OGH 2Ob34/05x

OGH2Ob34/05x22.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer *****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** GmbH, ***** vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 25.000 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. März 2004, GZ 5 R 33/04s-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 28. Dezember 2003, GZ 30 Cg 92/03m-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

  1. 1. Das unterbrochene Verfahren wird fortgesetzt.
  2. 2. Dem Rekurs wird Folge gegeben.

    Der angefochtene Aufhebungsbeschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes zu lauten hat:

    „Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 25.000 samt 4 % Zinsen seit 4. 3. 2003 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Zinsenmehrbegehren wird abgewiesen.

    Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.479,84 (darin enthalten EUR 551 Barauslagen und EUR 488,14 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

    Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.827,30 (darin EUR 304,55 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung sowie die mit EUR 2.157,38 (darin EUR 1.061 Barauslagen und EUR 182,73 USt) bestimmten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu 1.:

Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 4. 11. 2004 das Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in dem zu G 52/04 anhängigen Gesetzesprüfungsverfahren unterbrochen (2 Ob 162/04v) und - nach Zurückweisung des Individualantrages zu G 52/04 - mit Beschluss vom 12. 5. 2005 ausgesprochen, dass das Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auch über die zu G 20/05 erhobenen Anträge unterbrochen bleibt. Mit Erkenntnis vom 14. 6. 2005 hat der Verfassungsgerichtshof zu G 20/05 den Antrag auf Aufhebung des § 5j KSchG in Ansehung einer der drei antragstellenden Gesellschaften mbH zurückgewiesen, im Übrigen abgewiesen. Es war daher das unterbrochene Verfahren von Amts wegen fortzusetzen.

Zu 2.:

Erna B***** bekam im Februar 2003 ein an sie persönlich adressiertes Schreiben des Geld-Ombudsmannes Dr. T. J. J*****. Das Kuvert enthielt neben den auffällig großen Aufdrucken „EILT!" und „EXPRESS" auf der Vorderseite eine Abbildung des Geld-Ombudsmannes und den in großer Schrift gehaltenen und in einen Kasten gestellten Slogan „Ich kämpfe für Ihre Geldbörse!", unter dem sich die Bemerkung „Ein Sonderdienst von K*****., der neuen Gesellschaft für rasche Konsumentenhilfe (Tag und Nacht)", befand. Des weiteren war auf der Kuvertvorderseite der in wesentlich kleinerer Schrift abgefasste, gerahmte Hinweis, dass sich die Teilnahmebedingungen auf der Kuvertinnenseite befänden, sowie ein neben dem Namen der Adressatin platzierter, „ES 290403 eintreffend" lautender und mit einem Stern versehener Vermerk angebracht.

Auf der Innenseite des Kuverts waren engzeilig und in verengter Blockschrift „Rechtlich geprüfte Teilnahmebedingungen" abgedruckt, von denen Punkt 7. durch Fettdruck hervorgehoben war. Diese Teilnahmebedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

„1. Sie haben einen Teilnahmepreis gewonnen, wenn Ihr Name auf dem Anschreiben steht.

2. Beachten Sie den Einsendeschluss (siehe *auf dem Anschreiben). Die Teilnahmegewinne werden binnen eines Monats zur Verfügung gestellt. Alle Teilnahmegewinner nehmen bei rechtzeitigem Einlangen in allen noch ausständigen Zwischenverlosungen am 31. 1./30. 4./31. 7./31. 10. teil. Gewinnausfolgung nur mit rechtsverbindlicher Unterschrift möglich. Die Gewinner werden unmittelbar darauf schriftlich verständigt.

3. Jede Person, welche sich unter der angegebenen Telefonnummer oder mittels Brief, adressiert an K*****, meldet, nimmt die Teilnahmebedingungen an. Eine gleichzeitige Bestellung hat keinen Einfluss auf den weiteren Erhalt ihres Teilnahmegewinnes und auf die Gewinnchance bei den Verlosungen. Gewinner von Preisen im Wert ab EUR

7.500 (SFR 11.250) erhalten ihren Gewinn nur, wenn sie persönlich (oder ein Vertreter) den Gewinn anlässlich einer feierlichen Übergabe bei uns entgegennehmen. Die Reiseunterlagen erhalten Sie mit der Einladung. Bei telefonischer Meldung müssen Sie mindestens 18 Jahre alt sein und über eine eigene Telefonnummer verfügen. Melden Sie sich während des angegebenen Zeitraums weder fernmündlich noch schriftlich, so verfällt ihr Prämiengewinn. Zusätzlich werden unter allen Meldungen am angegebenen Tag einmalig EUR 2.500 (SFR 3.750) verlost.

  1. 4. .....
  2. 5. Der Hauptgewinner gibt U***** GmbH seine ausdrückliche Zustimmung zur Veröffentlichung seines Namens, seiner Adresse und seines Fotos zu Werbezwecken.
  3. 6. ....
  4. 7. Ich stimme der Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung meiner aus Teilnahme, Bestellung oder sonstiger Kontaktaufnahme abreifenden personenbezogenen Daten sowie deren Weitergabe an andere Direktwerbeunternehmen und deren Dienstleister in der EU sowie der Kontaktaufnahme per Telefon/SMS, auch durch Automaten, zu Informations- und Werbezwecken gegen jederzeitigen Widerruf zu!

