OGH 2Ob2062/96s

OGH2Ob2062/96s9.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Agrargemeinschaft G*****, vertreten durch Dr.Klaus Eberherr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Carl Joachim K*****, vertreten durch Dr.Peter Riedmann, Dr.G.Heinz Waldmüller und Dr.Martin Baldauf, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Räumung und Unterlassung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20.Dezember 1995, GZ 4 R 588/95-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 3.Juli 1995, GZ 17 C 475/94b-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

1. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie als Teilurteile zu lauten haben.

"Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die Jagdhütten auf Hochegg auf dem Grundstück 820/1 und auf Brunnemais auf dem Grundstück 490 jeweils KG G***** binnen 14 Tagen von den nicht in Bestand gegebenen Fahrnissen geräumt zu übergeben."

Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Klagebegehrens entfallenden Kosten bleibt dem Endurteil vorbehalten.

2. Im übrigen also bezüglich des Unterlassungsbegehrens, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die auf diesen Teil des Klagebegehrens entfallenden Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Eigentümerin zweier vom Beklagten gemieteten Jagdhütten in Tirol. In dem (unrichtig als "Pachtvertrag" bezeichneten) Mietvertrag wurde ihm auch die unentgeltliche Benützung der Forstwege "durch ihn selbst, den bestellten Jagdschutzpersonen und den eingeladenen Jagdgästen" gestattet.

Die klagende Partei begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, die beiden Jagdhütten zu räumen und die Benützung der Forstwege durch ihn selbst, den bestellten Jagdschutzpersonen und den Jagdgästen zu unterlassen.

Sie brachte dazu vor, daß das Mietverhältnis für die Dauer der Jagdpacht der Genossenschaftsjagd G***** durch den Beklagten bis zum 31.3.2001 abgeschlossen worden sei. Nach Punkt II des Mietvertrages sei sie zur Auflösung des Vertrages berechtigt, sofern der Beklage den jeweils im voraus am 1.4. eines jeden Jahres zu bezahlenden Zins von S 15.000,-- trotz Mahnung und Nachfristsetzung nicht bezahle. Der Beklagte sei mit Schreiben vom 15.4.1994 unter Nachfristsetzung vergeblich zur Bezahlung des Zinses für 1994 aufgefordert worden, worauf am 5.5.1994 schriftlich die Auflösung des Vertrages erklärt worden sei. Der Auflösungserklärung sei zwar vom Beklagten widersprochen und der Zins sei bezahlt worden. Diesen habe sie aber wieder zurücküberwiesen. Die Räumungsklage werde auch auf § 1118 ABGB gestützt, weil der Beklagte die Jagdhütte verkommen lasse, obwohl er nach dem Vertrag verpflichtet sei, für die laufende Instandhaltung und für die notwendigen Reparaturen zu sorgen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Erst das Schreiben vom 5.5.1994 habe eine Rücktrittserklärung enthalten, weshalb erst mit dessen Zugang die Nachfrist zu laufen begonnen habe. Der Pachtschilling sei zeitgerecht bezahlt worden. Eine vorzeitige Vertragsauflösung sei sittlich nicht gerechtfertigt. Die Zurückbehaltung des Pachtschillings sei auch gerechtfertigt gewesen, weil sich die klagende Partei geweigert habe, ihm oder seinem Jagdpersonal einen Schrankenschlüssel auszufolgen, weshalb er nicht zur Jagdhütte zufahren habe können. Die klagende Partei sei ihm gegenüber mit dem Ersatz von Gebühren säumig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es ging von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der Beklagte ist seit dem 1.4.1991 Jagdpächter der Genossenschaftsjagd G*****. Unabhängig von dieser Verpachtung schlossen die Streitteile im Frühjahr 1991 einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag über zwei Jagdhütten.

Der Vertrag lautet auszugsweise:

"I.

Gegenstand

Die Agrargemeinschaft G***** ist Eigentümerin der Jagdhütten

a) auf "Hochegg" auf Gp ... und

b) auf "Brunnemais" auf Gp... Herr K***** Carl Joachim

ist seit 1.4.1991 Jagdpächter der Genossenschaftsjagd in G*****

Die Agrargemeinschaft (in der Folge kurz Verpächterin genannt) verpachtet hiemit die beiden oa. Jagdhütten an Herrn K***** Carl Joachim (in der Folge kurz Pächter genannt) mit Beginn des Jagdpachtverhältnisses in dem dem Pächter bekannten Umfang und Zustand.

