Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die verpflichtete Partei (früher M***** Gesellschaft mbH, später MP Temporärpersonal GmbH bzw H***** GmbH) wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des LGZ Graz vom 28. September 2003 u.a. zur Unterlassung verpflichtet, in ihrem Firmenwortlaut den Begriff „M*****" oder irgendeinen ähnlichen Namen, in welcher Schreibweise auch immer, zu verwenden sowie die Bezeichnung „M*****", in welcher Form auch immer im geschäftlichen Verkehr zu verwenden und Dienstleistungen unter dieser Bezeichnung anzubieten. Über Antrag der betreibenden Partei bewilligte das BG Graz am 5. Dezember 2004 wegen behaupteter Verstöße gegen den Exekutionstitel zur Erwirkung der Unterlassung die Exekution nach § 355 Abs 1 EO und verhängte über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 10.000 EUR (ON 5). Über Rekurs der verpflichteten Partei bestätigte das Rekursgericht die Exekutionsbewilligung und reduzierte lediglich die Strafe auf 5.000 EUR (ON 13).
Wegen nachfolgender Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtung beantragte die betreibende Partei mit ihren insgesamt 12 weiteren Strafanträgen die Verhängung weiterer Geldstrafen (ON 15, 17, 19, 20, 21, 22, 24, 27, 30, 31, 33 und 35). Diesen Strafanträgen wurde mit der Entscheidung des Rekursgerichts vom 21. Oktober 2005 teilweise stattgegeben (ON 53). Der gegen die Rekursentscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 29. März 2006, AZ 3 Ob 13/06t, zurückgewiesen.
Mit ihrer am 25. Juli 2005 beim Erstgericht eingelangten Impugnationsklage (ON 36) beantragte die verpflichtete Partei die Unzulässigerklärung der zur Erwirkung der titelmäßigen Unterlassungsansprüche zu AZ 48 E 7699/04b des BGZ Graz geführten Exekution „hinsichtlich der Exekutionsbewilligung" und stellte, gestützt auf § 42 Abs 1 Z 5 EO, den Antrag, die „bewilligten Exekutionen zur GZ 48 E 7699/04b in eventu die mit Beschluss des Bezirksgerichts Graz vom 03. 11. 2004 bewilligte Exekution (richtig: vom 5. Dezember 2004) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der verpflichteten Partei eingebrachte Impugnationsklage" aufzuschieben. In der Klage und im Aufschiebungsantrag wird u.a. ausgeführt, dass die Werbung schon vor der Exekutionsführung eingestellt worden sei. Die von der betreibenden Partei inkriminierten Verstöße seien der verpflichteten Partei nicht zuzurechnen und von ihr schon abgestellt worden. Der Firmenwortlaut der verpflichteten Partei sei schon lange vor den von der betreibenden Partei behaupteten Verstößen geändert worden. Die verpflichtete Partei habe den Teilbetrieb „Arbeitskräfteüberlassung und Personaldienstleistung" bereits im März 2004 veräußert und eine Änderung des Firmenwortlauts durchgeführt. An den Einschaltungen im „elektronischen Telefonbuch" treffe die verpflichtete Partei kein Verschulden.
Das Erstgericht wies den Aufschiebungsantrag mit der wesentlichen Begründung ab, dass sich die Impugnationsklage nur gegen die ursprüngliche Exekutionsbewilligung vom 5. Dezember 2004 und die dort angenommenen Titelverstöße richte. Die Beugestrafe sei in der Zwischenzeit aber rechtskräftig geworden. Deren Einhebung erfolge nach den Vorschriften des GEG 1962 im Justizverwaltungsweg. Eine „judizielle Kompetenz" fehle. Die verpflichtete Partei könne einen Antrag nach § 9 GEG 1962 stellen. Eine Aufschiebung der bereits rechtskräftig verhängten Geldstrafe sei nicht „möglich". Das Rekursgericht hob über Rekurs der verpflichteten Partei den erstinstanzlichen Beschluss zur Verfahrensergänzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund auf. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der vom Erstgericht herangezogenen oberstgerichtlichen Entscheidung 3 Ob 5/04p ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen sei. Dort habe die verpflichtete Partei ausdrücklich nur aus wirtschaftlichen Gründen einen Stundungsantrag in Ansehung der verhängten Geldstrafe gestellt. Der Oberste Gerichtshof habe ausgesprochen, dass über Stundungsanträge in Ansehung rechtskräftig verhängter Geldstrafen nach § 355 EO im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid zu erkennen sei. Im vorliegenden Fall begehre die verpflichtete Partei aber nicht eine Stundung gemäß § 231 EO, sondern die Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 Abs 1 Z 5 EO wegen der gleichzeitig eingebrachten Impugnationsklage. Über einen solchen Aufschiebungsantrag sei aber im Exekutionsverfahren zu entscheiden und zu prüfen, ob die Aufschiebungsvoraussetzungen gegeben seien. Ob die verhängte Beugestrafe bereits rechtskräftig sei oder nicht, sei nicht entscheidungswesentlich, weil die im § 1 Z 2 GEG 1962 vorgesehene amtswegige Einbringung der Geldstrafen die Rechtskraft der Verhängung nicht voraussetze. Wenn die Exekution nach § 355 EO aber aufgeschoben werde, könnten auch bereits rechtskräftig verhängte Geldstrafen, soweit sie von der Aufschiebung betroffen seien, nicht mehr zwangsweise eingebracht werden. Da das Erstgericht - ausgehend von seiner vom Rekursgericht nicht geteilten Rechtsansicht - das Vorliegen der Aufschiebungsvoraussetzungen nicht geprüft und dazu keine Feststellungen getroffen habe, sei die Verfahrensergänzung aufzutragen.
