OGH 5Ob55/05g

OGH5Ob55/05g21.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin V*****bank Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Einverleibung von Höchstbetragspfandrechten ob den Liegenschaften EZ *****, EZ ***** und EZ *****, über die ordentlichen Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Verlassenschaft nach Friedrich P*****, vertreten durch Dr. Manfred Meyndt, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 18. Jänner 2005, AZ 1 R 392/04x, 1 R 394/04s, 1 R 395/04p, mit welchem die Beschlüsse je des Bezirksgerichts Kirchdorf a.d.Kr. Vom 21. Februar 1996, TZ 380/96, vom 11. Oktober 1999, TZ 1749/99, und vom 19. November 2001, TZ 1981/01, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Hugo und Herta Pauline R***** sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaften EZ *****, EZ ***** und EZ *****, je BG *****; der Titel für deren Eigentumserwerb war der notarielle Übergabsvertrag vom 24. August 1990. Die Voreigentümer und Übergeber waren die Ehegatten Friedrich und Anna P*****, Schwieger- bzw Adoptiveltern der Übernehmer.

Ob den Liegenschaften EZ *****, EZ ***** und EZ ***** ist jeweils zu TZ 32/1991 sub C-LNR 5a (EZ ***** und EZ *****) bzw C-LNR 9a (EZ *****) das „Veräußerungsverbot gem Pkt 8 Übergabsvertrag 1990-08-24“ für Friedrich und Anna P***** einverleibt.

Punkt Achtens des notariellen Übergabsvertrags vom 24. August 1990 lautet:

„Die Übernehmer Hugo R***** und Herta Pauline R***** verpflichten sich den Übergebern Friedrich und Anna P***** gegenüber, ohne deren Zustimmung die Liegenschaften Einlagezahl *****, Einlagezahl ***** und Einlagezahl ***** nicht zu veräußern und bewilligen bei diesen Liegenschaften die Einverleibung des Veräußerungsverbotes im Sinne dieses Vertragsartikels für die Übergeber Friedrich und Anna P*****.

Die Übergeber erteilen ihre unwiderrufliche Zustimmung zur Aufnahme und grundbücherlichen Sicherstellung von Krediten und Darlehen zu Investitionszwecken auf den Vertragsliegenschaften und zum Zwecke der Vergrößerung des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebes bis zum Höchstbetrag von 1.000.000 S (einer Million Schilling) und verpflichten sich jederzeit über Verlangen die entsprechenden Vorrangseinräumungs- und Zustimmungserklärungen in grundbuchsgültiger Form auszustellen.“

Die Antragstellerin V*****bank Aktiengesellschaft stellte am 20. Februar 1996 zu TZ 308/96, am 5. Oktober 1999 zu TZ 1749/99 und am 15. November 2001 zu TZ 1981/01 je des Bezirksgerichts Kirchdorf a.d.Kr. - ohne Zustimmungserklärungen der Übergeber Friedrich und Anna P***** - Anträge, (ua) ob den Liegenschaften EZ*****, EZ***** und EZ***** (Simultan-)Pfandrechte bis zum Höchstbetrag von S 32,760.000,-- (samt Vorrangeinräumung und Löschungsverpflichtung betreffend näher bezeichnete Rechte; TZ 308/96), S 15,000.000,-- (samt Vorrangeinräumung betreffend näher bezeichnete Rechte; TZ 1749/99) und neuerlich S 15,000.000,-- (samt Vorrangeinräumung betreffend näher bezeichnete Rechte; TZ 1981/01) einzuverleiben.

Das Erstgericht bewilligte diese Anträge mit Beschlüssen vom 21. Februar 1996, TZ 380/96, vom 11. Oktober 1999, TZ 1749/99, und vom 19. November 2001, TZ 1981/01; eine Zustellung dieser Beschlüsse an die verbotsberechtigten Übergeber Friedrich und Anna P***** unterblieb (vorerst). Friedrich P***** verstarb am 21. Februar 2004. Anna P***** erhielt die genannten Beschlüsse am 20. Oktober 2004 (ohne Zustellnachweis) vom Bezirksgericht Kirchdorf a.d.Kr. zugestellt.