II.

Vertragsdauer

Das Vertragsverhältnis hat am 1.4.1991 begonnen und wird auf die Dauer als der Pächter Jagdpächter der Genossenschaftsjagd G***** ist, das ist längstens 31.3.2001, abgeschlossen.

Die Verpächterin hat das Recht, dieses Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung jederzeit aufzulösen, falls

a) der Pächter mit der Begleichung der ihn auf Grund dieses Vertrages treffenden Zahlungsverpflichtung dergestalt in Rückstand gerät, daß trotz Mahnung und Setzung einer Nachfrist von mindestens 14 Tagen auch nur Teilbeträge unberichtigt bleiben;

b) der Pächter einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht.

Der Pächter ist jederzeit berechtigt, dieses Vertragsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten jeweils zum 31.3. aufzukündigen.

III.

Pachtzins

Der Pachtzins wird mit jährlich öS 15.000,-- (i.Worten Schilling fünfzehntausend) inkl der gesetzl. Umsatzsteuer in der jeweiligen Höhe vereinbart.

...

IV.

Betriebskosten

Der Pächter ist verpflichtet, sämtliche anfallende Betriebskosten, Abgaben und Gebühren alleine zu entrichten.

V.

Instandhaltung

Der Pächter verpflichtet sich, während der gesamten Bestandszeit die Jagdhütten im ortsüblichen Zustand zu erhalten wie er sie übernommen hat und die laufenden und notwendigen Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten unverzüglich durchzuführen.

Schaden an den Hütten sind der Verpächterin unverzüglich mitzuteilen.

Die mit der Renovierung und Instandhaltung der Hütten verbundenen Kosten werden vom Pächter getragen, ohne daß ihm Ersatzansprüche gegen die Verpächterin zustehen.

VI.

Einbauten

Um- und Erweiterungsbauten bedürfen unbeschadet einer baubehördlichen Genehmigung der Zustimmung durch die Verpächterin.

Soweit im Zuge der Instandhaltung, von Zu- und Einbauten Materialien mit den Objekten in feste Verbindung gebracht werden, gehen diese ohne Ersatzansprüche in das Eigentum der Verpächterin über. Dies gilt auch für eventuelle Strom- und Wasseranschlüsse.

VII.

Beendigung

Bei Beendigung des Pachtverhältnisses, auf welche Art immer, sind die Bestandobjekte geräumt und im ordentlichen und gereinigten Zustand zurückzustellen.

VIII.

Allgemeines

Das gegenständliche Bestandsverhältnis unterliegt nicht den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes.

...

...

Abänderungen oder Ergänzungen zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform und der vorausgehenden Beschlußfassung des dafür zuständigen Organes der Verpächterin.

IX.

Benützung d.Forstwege

Die Agrargemeinschaft G***** als Eigentümerin und Verwalterin der Forstwege im Gemeindegebiet von G***** gestattet dem Pächter die unentgeltliche Benützung der Forstwege durch ihn selbst, den bestellten Jagdschutzpersonen und den eingeladenen Jagdgästen jedoch ohne jegliche Haftung auch gegenüber dritten Personen."

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß über diese Vertragsbestimmungen hinaus weitere Vereinbarungen getroffen wurden, insbesondere war nicht erweislich, daß Punkt V (Instandhaltung) näher besprochen und erörtert wurde.

Die Jagdhütten wurden vor ca 25 Jahren ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel neu errichtet.