    8. ....."

    In dem Kuvert befand sich ein vom Geld-Ombudsmann unterfertigter, in unterschiedlich großer, zum Teil fett formatierter und mit zahlreichen Unterstreichungen versehener Schrift verfasster Brief, der nach einer abermaligen Abbildung des Geld-Ombudsmannes, der Wiedergabe des Slogans (diesmal unter Beifügung einer Mehrwert-Telefonnummer) und dem Hinweis auf den Sonderdienst von K***** folgende Einleitung enthält:

    „Heute (14. Februar 2003): Die Geldbotschaft über EUR 25.000 plus EUR

2.500 für Frau Erna B*****, wohnhaft in der *****."

Danach folgt ein färbig unterlegter Balken mit der Abbildung zweier Personen und dem Text:

„Konsumentin Frau Francesca G***** holte sich über den Geld-Ombudsmann per Telefon EUR 8.334 und Konsument Herr Johann S***** ebenfalls EUR 8.334. So rasch hilft kein Ombudsmann sonst!".

Sodann wird fortgesetzt:

„Sehr geehrte Frau B*****,

mit diesem neuen Sonderdienst möchte ich noch mehr Menschen gleichzeitig helfen. Denn ich weiß natürlich, dass die Löhne, die Zuschüsse und die Renten (sowieso) nicht mehr ausreichen, um die immer höheren Euro-Preise, die immer mehr steigenden Mieten und die kaum noch verkraftbaren Nebenkosten zu bestreiten. Wieder liegen mir unzählige Briefe von Konsumenten und Konsumentinnen vor, die sich alle über mangelnde öffentliche Hilfe beklagen.

Aber ich bin ja auch noch da! Ich und meine Mitarbeiter, unterstützt von tatkräftigen Sponsoren, die für Menschen wie Sie immer Verständnis aufbringen. Schließlich können Sie auch nichts dafür, dass es mit der Wirtschaft immer schlechter wird, obwohl sich Regierung und Opposition anstrengen, den 'verfahrenen Karren aus der Krise zu ziehen'.

Nun denn, auch Sie brauchen finanzielle Hilfe.

Hier ist sie: Auch Sie (die folgende Textpassage ist in großer Schrift und im Fettdruck in die Zeilenmitte gerückt; Anmerkung des Senates) sind 100 %ig berechtigt, die EUR 25.000 in bar zu beantragen!".

Schräg rechts über der in die Zeilenmitte gerückten Textpassage ist ein in färbigen Blockbuchstaben gehaltener und gerahmter Aufdruck mit dem Wortlaut „Notarielle Kontrollaufsicht" angebracht.

Anschließend folgt der unterstrichene Satz:

„Sie Glückspilz! Also, nichts wie ran an die EUR 25.000!"

Unmittelbar danach wird fortgesetzt:

„Und das ist alles was Sie zu tun haben, um die von mir gesammelten EUR 25.000 bis längstens 28. Februar zu beantragen. Schreiben Sie einen Brief mit allen Ihren persönlichen Angaben oder rufen Sie ganz einfach die Notruf-Nummer für alle unsere Konsumenten und Konsumentinnen an: ...."

Anschließend folgt wieder der gerahmte Aufdruck „Notarielle Kontrollaufsicht" und in einem großen Kasten der Hinweis auf die „in der Zeit vom 14. bis 28. Februar 2003" gültige, schon im Briefumschlag erwähnte Mehrwertnummer („max. EUR 3,64/min") sowie der Hinweis: „Ihre persönliche Gewinn-Nummer lautet: *****". Der sich daran anschließende, größtenteils unterstrichene Textabschnitt lautet:

„Und halten Sie ihre Bankverbindung und Kontonummer bereit. Falls Sie kein Konto besitzen: Soll ich im Gewinnfall per Post überweisen oder einen Scheck senden? Und dann brauche ich noch eine Ausweis-Nummer, um Ihre Identität festzuhalten (damit niemand Unberechtigter Ihren Anteil erhält!) und natürlich brauchen wir noch Ihr exaktes Geburtsdatum. Durch Ihre Meldung erklären Sie ausdrücklich, dass Sie die rechtlich geprüften Teilnahmebedingungen gelesen und verstanden haben."

Sodann wird in der Zeilenmitte in 7 mm großer Schrift fettgedruckt der Betrag von EUR 25.000 wiederholt und in der nächsten Zeile in normal großer Schrift fortgesetzt: „....stehen bereit, ausbezahlt zu werden."

Danach wird darauf verwiesen, dass derjenige, der vor dem 21. Februar 2003 anruft und eine einzige Frage richtig beantwortet, „zusätzlich die Chance auf extra EUR 2.500!" erhält. Das Schreiben endet mit folgenden Worten:

„Sehr geehrte Frau B*****,

ich denke EUR 25.000 und EUR 2.500 extra (die Sie mit niemandem zu teilen brauchen), können noch mehr Sonnenschein in Ihr Leben bringen. Und das ist ja auch im Sinne dieser neuen Konsumenten-Aktion. Dieses soll ein neuer Beitrag sein, Konsumenten und Konsumentinnen in Österreich wirklich rasch und unbürokratisch finanziell beizustehen. Sagen wir - als Beispiel - Sie rufen am 20. Februar 2003 (irgendwann, nachts oder tagsüber) an und schon können EUR 2.500 extra in Ihre Geldbörse wandern. Am Telefon müssen Sie nur eine einzige Frage beantworten: Welche Farben regieren derzeit Österreich?"