Die Verlassenschaft nach Friedrich P***** sowie die Verbotsberechtigte Anna P***** erhoben - am 22. November 2004 beim Bezirksgericht Kirchdorf a.d.Kr. einlangend - Rekurs gegen die genannten Beschlüsse mit dem Begehren auf Abänderung im Sinne der Abweisung der Gesuche auf Pfandrechtseinverleibung. Die Rekurswerber begründeten ihr Rechtsmittel im Wesentlichen damit, das Veräußerungsverbot gemäß Pkt Achtens des Übergabsvertrags enthalte auch eine Belastungsbeschränkung. Die Pfandrechtseinverleibung sei ohne ihre Zustimmung und ohne Nachweis eines vertraglich vereinbarten Investitionszwecks unzulässig gewesen. Die Antragstellerin hätte - weil in einem solchen Fall verkehrsüblich - in die Urkundensammlung Einsicht nehmen müssen und genieße daher keinen Vertrauensschutz.

Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel der Verlassenschaft nach Friedrich P***** mit der wesentlichen Begründung zurück, das geltend gemachte Verbot sei mit dem Ableben des Berechtigten erloschen, weshalb der Rekurs der Verlassenschaft unzulässig sei. Dem Rechtsmittel der Anna P***** gab das Rekursgericht Folge und änderte die angefochtenen Beschlüsse im Sinne der Abweisung der Grundbuchsgesuche ab. Gemäß § 5 GBG sei der gesamte Inhalt des Punkt Achtens des Übergabsvertrags vom 24. August 1990 maßgeblich; dies umfasse auch ein Belastungsverbot, welches der von der Antragstellerin begehrten Einverleibung von Pfandrechten entgegen stehe und diese ohne Zustimmung der Verbotsberechtigten unzulässig mache. Da es sich um die unmittelbare Beziehung zwischen Pfandgläubigerin und Verbotsberechtigter handle und keine kurze Verjährungsfrist zum Tragen komme, stehe der Verbotsberechtigten das Rekursrecht während der 30-jährigen Verjährungsfrist offen.

Diese Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Rekursberechtigung der Verlassenschaft des Verbotsberechtigten und zu den von Hofmeister zur Entscheidung 5 Ob109/87 = NZ 1988, 288 [290] geäußerten Bedenken (betreffend die Prüfung der Gutgläubigkeit nach dem Buchstand im Zusammenhang mit der dreijährigen Frist des § 64 GBG) keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richten sich die Revisionsrekurse der Verlassenschaft nach Friedrich P***** sowie der Antragstellerin V*****bank Aktiengesellschaft.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bislang weder zur Rekurslegitimation der Verlassenschaft des Verbotsberechtigten noch zu einem betraglich limitierten Belastungsverbot Stellung zu nehmen hatte; beide Revisionsrekurse sind aber nicht berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs der Verlassenschaft nach Friedrich P*****:

1. Die Verlassenschaft begründet ihr Rechtsmittel mit (möglichen) Vermögensnachteilen durch die einverleibten Pfandrechte, weshalb ihr zumindest noch im Verlassenschaftsverfahren die Berechtigung zukommen müsse, gegen diese Eintragungen einzuschreiten. Dies müsse umso mehr im vorliegenden Fall gelten, weil dem Verbotsberechtigen durch die unterbliebene Zustellung der Bewilligungsbeschlüsse die Möglichkeit zu deren Bekämpfung genommen worden sei; ihr Rekurs sei daher zulässig und auch materiell berechtigt.

2. Nach herrschender Ansicht ist das Veräußerungs- und Belastungsverbot als solches kein Vermögensobjekt, sondern ein nicht verwertbares, höchstpersönliches Recht; es erlischt mit dem Ableben des Berechtigten, dem Tod des Belasteten oder der Veräußerung der Sache (1 Ob 195/03p; 6 Ob 145/99p = NZ 2001, 134; 1 Ob 233/98s = NZ 2000, 70; 2 Ob 598/92 = SZ 66/31; Oberhammer in Schwimann, ABGB3 § 364c Rz 26). Das etwa durch den Tod des Belasteten gegenstandslos gewordene Verbot kann durch Berichtigung gemäß § 136 GBG gelöscht werden (5 Ob 42/89 = NZ 1990, 99 [krit Hofmeister, 102]; 5 Ob 51/88 = NZ 1988, 335 [krit Hofmeister, 337f]; Spielbüchler in Rummel, ABGB³ §364c Rz 15).