Der Beklagte hat bei einer der Jagdhütten verschiedene Renovierungsarbeiten im Innenbereich durchgeführt. So wurde ein Holzboden errichtet, die Decke neu gemacht und an der Außenfassade ein Kamin angebracht. Während des Bestandverhältnisses kam es immer wieder zu Problemen, weil die Dächer beider Hütten undicht waren. Der Beklagte hat verschiedene Abdichtungsarbeiten durchgeführt. Bei einer der Hütten wurde jährlich neue Dachpappe aufgelegt, bei der anderen wurde versucht, das Dach im Kaminbereich mit Dachpappe und Bitumen abzudichten. Es gelang dadurch, kurzfristige Abdichtungen zu erreichen, doch kam es längerfristig immer wieder zu Wassereintritten. Bei einer Hütte war ursprünglich eine Dachrinne aus Holz vorhanden, die im Laufe der Zeit verfaulte. Der derzeitige Zustand des Daches einer Jagdhütte macht die völlige Neuerstellung der Dacheindeckung notwendig. Die Kosten hiefür betragen S 67.853,40. Es konnte nicht festgestellt werden, daß Renovierungsarbeiten des Beklagten die Neuherstellung des Daches bedingten. Er vertrat die Ansicht, daß die klagende Partei für eine völlige Neuherstellung des Daches zuständig sei. Dem Vater des Beklagten, der zuvor Bestandnehmer der klagenden Partei bei identen Vertragsbedingungen gewesen war, war von ihr für Renovierungsarbeiten Material zur Verfügung gestellt worden.

Im Jahre 1994 wurde der zum 1.4.1994 fällige Bestandzins nicht rechtzeitig bezahlt. Die klagende Partei forderte mit Schreiben vom 15.4.1994 den Beklagten auf, den fälligen Pachtzins binnen 2 Wochen zu überweisen. Da eine Bezahlung innerhalb der gesetzten Frist nicht erfolgte, richtete der Rechtsvertreter der klagenden Partei nachstehendes Schreiben an den Beklagten: "... Mit Pachtvertrag haben Sie von meiner Mandantschaft die Jagdhütten auf "Hochegg" und "Brunnemais" gepachtet. In Punkte II des Vertrages wurde ausdrücklich vereinbart, daß der Verpächter berechtigt ist, das Vertragsverhältnis jederzeit aufzulösen, wenn trotz Mahnung und Setzung einer Nachfrist von 14 Tagen auch nur ein Teilbetrag des Pachtzinses unberichtigt bleibt. Sie wurden von meiner Mandantschaft gemahnt und haben trotz 14-tägiger Nachfristsetzung den Pachtzins für 1994 nicht bezahlt. Der Pachtzins war mit 1.4.1994 fällig. Meine Mandantschaft erklärt daher das Pachtverhältnis betreffend die beiden genannten Jagdhütten für aufgelöst. Ich fordere Sie auf, binnen 14 Tagen die Jagdhütten von Ihren Fahrnissen zu räumen und die Schlüssel zu den Jagdhütten bei dem Agrargemeinschaftsobmann Helmut H***** abzugeben".

Diese Auflösungserklärung ging dem Beklagten am 11.5.1994 zu. Mit Schreiben vom 13.5.1994 trat er der ausgesprochenen Auflösung entgegen und wies darauf hin, daß der Pachtzins überwiesen worden sei. Tatsächlich hatte er nach der erfolgten Vertragsauflösung den gesamten Bestandzins an die klagende Partei einbezahlt. Er langte etwa Mitte Mai 1995 (wohl richtig 1994) auf dem Konto der klagenden Partei ein. Mit Schreiben vom 18.5.1994 teilte diese dem Beklagten mit, daß der Pachtzins für das Jahr 1994 nicht angenommen und als verspätet zurücküberwiesen werde, was auch geschah.