Nach der Unterschrift des Geld-Ombudsmannes folgt als „PS: Holen Sie sich die EUR 25.000. Rufen Sie dazu bis spätestens 28. Februar 2003 an. Und holen Sie sich zusätzlich die EUR 2.500 extra - rufen Sie dazu vor dem 21. Februar 2003 an - und beantworten Sie meine Frage. Die Telefonnummer ist immer die gleiche: ....."

Die Zusendung enthielt ferner die weitere Aufforderung: „EUR 25.000:

Melden Sie sich brieflich mit allen Daten oder rufen Sie einfach an. Meine Mitarbeiter sind superfreundlich!" (es folgt die fettgedruckte Mehrwertnummer); ferner den Hinweis auf eine „bisherige Gesamt-Ausschüttung: EUR 1,559.130.", der unter abermaliger Anführung der Mehrwertnummer auch Namen und Fotos bisheriger Bargeldgewinner umfasst, sowie einen mit der Abbildung des Geld-Ombudsmannes versehenen „Persönlichen Hinweis" nachstehenden Wortlauts:

„Frau B*****,

reagieren müssen Sie selbst - das kann ich Ihnen nicht abnehmen - hoffen allein hilft nicht! Einsetzen werde ich mich jedoch für Sie - mit 100 %iger Kraft - das verspreche ich Ihnen! Also, melden Sie sich sofort und beantragen Sie die EUR 25.000! Reagieren Sie außerdem vor dem 21. Februar 2003 und gewinnen Sie extra EUR 2.500! Die Telefonnummer lautet: ......"

Mit Schreiben vom 24. 2. 2003 (eingeschrieben zur Post gegeben am 25. 2. 2003) forderte Erna B***** den Betrag von EUR 25.000 bei dem Geld-Ombudsmann der beklagten Partei Dr. J***** an. Eine Zahlung erfolgte nicht. Am 2. 4. bzw 10. 4. 2003 trat Erna B***** ihre Forderung an die klagende Partei ab.

Diese begehrt die Zahlung dieses Betrages von der beklagten Partei mit der Begründung, Erna B***** habe als Konsumentin aufgrund der ihr von der beklagten Partei zugesendeten Urkunden den Eindruck gehabt, den Klagsbetrag bereits gewonnen zu haben. Sie habe den ihr gemäß § 5j KSchG zustehenden Betrag mit eingeschriebenem Brief vom 24. 2. 2003 fristgerecht angefordert und um Postanweisung ersucht. Die beklagte Partei stellte die Klagserzählung mit der Maßgabe außer Streit, dass der Gewinner laut Teilnahmebedingungen Preise ab EUR

