OGH 5Ob127/06x

OGH5Ob127/06x27.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Veith, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Divna D*****, vertreten durch Dr. Romana Aron, Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreich, Antonsplatz 22, 1100 Wien, gegen den Antragsgegner Heinz E. B*****, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG iVm § 27 Abs 1 Z 1 MRG (Streitwert EUR 9.500 sA), über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. März 2006, GZ 39 R 15/06d-30, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 15. November 2005, GZ 3 Msch 7/04t-26, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

und

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Der Antrag des Antragsgegners, gegen die Antragsforderung mit einer Gegenforderung bis zu deren Höhe aufzurechnen, wird abgewiesen

2.) Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden teilweise dahin abgeändert, dass sie samt ihren bestätigten Teilen zu lauten haben:

„Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin den Betrag von EUR 6.400 samt 4 % Zinsen seit 6. 12. 2002 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von EUR 3.100 sA wird abgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit EUR 200 bestimmten Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist Eigentümer der Wohnung Top Nr 7 im Haus F***** 196 in *****. Im November 2002 war die Vermietung dieser Wohnung in einem Inserat mit dem Hinweis angeboten worden, dass eine Möbelinvestitionsablöse begehrt werde. Bei Besichtigung der Wohnung teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass für die vorhandenen Möbel eine Ablöse von EUR 9.500 verlangt werde. Bei Übergabe der Wohnung im Dezember 2002 befanden sich in dieser Einrichtungsgegenstände, die insgesamt einen Wiederbeschaffungswert von EUR 3.100 repräsentierten. Weil die Antragstellerin die gegenständliche Wohnung mieten wollte, erklärte sie sich bereit, den verlangten Betrag zu bezahlen, obwohl sie schon damals den Eindruck hatte, dass die Einrichtungsgegenstände diesen Wert nicht aufwiesen. Am 6. Dezember 2002 überwies sie den Betrag von EUR 9.500 auf ein ihr vom Antragsgegner zu diesem Zweck bekanntgegebenes Konto. Noch am gleichen Tag schlossen die Streitteile einen Mietvertrag über die bezeichnete Wohnung beginnend mit 15. Dezember 2002 ab. Eine gesonderte schriftliche Vereinbarung wurde hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände nicht abgeschlossen.

Es steht nicht fest, dass der Antragsgegner den Betrag von EUR 9.500 für eine andere Person vereinnahmt hätte.

Der Antragsgegner erwirkte gegen die Antragstellerin titulierte Forderungen über insgesamt EUR 6.732,49.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin die Rückzahlung des gesamten Betrages von EUR 9.500 mit der Begründung, es läge diesbezüglich eine ungültige und verbotene Vereinbarung iSd § 27 Abs 1 Z 1 MRG vor. Die Zahlung von EUR 9.500 habe der Antragsgegner zur Voraussetzung für einen Vertragsabschluss gemacht. Bei Übernahme der Wohnung hätten sich keine Möbel in der Wohnung befunden.

Der Antragsgegner bestritt dies und beantragte die Abweisung des Sachantrags. Er gestand die von der Klägerin geleistete Zahlung zu, behauptete jedoch, dass sie als Gegenleistung für die Wohnungseinrichtung angemessen sei. Es sei ein Kaufvertrag über die Einrichtungsgegenstände der Wohnung abgeschlossen worden. Deshalb liege kein Verstoß gegen § 27 Abs 1 Z 1 MRG vor, sondern ein gesonderter Kaufvertrag, wodurch die Antragstellerin Eigentümerin der Möbel geworden sei.

Der Antragsgegner bestritt auch noch seine Passivlegitimation, weil der Betrag nicht ihm, sondern dem Vormieter zugekommen sei. Schließlich wendete der Antragsgegner noch eine Gegenforderung von insgesamt EUR 6.732,49 sA gegen die den Gegenstand des Antrags bildende Forderung ein. In diesem Umfang habe er vollstreckbare Forderungen gegen die Antragstellerin.

Die Antragstellerin bestritt die Gegenforderungen.

Ausgehend vom oben wiedergegebenen Sachverhalt stellt das Erstgericht mit Sachbeschluss fest, dass die Forderung der Antragstellerin mit EUR 6.400 samt 4 % Zinsen seit 6. 12. 2002 zu Recht bestehe, dass die Gegenforderung des Antragsgegners bis zur Höhe des Betrags von EUR

6.400 zu Recht bestehe und wies das gesamte Begehren von EUR 9.500 sA ab.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 Abs 1 Z 1 MRG insoweit, als der vereinbarten Zahlung keine gleichwertige Gegenleistung gegenüber gestanden sei. Maßgeblich sei der Wiederbeschaffungswert der durch die Mieterin übernommenen Einrichtungsgegenstände, der auf Grund eines Sachverständigengutachtens mit EUR 3.100 feststehe. Die aus Anlass des Mietvertragsabschlusses zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung sei somit im Umfang eines Betrages von EUR

6.400 unzulässig gewesen.

