Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die Haftung des Beklagten für sämtliche Unfallfolgen aus dem Schadensereignis vom 12. 11. 2000 steht seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 34/02d (ON 16) rechtskräftig fest. Im fortgesetzten Verfahren war nur mehr die Höhe des klägerischen Begehrens (Globalschmerzengeld EUR 85.000 + Verunstaltungsentschädigung EUR 11.000) streitverfangen; beide Vorinstanzen haben dem Klagebegehren mit diesen beiden Schadenspositionen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass die ordentliche Revision (zufolge Einzelfallbeurteilung) nicht zulässig sei.
3. Die hiegegen ankämpfende außerordentliche Revision, in welcher als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung releviert wird, ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:
a) Vorauszuschicken ist, dass eine solche nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur im Falle einer eklatanten Fehlbemessung des Schmerzengeldes (bzw auch der Verunstaltungsentschädigung), die völlig aus dem Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur fällt, vorläge und eine darauf gestützte Revision daher auch nur zur Vermeidung einer gravierenden Ungleichbehandlung durch die Rechtsprechung und damit letztlich aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit ausnahmsweise zulässig wäre (RIS-Justiz RS0042887, RS0031075; Danzl in Danzl/Gutierrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld8 226 f; Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 3 zu § 502; Kath, Schmerzengeld 47; zuletzt 2 Ob 292/04m; 2 Ob 180/04s).
b) Im vorliegenden Fall erlitt die damals neunjährige Klägerin durch das Trinken von Laugenflüssigkeit aus einer vom Beklagten unachtsam hingestellten und nicht gekennzeichneten (normalen) Trinkflasche eine Verätzung des Rachens, der Speiseröhre und der Magenvorderwand sowie ein (schweres) Psychotrauma. Sie musste insgesamt 54 Tage im Krankenhaus verbringen, davon drei Tage in der Intensivstation. Da durch die Verätzung sämtliche Wandschichten der Speiseröhre betroffen waren, besteht gleichsam ein „starres Rohr", wodurch eine Peristaltik nicht mehr möglich ist; dieser Zustand bleibt bis zum Lebensende. Dadurch bedingt können Speisen nicht (wie üblicherweise) in den Magen befördert werden, sondern ist es erforderlich, breiige Speisen zu sich zu nehmen und jeweils Flüssigkeit dazu zu trinken. Diese Restbeschwerden werden bis zum Lebensende (also noch viele Jahrzehnte) bestehen bleiben. Insgesamt musste das Mädchen insgesamt 78mal im Krankenhaus in Allgemeinnarkose bougiert werden, wobei teilweise auch Gastroskopien durchgeführt werden mussten. Bei einem Spitalsaufenthalt im Juli 2001 kam es zu einem Narkosezwischenfall, bei dem Herzrhythmusstörungen und eine arterielle Hypertonie auftraten. Seit Sommer 2001 muss die Klägerin (mit Hilfe der Mutter unter Zuhilfenahme eines Stabes) selbst bougieren, alle drei Monate muss eine Gastroskopie durchgeführt werden, da die eingetretenen Verätzungen häufig zu karzinomatöser Entartung (also Befall mit Krebs) neigen, wobei auftretender Speichelröhrenkrebs eine sofortige Entfernung der gesamten Speiseröhre erfordern würde. Die Klägerin muss daher auch ständig Medikamente einnehmen, um den Magen, der Salzsäure produziert, zu schützen, weil diese Salzsäure im Gebiet der Verätzung zu einer Entartung beitragen kann.
Insgesamt litt die Klägerin (bisher gerafft) 90 Tage lang unter starken körperlichen Schmerzen, 78 Tage unter mittelstarken und 8 bis 10 Monate unter leichten (beurteilt bis Jahresende 2004). Dazu kommen psychische Schmerzen (vor allem durch die belastende Ungewissheit darüber, ob die Bougierungen auch erfolgreich sind, sowie auch im Zusammenhang damit, dass auch eine Operation auf Leben und Tod im Raum stand (für den Fall der Erfolglosigkeit der Bougierungen). Es kam auch aufgrund dieser Lebensangst zu Schwierigkeiten in der Schule samt Gefahr, die 4. Klasse Volksschule wiederholen zu müssen. Diese Rundumbelastungen führten auch dazu, dass die Klägerin Sublimierungshandlungen vornahm (ds Handlungen, um auf ihre Not aufmerksam zu machen, etwa, dass sie in der Schule log bzw nicht lernte). Der Schluckakt ist bei ihr weiterhin beeinträchtigt und wird auch in Zukunft beeinträchtigt bleiben. Die Klägerin wird daher im weiteren Leben ständig Kompensationsleistungen erbringen müssen, um mit dieser Beeinträchtigung letztlich fertig zu werden. Demgemäß erlitt sie - über die aufgezählten körperlichen Schmerzen hinaus - gerafft 356 Stunden leichte psychische Schmerzen und 56 Stunden mittelschwere.
Aufgrund der zahlreichen stationären Aufenthalte sind für weitere 100 Stunden mittelschwere sowie 180 Stunden leichte Schmerzen anzusetzen.
4. Aufgrund dieser außerordentlich hohen Schmerzintensität einerseits, lebenslang gegebenen Behinderung samt Lebenseinschränkung und Sorge (Angst) um das Auftreten einer allenfalls sogar lebensbedrohlichen Erkrankung (Speiseröhrenkrebs), welche das Mädchen bisher in seiner jugendlichen Entwicklung nicht nur körperlich, sondern auch psychisch äußerst einschneidend traf und auch weiterhin (bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung also noch über Jahrzehnte) zufolge der gegebenen Ungewissheiten belasten und begleiten wird, ist das von den Vorinstanzen - auch in Beachtung des Grundsatzes, das Schmerzengeld speziell bei Verletzungsbildern mit lebenslangen Beeinträchtigungen nicht zu knapp zu bemessen (SZ 2002/50; ZVR 2004/43) - hier zuerkannte Schmerzengeld letztlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt auch für die Verunstaltungsentschädigung angesichts der nicht nur unter Umständen das berufliche, sondern bei einem jungen Mädchen wie der Klägerin vorrangig deren Heiratsfähigkeit betreffenden Behinderungen (Schluckbeschwerden etc) einschließlich der auch festgestellten sichtbaren Operationsnarbe im Oberbauch mit einer Länge von 5 cm und Breite bis zu 3 cm (wodurch etwa das Tragen von einem Bikini oder nabelfreiem Kleidungsoberteil für die Klägerin als heranwachsende junge Frau wesentlich erschwert wird).
5. Die in der außerordentlichen Revision ins Treffen geführten Entscheidungen betrafen gänzlich andere Lebenssachverhalte mit gänzlich anderen Verletzungsbildern. Sie können daher hiegegen nicht mit Erfolg ins Treffen geführt werden.
6. Die Revision ist daher zufolge Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen.
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