7.500 nur erhalte, wenn er sie persönlich bei ihr im Rahmen einer feierlichen Übergabe abhole. Der Gewinner müsse auch seine ausdrückliche Zustimmung zur Veröffentlichung seines Fotos zu Werbezwecken geben. Erna B***** habe einen Antrag auf Gewinnzuweisung gestellt, habe aber damit rechnen müssen, dass ein solcher Antrag auch abgewiesen werden könne. Die Zusendung habe bei einem Verbraucher nicht den Eindruck erwecken können, bereits gewonnen zu haben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und stellte noch fest, Erna B***** sei aufgrund der ihr zugesandten Urkunden der Meinung gewesen, gewonnen zu haben. Das Schreiben vom 24. 2. 2003 (eingeschrieben zur Post gegeben am 25. 2. 2003) sei der beklagten Partei am 3. 3. 2003 ausgefolgt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Zusendung, die Erna B***** erhalten habe, sei zwar nicht eindeutig abgefasst, bei einem durchschnittlichen Empfänger könne aber der Eindruck entstehen, dass er bereits gewonnen habe und den Gewinn nur noch abrufen müsse. Es seien daher die Voraussetzungen des § 5j KSchG gegeben.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte aus, für die Auslegung von Zusendungen über Gewinnspiele sei der objektive Maßstab eines verständigen Verbrauchers maßgebend. Von einer solchen Maßfigur könne allenfalls erwartet werden, dass sie es nicht bei einem einmaligen Durchlesen der Informationen bewenden lasse, sondern versuche, sich bei einer nochmaligen Durchsicht der auf verschiedenen Stellen aufgeteilten Darlegungen ein Bild darüber zu verschaffen, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen sie allenfalls bereits als Gewinner eines Preises anzusehen sei. Dabei habe der Unternehmer die für ihn ungünstigste, vernünftigerweise in Betracht kommende Auslegung gegen sich gelten zu lassen. Maßgeblich sei der Gesamteindruck, weshalb es nicht zielführend sei, einzelne Formulierungen zu analysieren, zumal für den Adressaten nicht erkennbar sei, in welchen Sätzen der Unternehmer die maßgeblichen Informationen untergebracht habe. Dürfe der verständige Verbraucher bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit und dem Bemühen, den Sinn der Information des Unternehmers zu erfassen, im konkreten Fall den Eindruck gewinnen, er habe bereits einen bestimmten Preis gewonnen, komme es nicht darauf an, ob bei akribischer und zeitaufwendiger Analyse ein anderer, für den Unternehmer günstigerer Sinn ermittelt werden könne. Im vorliegenden Fall gebe es zwar Hinweise dafür, dass ein Gewinn noch nicht unbedingt vorliegen müsse. Dem stünden aber andere Textpassagen entgegen, die man sehr wohl als Verständigung von einem bereits gewonnenen Preis deuten könne, wie zB „Nun denn, auch Sie brauchen finanzielle Hilfe, Sie Glückspilz, also nichts wie ran an die EUR 25.000", ferner der Hinweis, dass alles, was B***** zu tun habe, um den Betrag zu beantragen, einfach ein Brief oder ein Anruf bei der Notrufnummer sei, ebenso die Aufforderung im Postskriptum „Holen Sie sich die EUR 25.000, rufen Sie bis spätestens 28. Februar 2003 an". Ein durchschnittlicher Verbraucher habe daher den Eindruck haben können, er habe bereits gewonnen und müsse den Gewinn nur noch abrufen. Es wäre für die beklagte Partei ein Leichtes gewesen, in ihrer Zusendung eindeutig zum Ausdruck zu bringen, dass der Empfänger der Sendung nur zur Teilnahme an einem Gewinnspiel eingeladen werde, bei welchem er den Hauptpreis gewinnen könne, aber keineswegs gewinnen müsse. Einen solchen Hinweis habe die beklagte Partei offenbar bewusst unterlassen. Der Inhalt der Sendung sei daher geeignet, Ansprüche des Verbrauchers, an welchen die Sendung gerichtet war, auf Leistung des „Preises" zu begründen. Allerdings habe die beklagte Partei vorgebracht, B***** habe erkannt, dass ihr kein bestimmter Gewinn versprochen worden sei; weiters habe sie den Gewinn gar nicht oder jedenfalls nicht rechtzeitig angefordert. Da das Erstgericht die von der beklagten Partei beantragte Zeugin B***** nicht vernommen habe, stehe mangels aufgenommener Beweise tatsächlich nicht fest, was B***** aus der Zusendung der beklagten Partei tatsächlich angenommen und ob und welches Schreiben sie an die beklagte Partei am 25. 2. 2003 gesendet habe. Die erstgerichtliche Feststellung, wonach B***** der Meinung gewesen sei, gewonnen zu haben und dass sie den Gewinn angefordert habe, könne daher nicht übernommen werden.

Der Wortlaut der Bestimmung des § 5j KSchG, wonach verlangt werde, dass die Zusendung „den Eindruck erweckt", dass „der Verbraucher" einen bestimmten Preis gewonnen habe und regle, dass der Unternehmer dann „dem Verbraucher" diesen Preis zu leisten habe, spreche dafür, dass die „Gewinnzusage" im anspruchstellenden Verbraucher selbst den Eindruck erweckt haben müsse, bereits gewonnen zu haben. Auch eine teleologische Interpretation der Bestimmung spreche nicht dafür, den Anspruch auf Auszahlung des „Gewinnes" selbst solchen Verbrauchern zu geben, die den wahren Inhalt der Sendung sofort durchschaut hätten. Es bedürfe daher einer Feststellung darüber, ob B***** die Zusendung tatsächlich als Mitteilung von einem bereits gemachten Gewinn verstanden habe und ob sie den Gewinn mit Schreiben vom 25. 2. 2003 abgefordert habe.

Unrichtig sei aber die in dem Rechtsmittel der beklagten Partei vertretene Ansicht, die Abforderung des Gewinnes sei jedenfalls verspätet, weil der eingeschriebene Brief erst am 3. 3. 2003 in das Postfach der beklagten Partei abgegeben worden sei. Aus dem Zusammenhang der von der klagenden Partei stammenden Urkunde „Und das ist alles, was Sie zu tun haben, um die von mir gesammelten EUR 25.000 bis längestens 28. Februar 2003 zu beantragen: Schreiben Sie einen Brief mit allen Ihren persönlichen Angaben....", habe Erna B***** davon ausgehen können, dass sie ihren Brief bis zum 28. 2. 2003 absenden musste. Sie habe daraus aber nicht entnehmen können, dass der Brief an diesem Tag bereits dem Postfach der beklagten Partei zugegangen sein musste. Der von ihr am 25. 2. 2003 eingeschrieben aufgegebene Brief sei jedenfalls als rechtzeitig aufzufassen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Berufungsgericht damit, dass die Frage, ob der Anspruch nach § 5j KSchG auch dem Verbraucher zustehe, der den wahren Erklärungswert der Zusendung sogleich erkannt habe, bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht beantwortet worden sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei hat eine Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rekurs der klagenden Partei keine Folge zu geben und in der Sache selbst dahin zu entscheiden, dass die Klage kostenpflichtig abgewiesen werde; hilfsweise wird ebenfalls ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei ist zulässig; er ist auch berechtigt. Die klagende Partei vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, es entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers, das Entstehen eines Anspruches nach § 5j KSchG im Einzelfall davon abhängig zu machen, ob der konkrete Empfänger persönlich geglaubt oder nicht geglaubt habe, etwas gewonnen zu haben. Es sei dem Gesetzgeber auch das Unterbinden einer verpönten Verhaltensweise und nicht auf den Ausgleich gegenseitiger berechtigter Interessen angekommen. Es sei auch eine Vernehmung der Zeugin B***** zur Frage, ob sie den Gewinn abgefordert habe, entbehrlich, weil es dazu ausreichende Außerstreitstellungen gebe.