3. Der von Hofmeister in den Anmerkungen zu den Entscheidungen NZ 1988, 335 (337 f) und NZ 1990, 99 (102) - mit einer hier wegen des Todes des Verbotsberechtigten nicht einschlägigen Begründung - vertretenen Auffassung, das Belastungs- und Veräußerungsverbot erlösche nicht sofort mit dem Tod des Verbotsbetroffenen, sondern erst mit der Einantwortung von dessen Nachlass, vermochte sich der erkennende Senat schon in 5 Ob 42/89 = NZ 1990, 99 nicht anzuschließen (vgl auch SZ 25/95; 5 Ob 114/02d, Oberhammer in Schwimann, ABGB3 § 364c Rz 26). Das Belastungs- und Veräußerungsverbot erlischt vielmehr sofort. Für den Tod des Verbotsberechtigten kann wegen der Höchstpersönlichkeit seiner Berechtigung nichts Anderes gelten. Geht man aber vom Erlöschen des Belastungs- und Veräußerungsverbots mit dem Tod des Berechtigten aus (6 Ob 145/99p = NZ 2001, 134; 1 Ob 195/03p; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht, § 9 GBG Rz 69 mN; Oberhammer, Belastungs- und Veräußerungsverbot, JAPI 1998/99, 30 [33 mwN]; Hoyer zu OHG 21. 12. 1994, 5 Ob 100/93 = NZ 1994/308) aus, so kann sich der Nachlass des Verbotsberechtigten nicht (mehr) wirksam auf das (bereits) erloschene Verbot berufen.

Das Rekursgericht hat das Rechtsmittel des Nachlasses des Verbotsberechtigten somit zutreffend zurückgewiesen.

II. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin V*****bank Aktiengesellschaft:

1. Die Antragstellerin macht zusammengefasst geltend, der Rekurs der Verbotsberechtigten Anna P***** sei erst später als drei Jahre nach den bekämpften Eintragungen erfolgt und daher verspätet. Die richtige Auslegung des Übergabsvertrags zeige, dass tatsächlich kein Belastungsverbot zugunsten der Übergeber eingeräumt werden sollte. Durch die nachrangig einverleibten Pfandrechte würden die Ausgedingsrechte der Übergeberin auch nicht beeinträchtigt.

2. Der aus einem Belastungsverbot Berechtigte hat gegen die Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung ein Rekursrecht (RIS-Justiz RS0002547). Wird eine Person, der ein Grundbuchsbeschluss zuzustellen ist, vorschriftswidrig nicht verständigt, so erlischt ihr Rekursrecht erst dann, wenn die Eintragung auch mit Löschungsklage nicht mehr bekämpft werden könnte (RIS-Justiz RS0060806). Wer also von der Bewilligung einer Eintragung vorschriftswidrig nicht verständigt wurde, kann jedenfalls analog zu § 64 GBG innerhalb der für eine Löschungsklage gegen einen gutgläubigen Dritten zustehenden Frist - demnach innerhalb von drei Jahren - Rekurs erheben (RIS-Justiz RS0060824). Wäre allerdings die Löschungsklage - wie hier - gegen eine Person zu richten, die unmittelbar durch die Einverleibung, auf deren Löschung geklagt wird, Rechte erworben haben, so ist die Dauer des Klagerechts (und damit die Möglichkeit zur Rekurserhebung) nach den zivilrechtlichen Bestimmungen über die Verjährung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0060824 [T1]; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht, § 62 GBG Rz 3f). Da in der unmittelbaren Rechtsbeziehung der Verbotsberechtigten zur Pfandgläubigerin, die entgegen dem Verbot durch die Einverleibung Rechte erwarb, keine kurze Verjährungszeit gilt (5 Ob 40/83 = NZ 1984, 14), hat das Rekursgericht das Rechtsmittel der Anna P***** zutreffend als rechtzeitig behandelt.