Der Antragsgegner sei, weil keine Weiterleitung des Ablösebetrages an einen Dritten erwiesen sei, auch passiv legitimiert. Er wäre daher grundsätzlich zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet. Allerdings stünden dem Antragsgegner titulierte Gegenforderungen zu. Wenn auch grundsätzlich eine Prozessaufrechnung erst nach Rechtskraft der Entscheidung im Außerstreitverfahren in Betracht komme, gelte dies doch dann nicht, wenn die Gegenforderung rechtskräftig festgestellt oder anerkannt worden sei (MietSlg LGZ Wien 47.154). Auch stehe das Kompensationsverbot des § 1440 Abs 2 ABGB der Aufrechnung nicht entgegen, weil sich die Antragstellerin darauf nicht berufen habe. Gegen den Willen der Antragstellerin sei von Amts wegen auf Aufrechnungshindernisse nicht Bedacht zu nehmen. Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

In rechtlicher Hinsicht teilte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, dass die zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner getroffene Vereinbarung über die Zahlung eines Betrages von EUR 9.500 als „Möbelinvestitionsablöse" teilweise dem Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 MRG zu unterstellen sei. Die Vereinbarung sei nur insoweit zulässig, als der vereinbarten Zahlung eine Gegenleistung gegenübergestanden sei. Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter seien diesbezüglich dieselben Grundsätze anzuwenden wie im Verhältnis Vormieter zu Nachmieter oder Hauptmieter zu Untermieter. In solchen Fällen habe der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Vereinbarung teilweise, nämlich insoweit als der Wiederbeschaffungswert der Einrichtungsgegenstände überstiegen werde, unwirksam sei (MietSlg 50.375; 47.294). Wohl sei es zutreffend, dass ein Vermieter für die „Zurverfügungstellung" von Einrichtungsgegenständen vom Mieter keine Einmalzahlung begehren dürfe, sondern allenfalls eine Möbelmiete nach § 25 MRG vereinbaren könne (MietSlg 43.237). Im vorliegenden Fall sei es aber nicht um die „Zurverfügungstellung" von Einrichtungsgegenständen während der Dauer des Mietvertrags gegangen, sondern habe die Antragstellerin die Einrichtungsgegenstände käuflich erworben. Auch wenn es ihr möglicherweise in erster Linie allein um die Wohnung gegangen sei, habe sie jedenfalls durch Zahlung des vom Vermieter für die Einrichtungsgegenstände verlangten Betrags einen Kaufvertrag abgeschlossen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin werde damit nicht die Bestimmung des § 25 MRG umgangen, weil es hier nicht um die bloße Miete von Einrichtungsgegenständen auf Bestanddauer gehe. Das Rekursgericht hielt auch die Aufrechnungseinrede im Verfahren für zulässig. Der Antragsgegner habe die Aufrechnung für den Fall erklärt, dass das Gericht das Antragsbegehren für ganz oder teilweise berechtigt ansehe. Eine bedingte prozessuale Aufrechnungserklärung sei jedoch rechtswirksam. Auf das Kompensationsverbot des § 1440 Satz 2 ABGB habe sich die Antragstellerin nicht berufen. Sie habe auch nicht nachweisen können, dass außergerichtlich im Zug der Gewährung eines Räumungsaufschubs bereits aufgerechnet worden sei. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil durch höchstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt sei, ob ein anlässlich des Abschlusses eines Mietvertrags vereinbarter Möbelkaufvertrag durch § 27 MRG untersagt sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinne einer Stattgebung ihres verfahrenseinleitenden Sachantrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragte in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil das Rekursgericht die Frage der Erfüllung der Voraussetzungen des § 1440 Satz 2 ABGB entgegen höchstgerichtlicher Rechtsprechung (SZ 69/192) von einem ausdrücklichen Einwand der Antragstellerin abhängig machte. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist auch teilweise berechtigt.