Hingegen teilt die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung den Standpunkt des Erstgerichtes, es wirke anspruchsvernichtend, wenn der Erklärungsempfänger auf die Verbindlichkeit der Zusage nicht vertraue. Die Zedentin habe aber ohnedies den mit 28. 2. 2003 fixierten Einsendeschluss versäumt, weil ihr Schreiben erst am 3. 3. 2003 bei der beklagten Partei eingelangt sei. Ein durchschnittlich informierter aufmerksamer und verständiger Verbraucher habe den unzweideutigen Ausführungen in der an die Zedentin gerichteten Zusendung lediglich den Hinweis auf die Teilnahme an einem Gewinnspiel entnehmen können. Es treffe auch nicht zu, dass die beklagte Partei die ungünstigste, vernünftigerweise in Betracht kommende Auslegung gegen sich gelten lassen müsse. Außerdem sei das Konsumentenschutzgesetz mangels Vorliegens eines Rechtsgeschäftes im Sinne dessen § 1 gar nicht anwendbar. Schließlich regte die beklagte Partei die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof an.

Der erkennende Senat hat hiezu erwogen:

Gesetzeszweck des § 5j KSchG ist es, auch die Verständigung „von angeblichen 'Gewinnen' verschiedenster Art" als verpönte Werbemethode durch das Gewähren klagbarer Erfüllungsansprüche des Verbrauchers hintanzuhalten. Nur solche Zusendungen sind vom Anwendungsbereich der Regelung ausgenommen, die schon von vornherein „keine Zweifel offen lassen", dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss (SZ 2003/20; 7 Ob 25/05k; RIS-Justiz RS0117343). Um den angestrebten Gesetzeszweck zu erreichen, ist es erforderlich, die Rechtsfolgen des § 5j KSchG - in insoweit sinngemäßer Anwendung - auch dann eintreten zu lassen, wenn die angesprochenen Verbraucher zwar keinen sicheren Eindruck haben, gewonnen zu haben, dies aufgrund der unklaren, verwirrenden oder sogar bewusst missverständlichen Gestaltung der Zusendung aber zumindest ernstlich für möglich halten dürfen (SZ 2003/20; 2 Ob 73/03d; 7 Ob 249/03y; ecolex 2004/241; RIS-Justiz RS0117341). Soweit ein verständiger Verbraucher bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit und dem Bemühen, den Sinn der Informationen des Unternehmens zu erfassen, den Eindruck gewinnen durfte, er habe einen bestimmten Preis bereits gewonnen, kommt es nicht mehr darauf an, ob als Ergebnis einer akribischen Textanalyse ein anderer, für den Unternehmer günstigerer Sinn ermittelt werden könnte (1 Ob 118/03i; 7 Ob 249/03y; ecolex 2004/241). Zusendungen, bei denen erst im Kleingedruckten, an unauffälliger Stelle oder gar erst auf Nachfrage die Dinge klargestellt werden und bei denen selbst Fachleute in die Irre geführt werden, sollen daher klagbar sein (SZ 74/203; SZ 2003/20; VR 2004/647; 7 Ob 25/05k). Der Unternehmer muss im Rahmen solcher „Gewinnzusagen" die für ihn ungünstigste, vernünftigerweise in Betracht kommende Auslegung gegen sich gelten lassen (SZ 74/203; SZ 2003/20; ecolex 2004/241; 7 Ob 25/05k; RIS-Justiz RS0078548, RS0079648). Für die Berechtigung des Klagebegehrens ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes demnach ausschlaggebend, ob der Unternehmer bei Verbrauchern nach einem objektiven, durch die Maßfigur eines „verständigen Verbrauchers" determinierten Maßstab den Eindruck des im Mittelpunkt seiner Mitteilung stehenden Gewinnes hervorgerufen hat, wobei der durch die Zusendung vermittelte Gesamteindruck entscheidend ist (SZ 74/203; SZ 2003/20; 7 Ob 25/05k; 5 Ob 30/05f).

Soweit die beklagte Partei die Anwendung dieser Grundsätze auf einen - vermeintlich hier vorliegenden - Vertrag in Frage stellt, in welchem die „Teilnahmeberechtigung an Gewinnspielen" nicht mit einer verpflichtenden Warenbestellung verbunden ist, übersieht sie die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach die gerichtliche Einforderung einer Gewinnzusage nicht von der Aufforderung zu einer gleichzeitigen Bestellung abhängig ist (ecolex 2004/241; ZfRV 2005/5 mwN). Zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 5j KSchG genügt vielmehr jede auf erkennbarer Gewinnabsicht beruhende unseriöse Gewinnzusage, mit der der Unternehmer das Verhalten von Verbrauchern am Markt unsachlich beeinflussen will (SZ 2003/75; RIS-Justiz RS0117775).

