OGH 9ObA3/06s

OGH9ObA3/06s4.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz K*****, Angestellter, *****, vertreten durch Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte in Mödling, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 62.518,92 sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. November 2005, GZ 9 Ra 63/05h-24, womit der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Februar 2005, GZ 3 Cga 57/04w-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs und die Replik der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag der Beklagten auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (gegen die Versäumung der Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten, der Tagsatzung vom 21. 9. 2004 und der Erhebung eines Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil vom 21. 9. 2004) wegen grob schuldhafter Säumnis der Beklagten ab. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten mangels Vorliegens einer Säumnis nicht Folge. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es mit der Begründung zu, dass die rekursgerichtliche Entscheidung eine „andere Rechtsfolge" bewirke als der angefochtene Beschluss. Es liege daher keine Bestätigung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vor. Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, in der Sache zu entscheiden und dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben; hilfsweise wird die Aufhebung und der Auftrag an das Rekursgericht beantragt, in der Sache selbst zu entscheiden.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs - auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen (9 ObA 128/03v; 8 ObA 62/05h ua) - jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Dieser Ausnahmefall liegt hier nicht vor; die Verweigerung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Zurückweisung der Klage nicht gleichzuhalten (RIS-Justiz RS0044536 ua).

Der Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO geht der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs 1 ZPO vor und verhindert jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses (RIS-Justiz RS0112314 ua). Der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichts bindet den Obersten Gerichtshof nicht (vgl RIS-Justiz RS0107959 ua). Der Ausschluss des Revisionsrekurses gegen einen zur Gänze bestätigenden Beschluss des Rekursgerichts gilt unbedingt. Ein Rechtsmittel ist daher diesfalls unter allen Umständen unzulässig (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 528 Rz 114 ua). Das Rekursgericht meint nun allerdings in der Begründung seines Zulassungsausspruchs unter Berufung auf bei Kodek in Rechberger, ZPO² § 528 Rz 4, wiedergegebene ältere Rechtsprechung zur Bestätigung der Klagezurückweisung durch das Rekursgericht aus einem anderen Grund als durch das Erstgericht, dass hier keine bestätigende Entscheidung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vorliege, weil die Rekursentscheidung eine andere Rechtsfolge bewirke als der erstgerichtliche Beschluss. Richtig ist, dass das Vorliegen einer bestätigenden Entscheidung des Rekursgerichts von der Rechtsprechung dann verneint wurde, wenn die erste Instanz die Klage wegen Streitanhängigkeit, die zweite Instanz aber wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs (3 Ob 848/30, SZ 12/311), bzw die erste Instanz die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit, die zweite Instanz wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen hat (6 Ob 319/69, JBl 1971, 94). Der Oberste Gerichtshof betonte dabei, dass die jeweils rechtskräftige Entscheidung durch das Rekursgericht, die sich auf die Unzulässigkeit des Rechtswegs stützte, der neuerlichen Klageeinbringung durch den Kläger entgegen stehe, was demgegenüber bei der jeweiligen erstgerichtlichen Klagezurückweisung aus anderem Grund nicht der Fall sei. Hiezu ist anzumerken, dass seit der WGN 1989, BGBl 1988/343, die Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen, wie schon erwähnt, eine ausdrückliche Ausnahme von der Unzulässigkeit des Revisionsrekurses bei bestätigender Rekursentscheidung darstellt (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO). Der Gesetzgeber ließ sich dabei von der Überlegung leiten, dass trotz bestätigender Entscheidung des Rekursgerichts ein Revisionsrekurs zulässig sein soll, wenn der Rechtsschutzanspruch überhaupt verneint wird (vgl Petrasch, ÖJZ 1989, 743 [751 mwN] ua).

Ein vergleichbarer Fall liegt aber hier nicht vor. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Tagsatzung und von Prozesshandlungen vom Erstgericht abgewiesen und dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten vom Rekursgericht nicht Folge gegeben. Aus der vorgenannten Rechtsprechung zu unterschiedlichen Rechtsfolgen je nach Begründung der Klagezurückweisung durch die zweite Instanz ist daher für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Dass die Bestätigung durch das Rekursgericht aus anderen Gründen als jenen des Erstgerichts erfolgte, ändert nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nichts an der Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (RIS-Justiz RS0044456 ua). In der Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gegen eine im Rahmen des Wiedereinsetzungsverfahrens ergangene bestätigende Rekursentscheidung liegt - gerade aus der Sicht des Wiedereinsetzungsgegners - auch kein Wertungswiderspruch; denn selbst im Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung zugunsten der Beklagten als Wiedereinsetzungswerberin durch das Rekursgericht wäre dem Kläger kein Revisionsrekurs offen gestanden (§ 153 ZPO). Dieser Rechtsmittelausschluss begegnet nach der Rechtsprechung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl RIS-Justiz RS0102361 ua). Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten ist ebenfalls unzulässig, weil der ZPO die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Rechtsmittels fremd ist (Zechner aaO § 507 Rz 5; 3 Ob 102/04b ua). Sie ist daher ebenfalls zurückzuweisen. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu. Eine Replik auf die Rechtsmittelgegenschrift des Gegners ist nicht vorgesehen; die Replik des Klägers ist daher gleichfalls zurückzuweisen (Zechner aaO § 507 Rz 26; RIS-Justiz RS0041666 ua).

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