3. Ist die Eintragung eines bücherlichen Rechts in einer Kurzfassung nicht möglich, so ist nach § 5 GBG eine Berufung auf genau bezeichnete Stellen der der Eintragung zugrundeliegenden Vertragsurkunde mit der Wirkung zulässig, dass die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind (RIS-Justiz RS0060233 [T2]). In die Urkundensammlung ist Einsicht zu nehmen, wenn das Hauptbuch ausdrücklich auf die Urkundensammlung (vgl 5 Ob 4/76 = SZ 49/46 = JBl 1976, 484 = NZ 1978, 124) und zwar - wie hier - auf einen bestimmten Vertragspunkt (vgl 7 Ob 528/81 = NZ 1982, 42) Bezug nimmt (zum Veräußerungs- und Belastungsverbot vgl auch SZ 7/395). Für die Beurteilung des fraglichen Verbots ist daher Punkt Achtens des notariellen Übergabsvertrags vom 24. August 1990 maßgeblich.

4. Punkt Achtens des Übergabsvertrags sieht neben dem Veräußerungsverbot weiters vor, die „Übergeber erteilen ihre unwiderrufliche Zustimmung zur Aufnahme und grundbücherlichen Sicherstellung von Krediten und Darlehen zu Investitionszwecken auf den Vertragsliegenschaften und zum Zwecke der Vergrößerung des übergebenen Landwirtschaftlichen Betriebes bis zum Höchstbetrag von 1.000.000S und verpflichten sich jederzeit über Verlangen die entsprechenden Vorrangseinräumungs- und Zustimmungserklärungen in grundbuchsgültiger Form auszustellen“. Diese Regelung kann - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - bei verständiger Auslegung nur im Sinne eines Belastungsverbots verstanden werden; dies folgt eindeutig und zwingend schon aus der von den Übergebern übernommenen Verpflichtung, „jederzeit über Verlangen die entsprechenden Vorrangseinräumungs- und Zustimmungserklärungen in grundbuchsgültiger Form auszustellen“. Hätte kein Belastungsverbot begründet werden sollen, bedürfte es keiner Vorrangseinräumungs- und Zustimmungserklärungen. Es ist daher jedenfalls im Zweifel nach dem gemäß § 5 GBG maßgeblichen Vertragspunkt Achtens grundsätzlich von einem vereinbarten Belastungsverbot auszugehen (vgl 5 Ob 40/83 = NZ 1986, 14; 5 Ob 96/70 = SZ 43/102; RIS-Justiz RS0010772); auf den übrigen Vertragsinhalt kommt es - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - mangels Verweisung darauf nicht entscheidend an. Ob das Ausgedinge der Verbotsberechtigten durch die strittigen Pfandrechtseintragungen konkret gefährdet wäre, kann für die Frage der wirksamen Vereinbarung eines Belastungsverbots ebenfalls nicht von Bedeutung sein.

5. Gegen die (schuldrechtliche) Zulässigkeit und Wirksamkeit eines - wie in Punkt Achtens des Übergabsvertrags vorgesehenen - Höchstbetragsverbots (Oberhammer, Belastungs- und Veräußerungsverbot, JAP 21998/99, 79) und dessen Verknüpfung mit bestimmten Investitionszwecken bestehen an sich keine grundsätzlichen Bedenken. Es könnte sich aber - die in 5 Ob 40/83 = NZ 1984, 14 nicht klärungsbedürftig gewesene - Frage stellen, ob die Einverleibungsbegehren nicht zumindest bis zum Höchstbetrag von 1.000.000 S hätten bewilligt werden müssen. Dies ist deshalb zu verneinen, weil die in Punkt Achtens des Übergabsvertrags gewählte Formulierung (auch) im Sinne einer Möglichkeit der Verbotsberechtigten zur Kontrolle des Zwecks einzuräumender Hypotheken zu verstehen und das Grundbuchsverfahren als Urkundenverfahren einem solchen Prüfungsvorgang nicht zugänglich ist. Da das vereinbarte Belastungsverbot nicht nur einen von den Verbotsberechtigten zu genehmigenden Höchstbetrag, sondern diesen auch die Wahrung bestimmter Investitionszwecke ermöglichen sollte, ist es gleich einem generellen Belastungsverbot zu behandeln, nach welchem die Verbotsberechtigen (nur) unter den vertraglich genannten Voraussetzungen schuldrechtlich zu Erklärung ihrer Zustimmung in bestimmte Belastungen verpflichtet sind; damit ist eine Einverleibung der Pfandrechte ohne Einwilligung der Verbotsberechtigten - zur Gänze - ausgeschlossen.

Auch der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist demnach unberechtigt.

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