Es trifft - jedenfalls in dieser generalisierenden Form - auch die Behauptung der beklagten Partei nicht zu, dass die dem § 5j KSchG vergleichbare Bestimmung des § 661a BGB von deutschen Gerichten völlig anders ausgelegt wird, stimmen doch - wie Haberer erst jüngst (Neues zu Gewinnzusagen, RdW 2004, 386 [388]) dargelegt hat - die an den dieselben Grundgedanken ausdrückenden Gesetzesmaterialien orientierten Auslegungsgrundsätze in Österreich und Deutschland weitestgehend überein (7 Ob 25/05k; vgl auch schon 7 Ob 98/04v mit Hinweis auf das Urteil des BGH vom 19. 2. 2004, III ZR 226/03). Unterschiedliche Verfahrensergebnisse resultieren demnach in Österreich wie in Deutschland aus den konkreten Umständen des Einzelfalles. Eine abschließende Reglementierung der an die Leitfigur des „verständigen Verbrauchers" zu richtenden Anforderungen beim Durchlesen und Verstehen eines irreführenden Werbetextes kommt daher nicht in Betracht. Aus diesem Grund erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die in der Rekursbeantwortung umfangreich erörterte (und verneinte) Frage, ob das durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes geprägte Leitbild des „verständigen Verbrauchers" dem Niveau des europäischen oder des deutschen Verbraucherleitbildes entspricht. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof auch schon ausgesprochen, dass die Beurteilung, ob eine Werbeaussage als Gewinnzusage im Sinne des § 5j KSchG zu verstehen ist, den nationalen Gerichten obliegt (wbl 2003/336; 8 Ob 14/05z; Haberer aaO). Inwieweit das Verständnis eines „mündigen Durchschnittsverbrauchers" durch Berichterstattung in den Massenmedien geprägt sein kann, bedarf hier schon deshalb keiner Untersuchung, weil die beklagte Partei in erster Instanz keine derartige Behauptung aufgestellt hat. Jenen Ausführungen, mit welchen die beklagte Partei das Vorliegen eines Rechtsgeschäftes im Sinne des § 1 KSchG und damit die Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf den zu beurteilenden Fall überhaupt in Abrede stellt, ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung und Lehre unter dem Begriff des „Rechtsgeschäftes" nicht nur Verträge, sondern auch einseitige Rechtsgeschäfte, Akte, Auslobungen, Offerte udgl fallen (SZ 54/58; SZ 70/12; 8 Ob 14/05z; RIS-Justiz RS0065343; Krejci in Rummel, ABGB³ § 1 KSchG Rz 2). Auch § 5j KSchG stellt ausdrücklich auf einseitige Akte („vergleichbare Mitteilungen") ab. Soweit sich die beklagte Partei auf die Entscheidung 7 Ob 170/98w (= SZ 70/12) beruft, wonach die Gewährung von Geschenken nicht dem KSchG unterliegt, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Entscheidung nicht auf einen Sachverhalt bezog, auf den § 5j KSchG (BGBl I 185/1999) bereits anzuwenden gewesen wäre. Davon abgesehen kann hier von einem „Geschenk" keine Rede sein, da die beklagte Partei aus dem primär angestrebten Anwählen ihrer Mehrwertnummer und der Weitergabe personenbezogener Daten der „Teilnahmegewinner" jedenfalls einen wirtschaftlichen Vorteil aus ihrer Tätigkeit lukriert (vgl SZ 70/12; 8 Ob 14/05z). Der Anwendbarkeit des § 5j KSchG stehen aber auch nicht die den Schwerpunkt der Rekursbeantwortung bildenden verfassungsrechtlichen Ausführungen der beklagten Partei entgegen. Der Oberste Gerichtshof hatte bereits vor dem nun vorliegenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in mehreren Entscheidungen geäußert, keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 5j KSchG zu haben und sich zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst zu sehen (4 Ob 27/03d; wbl 2003/336; 2 Ob 73/03d; 5 Ob 30/05f; 8 Ob 14/05z). In seinem Erkenntnis vom 14. 6. 2005, G 20/05, hat der Verfassungsgerichtshof den Individualantrag zweier Gesellschaften mbH als unbegründet abgewiesen, der auf die Aufhebung des § 5j KSchG wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Grundsätze „in dubio pro reo" und „nulla poena sine lege" sowie die Kompetenzaufteilung zwischen Straf- und Zivilgerichten, Eigentumsverletzung, Gleichheitswidrigkeit und fehlender Bestimmtheit gerichtet war. Zum Kern des Antragsvorbringens, nämlich der Befürchtung, die Gewinnzusagen (oder andere vergleichbare Mitteilungen) würden von den antragstellenden Gesellschaften nicht gewollte - möglicherweise ruinöse - Rechtsfolgen auslösen, die als überschießende Sanktionen für ein unerwünschtes Verhalten mit dem Charakter einer Strafe zu werten seien, führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus:

„Dass das Motiv des Gesetzgebers für eine Regelung, die das Risiko eines Missverständnisses dem Erklärenden aufbürdet, die Unterbindung täuschender Praktiken ist, macht die getroffene Lösung weder zu einer Strafe noch zu einer schadenersatzrechtlichen Sanktion. Wird beim Empfänger einer Zusendung durch deren Gestaltung der Eindruck erweckt, dass er einen bestimmten Preis gewonnen habe, so entspricht es dem Grundgedanken rechtsgeschäftlicher Privatautonomie, den Zusagenden zur Leistung dieses Preises an den Empfänger zu verhalten. Damit erledigen sich alle Bedenken des Antrags, die mit dem Gewicht der Rechtsfolgen oder dem Missverhältnis von Fehler und Sanktion argumentieren.