Über Wunsch des Beklagten wurde eines der Bestandobjekte an eine bestehende Wasserleitung angeschlossen. Dies war bei Vertragsabschluß nicht besprochen worden. Der Gemeinde gegenüber entstanden dadurch Anschlußgebühren in Höhe von S 14.170,--, die der Beklagte bezahlte. Der Beklagtenvertreter forderte am 4.7.1994 die klagende Partei zum Ersatz dieser Gebühren auf. Dies wurde von ihr abgelehnt.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß die Vermietung der Jagdhütten offenkundig geschäftlichen Zwecken gedient habe, weshalb das Mietrechtsgesetz anzuwenden sei. Es liege der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 4 MRG vor, weil beide Bestandobjekte nach dem 30.6.1953 ohne öffentliche Mittel errichtet worden seien. Die zwingenden Bestimmungen des MRG fänden in Bezug auf die Instandhaltungspflichten keine Anwendung. Zwar spreche Punkt V des Vertrages zum Teil dafür, daß dem Beklagten die Pflicht zur Erhaltung im ortsüblichen Zustand und die Durchführung von notwendigen Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten übertragen worden sei, doch sei auch festgehalten worden, daß Schäden an den Hütten der Verpächterin unverzüglich mitzuteilen seien. Damit bestehe eine gewissen Unklarheit hinsichtlich der Instandhaltungspflicht, die zu Lasten der vertragserrichtenden klagenden Partei gehe. Überdies seien dem Vater des Beklagten als früheren Mieter bei identen Vertragsbestimmungen Materialien zur Verfügung gestellt worden, um verschiedene Arbeiten durchzuführen. Es könne daher nicht in unzweifelhafter Weise davon ausgegangen werden, daß die Instandhaltungspflicht dem Beklagten überwälzt worden sei. Ein qualifizierter Mietzinsrückstand im Sinne der §§ 29 MRG, 1118 ABGB liege nicht vor, weil ein Verzug erst ab der nächsten Zinsperiode also erst ab 1.4.1995, gegeben gewesen wäre.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß für den Fall, daß es sich bei den Jagdhütten um Geschäftsräumlichkeiten handelt, der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zum Tragen komme, weshalb lediglich die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG anzuwenden wären, es den Parteien aber freigestanden wäre, die Erhaltungspflicht des Bestandnehmers abweichend von der Bestimmung des § 1096 ABGB zu regeln. Aus dem Vertrag ergebe sich eindeutig und unmißverständlich, daß sich der Beklagte verpflichtete, die Bestandgegenstände auf seine Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten. Durch die weitere in den Vertrag aufgenommene Klausel, wonach Schäden an den Hütten der Verpächterin unverzüglich anzuzeigen seien, könne kein Zweifel an der im Vertrag eindeutig zum Ausdruck gekommenen Parteienabsicht erweckt werden. Komme der Mieter seiner Instandhaltungspflicht nicht nach, könne die Vermieterin das Bestandverhältnis unter bestimmten Umständen auflösen und im übrigen dafür Sorge tragen, daß am Bestandobjekt selbst keine wesentlichen Schäden auftreten.

Voraussetzung für das Obsiegen mit der Räumungsklage sei aber gewöhnlich die vorangegangene Vertragsaufhebung durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Vertragsaufhebung werde mit Zugang dieser Erklärung wirksam. Sie könne auch erst in der Klage abgegeben werden. Dabei sei strittig, ob die Gründe der Auflösung in der entsprechenden Erklärung enthalten sein müssen. Die klagende Partei habe vorgebracht, daß der Beklagte die Jagdhütten verkommen lasse, obwohl er für die laufende Instandhaltung und die notwendigen Reparaturen zu sorgen habe. Dadurch sei es dazu gekommen, daß die Dachrinnen verfault seien. Dieses prozessuale Vorbringen stelle gleichzeitig die materielle Auflösungserklärung hinsichtlich des Bestandverhältnisses dar. Da es dem Bestandgeber frei stehe, von einzelnen Kündigungsgründen Gebrauch zu machen oder auf die Geltendmachung solcher zu verzichten, könne er dann, wenn er die materielle Auflösungserklärung auf einen bestimmten "Kündigungsgrund" gestützt habe, mit der Klage nicht erfolgreich einen anderen "Kündigungsgrund" geltend machen. Soweit das Erstgericht festgestellte habe, daß die Reparatur des Daches der Mietobjekte nicht ausreichend gewesen und bei einer der Hütten die Erneuerung des Daches notwendig sei, könne dies nicht berücksichtigt werden, weil die materiell-rechtliche Auflösungserklärung nicht auf diesen Umstand gestützt worden sei. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch könne auch in der Unterlassung der vertraglich übernommenen Instandhaltung bestehen. Dieser Tatbestand sei dann verwirklicht, wenn dem Bestandgeber durch die entsprechenden Unterlassungen eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher und sonstiger wichtiger Interessen drohe, so etwa bei einer erheblichen Verletzung der Substanz des Mietgegenstandes. Eine solche Gefahr könne bei Verfaulung einer aus Holz angefertigten Dachrinne nicht erblickt werden. Der in der Auflösungserklärung geltend gemachte Auflösungsgrund sei daher nicht verwirklicht. Davon sei die Frage zu unterscheiden, ob der Kündigungsgrund des Bestandzinsrückstandes gegeben sei. Im Mietvertrag sei dazu eine von den Bestimmungen des MRG und des § 1118 ABGB abweichende Vereinbarung getroffen worden, weshalb geklärt werden müsse, ob auf das Bestandverhältnis die Kündigungsbestimmungen des MRG anzuwenden seien. Da keine Anhaltspunkte vorlägen, daß die Jagdhütten Wohnzwecken dienten, wäre dafür Voraussetzung, daß sie als "Geschäftsräumlichkeiten" anzusehen seien. Dieser Begriff sei weit gefaßt. Nach der beispielsweisen Aufzählung im Gesetz fielen darunter ua Geschäftsräume, Magazine, Werkstätten, Arbeitsräume udgl. Ein Geschäftsraum sei aber dann nicht gegeben, wenn die darin ausgeübte Tätigkeit bloß eigenen privaten Zwecken diene. Bei der vorzunehmenden Beurteilung sei insbesondere auf die Absicht der Vertragsteile abzustellen.

