OGH 5Ob72/99w

OGH5Ob72/99w23.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Torsten L*****, vertreten durch Dr. Alex Pratter, Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der EZ *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 18. Dezember 1998, GZ 1 R 312/98v-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Irdning vom 25. September 1998, TZ 920/98-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Hildegard L***** ist zu 443/100.000stel Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ*****, womit Wohnungseigentum an der top Nr III/29 verbunden ist. Die Liegenschaft besteht aus den Grundstücken 19/1 und 19/3, die im Grundbuchsauszug jeweils als landwirtschaftlich genutzt ausgewiesen sind und auf denen die Gebäude G***** 50 und 54 errichtet sind.

Mit einem vor einem deutschen Notar errichteten Schenkungsvertrag vom 11. 6. 1998 schenkte Hildegard L***** ihren Liegenschaftsanteil ihrem Sohn Torsten L*****.

Am 1. 9. 1998 beantragte dieser, ihm aufgrund des Schenkungsvertrages vom 11. 6. 1998 und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern G***** vom 20. 8. 1998 die Einverleibung seines Eigentumsrechts an der bezeichneten Liegenschaft zu bewilligen.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Die Übertragung des Eigentumsrechtes bedürfe bei in § 2 Abs 2 StmkGVG angeführten Grundstücken der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung. Auch wenn sich auf der Liegenschaft die Häuser Nr 50 und 54 befänden und an diesen Objekten Wohnungseigentum begründet sei, sei deshalb weder ausgeschlossen noch auszuschließen, daß die Grundstücke landwirtschaftlich genutzt würden oder zumindest landwirtschaftlich nutzbar seien. Zur Behebung bestehender Zweifel über die Benützungsart hätte es einer Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde nach § 6 Abs 2 StmkGVG bedurft. Deren Fehlen führe zur Abweisung des Gesuchs.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Unbeschadet ihrer Bezeichnung im Grundbuch seien die bebauten Grundstücke nach der Definition des § 13 Abs 3 Z 2 StmkGVG in rechtlicher Hinsicht als Baugrundstücke zu qualifizieren, weshalb die Bestimmungen über den Liegenschaftsverkehr mit Baugrundstücken der §§ 12 ff des StmkGVG zur Anwendung kämen. Nach Punkt 9 des notariellen Schenkungsvertrages sei der Antragsteller deutscher Staatsbürger und damit Bürger des EWR. Als solcher sei er in Ausübung der im EWR-Abkommen vorgesehenen Rechte (§ 22 Abs 2 StmkGVG), zu denen seit 1. 1. 1996 auch die Kapitalverkehrsfreiheit zähle (Art 40 EWR-Abkommen), gemäß § 22 Abs 2 Z 5 StmkGVG Inländern gleichgestellt. Damit seien die Bestimmungen des StmkGVG über den Ausländergrundverkehr nicht in Anwendung zu bringen.

Die betroffenen Grundstücke lägen auch in keiner der in § 14 StmkGVG genannten Vorbehaltsgemeinden (LGBl 1995/60).

§ 30 Abs 2 StmkGVG fordere für die bücherliche Eintragung eines Rechts an einem Baugrundstück eine Erklärung (§ 18 StmkGVG) oder einen rechtskräftigen Bescheid der Grundverkehrsbehörde, der die erforderliche Genehmigung enthalte (§ 19 StmkGVG) oder aus dem sich ergebe, daß eine Genehmigung (§§ 20 Abs 3, 22 Abs 3 StmkGVG) oder Erklärung (§ 17 Abs 2 StmkGVG) nicht erforderlich sei. Gemäß § 30 Abs 5 StmkGVG gelten diese Voraussetzungen (des § 30 Abs 2 StmkGVG) nicht, wenn das Grundstück außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde (§ 14) liege, es sei denn, daß § 22 Abs 3 StmkGVG anzuwenden sei. Während also Inländer für die Eintragung von Rechten an Baugrundstücken, die außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde lägen, die Grundverkehrsbehörde überhaupt nicht zu befassen hätten, müßten EWR-Staatsbürger eine Genehmigung der Grundverkehrsbehörde nach § 20 Abs 3 StmkGVG erwirken, in der die Grundverkehrsbehörde durch Bescheid bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs 2 Z 1 bis 5 StmkGVG zu bestätigen habe, daß eine Genehmigung nicht erforderlich sei. Einen solchen Negativbescheid habe der Antragsteller nicht beigebracht, weshalb den Voraussetzungen des § 30 Abs 5 StmkGVG nicht entsprochen sei. Dies habe zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 nicht übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch zuzulassen sei, da keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Voraussetzungen von Liegenschaftserwerb durch EU-Bürger nach dem StmkGVG, insbesondere zur Notwendigkeit der Befassung der Grundverkehrsbehörde, vorliege.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung der vorinstanzlichen Beschlüsse dahin, daß die begehrte Grundbuchseintragung bewilligt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 15 StmkGVG sind Ausländer in Ausübung der im EWR-Abkommen vorgesehenen Rechte (§ 22 Abs 2) Inländern gleichgestellt. Dies regelt das steiermärkische GVG für den Verkehr mit Baugrundstücken.

