom Grundbuchsgericht nicht mehr anzuwenden, was auch ohne ausdrückliche Aufhebung durch den Landesgesetzgeber gilt. Das gelindeste ausreichende Mittel zur Eröffnung nachträglicher Sanktionsmöglichkeiten für Gesetzesverstöße sieht der erkennende Senat wie schon in den Entscheidungen NZ 2002/556 und NZ 2005/622 in der Verständigung der zuständigen Grundverkehrsbehörde erster Instanz (Magistratsabteilung 20 - fremdenrechtliche Angelegenheiten - Ausländergrunderwerb) durch das Grundbuchgericht. Eine solche Verständigung wurde zugleich im Spruch dieser Entscheidung angeordnet.

Dass eine Negativbestätigung mittlerweile ohnedies erteilt wurde, kann im gegenständlichen Verfahren nicht entscheidend sein (§ 122 Abs 2 GBG).

Nach ständiger Rechtsprechung kann (entgegen Hoyer, Grundbuchseintrag

im angemerkten Rang und Frist für den Antrag auf Löschung von

Zwischeneinträgen, NZ 1997, 233; derselbe, Grundbuchsrecht und

Grundbuchspraxis IV, NZ 200, 161) zugleich mit der Vormerkung des

Eigentumsrechts die durch § 49 Abs 1 GBG beschränkte, durch die

Rechtfertigung der Vormerkung bedingte Löschung von

Zwischeneintragungen beantragt und bewilligt werden (vgl RIS-Justiz

RS0060952; RS0060752; 5 Ob 88/90 = SZ 63/180 = NZ 1991/198 mit Zust

Hofmeister [siehe dazu auch Bittner, Neue Fragen der Vormerkung, NZ

1991, 26]; 5 Ob 39/93 = NZ 1994/295 mit Zust Hofmeister; 5 Ob 89/94;

5 Ob 2418/96s = NZ 1997, 246; 5 Ob 101/00i = NZ 2001/496 mit Abl.

Hoyer; zuletzt 5 Ob 293/04f = NZ 2006/68 mit Abl. Hoyer; zust.

Feil/Marent/Preisl Grundbuchsrecht Rz 2 zu § 57 GBG mwN). Die nach dem Antrag (bedingt) zu löschenden Zwischeneintragungen sind durchwegs solche, die nach dem tatsächlichen Buchstand (vgl 5 Ob 1034/92 = NZ 1993/254, 43 [Hofmeister]) eine Beeinträchtigung dinglicher Rechte des vorgemerkten Eigentümers bedeuten würden und nicht solche, die sich auf ein der Anmerkung der Rangordnung im Rang vorgesehenes Recht beziehen. Auch andere Hinderungsgründe für die bedingte Löschung liegen nicht vor (vgl Feil/Marent/Preisl aaO Rz 3f zu § 57 GBG mwN). Insoweit war also dem Löschungsgesuch stattzugeben. Als gar nicht durchführbar erweist sich hingegen die beantragte bedingte Löschung der Anmerkung der Zwangsversteigerung in C-LNR 29, weil diese bereits gelöscht ist.

Die Konkurseröffnung vom 11. 4. 2006 hat infolge der vorgehenden Ranganmerkung und Ausstellung der Pfandurkunde 3 Monate vor Konkurseröffnung keine Auswirkung auf die Verbücherungsfähigkeit der Hypothek gegen die vorgemerkte Eigentümerin.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher - mit Ausnahme des Begehrens um bedingte Löschung der Anmerkung einer Zwangsversteigerung - berechtigt.

Das hatte - wie im Spruch ersichtlich - zur Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen zu führen.

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