Im vorliegenden "Pachtvertrag" sei der Beklagte ausdrücklich als Pächter der Genossenschaftsjagd bezeichnet worden. Das Vertragsverhältnis sei für die Zeit, während der der Pächter Jagdpächter der Genossenschaftsjagd sei, abgeschlossen worden. Es sei daher davon auszugehen, daß die beiden Jagdhütten vom Beklagten gemietet wurden, um ihm die Ausübung der von ihm gepachteten Jagd zu ermöglichen. Es handle sich dabei zweifellos um eine Tätigkeit, die über private Zwecke (wie etwa eine bloße Freizeitbeschäftigung) hinausgehen. Einem Jagdpächter kämen nach dem Tiroler Jagdgesetz zahlreiche, im öffentlichen Interesse gelegene Rechte und Pflichten zu, die eine Beurteilung seiner Tätigkeit als "reinprivate" nicht zuließen. So habe nach § 31 Abs 1 TirJagdG der Jagdausübungsberechtigte einen Jagdaufseher oder Berufsjäger zu bestellen. Die Jagd dürfe nur in weidegerechter (richtig: waidgerechter) Weise ausgeübt werden. Dazu gehöre auch das Recht und die Pflicht zur Hege des Wildes. Der Jagdausübungsberechtigte habe für bestimmte Tiere einen Abschußplan vorzulegen und zu dessen Überwachung gewisse Trophäen bei der Pflichttrophäenschau vorzulegen. Weiters dürfe er besondere Anlagen, wie Jagdhütten, Hochstände und dergleichen, nur mit Zustimmung des Grundeigentümers errichten und erhalten, wobei aber hiezu Zwangsrechte eingeräumt werden könnten. Dem Jagdausübungsberechtigten könne ein sogenannter Jägernotweg eingeräumt werden. Über seinen Antrag könnten auch gewisse Grundflächen unter bestimmten Umständen gesperrt werden. Er sei auch zur Wildfütterung verpflichtet. Es könne sohin kein Zweifel bestehen, daß die vom Beklagten gemieteten Jagdhütten von ihm als "Geschäftsräume" im Sinn des § 1 Abs 1 MRG benützt würden, was der klagenden Partei nach dem Inhalt der Mietvertragsurkunde auch bekannt gewesen sei. Auf das vorliegende Bestandverhältnis seien daher die §§ 29 bis 36 MRG anzuwenden. Schon aus dem Vorbringen der klagenden Partei ergebe sich aber, daß ein qualifizierter Mietzinsrückstand im Sinn des § 29 Abs 1 Z 5 MRG, § 1118 2.Fall ABGB aus den vom Erstgericht zutreffend angeführten Gründen nicht bestanden habe.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob das eine Jagdhütte betreffende Mitverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Pächter einer Genossenschaftsjagd dem Mietrechtsgesetz (teilweise) unterliege und ob in der Auflösungserklärung nicht genannte und im Verfahren nicht behauptete Umstände, die im Laufe des Verfahrens hervorkämen, die Räumungsklage rechtfertigen könnten, Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

