VfGH G52/04

VfGHG52/042.12.2004

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Konsumentenschutzgesetzes betreffend Gewinnzusagen mangels unmittelbarer Betroffenheit der antragstellenden, Gewinnspiele veranstaltenden Gesellschaft

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
KSchG §5j
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
KSchG §5j

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. §5j Konsumentenschutzgesetz (KSchG), BGBl. 140/1979 idF BGBl. I 185/1999, lautet:

"§5j. Unternehmer, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken, daß der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe, haben dem Verbraucher diesen Preis zu leisten; er kann auch gerichtlich eingefordert werden."

Die mit "Beschwerde gemäß Art140 B-VG gegen §5j KSchG" einschreitende Gesellschaft veranstaltet Gewinnspiele. Sie legt dar, dass die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) §5j KSchG auch auf Gewinnspiele anwende, bei der keine Bestellung abgegeben wird, und nicht zwischen Gewinnzusagen und Einladungen zur Teilnahme an einem Gewinnspiel unterscheide, sondern nur solche Zusendungen vom Anwendungsbereich der Regelung ausnehme,

"... die schon von vornherein keine Zweifel offen lassen, dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss (zuletzt: 7 Ob 249/03y)"

und nur der Gesamteindruck der Zusendung maßgeblich sei,

"ob sie insgesamt zur 'Irreführung geeignet ist' (7 Ob 106/03v)".

Es genüge für die Verpflichtung, wenn der Empfänger des Schreibens es

"... 'zumindest ernstlich für möglich halten durfte' (RIS-Justiz RS00116104, 7 Ob 106/03v)",

bereits gewonnen zu haben.

Nach Erörterung von Zweck und Rechtsnatur des §5j KSchG und dem Hinweis auf eine ähnliche Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, die aber anders verstanden werde, wird die Aufhebung des §5j KSchG wegen Verstoßes gegen Art6 StGG, Art5 StGG iVm Art1 des

1. ZPEMRK, Art2 StGG bzw. 7 B-VG, Art18 B-VG, Art10 EMRK, Art6 Abs2 EMRK und Art7 EMRK sowie Art90- 92 B-VG beantragt.

Die Antragslegitimation wird wie folgt begründet:

"Die Veranstaltung von Gewinnspielen ist seit Jahrzehnten eine gängige Werbepraxis, insbesondere im Versandhandel, aber auch in anderen Medien (insbesondere Printmedien). Derartige Gewinnspiele werden auch von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten veranstaltet. Sie sind als - insbesondere im Versandhandel - branchenübliches Werbemittel anzusehen und nicht gesetzwidrig. Diese Gewinnspiele dienen (wie jedes Werbemittel) der Förderung der Beliebtheit des jeweiligen Unternehmens und damit (zumindest mittelbar) dessen Warenabsatz. Dabei werden in der Praxis des österreichischen Versandhandels die jeweils verbindlich zugesagten Gewinne auch tatsächlich vergeben.

Die Antragstellerin möchte verkaufsfördernde Gewinnspiele veranstalten, bei denen selbstverständlich alle angekündigten Gewinne tatsächlich ausgespielt würden. Die Teilnahme an den Gewinnspielen soll unabhängig von einer Bestellung bei der Antragstellerin (oder ihren Auftraggebern) sein. Für diese Gewinnspiele möchte die Antragstellerin Einladungen zur Teilnahme aussenden. Damit läuft sie aber jederzeit Gefahr, dass ein Gericht wegen der Unbestimmtheit des Gesetzesbegriffes des §5j KSchG, dass es nicht auf den Inhalt, sondern nur auf den 'Gesamteindruck' der Zusendung ankommen solle, bereits die Einladung zur Teilnahme am Gewinnspiel als Gewinnzusage umdeutet und die Antragstellerin als Veranstalterin eines derartigen Gewinnspieles Zahlungsverpflichtungen unbestimmter Höhe (gegenüber jedermann, der eine derartige Briefsendung erhält) begründet.

Durch das angefochtene Gesetz wird der Antragstellerin unmittelbar eine Rechtspflicht auferlegt, die in ihre Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingreift, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Die Rechtspflicht besteht darin, keine Einladung zu einem Gewinnspiel in Form einer Mitteilung an Verbraucher zu senden, die auch nur die allergeringste Vermutung (den 'Eindruck') erwecken könnte, dass ein bestimmter Preis bereits gewonnen sei. Für den Fall des Zuwiderhandelns könnten sämtliche Verbraucher, an die eine Einladung ausgesendet wurde, den - nach den Veranstaltungsbedingungen nur einmal an den tatsächlichen Gewinner zu vergebenden - 'Gewinn' für sich gerichtlich einfordern.

Wird mit der Aussendung eine Zahlungspflicht gegenüber jedem Teilnehmer des Gewinnspieles begründet, wäre damit naturgemäß der wirtschaftliche Ruin der Antragstellerin verbunden. Der Antragstellerin steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen das verfassungswidrige Gesetz zur Wehr zu setzen. Insbesondere ist gegen sie kein gerichtliches oder veraltungsbehördliches Verfahren anhängig oder anhängig gewesen, das Gelegenheit zur Anregung eines Antrages auf Normenprüfung bieten würde oder geboten hätte. Nach Rechtsprechung des VfGH ist es auch nicht zumutbar, einen solchen Prozeß zu provozieren, z.B. durch Veranstaltung eines Gewinnspieles, diese Rechtsfrage zu lösen (VfSlg 13.725)."

II. Der Antrag ist unzulässig.

Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Die antragstellende Gesellschaft behauptet nicht, Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusagen den Eindruck erwecken oder auch nur - mangels Klarstellung des Gegenteils - in Kauf nehmen zu wollen, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe (ohne dass er darauf einen Anspruch hätte). Sie befürchtet vielmehr, dass ein den Tatbestand des §5j KSchG nicht erfüllendes Verhalten infolge der von ihr kritisierten Rechtsprechung des OGH zu Unrecht die darin ausgesprochenen Rechtsfolgen auslösen könnte. Daraus ergibt sich jedoch klar, dass die antragstellende Gesellschaft nicht ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung von dieser Norm betroffen wäre.

Es ist nicht Aufgabe eines Gesetzesprüfungsverfahrens nach Art140 B-VG, die Handhabung des Gesetzes durch den OGH zu überprüfen.

Der Antrag ist daher - in nichtöffentlicher Sitzung - als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

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