OGH 6Ob230/05z

OGH6Ob230/05z1.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H*****, vertreten durch Dr. Walter Anzböck und Dr. Joachim Brait, Rechtsanwälte in Tulln, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 28. Juni 2005, GZ 21 R 150/05i-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Stockerau vom 7. Februar 2005, GZ 2 C 916/04d-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichthofs. Der Anwendungsbereich des MRG ist nach der im § 1 Abs 1 MRG enthaltenen Aufzählung grundsätzlich auf die Raummiete beschränkt. Superädifikate, die auf vermieteten Grundstücken vertragsgemäß zu Wohn- oder Geschäftszwecken errichtet werden, sind als Räume anzusehen, die ohne die Miete des Grundstücks nicht Bestand haben können. Die ständige oberstgerichtliche Rechtsprechung wendet daher auf die Miete von Grundstücken zur Errichtung eines Wohn- oder eines Geschäftsraums das MRG analog an (RIS-Justiz RS0020986; RS0069454; RS0069261; RS0066883). Die Richtigkeit dieser zuletzt in der Entscheidung 6 Ob 88/05t aufrecht erhaltenen Rechtsprechung bestreitet der Revisionswerber ebenso wenig wie die Qualifikation der von der Beklagten auf den gemieteten Flächen errichteten Bauwerke als Superädifikate. Er wendet sich in seiner Zulassungsbeschwerde lediglich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es sich bei der Gasstation bzw Gassonde um eine Geschäftsräumlichkeit iSd § 1 Abs 1 MRG handle, weil diese der Allgemeinheit, insbesondere betriebsfremden Personen nicht zugänglich seien und deshalb nicht als Geschäftsräumlichkeiten im normalen sprachgebräuchlichen Sinn einzuordnen seien.

Auch in diesem Punkt ist das Berufungsgericht nicht von der Rechtsprechung abgewichen.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist der Begriff der „Geschäftsräumlichkeit" im § 1 Abs 1 MRG weit zu verstehen, was nicht zuletzt die in dieser Gesetzesstelle enthaltene, bloß beispielhafte Aufzählung zeigt (2 Ob 2062/96s; 9 Ob 47/04h). Die Rechtsprechung stellt auf den „normalen Sprachgebrauch" ab und versteht daher unter Geschäftsräumlichkeiten dreidimensional abgeschlossene, geschäftlichen Zwecken dienende Gebilde (SZ 57/194; 6 Ob 624/92; 9 Ob 47/04h; siehe auch F. Bydlinski, Superädifikate und Kündigungsschutz, JBl 1984, 241 [251]). Dass von einer „Geschäftsräumlichkeit" nur dann gesprochen werden könne, wenn sie der Allgemeinheit zugänglich sei, entspricht nicht den in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien. So war die in der Entscheidung 9 Ob 47/04h zu beurteilende Senderunterkunft, die für den Sendebetrieb erforderlichen Geräte beherbergte, nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht für die Allgemeinheit zugänglich. Hinzu kommt, dass die in § 1 Abs 1 MRG als Beispielfall von „Geschäftsräumlichkeiten" angeführten Magazine in aller Regel nicht für den Publikumsverkehr offen stehen. Nach den Feststellungen besteht die Gasstation ua aus einem Messgebäude, einer Kontrollwarte und E-Gebäude. Jedenfalls auf diese trifft die Voraussetzung von dreidimensional abgeschlossenen, geschäftlichen Zwecken dienenden Gebilde sowohl nach dem maßgebenden Inhalt des Vertrags als auch nach der tatsächlichen Nutzung zu. Dass die mit einem Aufwand von mehreren Millionen Euro errichtete Gasstation nicht bloß eine „Nebensache" darstellt, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt und wird vom Revisionswerber ebenso wenig bestritten wie, dass die Gasstation der Geschäftstätigkeit der Beklagten dient. Ob auch die Gassonde als „Geschäftsräumlichkeit" anzusehen ist, ist nicht erheblich, weil wegen des grundsätzlich unteilbaren Schicksals des Mietvertrags auch dort, wo lediglich Teile des Mietgegenstands unter Mieterschutz stehen, der ganze Mietgegenstand nur aus wichtigen Gründen aufgekündigt werden kann (SZ 57/194 ua; F. Bydlinski aaO 252).

Da somit das Berufungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Stichworte