Der III. Abschnitt des StmkGVG regelt den Verkehr mit Grundstücken mit Ausländern. Unter § 22 (Begriffsbestimmung) wird in dessen Absatz 2 normiert:

"Als Ausländer gelten nicht: 1. Personen in Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Art 28 EWR-Abkommen.

2. Personen und Gesellschaften in Ausübung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art 31 und 34 EWR-Abkommen.

3. Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art 36 und 39 EWR-Abkommen.

4. Personen in Ausübung des Aufenthaltsrechts gemäß Anhang VIII Ziffer 6, 7 und 8 EWR-Abkommen.

5. Personen und Gesellschaften zum Zweck von Direktinvestitionen, Immobilieninvestitionen oder sonstigen Geschäften des Kapitalverkehrs gemäß Art 40 EWR-Abkommen.

§ 22 Abs 3: Ausländer, die Rechte nach § 16 an einem außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde liegenden Baugrundstück erwerben sollen und sich auf die Ausübung der im EWR-Abkommen vorgesehenen Rechte nach Abs 2 berufen, haben der Grundverkehrsbehörde das Vorliegen der in Abs 2 Z 1 bis 5 genannten Tatbestände nachzuweisen. Gegebenenfalls hat die Grundverkehrsbehörde zu bestätigen, daß eine Genehmigung eines Rechtsgeschäftes nach den Bestimmungen dieses Abschnitts nicht erforderlich ist".

Die Inländergleichbehandlung ist also vom Rechtserwerber geltend zu machen (vgl Schneider, Handbuch des österreichischen Grundverkehrsrechts [1996], 90). Er hat sich auf die entsprechenden Bestimmungen des Europarechts zu berufen und mit Ausnahme des Salzburger GVG, wo eine diesbezügliche Erklärung genügt, die Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Grunderwerbsrechts der Grundverkehrsbehörde nachzuweisen. Das Nachweiserfordernis wird wohl bedeuten, daß die Grundverkehrsbehörde über die Inländergleichbehandlung gegebenenfalls einen Feststellungsbescheid ausstellen muß, wenn nicht die Beurteilung dieser Frage schon in eine andere grundverkehrsbehördliche Entscheidung eingeflossen ist (vgl Schneider, Österreichisches Grundverkehrsrecht Anm 11 und 12 zu § 22 StmkGVG; Schneider, Handbuch des österreichischen Grundverkehrsrechts 90 f). In der Steiermark ist ausdrücklich vorgesehen, daß über die Gleichstellung gegebenenfalls (wenn dies nicht bereits in einem anderen Verfahren als Vorfrage beurteilt wird) eine Negativbestätigung auszustellen ist (Schneider, Handbuch 91). Dies ist die Voraussetzung dafür, daß die aufgrund des Europarechts mit Inländern gleichzubehandelnden EU-Bürger nicht als Ausländer gelten und somit nicht dem Abschnitt über den Ausländergrundverkehr (§§ 22 ff), sondern wie Inländer den Abschnitten über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr bzw den Baugrundverkehr unterliegen.

