OGH 4Ob27/03d

OGH4Ob27/03d18.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sonja R*****, vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Lösch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 36.336,42 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. November 2002, GZ 5 R 135/02s-23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 7 Ob 290/01z = ecolex 2002, 87 = wbl 2002, 177 = RdW 2002, 338 ausführlich mit der Klagbarkeit der Gewinnzusage eines Unternehmers gem § 5j KSchG auseinandergesetzt. Nach den in dieser Entscheidung zitierten Gesetzesmaterialien muss die (von dieser Norm umfasste und damit verpönte) Zusendung "durch ihre Gestaltung den Eindruck erwecken, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe. (...) Dabei wird ein objektiver Maßstab anzulegen sein. Maßfigur ist auch hier der verständige Verbraucher. Zusendungen, die schon von vornherein keinen Zweifel offenlassen, dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst an einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss, fallen nicht unter die Regelung." Verwiesen wird sodann auf die (mit zahlreichen Zitaten belegte) ständige Rechtsprechung, wonach im geschäftlichen Wettbewerb derjenige, der mehrdeutige Äußerungen macht, stets die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muss. Bei dieser Beurteilung kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an; das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder Empfängers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden ist maßgebend, zu dessen Nachteil daher solche Wendungen grundsätzlich auszulegen sind ("Unklarheitenregel").

Das Berufungsgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Mag auch im Zusammenhang mit dem von der Beklagten gegenüber der Klägerin persönlich beworbenen Gewinnspiel wiederholt nur von einer "Gewinnchance" die Rede sein, so mündet doch die Spielbeschreibung zuletzt in der Feststellung: "Wenn Ihre Glücksnummer auf dem grünen 'Rubbel-Smiley' mit der bereits gezogenen Gewinn-Nummer übereinstimmt, gehört der zu Ihrer Glücksnummer passende Gewinn Ihnen!" Da die in der folgenden Übersicht der drei Gewinne neben dem Geldgewinn abgedruckte Zahl mit der von der Klägerin auf ihrem grünen Smiley freigerubbelten Zahl übereinstimmte, ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dadurch werde für die Klägerin nach der Unklarheitenregel im Gesamtzusammenhang der Eindruck erweckt, bereits gewonnen zu haben, nicht zu beanstanden.

Für diese Beurteilung macht es auch keinen Unterschied, ob einzelne Teile der beanstandeten Ankündigung für sich allein unbedenklich sind: Die von der Rechtsmittelwerberin angestellte zergliedernde Betrachtungsweise widerspricht dem bestehenden allgemeinen Grundsatz, dass im geschäftlichen Wettbewerb der Inhalt einer Ankündigung stets am Gesamteindruck zu messen ist, den die angesprochenen Verkehrskreise gewinnen (ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo mwN; MR 1997, 170 = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN; 4 Ob 142/00m; 4 Ob 300/00x uva).

Die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist (hier: ob sie als Gewinnzusage aufgefasst wird), hat im Übrigen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher nicht erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (MR 1995, 233 - Inseratenpreisliste; MR 2000, 321 - Halbjahres-Abonnement; ÖBl-LS 2001/122 - Wiener Werkstätten uva).

Die Rechtsmittelwerberin regt an, wegen Verletzung des Gleichheitssatzes ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten; § 5j KSchG ordne an, dass alle Unternehmer, die gegenüber Verbrauchern den Eindruck einer Gewinnzusage erweckten, unabhängig von ihrem allfälligen Verschulden oder vom Ausmaß eines dadurch beim Erklärungsempfänger möglicherweise eingetretenen Schadens die gleichen schwerwiegenden - weil zumeist mit Insolvenz verbundenen - Rechtsfolgen zu tragen hätten.

Der Gesetzgeber ist durch den Gleichheitssatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen; wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich müssen zu entsprechenden unterschiedlichen Regelungen führen (Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts9 Rz 1347; Öhlinger, Verfassungsrecht4 Rz 764 je mN). Zulässig ist es, dass der Gesetzgeber bei einer Regelung von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und auf den Regelfall abstellt; dass dabei Härtefälle entstehen können, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (Walter/Mayer aaO Rz 1350). Gerade hier besteht eine große Gestaltungsfreiheit (Öhlinger aaO; Walter/Mayer aaO Rz 1350).

§ 5j KSchG behandelt alle Unternehmer in Ansehung der Rechtsfolgen gleich, ohne auf ihr Verschulden oder den beim Erklärungsempfänger eingetretenen Schaden abzustellen. Weil ein Unternehmer im Regelfall keinem Irrtum darüber unterliegen wird, welchen Inhalt die von ihm gegenüber einem Verbraucher abgegebene Erklärung im Zusammenhang mit einem von ihm veranstalteten Gewinnspiel hat, und weil es allein in seiner Hand liegt, durch unzweideutige Formulierungen den Eindruck einer Gewinnzusage zu vermeiden, hält sich die in Frage stehende Bestimmung nach Auffassung des erkennenden Senats auch ohne Differenzierung nach Verschulden oder Schaden innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums. Kein Unternehmer ist verpflichtet, Gewinnspiele zu veranstalten, die - im Fall unlauteren Verhaltens - ruinös sein können; bedient er sich aber dieser besonders wirksamen Werbemethode, hat er dabei besondere Sorgfalt walten zu lassen. Gemessen am Ziel eines lauteren Wettbewerbs erscheint die in § 5j KSchG angeordnete Sanktion nicht unverhältnismäßig.

Stichworte