....

Unternehmer, die solche Zusagen (Mitteilungen) an bestimmte Verbraucher senden, haben es in der Hand, eine Gestaltung der Zusendung zu vermeiden, die den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis (bereits) gewonnen habe. Es ist ohne weiteres möglich, klarzustellen, dass der Angesprochene nur dem Kreis jener angehört oder beitreten kann, die eine Chance haben, den Preis zu erhalten. Warum es unsachlich oder inadäquat sein soll, den Unternehmer zur Hintanhaltung von Missverständnissen bei sonstiger Verbindlichkeit seiner Erklärung zu einer solchen Klarstellung zu zwingen, hat der Antrag nicht darzutun vermocht."

Im übrigen kann auf die Begründung dieser den Parteien bekannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden. Den dem Inhalt des Individualantrages entsprechenden Argumenten der beklagten Partei ist durch dieses Erkenntnis jedenfalls die Grundlage entzogen. Zu Recht haben daher die Vorinstanzen die Berechtigung des geltend gemachten Anspruches nach § 5j KSchG geprüft.

Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, ein durchschnittlicher Verbraucher habe nach dem Gesamteindruck der gegenständlichen Zusendung den Eindruck haben können, bereits gewonnen zu haben und den Gewinn nur noch abrufen („beantragen") zu müssen, nicht zu beanstanden. Der erkennende Senat hält die diesbezügliche Begründung des berufungsgerichtlichen Urteiles für zutreffend. Auf diese Begründung wird daher verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Aus der in der Rekursbeantwortung zitierten Entscheidung 1 Ob 303/02v (= SZ 2003/20) ist für den gegenteiligen Standpunkt der beklagten Partei nichts zu gewinnen. Hat sie doch ebenso wie die dort zur Zahlung an den Verbraucher verurteilte Veranstalterin eines Gewinnspieles ihre missverständlichen Informationen - ohne Notwendigkeit - auf zahlreiche unterschiedliche Stellen ihrer Zusendung (Briefkuvert, Innenseite des Kuverts, Begleitbrief, „Persönlicher Hinweis") aufgeteilt und schon dadurch ein Verständnis der Grundlagen des „Gewinnspiels" bzw der Voraussetzungen für einen - hier als „finanzielle Hilfe" angepriesenen - Gewinn erschwert. Auch wurden im vorliegenden Fall unterschiedliche, Verwirrung stiftende Bezeichnungen für den zu erlangenden Gewinn gewählt (Teilnahmepreis; Teilnahmegewinn; finanzielle Hilfe). Der Abdruck der - infolge engzeiliger, verengter Blockschrift schwer lesbaren - Teilnahmebedingungen auf der Innenseite des Kuverts, auf die nur klein gedruckt auf dem Kuvert selbst, und damit leicht übersehbar, hingewiesen wurde, stellt - wie in dem zu 1 Ob 303/02v entschiedenen Fall - ebenfalls keine dem Verständnis entgegenkommende Gestaltung einer Information über das „Gewinnspiel" dar.

Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes stehe solchen Verbrauchern, die den wahren Inhalt der Sendung sofort durchschaut haben, nicht zu. Während diese Frage in der Entscheidung 1 Ob 148/03a (ecolex 2003, 910) noch ausdrücklich offengelassen worden war, wurde sie vom Obersten Gerichtshof mittlerweile mehrfach im Sinne der Rechtsansicht der klagenden Partei beantwortet (7 Ob 98/04v; 7 Ob 25/05k; 5 Ob 30/05f). Die einschlägigen „Gewinnspiel"-Praktiken mancher Unternehmer wurden vom Gesetzgeber als „höchst problematisch" eingestuft und ging es diesem bei der Einführung des § 5j KSchG darum, „diesen Missständen nachhaltig zu begegnen" und „dieser Übelstände Herr zu werden" (Faber, Gewinnzusagen und verständiger Verbraucher, wbl 2003, 553 [559] mwN). Kommt es dem Gesetzgeber aber auf das Unterbinden einer verpönten Verhaltensweise und nicht auf den Ausgleich gegenläufiger berechtigter Interessen an, darf es dem Unternehmer nichts nützen, wenn einer der Adressaten außergewöhnlich „verständig" ist (Faber aaO, 560; vgl auch BGH 19. 2. 2004, III ZR 226/03; Mansel in Jauernig, BGB10 § 661a Rz 4; Schulze, Handkommentar BGB² § 661a Rz 2; Lorenz, Gewinnmitteilungen aus dem Ausland: kollisionsrechtliche und international-zivilprozessuale Aspekte von § 661a BGB, NJW 2000, 3305 [3306]). Da es auf das subjektive Verständnis der Zusendung durch den konkreten Empfänger also nicht ankommt, ist es nicht erforderlich, dass dieser dem Schreiben tatsächlich Glauben schenkt; auch ein Verbraucher, der die Gewinnzusage als bloßes Werbemittel durchschauen könnte, kann nach § 5j KSchG (ebenso wie nach § 661a BGB) die Leistung des angeblich gewonnenen Preises verlangen (7 Ob 98/04v; 7 Ob 25/05k; 5 Ob 30/05f; RIS-Justiz RS0115084 [T 8]; vgl auch Beneder, AnwBl 2004, 517).