Der ordentliche Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil die zitierte Entscheidung 3 Ob 5/04p allenfalls auch iSd des Erstgerichts ausgelegt werden könnte.
Mit ihrem Rekurs beantragt die betreibende Partei die Abänderung dahin, dass der den Aufschiebungsantrag abweisende Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Im Bereich der Exekution nach § 355 EO ist nach ständiger Rechtsprechung nicht nur gegen die Exekutionsbewilligung, sondern auch gegen jeden einzelnen Strafbeschluss die Impugnationsklage zulässig (RIS-Justiz RS0000939; 3 Ob 54/04v mwN; Jakusch in Angst, EO, § 36 Rz 20). Die Impugnationsklage der verpflichteten Partei richtet sich hier gegen die rechtskräftige Exekutionsbewilligung und den damit verbundenen ersten Strafbeschluss vom 5. Dezember 2004. Die später mit der Entscheidung des Rekursgerichts erlassenen Strafbeschlüsse bleiben schon deshalb außer Betracht, weil sie gesondert mit Impugnationsklage bekämpft werden müssten (RS0114675).
Die Rekurswerberin steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die
Rechtskraft des Strafbeschlusses einer Aufschiebung der Exekution
entgegenstehe, weil der verpflichteten Partei nur die Möglichkeit
eines Stundungsansuchens nach den Bestimmungen des GEG 1962 bei der
Justizverwaltungsbehörde offenstünde. Für die Aufschiebung der zur
Hereinbringung der verhängten Geldstrafe (aufgrund eines
Zahlungsauftrags nach § 6 Abs 1 GEG 1962) geführten Exekution mangle
es an der „judiziellen Kompetenz". Mit dieser Ansicht missversteht
die Rekurswerberin die von ihr zitierte Entscheidung 3 Ob 5/04p = SZ
2004/18 = EvBl 2004/139 = RPflE 2004/52:
Auch dieser Entscheidung lagen eine rechtskräftige Exekutionsbewilligung mit einer (ersten) Strafverhängung zugrunde. Ein Zahlungsauftrag war erlassen worden. Das Erstgericht gab dem Stundungsantrag der verpflichteten Partei statt, das Rekursgericht wies den Antrag ab. Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlass des Revisionsrekurses der verpflichteten Partei die Entscheidung der Vorinstanzen als nichtig mit der wesentlichen Begründung auf, dass iS einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über entgegen § 9 Abs 5 GEG 1962 gestellte Stundungsanträge im Verwaltungsweg zu erkennen sei und führte zu der hier interessierenden Frage der Zulässigkeit der Aufschiebung der Exekution (gemeint: auch der zur Hereinbringung der rechtskräftigen Geldstrafe geführten Exekution) aus, dass sich die erörterte Rechtslage (über die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde über Stundungsanträge) harmonisch in das bestehende - auch Interessen des Verpflichteten berücksichtigende - Rechtsschutzsystem einfüge, weil der Zahlungsauftrag des gerichtlichen Kostenbeamten nach § 6 Abs 1 GEG 1962 ein „Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung" sei und der Verpflichtete im Falle der Titelexequierung nach § 11 Abs 1 GEG 1962 trotz Anhängigkeit einer Impugnationsklage gemäß § 36 Abs 1 Z 1 EO gegen den Betreibenden der Unterlassungsexekution, in deren Rahmen die schließlich durch Zahlungsaufträge des gerichtlichen Kostenbeamten titulierten Geldstrafen verhängt wurden, die Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 Abs 1 Z 5 EO beantragen könne. Die Rechtmäßigkeit der betriebenen Geldstrafen hänge vom rechtlichen Schicksal der im Impugnationsprozess bekämpften Exekutionsbewilligung ab. An dieser Ansicht hält der erkennende Senat fest und ergänzt sie wie folgt:
Die Vorentscheidung geht im Ergebnis von einer Einheit der Exekutionsführung nach § 355 EO und der Titelexequierung nach § 11 Abs 1 GEG 1962 zur Hereinbringung der Geldstrafe aus, was durchaus sachgerecht ist, dient doch die Einbringlichmachung der Geldstrafe der Erzeugung des Drucks auf den zur Unterlassung Verpflichteten, damit sich dieser titelgemäß verhält. Zu prüfen sind jedoch die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer im Exekutionsverfahren nach § 355 EO aufgrund einer Impugnationsklage erwirkten Aufschiebung der Exekution, die Frage also, ob diese Aufschiebung auch die Exekutionsführung zur Hereinbringung der Geldstrafe miteinschließt oder aber nur Grundlage (Aufschiebungsgrund) für die Aufschiebung dieses Verfahrens über weiteren Antrag des Verpflichteten bildet. Der Gedanke der Einheit beider Exekutionsverfahren ist mit der dienenden Funktion der an die Exekutionsbewilligung und den Strafbeschluss anschließenden Exekutionsführung zur Hereinbringung der Geldstrafe zu begründen. Die Besonderheit besteht ja hier nur darin, dass der Geldtitel von einem Verwaltungsorgan geschaffen wird (§ 6 GEG). Dies darf jedoch nicht die Sicht auf den wesentlichen Gedanken verstellen, dass im Falle der Erhebung von Einwendungen nach § 36 EO sich die Impugnationsgründe gegen die Vollstreckbarkeit des titelmäßigen Anspruchs insgesamt richten und keinerlei Gründe ersichtlich sind, den Verpflichteten den Rechtsschutz im Exekutionsverfahren nach § 11 GEG 1962 ausschließlich aus dem Grund zu verweigern, dass die Titelschöpfung von einem Verwaltungsorgan stammt. Dazu kann auf die zutreffenden Erwägungen der von der Lehre gebilligten Rechtsprechung (Jakusch aaO § 36 Rz 4) verwiesen werden, wonach der Rechtsweg jedenfalls dann zulässig ist, wenn die Vollstreckbarkeit von nach § 7 Abs 2 EO zu beweisenden Tatsachen abhängt (RIS-Justiz RS0000193), hier also vor allem von der Richtigkeit der Behauptungen der verpflichteten Partei, keine Titelverstöße gesetzt zu haben bzw. dass die Namensverwendung ohne ihr Einwirken und Verschulden erfolgt sei. Wenn sich demnach und iSd zitierten Vorentscheidung 3 Ob 5/04p eine Impugnationsklage zwangsläufig auch gegen eine Exekution aufgrund eines Zahlungsauftrags nach § 6 GEG 1962 richten kann, so muss auch eine Aufschiebung der zur Hereinbringung der Geldstrafe geführten Exekution rechtlich zulässig sein.
Zu fragen ist daher nur mehr, ob im Falle einer schon anhängigen Exekution zur Hereinbringung der Geldstrafe auch gegen diese und kumulativ zur Klageführung gegen die Exekutionsbewilligung und den Strafbeschluss im Exekutionsverfahren nach § 355 EO eine weitere Impugnationsklage erhoben werden muss. Eine solche Doppelgleisigkeit widerspricht dem angesprochenen Einheitsgedanken und würde nur zu einem unnötigen, kostenverursachenden Mehraufwand führen. Die auch gegen eine rechtskräftige Exekutionsbewilligung erhobenen Einwendungen und ein darauf gestütztes Begehren auf Unzulässigkeit der Exekutionsführung nach § 355 EO lösen vielmehr die Rechtsfolge aus, dass auch - allerdings nur über Antrag - die Exekution zur Hereinbringung der Geldstrafe aufgeschoben werden kann (§ 42 Abs 1 Z 5 EO analog). Eine Antragstellung ist schon deshalb zu fordern, weil verschiedene Exekutionsgerichte befasst sein können und im Exekutionsverfahren zur Hereinbringung der Geldstrafe die Aufschiebung der Exekution im Verfahren nach § 355 EO keineswegs notorisch ist. Der erkennende Senat gelangt daher abschließend zu folgendem Ergebnis: Die wegen einer Impugnationsklage (§ 36 EO) gegen eine rechtskräftige Exekutionsbewilligung und den damit verbundenen Strafbeschluss erwirkte Aufschiebung der Exekution nach § 355 EO bildet die Grundlage für einen Aufschiebungsantrag in jenem Exekutionsverfahren, das aufgrund eines Zahlungsauftrags nach § 6 Abs 1 GEG 1962 zur Hereinbringung der Geldstrafe gemäß § 11 Abs 1 GEG 1962 geführt wird (§ 42 Abs 1 Z 5 EO im Wege der Analogie). Aus den dargelegten Gründen ist ein zulässiges Rechtsschutzbedürfnis der verpflichteten Partei an der Aufschiebung der Exekution nach § 355 EO zu bejahen. Das Rekursgericht hat zutreffend die Abweisung des Aufschiebungsantrags durch das Erstgericht, die inhaltlich eine Zurückweisung des Aufschiebungsantrags bedeutet, zur Prüfung der Voraussetzungen einer Aufschiebung der Exekution aufgehoben. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens fußt auf den §§ 40, 50 Abs 1 ZPO und § 78 EO.
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