Mit dieser Gleichstellung von EU-Ausländern und Inländern entspricht das StmkGVG der Vorschrift des Art 73b Abs 1 EG-Vertrag, der mit 1. 1. 1996 die volle Kapitalverkehrsfreiheit und damit auch Freiheit des Liegenschaftsverkehrs bestimmt. Grundverkehrsrechtliche Vorschriften, die den Immobilienerwerb beschränkten, der zum Zweck grenzüberschreitender Geldanlage in Immobilien getätigt wurde, sind seit 1. 1. 1996 (mit Ausnahme der Zweitwohnungsregelungen in Geltung bis Ende 1999) damit EU-rechtswidrig (vgl Funk, Grundverkehrsrecht 106 f).

§ 30 Abs 2 StmkVG regelt nun, daß ein Recht an einem Baugrundstück im Grundbuch nur eingetragen werden darf, wenn dem Grundbuchsgesuch beigeschlossen ist

1. eine Erklärung (§ 18) oder

2. ein rechtskräftiger Bescheid der Grundverkehrsbehörde, der die erforderliche Genehmigung enthält (§ 19) oder aus dem sich ergibt, daß eine Genehmigung (§ 20 Abs 3, § 22 Abs 3) oder Erklärung (§ 17 Abs 2) nicht erforderlich ist.

Diese Voraussetzungen (des Abs 2) gelten gemäß § 5 nicht, wenn das Grundstück außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde liegt, es sei denn, daß § 22 Abs 3 anzuwenden ist.

Das bedeutet, daß Rechtserwerbe an Baugrundstücken im Sinn des § 16, welche außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde gelegen sind, ohne vorherige Befassung der Grundverkehrsbehörde zu verbüchern sind, es sei denn, der Rechtserwerber ist ein Ausländer. Ist dieser aufgrund des Europarechts einem Inländer gleichgestellt, so hat er darüber einen rechtskräftigen Bescheid gemäß § 22 Abs 3 StmkGVG vorzulegen (Schneider, Österreichisches Grundverkehrsrecht Anm 3 zu § 30 StmkGVG).

Die im Revisionsrekurs vorgetragenen Argumente sind zwar richtig aber nicht zielführend. Wohl trifft es zu, daß § 17 Abs 1 Z 7 StmkGVG als Ausnahme von der Erklärungspflicht statuiert, daß Liegenschaften zwischen Verwandten in gerader Linie (lit b) übertragen werden und diesfalls eine Negativbestätigung nach § 17 Abs 2 StmkGVG vorgesehen ist. § 30 Abs 5 StmkGVG entbindet jedoch denjenigen, der eine Grundbuchseintragung entbehrt von der Beibringung einer solchen Negativbestätigung, wenn das Grundstück außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde liegt, was hier der Fall ist. Die Vorlage einer solchen Erklärung bzw eines Negativbescheids wurde im angefochtenen Beschluß auch nicht verlangt, sondern ausschließlich darauf hingewiesen, daß für die grundbücherliche Genehmigung der begehrten Eintragung der in § 22 Abs 3 StmkGVG normierte Nachweis der Grundverkehrsbehörde, daß hinsichtlich des Antragstellers die Voraussetzungen des § 22 Abs 1 Z 2 bis 5 StmkGVG vorliegen, erforderlich ist.

Nach der insoweit klaren und unbedenklichen Regelung des anzuwendenden Landesgesetzes ist daher dem Grundbuchsgericht die Prüfung dieser Frage entzogen. Der Nachweis der Voraussetzungen des § 22 Abs 2 StmkGVG ist ausdrücklich der Grundverkehrsbehörde zu erbringen. Daß nur "gegebenenfalls" eine Negativbestätigung nach § 22 Abs 3 StmkGVG auszustellen ist, bedeutet nicht, daß nicht ein Rechtsanspruch auf eine Negativbescheinigung im Sinn des § 22 Abs 3 letzter Satz StmkGVG bestünde (vgl Hojer in Funk, Grundverkehrsrecht, 177). Dieser ist vielmehr dort ausdrücklich normiert und die Erforderlichkeit der Bestätigung wie schon oben ausgeführt, nur davon abhängig, ob nicht die Gleichstellung bereits in einem anderen grundverkehrsbehördlichen Verfahren als Vorfrage zu beurteilen ist (vgl Schneider, Österreichisches Grundverkehrsrecht Anm 12 zu § 22 StmkGVG).

Zu Recht hat daher das Rekursgericht die begehrte Grundbuchseintragung wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 22 Abs 3 StmkGVG abgelehnt. Dem unberechtigten Rekurs dagegen war der Erfolg zu versagen.

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