In der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobenen Revision begehrt die klagende Partei die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens im vollen Umfang.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Zunächst kann dahin gestellt bleiben, ob die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, die Reparatur des Daches der Mietobjekte (durch den dazu verpflichteten Beklagten) sei nicht ausreichend gewesen und bei einer der Hütten sei eine Erneuerung des Daches notwendig geworden, tatsächlich nicht den im Verfahren geltend gemachten Auflösungsgrund nach § 1118 erster Fall ABGB (erheblich nachteiliger Gebrauch des Bestandobjektes) zu unterstellen ist, wie dies das Berufungsgericht annimmt. Nach Ansicht des erkennenden Senates kann nämlich das vorliegende Bestandverhältnis nicht den Kündigungsschutzbestimmungen des MRG unterstellt werden.

Der Geltungsbereich des MRG erfaßt Mietverträge und genossenschaftliche Nutzungsverträge über Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten (§ 1 Abs 1 MRG). Hier kommt hievon nur die Miete einer "Geschäftsräumlichkeit" in Betracht. Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, daß der Begriff der "Geschäftsräumlichkeit in § 1 Abs 1 MRG weit zu verstehen ist, wie nicht zuletzt die darin enthaltene, bloß beispielhafte Aufzählung zeigt. Es ist ihm ferner darin beizupflichten, daß die Ausübung einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse dazu führen kann, daß der Raum, in dem sie ausgeübt wird, als Geschäftsräumlichkeit im Sinn des § 1 Abs 1 MRG anzusehen ist (Miet 23.227, 24.211; vgl auch jüngst 5 Ob 284/97v zum Begriff des Unternehmens iSd § 12a MRG). Aus § 16 Abs 1 Z 1 MRG ist aber abzuleiten, daß dann, wenn ein Mietgegenstand zu verschiedenen Zwecken verwendet wird, eine Geschäftsräumlichkeit nur dann angenommen werden darf, wenn die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu anderen Zwecken bedeutend überwiegt. In der Entscheidung JBl 1990, 48 = Miet 41.166 = WoBl 1989/73 wurde schon ausgesprochen, daß ein Raum, der zur Ausübung eines Hobbys verwendet wird, kein Geschäftsraum ist. Soweit in dieser Entscheidung darauf abgestellt, daß die ausgeübte Tätigkeit bloß eigenen privaten Zwecken dient, vermag ihr der erkennende Senat jedoch nicht zu folgen, weil dies mit der in § 16 Abs 1 Z 1 MRG zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers, die auch für § 1 Abs 1 MRG als maßgebend angesehen werden kann, nicht im Einklang steht. Wird also der gemietete Raum zum Teil zu eigenen privaten Zwecken, also insbesondere zur Ausübung einer Freizeitbeschäftigung, und zum Teil zu geschäftlichen Zwecken verwendet, so liegt eine Geschäftsräumlichkeit auch im Sinn des § 1 Abs 1 MRG nur dann vor, wenn die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu den privaten Zwecken bedeutend überwiegt.