Unrichtig und mit dem Wortlaut des § 27 Abs 1 Z 1 MRG unvereinbar ist allerdings die Rechtsansicht des Revisionsrekurswerbers, eine entgeltliche Vereinbarung über den Kauf von Einrichtungsgegenständen verstoße zur Gänze gegen § 27 Abs 1 Z 1 MRG, weil bei einer Überlassung von Einrichtungsgegenständen nur § 25 MRG - die Vereinbarung eines Möbelmietzinses - in Betracht komme. Dem § 27 Abs 1 Z 1 MRG zu unterstellende Vereinbarungen können sich in verschiedensten Sachverhalten verkörpern und hinter den mannigfachsten Rechtsformen verbergen. Die rechtliche Konstruktion, wofür geleistet werden soll, ist bedeutungslos. Wesentlich ist immer, dass die Leistung in Ausnützung des Vermögens- und Seltenheitswertes des Mietobjekts gefordert und gegeben wird und eine gleichwertige Gegenleistung fehlt (RIS-Justiz RS0069888). Der Oberste Gerichtshof hat die Bestimmung des § 27 Abs 1 Z 1 MRG unter dieser Voraussetzung schon auf die Verknüpfung eines Mietvertrages mit einem Kaufvertrag über Einrichtungsgegenstände angewendet (5 Ob 66/94; 5 Ob 87/00f; vgl auch 5 Ob 162/01m), einen Werkvertrag (5 Ob 129/94), eine Weitergabeoption (5 Ob 192/98s), einen Baukostenzuschuss, der nicht einer echten Mietzinsvorauszahlung entsprach (5 Ob 128/98d) oder auf den Fall einer Vertragsstrafe (5 Ob 117/00t). Das hat entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zur Folge, dass Kaufverträge über Einrichtungsgegenstände per se gegen das Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 MRG verstoßen, sondern nur insoweit, als sie die Höhe des überlassenen Gegenwerts, hier des Wiederbeschaffungswerts der überlassenen Einrichtungsgegenstände, übersteigen (SZ 60/274; 5 Ob 87/00f; RIS-Justiz RS0069824), ohne dass die Voraussetzungen der laesio enormis erfüllt sein müssten. Ob solche Vereinbarungen oder Leistungen zwischen dem weichenden Mieter und dem neuen Mieter oder aber zwischen dem Vermieter und dem Mieter abgeschlossen werden, ist in Anbetracht der oben dargestellten Grundsätze bedeutungslos. Die zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner aus Anlass des Mietvertragsabschlusses getroffene Vereinbarung über den Erwerb von Einrichtungsgegenständen durch die Antragstellerin war daher teilnichtig, und zwar insoweit, als das geleistete Entgelt den Wiederbeschaffungswert der Einrichtungsgegenstände überstieg. Dass andererseits zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner ein Kaufvertrag über bestimmte, zuvor von der Antragstellerin besichtigte Einrichtungsgegenstände abgeschlossen wurde, kann nach den erstinstanzlichen Feststellungen nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.

Unzutreffend ist hingegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass auf das Aufrechnungshindernis des § 1440 Satz 2 ABGB nicht Bedacht genommen werden durfte, weil sich die Antragstellerin darauf nicht berufen hätte. Die Antragstellerin hat nämlich die Berechtigung der eingewendeten Gegenforderungen bestritten und sich zur Begründung ihrer eigenen Forderung auf die Bestimmung des § 27 Abs 1 Z 1 MRG, somit auf einen Vertrag berufen hat, der gegen ein gesetzliches Verbot verstieß. Die Rechtsprechung hat infolge der ex tunc-Wirkung der Nichtigkeit einer gegen § 27 Abs 1 Z 1 MRG verstoßenden Vereinbarung eine analoge Anwendung des § 1440 Satz 2 ABGB auf Rückforderungsansprüche des Mieters wegen unzulässig geleisteter Ablösen bejaht (RIS-Justiz RS0103255; RS0033960).

Der von den Vorinstanzen festgestellte Sachverhalt reicht aus, die Voraussetzungen des § 1440 Satz 2 ABGB als erfüllt anzusehen. Die Formulierung der genannten Gesetzesstelle lässt deren Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt zu, ohne dass es einer ausdrücklichen Berufung der davon begünstigten Partei auf dieses Aufrechnungsverbot bedürfte (SZ 69/192).

Die von den Vorinstanzen im Spruch des Sachbeschlusses vorgenommene Aufrechnung hat daher zu entfallen. Die Aufrechnungseinrede war abzuweisen (RIS-Justiz RS0033992).

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist somit teilweise berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF iVm § 43 Abs 1 ZPO hinsichtlich von der Antragstellerin anteilig zu tragender Sachverständigengebühren.

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