Zur Frage, ob die Empfängerin der Sendung der beklagten Partei deren wahren Inhalt sofort durchschaut hat, bedarf es daher - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes und jener der beklagten Partei - keiner weiteren Feststellungen.

Aber auch die zur Klärung des Inhaltes des der beklagten Partei am 3. 3. 2003 zugekommenen Schreibens der Erna B***** als erforderlich erachtete Verfahrensergänzung ist aus dem im Rekurs genannten Grund entbehrlich. Die beklagte Partei hat im Verfahren erster Instanz die Klagserzählung und somit auch die Tatsachenbehauptung der klagenden Partei, dass das Schreiben der Erna B***** vom 24. 2. 2003 die Anforderung des Betrages von EUR 25.000 mit dem Ersuchen um Postanweisung enthalten habe, ausdrücklich außer Streit gestellt. Dies hat auch das Berufungsgericht erkannt (Seite 2 der Berufungsentscheidung). Dass der Inhalt oder die Gestaltung des Anforderungsschreibens weiteren essentiellen Erfordernissen im Sinne einer Anspruchsvoraussetzung oder Auszahlungsbedingung genügen hätte müssen, wurde von der beklagten Partei nicht eingewandt und geht auch aus dem festgestellten Text nicht hervor. Es bleibt daher zu prüfen, ob in dem in der Tagsatzung vom 16. 10. 2003 von der beklagten Partei ergänzend erstatteten Vorbringen, es sei unter der Erna B***** zugeordneten Kundennummer keine Anforderung bei der beklagten Partei eingelangt, ein Widerruf der außer Streit gestellten Tatsache zu erblicken ist. Dieser Prüfung steht nicht entgegen, dass der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist und der in einem Aufhebungsbeschluss eines Berufungsgerichtes vertretenen Ansicht, der Sachverhalt sei noch nicht genügend geklärt, nicht entgegentreten kann (RIS-Justiz RS0042179). Geht es doch nach herrschender Rechtsprechung bei der Würdigung, ob ein Geständnis im Sinne der §§ 266 f ZPO vorliegt oder nicht, ob Beifügungen oder Einschränkungen es seiner Wirksamkeit berauben udgl mehr, um die der Beweisaufnahme stets vorgelagerte Prüfung der Beweisbedürftigkeit „unvollkommen" zugestandener Tatsachen, die im Rahmen einer - hier vorliegenden - Verfahrensrüge möglich ist (SZ 66/95 mit ausdrücklicher Ablehnung gegenteiliger älterer Judikatur; RIS-Justiz RS0040146; aM Rechberger in Fasching/Konecny²/III §§ 266, 267 ZPO Rz 19).

Von einem Widerruf eines gerichtlichen Geständnisses ist nach herrschender Rechtsprechung zwar schon dann auszugehen, wenn Tatsachen vorgebracht werden, die mit den zugestandenen Tatsachen in einem unlösbaren Widerspruch stehen (EvBl 1977/209; 7 Ob 269/00k; RIS-Justiz RS0040027). Dies trifft aber auf das ergänzende Vorbringen der beklagten Partei nicht zu, welches - liest man es im Zusammenhang mit der nachfolgenden Bestreitung der Tatsache, dass „diese Sendung an die beklagte Partei abgegeben worden sei" - weiterhin von der Existenz des von Erna B***** verfassten und abgesandten Schreibens ausgeht und - ohne dessen Inhalt in Zweifel zu ziehen - nur den (fristgerechten) Zugang an die beklagte Partei in Abrede stellt. Soweit die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung mit auf § 862a ABGB gestützten Rechtsausführungen die Ansicht des Berufungsgerichtes zur Rechtzeitigkeit der Gewinnanforderung bekämpft, genügt der Hinweis, dass sie in diesem Rechtsmittelschriftsatz den 28. 2. 2003 zutreffend selbst als den fixierten „Einsendeschluss" sieht, woraus folgt, dass die Gewinnanforderung bis zu diesem Zeitpunkt „eingesendet" werden konnte.

Damit ist aber die Sache bereits spruchreif. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes war daher zu beseitigen und in der Sache selbst zu entscheiden, wobei in Ansehung der Hauptforderung das Ersturteil wiederherzustellen war. Da der beklagten Partei die Gewinnanforderung erst am 3. 3. 2003 zugekommen ist, setzte der Zinsenlauf aber nicht schon am 1. 3. 2003, sondern erst am 4. 3. 2003 ein, weshalb das auf Zuerkennung von Verzugszinsen schon ab 1. 3. 2003 lautende Mehrbegehren der Klägerin abzuweisen war. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 2 erster Fall, 50 ZPO.

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