Nun ist dem Berufungsgericht zwar darin zu folgen, daß die Ausübung

des Jagdrechtes auch im öffentlichen Interesse liegt (vgl

Abart/Lang/Obholzer, Tiroler Jagdrecht2 Anm 8, 9 zu § 1 des hier

maßgebenden Tiroler Jagdgesetzes 1983 LGBl 60 idF LGBl 1993/68 [TJG

1983]), zumal dem Jagdausübungsberechtigten gemäß § 30 Abs 1 TJG 1983

der Schutz der Jagd obliegt, wobei Jagdausübungsberechtigter bei

Verpachtung des Jagdrechtes einer Jagdgenossenschaft der Pächter und

hier somit der Beklagte ist (Abart/Lang/Obholzer, Jagdrecht**2 Anm 1

zu § 30 TJG 1983). Wenngleich somit der Beklagte die Jagd auch im

öffentlichen Interesse ausübt, so ist nach den Erfahrungen des

täglichen Lebens davon auszugehen, daß derjenige, der ein Jagdrecht

pachtet, dies überwiegend zu privaten Zwecken, also vor allem als

eigene Freizeitbeschäftigung oder als Freizeitbeschäftigung

eingeladener Personen (vgl § 12 Abs 1 TJG 1983), tut. Der Beklagte

hätte daher behaupten müssen, daß dies hier nicht der Fall ist; da

dies nicht geschah, ist davon auszugehen, daß die im öffentlichen

Interesse liegende Ausübung des Jagdrechts durch den Beklagten die

Ausübung zu privaten Zwecken nicht bedeutend überwiegt. Die von ihm gemieteten Jagdhütten sind deshalb aber keine Geschäftsräumlichkeiten im Sinn des § 1 Abs 1 MRG, weshalb dieses Gesetz für die Miete der Jagdhütten nicht gilt.

Unterliegt aber diese Miete nicht dem MRG, so richtet sich die Wirksamkeit der Auflösungserklärung der klagenden Partei nach der hiezu im Vertrag enthaltenen Vereinbarung, zumal § 1118 ABGB der Parteiendisposition unterliegt und für ein nicht kündigungsgeschütztes Bestandverhältnis uneingeschränkte Vertragsfreiheit gilt (Binder in Schwimann2 § 1118 Rz 16 mwN). Ist aber somit vom Punkt II des zwischen den Streitteilen geschlossenen Bestandvertrages auszugehen, so ist die Auflösungserklärung schon deshalb der klagenden Partei wirksam gewesen, weil der Beklagte im Sinne der lit a dieser Vertragsbestimmung mit der Zahlung des Zinses in qualifizierten Verzug geraten ist. Die klagende Partei war daher zur Auflösung des mit dem Beklagten geschlossenen Bestandvertrages berechtigt. Die verspätete Zahlung des Bestandzinses konnte die Wirkung der Auflösungserklärung schon deshalb nicht mehr beseitigen, weil der Zins auf dem Konto der klagenden Partei erst einging, nachdem die Auflösungserklärung dem Beklagten bereits zugegangen und demnach wirksam geworden war.

Hat aber die klagende Partei das zum Beklagten bestehende Bestandverhältnis wirksam aufgelöst, so erweist sich das Räumungsbegehren als berechtigt, ohne daß geprüft werden muß, ob auch der Auflösungsgrund nach § 1118 erster Fall ABGB vorgelegen ist.

Zum Unterlassungsbegehren der klagenden Partei ist vorauszuschicken, daß jedenfalls in Tirol das Recht zur Ausübung der Jagd nicht auch das Recht zur Benützung nichtöffentlicher Straßen, wie Forststraßen (§ 59 Abs 2 ForstG) umfaßt. Das Recht zur Benützung von Forststraßen zur Ausübung der Jagd steht daher nicht aufgrund des Gesetzes, sondern nur aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung zu (Abart/Lang/Obholzer, Jagdrecht**2 294 f). Eine solche haben die Parteien hier im Punkt IX des von ihnen geschlossenen Vertrages auch getroffen. Entscheidend für den Erfolg des Unterlassungsbegehrens ist daher, ob das dem Beklagten darin eingeräumte Recht infolge der Auflösungserklärung der klagenden Partei ebenfalls erloschen ist. Geht man vom Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages aus, so bildete die Benützung der Forstwege nicht einen Teil des Bestandvertrages, weil im Punkt I als Gegenstand der "Pacht" nur die beiden Jagdhütten angeführt werden. Die Auflösungserklärung bezog sich aber ausdrücklich nur auf "das Pachtverhältnis betreffend die beiden genannten Jagdhütten". Da das Recht zur Benützung der Jagdwege nicht denknotwendig mit dem Recht zur Benützung der Jagdhütten verbunden ist, müßte nach den bisherigen Verfahrensergebnissen davon ausgegangen werden, daß es durch die Auflösung des Bestandvertrages nicht berührt wurde. Die Parteien haben aber den Fall, daß nur der die Jagdhütten betreffende Teil des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages aufgelöst wird, offensichtlich nicht bedacht, weshalb ihnen Gelegenheit zu geben ist, ihr Vorbringen im fortzusetzenden Verfahren in diesem Punkt zu ergänzen (vgl SZ 67/64 mwN; SZ 68/135; 2 Ob 7/98p mwN).

Bezüglich des Unterlassungsbegehrens war dem Erstgericht daher die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

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